Hochschullehre nach Corona – Zukunftskonzepte in Sicht?

Hochschullehre nach Corona – Zukunftskonzepte in Sicht?

Seit März 2020 ist die plötzliche Umstellung der Lehre auf überwiegend digitale Formate an deutschen Hochschulen pragmatisch gut bewältigt worden. Doch wie geht es weiter? Eine neue Studie des Hochschulforums Digitalisierung ergründet, welche strategischen Schlüsse Hochschulleitungen aus der Pandemie ziehen und wie sich dieses Potenzial für die Zukunft nutzen lässt.

Gütersloh, den 1.03.2022. Das letzte Wintersemester war erneut geprägt von überwiegend digitaler Lehre. Die Versuche von mehr Präsenz am Campus mussten angesichts steigender Inzidenzen weitgehend zurückgenommen werden. Doch jetzt, da immer mehr europäische Länder Lockerungen und Freedom Days feiern, wächst die Chance auf ein Sommersemester mit mehr Präsenz. Wie stellen sich Hochschulen nach teilweise überraschend erfolgreicher Notfall-Fernlehre strategisch auf ein “neues Normal” ein? In einer breit angelegten Studie hat das Hochschulforum Digitalisierung 126 Hochschulleitungen befragen lassen und die Ergebnisse im Arbeitspapier “Zukunftskonzepte in Sicht?” veröffentlicht.

Erstes Ergebnis: Deutsche Hochschulen sind zu Veränderungen bereit und wollen digitale Formate auch nach der Pandemie weiter nutzen. Dabei sehen die Befragten den größten Entwicklungsbedarf in den Bereichen der Lehrformate sowie bei technisch-didaktischen Unterstützungsangeboten für Lehrende. Auch die technische Infrastruktur und damit zusammenhängend die Ausstattung von Lehr- und Lernräumen müssen weiterentwickelt werden für eine zeitgemäße Lehre, die auch nach der Pandemie digitale Möglichkeiten optimal nutzt.

Die Hochschulleitungen zeigen große Bereitschaft und Willen, ihre Digitalisierungsstrategien basierend auf den Lehren aus COVID-19 anzupassen. Eine Ausnahme bildet das Themengebiet fernüberwachte Prüfungenen: Hier gibt die Mehrheit an, diese Prüfungsform nicht fortführen zu wollen. Ein Grund dafür ist die mangelnde Rechtssicherheit und die fehlende Akzeptanz bei vielen Hochschulangehörigen. Die Fernüberwachung bei Online-Prüfungen – sogenanntes Proctoring – stand aufgrund datenschutzrechtlicher Bedenken in der Kritik.

“Die Krise ist eine Chance, veraltete Lernformate, wie die Vorlesung, in Frage zu stellen”, sagt Julius-David Friedrich, Projektleiter für das Hochschulforum Digitalisierung beim CHE Centrum für Hochschulentwicklung. “Gerade wenn es um Wissensvermittlung geht, lässt sich dies gut in Online-Formaten abbilden. Die Präsenzzeit kann dann viel stärker für den Austausch und das gemeinsame Entwickeln und Arbeiten genutzt werden”.

Eine weitere Erkenntnis der Studie: Die Strategie- und Profilentwicklung unter Berücksichtigung der Lehren aus der Pandemie befindet sich an vielen Hochschulen noch in der Entwicklung. Klare Konzepte für eine Zukunft nach Corona gibt es meist noch nicht und viele Hochschulen befinden sich weiterhin im Krisenmodus. Die bereits existierenden Ansätze zielen häufig auf Blended Learning, also die Kombination von Präsenz- und Online-Formaten.

“Ändern sich jedoch langfristig die Anteile an Online- und Präsenzlehre, wird dies mit einer angepassten Infrastruktur einhergehen müssen”, konstatiert Dr. Jannica Budde, Projektmanagerin beim HFD für das CHE Centrum für Hochschulentwicklung. “Dafür braucht es strategische Leitplanken, anhand derer Strukturentscheidungen getroffen werden müssen. Hochschulen müssen sich also fragen, wofür sie nach der Pandemie stehen wollen.”

Die Studie wurde vom HIS-Institut für Hochschulentwicklung (HIS-HE) im Auftrag des Hochschulforums Digitalisierung, vertreten durch das CHE Centrum für Hochschulentwicklung, durchgeführt. Sie steht zum kostenlosen Download und zur weiteren Nutzung unter der Lizenz CC BY-SA 4.0 zur Verfügung.

Archiv