Dimensionen und Handlungsfelder für die Hochschulbildung im digitalen Zeitalter

Das Hochschulforum Digitalisierung hat gemeinsam mit Projektpartnern und Mitgliedern der HFD-Community 14 strategische Handlungsfelder für die Hochschulbildung im digitalen Zeitalter definiert. Diese Handlungsfelder beziehen sich auf die drei übergreifenden Dimensionen Strategie, Struktur und Kultur. Die Handlungsfelder sind auf dieser Seite kurz beschrieben und dienen als Orientierungsrahmen für die Peer-to-Peer-Strategieberatung des HFD.

1. Strategie

Hochschulen müssen sich im Rahmen von übergreifenden Strategien mit ihrer nachhaltigen Entwicklung und Profilbildung auseinandersetzen. Digitalisierung kann dabei Teil von übergreifenden Strategien sein, die weit über diesen einzelnen Aspekt hinausgehen und vielmehr Synergien unterschiedlicher Schwerpunkte fokussieren. Digitalisierung kann oft dann besonders konstruktiv und produktiv nutzbar gemacht werden, wenn sie als Teil übergreifender Strategien betrachtet wird und damit der Profilbildung der gesamten Hochschule dienlich ist.

Die richtigen Ziele für die eigene Hochschule zu formulieren und daraus ein Narrativ abzuleiten, ist ein wichtiges Element der Weiterentwicklung von Studium & Lehre. Hierfür kann an Hochschulen auch die Definition von eigenständigen Zielsetzungen zur Digitalisierung in Studium & Lehre hilfreich sein. Solche strategischen Ziele für die Digitalisierung in Studium & Lehre müssen daher klar formuliert und deutlich priorisiert sowie kommuniziert werden. Grundlegend ist hierfür ein klares Verständnis innerhalb der Hochschule, was man unter “Digitalisierung in Studium & Lehre” versteht. Darauf aufbauend kann etwa ein Mission Statement für die Lehre im digitalen Zeitalter auf Ebene der gesamten Hochschule einen Leitrahmen setzen. Die Ableitung von kurz- mittel-, wie langfristigen Maßnahmen auf allen Ebenen der Hochschule kann auch durch einen Leitrahmen für die Weiterentwicklung der digital gestützten Lehre unterstützt werden, aus dem die Fakultäten/Fachbereichen spezifische Ziele und Maßnahmen ableiten können.

Gerade im Kontext der Digitalisierung sind Kooperationen der Schlüssel, um den digitalen Wandel erfolgreich zu gestalten, bestehende Formen der Zusammenarbeit auszubauen und neue Angebote zu entwickeln. Kooperationen können dabei mit anderen Hochschulen sowie mit außerhochschulischen Akteuren geschlossen werden, um hochschuleigene Angebote zu erweitern.

Auch die Forschung spielt zunehmend eine strategische Rolle in der Weiterentwicklung von Studium & Lehre im digitalen Zeitalter. Im Sinne von Reallaboren können und sollen etwa innovative Ansätze aus Forschungsprojekten unmittelbar auch in der Lehre erprobt und implementiert werden.

2. Struktur

Für die Weiterentwicklung der Hochschulbildung im digitalen Zeitalter ist die Verzahnung von Top- Down- und Bottom-Up-Prozessen durch klare Verantwortlichkeiten sowie nachhaltige Entscheidungsstrukturen und Partizipationsmöglichkeiten unerlässlich. Neben dem Commitment der Hochschulleitung durch eine aktive Gestaltung der strategischen Entwicklung, muss die Hochschule dazu nachhaltige Entscheidungsstrukturen zwischen der Hochschulleitung und den Fakultäten/Fachbereichen aufbauen sowie Verantwortlichkeiten auf den unterschiedlichen Ebenen festlegen. Wichtig ist, dass eine nachhaltige Fortführung der Strategieentwicklung und -umsetzung auch bei personellen Veränderungen, insbesondere in der Hochschulleitung, durch von Personen losgelöste Rollenbeschreibungen sichergestellt ist. Bei der Strategieentwicklung sind darüber hinaus weitestgehend alle Statusgruppen sowie die zentralen Einrichtungen und für Studium & Lehre verantwortlichen Stellen der Verwaltung bedarfsgerecht einzubeziehen.

Damit der digitale Wandel in der Hochschulbildung gelingen kann, müssen nachhaltig ausreichend personelle wie finanzielle Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Die Finanzierung ist im Zusammenspiel von Hochschulleitung und Fakultäten/Fachbereichen durch eine nachhaltige Finanzplanung abzusichern. Gerade für kleinere Hochschulen kann dies auch durch die Zusammenarbeit mit anderen Hochschulen ermöglicht werden, indem eine gemeinsame Infra- und Supportstruktur entwickelt und genutzt wird.

Ein Handlungsfeld zur Gestaltung des digitalen Wandels ist das Vorhandensein einer entsprechenden technischen Infrastruktur: Jenseits von flächendeckenden Breitbandanschlüssen und einer gut funktionierenden WLAN-Ausstattung ist die Verfügung über moderne Hard- und Softwarelösungen entscheidend, um digitale Anwendungs- und Einsatzszenarien zu realisieren. Der Aufbau sinnvoller technischer Infrastrukturen erfordert einerseits signifikante finanzielle Investitionen durch die Hochschulträger und andererseits eine kluge und nachhaltige Auswahl von Lösungen, die insbesondere Synergien in den Hochschulstrukturen berücksichtigen, diese ermöglichen und auf die strategische Hochschulentwicklungsplanung ausgerichtet sind. Der Aufbau von technischen Lerninfrastrukturen ist insofern eine zentrale Aufgabe des strategischen Hochschulmanagements.

Effektive und effiziente Support- und Beratungsangebote können zentral für den Studienerfolg sein. Daher müssen auch solche Angebote sich mit dem digitalen Wandel entsprechend strategisch weiterentwickeln. Gerade im Kontext des digitalen Wandels von Studium & Lehre sind förderliche Rahmenbedingungen auch dafür entscheidend, ob Lehrende und Studierende neue Formate, Plattformen, Konzepte und Werkzeuge nutzen. Gerade unerfahrene Lehrende brauchen eine zuverlässig verfügbare mediendidaktische Begleitung durch professionelle Serviceeinrichtungen.

Hochschulen sollten die vorhandenen förderlichen Rechtsrahmen der Länder mutiger nutzen, um den Einsatz neuer Lehr- und Lernmethoden und die Weiterentwicklung der Curricula zu fördern. Gerade aber die Nutzung und Produktion digitaler Medien in der Lehre unterliegt großen Unsicherheiten hinsichtlich der rechtlichen Rahmenbedingungen und möglicher Konsequenzen, etwa in Bezug auf das Urheberrecht, Datenschutzfragen oder das Kapazitätsrecht. Hochschulen tragen dabei eine besondere Verantwortung dafür, dass für alle Mitarbeitenden Rechtssicherheit gilt, gleichzeitig sollten sie den bestehenden Rechtsrahmen aber auch produktiv nutzen. Dies bedeutet auch, dass für Hochschulmitarbeitende jederzeit Zugang zu den aktuellsten hochschulinternen Informationen und Rechtsauffassungen sichergestellt sein sollte und gegebenenfalls auch ergänzende Anreizsysteme zur Anwendung geschaffen werden. Gleichzeitig muss die (Weiter-)Entwicklung von Studium & Lehre für das digitale Zeitalter als strategisches Thema auch einem strukturierten Qualitäts- und Prozessmanagement unterworfen werden. Dies umfasst insbesondere die Sicherstellung gleiche bzw. gleichwertiger Qualitätsstandards für digitale und klassische Lehr- Lernformate. Andererseits umfasst das Qualitätsmanagement als gesamtorganisationale Aufgabe auch das Monitoring des Entwicklungsstandes hinsichtlich der strategischen Ziele und die kontinuierliche Weiterentwicklung von Rahmenbedingungen (z.B. Infrastruktur, Services).

Die Verbreitung digital gestützter Lehr-, Lern- und Prüfungsformen ist ein zentraler Gradmesser dafür, wie breit die Digitalisierung in Studium und Lehre integriert wurde. Um die bedarfsgerechte Umsetzung digital gestützter Lehr-, Lern- und Prüfungsformen und die Nutzung entsprechender digitaler Werkzeuge zu ermöglichen und zu fördern, sollte der Einsatz dieser Formate und Werkzeuge entsprechend in den Studien- und Prüfungsordnungen sowie Modulkatalogen verankert sein. Darüber hinaus ist es erstrebenswert, eine kontinuierliche Weiterentwicklung dieser Aktivitäten zu fördern. Bei der strategischen (Weiter-)Entwicklung von Studium & Lehre geht es immer auch um die Entwicklung eines „Studiums für das digitale Zeitalter”. Dies bedeutet insbesondere die Vermittlung entsprechender Querschnitts- und Fachkompetenzen. Unterschiedliche Kompetenzen für das digitale Zeitalter sollten entsprechend studiengangsübergreifender Bestandteil der Curriculumsentwicklung sein. Dazu muss sich die Hochschule über für ihre Zielgruppen relevante Kompetenzen verständigen.

3. Kultur

Personalentwicklung ist ein wichtiger Hebel für die Umsetzung einer Strategie für Studium & Lehre im digitalen Zeitalter. Hochschulen sollten die Spielräume der Personalentwicklung ausnutzen, um den digitalen Wandel in der Lehre voranzutreiben. Dies geschieht einerseits über die Berücksichtigung des Themas bei Berufungsverfahren und dem Ausbau entsprechender Weiterbildungsangebote für Lehrende wie auch über die Erweiterung der Personalstruktur durch wissenschafts-unterstützendem Personal (z.B. Mitarbeitende in Medien- und Didaktikzentren, Instruktionsdesigner:innen etc.).

Im Rahmen des kulturellen Wandels an Hochschulen ist es notwendig die Akzeptanz für neue Lehr-, Lern und Prüfungsformate bei vielen Lehrenden zu erhöhen und diese zu motivieren, entsprechende Formate auch in der eigenen Lehre einzusetzen. Daher müssen Hochschule attraktive Anreizformate für den Einsatz solcher innovativen Lehr-, Lern- und Prüfungsformaten bieten. Anreize können einerseits dadurch geschaffen werden, dass die Reputation von digitaler Lehre erhöht wird und die Lehrenden in Entscheidungsprozesse eingebunden sind. Zugleich spielen monetäre Anreizstrukturen eine wichtige Rolle. Ergänzend können als Zeichen der Wertschätzung aber auch nach außen sichtbare Auszeichnungen vergeben werden.

Um eine breitenwirksame Integration digitaler Medien in Studium und Lehre zu bewirken, sind die damit verbundenen Ziele und Maßnahmen gegenüber den unterschiedlichen Statusgruppen innerhalb der Hochschule zweckmäßig zu kommunizieren.
Hochschulmitarbeitende sind dabei passiv wie proaktiv über technische Lösungen zum Einsatz in Lehre, entsprechende Unterstützungsinfrastrukturen sowie Anreizsysteme zu informieren. Dies bedeutet, dass sowohl Informationen generell vorgehalten werden wie auch durch verschiedene hochschulinterne Kommunikationskanäle innerhalb der Hochschule disseminiert wird.

Soll die Einführung und Umsetzung von digitalen Lernumgebungen nachhaltig wirken, so sollten die Lehrpersonen für etwas gewonnen werden, wozu sie zunächst einmal nicht verpflichtet sind: ihre Lehrgewohnheiten zu verändern (zum Beispiel von einem dozierenden zu einem unterstützenden Lehrstil), neue elektronische Prüfungsformen auszuprobieren, Lehrveranstaltungen längerfristig in Kooperation mit externen Stellen vorzubereiten, wenn die Lernressourcen über eine Lernplattform bereitgestellt werden – zumal das Handeln der Lehrenden gegenüber Außenstehenden dadurch transparenter wird. Von Seiten der Hochschule, begonnen bei der Hochschulleitung, sind daher innovative Räume und Lösungen zu schaffen, die kulturelle Veränderungsprozesse unterstützend einleiten.

Ansprechpartnerinnen

Barbara Wagner
Barbara Wagner
Teamleitung Stifterverband: Strategien, Qualifizierung & Kommunikation
Dr. Jannica Budde
Jannica Budde
Senior Projektmanagerin Hochschulforum Digitalisierung
Portrait von Aline Röttger
Aline Röttger
Programmmanagerin Strategieberatung