Künstliche Intelligenz: Was Hochschulen aktuell an- und umtreibt und wie das KI-Lab dabei helfen kann

Künstliche Intelligenz: Was Hochschulen aktuell an- und umtreibt und wie das KI-Lab dabei helfen kann

17.07.25

Grafik mit dem Text: Künstliche Intelligenz. Was Hochschulen aktuell an- und umtreibt und wie das KI-Lab dabei helfen kann Ein Blogbeitrag von Anna-Lena Kramer und Veronika Graceva.

Vom 21. bis 23. Juli findet in Münster das erste KI-Lab des HFD statt. Dort haben rund 30 Teilnehmende die Gelegenheit, mit kompetenten Kolleg:innen anderer Hochschulen an strategischen und praktischen Fragen zu KI im Hochschulkontext zu arbeiten. Sie können sich gezielt austauschen, erhalten Peer-gestützte Impulse und können sich mit anderen Akteur:innen vernetzen. In diesem Blogbeitrag berichten Anna-Lena Kramer und Veronika Graceva vom Projekt ComAI Education (Kommunikative KI für Lehren und Lernen) im Vorfeld des Treffens, welche Themen beim KI-Lab besonders im Fokus stehen werden.

KI-basierte Systeme sind längst an den Hochschulen angekommen, und zwar nicht als entfernte Zukunftsvision, sondern als mehrdimensionales Thema, mancherorts verbunden mit akuten Handlungsbedarfen. ChatGPT & Co. verändern das Lernen und Schreiben, das Prüfungswesen, Forschungs- und Beratungsprozesse sowie die Verwaltung. Lehrende fragen sich, wie sie diese Technologien sinnvoll in ihre Lehre integrieren können. Hochschulleitungen diskutieren über Strategien, Richtlinien und Governance-Modelle. Rechenzentren und Medienservices loten Möglichkeiten für sichere Infrastrukturen aus. Für Studierende ist KI längst zum Alltag geworden, wobei die Erwartung an Hochschulen steigt, gute Rahmenbedingungen für den kompetenten Umgang mit KI zu schaffen.

Doch wie lässt sich all das zusammenbringen in einem komplexen Hochschulsystem mit heterogenen Akteur:innen, begrenzten Ressourcen, hohen Erwartungen und externem Druck? Genau hier setzt das erste KI-Lab des Hochschulforums Digitalisierung an: Vom 21. bis 23. Juli 2025 treffen sich rund 30 Hochschulangehörige in einem besonderen kollaborativen Format, um gemeinsam konkrete Herausforderungen im Umgang mit KI zu besprechen und Lösungsansätze zu eruieren. Dafür bringt jede:r Teilnehmende:r einen eigenen  „Fall“ mit – also eine reale Problemstellung oder Idee aus dem Hochschulalltag, die im Rahmen des KI-Labs mithilfe kollegialer Beratung diskutiert werden soll.  In Kleingruppen werden diese konkreten hochschulischen Anliegen gemeinsam analysiert, konkretisiert und weitergedacht. Unterstützt wird die Beratung durch Impulse von Expert:innen und kleine Workshops.

Das Forschungsprojekt ComAI – Kommunikative KI in der Bildung  (Projektleitung Prof. Dr. Andreas Breiter) begleitet das KI-Lab wissenschaftlich. In Kooperation mit dem Hochschulforum Digitalisierung haben wir die Fragestellungen und Kontexte der teilnehmenden Hochschulmitglieder analysiert, um herauszufinden, welche Themen die Hochschulen aktuell umtreiben, welche Fragen präsent sind und an welchen Stellen die Hochschulen strategisch, technisch oder didaktisch Unterstützung wünschen. Ziel war es, einen Überblick über die bestehenden Fragestellungen zu gewinnen, die als Grundlage für Austausch und Zusammenarbeit im KI-Lab dienen und diese systematisch aufzubereiten

In diesem Beitrag stellen wir die thematischen Cluster der eingereichten Fälle vor, um die inhaltliche Vielfalt sichtbar zu machen, die im KI-Lab aufgegriffen und weiterentwickelt wird. Ergänzt werden diese durch einige konkrete (wörtlich übernommene) Fragestellungen aus den Bewerbungen zum KI-Lab, um diese greifbarer zu machen. Wichtig dabei: Die Cluster sind keine starren Schubladen. Viele Themen überschneiden sich, greifen ineinander und ergänzen sich gegenseitig. Zudem wurden einige Querschnittsthemen erkannt, die in mehreren Fällen eine Rolle spielen und daher besonders erwähnenswert sind. Die Einteilung soll vor allem dabei helfen, Orientierung in der inhaltlichen Breite zu schaffen und erste Anknüpfungspunkte für den gemeinsamen Austausch zu bieten.

Expertise: Was bringen die Teilnehmenden mit?

Bevor wir tiefer in die thematischen Schwerpunkte einsteigen, lohnt sich ein Blick auf die Personen hinter den eingebrachten Fällen, denn: Es sind erfahrene Expert:innen, die eine Bandbreite an Kompetenzen und vielfältige Erfahrungen mitbringen! Die Teilnehmenden kommen aus unterschiedlichen Bereichen ihrer Hochschulen, von IT- und Supporteinrichtungen über Hochschuldidaktik und Forschung bis zur Hochschulleitung, was einen besonders fruchtbaren Boden für den interdisziplinären Austausch bietet.

Technisch gerichtete Erfahrungen werden mit Kenntnissen zu Machine Learning, LLMs, API-Nutzung, Prompting-Methoden sowie der Integration von Open-Source-KI eingebracht. Einige KI-Lab Teilnehmenden haben schon selbst KI-basierte Anwendungen entwickelt und in bestehende Hochschulsysteme integriert.

Aus hochschuldidaktischer Perspektive bringen Teilnehmende Erfahrungen in der Konzeption und Durchführung von Qualifizierungsangeboten, haben bereits KI-gestützte Lehr-Lern-Szenarien entwickelt, E-Assessment-Formate weitergedacht und neue Konzepte für den reflektierten Einsatz von KI in der Lehre erprobt. Auch Expertise im Bereich Open Educational Resources, MOOCs und digitaler Lernplattformen findet sich im KI-Lab.

Strategieerfahrene Teilnehmende aus der Hochschulleitungsebene bringen Beispiele aus hochschulpolitischen Gremien und Verbundstrukturen sowie aus der Strategieentwicklung auf Landes- und Bundesebene mit. Dazu gehört bspw. der Aufbau und Betrieb von Kompetenzzentren, die Entwicklung von KI-Leitlinien oder die Beteiligung an Governance-Prozessen. Themen wie Change-Management, Organisationswandel im Zeitalter von KI spielen ebenso eine Rolle wie Netzwerkmanagement und Wissenstransfer.

Insgesamt ist eine hohe Expertise in den Bereichen Forschung, Verwaltung und Lehre vertreten: vom KI-gestützten wissenschaftlichen Schreiben über automatisierte Übersetzungen und Textoptimierung im Hochschulmanagement bis zur Begleitung von Innovationsprojekten auf nationaler und europäischer Ebene. Diese Vielzahl an Perspektiven zeigt, dass die Teilnehmenden des KI-Labs nicht nur punktuelle Expertise mitbringen, sondern auch ein tiefes Verständnis für die komplexen Rahmenbedingungen, innerhalb derer KI in Hochschulen aktuell adressiert wird.

Infrastruktur und technische Umsetzung

Zwischen technischer Machbarkeit und strategischer Weitsicht

Ein zentrales Themencluster im KI-Lab widmet sich der Frage, wie KI-Infrastrukturen an Hochschulen nachhaltig, wirksam und zukunftsfähig aufgebaut und betrieben werden können. Die Herausforderungen, die von den Teilnehmenden eingebracht werden, reichen von der Entwicklung spezifischer Anwendungen (etwa Tutoren-Bots, Chat-Systeme für den 1st-Level-Support oder Forschungsassistenten) bis hin zur Frage nach dem Hosting und der Integration generativer KI-Tools in bestehende Lernmanagement- und Verwaltungssysteme.

Eine Schlüsseltechnologie, die in vielen Hochschulkontexten aktuell diskutiert und pilotiert wird, ist Retrieval Augmented Generation (RAG). Dabei sollen zentrale Funktionen wie Qualitätssicherung, ethische Bewertung oder rechtliche Absicherung mit dezentralen Anwendungsfällen in Einklang gebracht werden. Entsprechend wird im KI-Lab an einer Strategie gearbeitet, die den differenzierten Umgang mit RAG-Architekturen ermöglicht. Eine Herausforderung ist dabei die Balance zwischen digitaler Souveränität und dem praktischen Nutzen externer Dienste.

„Wie lassen sich KI-Anwendungen für Hochschulen umsetzen und auf souveränen, lokalen KI-Infrastrukturen nachhaltig betreiben?“

Viele Hochschulen arbeiten deshalb an internen RAG-Plattformen, die wie eine private Suchmaschine funktionieren: Studierende, Lehrende und Mitarbeitende können damit auf strukturierte Wissensbestände zugreifen, unterstützt durch Chat-Interfaces und kleine, lokal gehostete LLMs. Ziel ist es, intuitive und datensouveräne Werkzeuge zu schaffen, die langfristig auch als Open-Source-Lösungen anderen Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden könnten.

In kleineren oder ressourcenschwächeren Organisationen steht dabei häufig die Frage im Raum, ob Kooperationen mit anderen Hochschulen sinnvoll wären, etwa für den Aufbau und Nutzung gemeinsamer Infrastrukturen. Gerade in solchen Verbünden könnten Synergien genutzt werden, um leistungsfähige, rechtskonforme und nachhaltige KI-Infrastruktur zu etablieren.

„Welche Infrastruktur müssen wir aufbauen oder in sie investieren, um an unserer Universität – unter Berücksichtigung ihrer Größe – einen gleichberechtigten Zugang zu KI sicherzustellen und gezielt zu fördern?“

Die Implementierung technischer Lösungen ist dabei eng mit Fragen der Strategie, des Zugangs und der Kompetenzentwicklung verknüpft. Dabei zeigt die Vielfalt der Fragestellungen, dass der Aufbau und Betrieb von KI-Infrastruktur weit mehr ist als eine rein „technische“ Aufgabe. Es geht um Kooperation und nachhaltig sinnvolle Entscheidungen mit strategischer Weitsicht.

Strategie & Change Management

KI zwischen Kooperation und Autonomie strategisch verankern

Die Einführung von Künstlicher Intelligenz ist für viele Hochschulen kein Zukunftsthema mehr, sondern Realität und strategische Notwendigkeit zugleich. Dabei rücken Fragen der langfristigen Verankerung und organisationalen Steuerung immer stärker in den Fokus. In den Hochschulleitungen, Dezernaten und strategischen Arbeitsgruppen wächst der Wunsch nach systematischer Orientierung: Wie können Hochschulen auf die hohe Dynamik der KI-Entwicklung reagieren, ohne ihre eigenen Werte und Strukturen zu verlieren?

Im KI-Lab diskutieren die Teilnehmenden unterschiedliche strategische Ansätze. Dabei zeigt sich: Hochschulen wollen KI aktiv mitgestalten. Die Fragestellungen reichen von der Entwicklung hochschulinterner Roadmaps zur AI-Literacy über strategische Investitionen in souveräne Infrastrukturen bis hin zur Abstimmung von KI-Angeboten auf die Anforderungen von Forschung, Verwaltung und Lehre. Insbesondere in der Forschung wirft der KI-Einsatz auch Fragen der Reproduzierbarkeit, Nachvollziehbarkeit und wissenschaftlichen Integrität auf. Die Einbettung von neuen KI-Kompetenzzentren in bestehende Strukturen und ihre Weiterentwicklung zu flexiblen, offenen Unterstützungsstrukturen stellt strategisch-organisatorische Herausforderungen.

Ein Diskussionspunkt wird der Aufbau von Kooperationsstrukturen sein: innerhalb der Hochschule, zwischen verschiedenen Hochschulen sowie auf europäischer Ebene. Insbesondere kleinere Hochschulen suchen gezielt nach Allianzen, um gemeinsam tragfähige Infrastrukturen zu schaffen und Ressourcen effizienter zu nutzen. Dabei geht es nicht nur um technischen Austausch, sondern um die Entwicklung gemeinsamer Governance-Modelle, abgestimmter Entscheidungsprozesse und nachhaltiger Servicestrategien. Der EU AI Act bietet hier einen wichtigen Bezugspunkt für hochschulübergreifende Strategien im europäischen Hochschulraum.

„Wie lassen sich gemeinsame KI-Services systematisch mit lokalen Hochschulstrategien verbinden, ohne die Eigenlogik der einzelnen Institutionen zu unterlaufen?“

Gleichzeitig bleibt das Spannungsfeld zwischen zentraler Steuerung und institutioneller Eigenlogik bestehen: Wie lassen sich gemeinsame KI-Strategien umsetzen, ohne die akademische Freiheit zu gefährden? Wie gelingt es, hochschulübergreifende Infrastrukturangebote mit individuellen Lehrkulturen, technischen Rahmenbedingungen und strategischen Prioritäten vor Ort zu verbinden? Die Integration von KI betrifft alle Statusgruppen und macht partizipative Change-Formate erforderlich, insbesondere in Studium und Lehre, wo eine differenzierte Strategie für verschiedene Fächer und Zielgruppen notwendig ist.

„Wie kann unsere Hochschule einen strukturierten Change-Management-Prozess entwickeln, der realistische Ziele, Meilensteine, Aktivierung, Kommunikation und Widerstandsmanagement umfasst, die Balance zwischen akademischer Freiheit und institutioneller Steuerung wahrt sowie transformative Ungleichzeitigkeiten berücksichtigt, um AI Literacy effektiv in Studium und Lehre zu integrieren und als Modell für andere Hochschulbereiche zu dienen?“

Die Fragestellungen des KI-Labs zeigen: Eine wirksame KI-Strategie braucht nicht nur ein Bekenntnis zur Digitalisierung, sondern auch zur Kooperation, zur gemeinsamen Verantwortung und zur Anerkennung institutioneller Vielfalt. Zukunftsfähige KI-Nutzung in Hochschulen kann nur dort entstehen, wo Führung, Technik und Didaktik als Gesamtorganisation gemeinsam Antworten auf drängende Fragen entwickeln.

Kompetenzentwicklung und Qualifizierung

AI-Literacy stärken – zielgruppenspezifisch, nachhaltig, übertragbar

Die Integration von Künstlicher Intelligenz in Studium und Lehre deuten Hochschulen nicht nur als eine technische oder strategische Fragen, sondern auch als tiefgreifenden Bildungsauftrag. KI-Lab-Teilnehmenden geht es folglich nicht nur um eine Nutzung von KI als Tool, sondern um die systematische Verankerung von KI-Kompetenzbildung als zentrales Element zukunftsfähiger Hochschullehre. Dabei stehen die Entwicklung nachhaltiger Qualifizierungsstrategien, die Berücksichtigung unterschiedlicher Zielgruppenbedarfe sowie die Übertragbarkeit auf andere Kontexte im Fokus.

„Eine der zentralen Herausforderungen besteht darin, wie wir die Vermittlung von KI-Kompetenzen nach EU AI-Act nachhaltig und strukturell in der Hochschule verankern. Es gilt eine umfassende Strategie zu entwickeln, um sicherzustellen, dass alle Studierenden – unabhängig von ihrer Fachdisziplin – grundlegende KI-Kompetenzen bzgl. Recht, Ethik und Technik erwerben.”

Zentrales Anliegen ist es, Studierende aller Fachrichtungen in die Lage zu versetzen, KI in ihren jeweiligen Disziplinen kritisch, reflektiert und produktiv einzusetzen. Hochschulen stehen vor der Herausforderung, KI-Kompetenzen nicht nur punktuell zu ermöglichen, sondern strukturell im Curriculum zu verankern (orientiert an externe Anforderungen, wie EU AI Act). Dies erfordert nicht nur die primäre Definition relevanter Lernziele, sondern auch die Entwicklung didaktisch fundierter Lernpfade, die auf verschiedenen Kompetenzniveaus aufbauen und sich an den realen Bedürfnissen der Studierenden orientieren.

Gleichzeitig zeigt sich: Die Förderung von AI-Literacy sollten auch die Lehrenden in den Blick nehmen. Es braucht passgenaue Formate für verschiedene Fachkulturen und Erfahrungsstände. Viele Lehrende fühlen sich aktuell überfordert von der Geschwindigkeit der Entwicklungen, unsicher im Umgang mit KI-Technologien und über die rechtlichen und ethischen Implikationen. Die Teilnehmenden im KI-Lab werden daher in den Austausch zu Konzepten kommen, die über klassische Schulungsformate hinausgehen: Faculty Learning Communities, Peer-Learning-Formate, modulare Fortbildungsangebote, begleitete Pilotprojekte und Microcredentials werden als mögliche Bausteine einer langfristigen Professionalisierungsstrategie diskutiert.

Zudem ist klar, dass KI-Kompetenzförderung nicht isoliert gedacht werden kann. Die Schnittstellen zu anderen Zukunftskompetenzen wie kritischem Denken, ethischem Urteilsvermögen, Kreativität und kollaborativem Arbeiten sollten aktiv einbezogen werden. KI wird dabei nicht nur als Lerngegenstand, sondern auch als Lernanlass genutzt, zum Beispiel zur Reflexion über das Verhältnis von Mensch und Maschine, über Autorenschaft und Verantwortung in digitalen Räumen.

Auch die Rolle der IT-Zentren und Servicestellen tritt in den Fokus: Sie sollen nicht nur technische Infrastruktur bereitstellen, sondern auch didaktisch unterstützen, Orientierung geben, innovative Lösungen erproben und transformative Prozesse mitgestalten. Besonders die enorme Entwicklungsdynamik im KI-Bereich verlangt flexible und experimentierfreudige Unterstützungsstrukturen.

Lehre, Prüfungswesen und Studienalltag

KI verantwortungsvoll nutzen

Ein zentrales Thema im KI-Lab ist die Frage, wie Lehren, Lernen, Prüfen, Beraten und Betreuen unter den Bedingungen generativer KI neu gedacht und gestaltet werden können. Besonders deutlich wird der Handlungsdruck im Bereich der Lehre: Lehrende sehen sich mit der Erwartung konfrontiert, didaktisch fundiert, ethisch reflektiert und chancengerecht mit KI zu arbeiten. Viele von ihnen äußern jedoch Unsicherheit angesichts der Dynamik des Feldes, die eine kontinuierliche Weiterentwicklung der eigenen Kompetenzen erfordert.

Gleichzeitig stehen klassische Prüfungsformate auf dem Prüfstand. An vielen Orten zeigt sich, dass der Einsatz generativer KI das Verhältnis von Eigenleistung und maschineller Unterstützung neu justiert. Prüfungen, die auf kreative, reflexive und selbstgesteuerte Leistungen zielen, gewinnen an Bedeutung. Portfolioformate, multimediales Arbeiten und zukunftsfähige E-Assessment-Konzepte werden erprobt. Ziel ist es, nicht nur zu prüfen, was Studierende wissen, sondern wie sie mit Wissen umgehen.

Mehrere Vorhaben zielen auf die Entwicklung von Richtlinien ab, die den Umgang mit KI in wissenschaftlichen Arbeiten regeln sollen. Diese sollen Lehrenden unter anderem helfen, Leistungen einzuordnen und zu bewerten, wenn KI zum Einsatz kommt. Besonders herausfordernd ist dabei die Übertragbarkeit solcher Regelwerke auf unterschiedliche Fachbereiche.

„Wie kann eine Richtlinie zur Nutzung von KI bei Abschlussarbeiten gestaltet werden, die transparente Kriterien zur Einordnung und Bewertung der studentischen Eigenleistung enthält und zugleich hochschulweit über alle Fakultäten hinweg Akzeptanz findet?“

Ein weiteres zentrales Feld ist der Einsatz von KI-basierten Tutor- und Beratungsbots. Diese Systeme sollen Studierende im Lernprozess unterstützen, zum Beispiel beim wissenschaftlichen Schreiben, bei der Reflexion im Portfolio oder in der Studienorganisation. Dabei steht die Frage im Raum, wie solche Bots so konzipiert werden können, dass sie die Selbstwirksamkeit der Lernenden stärken, statt ihre Eigenleistung zu untergraben. Neben didaktischen Aspekten geht es auch um infrastrukturelle, datenschutzrechtliche und technische Fragen.

Immer wieder wird auch die Chancengleichheit der Studierenden betont. Der Einsatz von KI trifft auf eine sehr heterogene Zielgruppe: Während einige bereits routiniert mit Tools und Prompts umgehen, haben andere weder Zugang zu geeigneter Software noch ein vertieftes Verständnis für die Funktionsweise von LLMs. Unterschiede in technischer Ausstattung, Erfahrung mit Datenrecht und Ethikfragen führen zu erheblichen Ungleichheiten. Daher wird der Bedarf an niedrigschwelligen Lernangeboten betont, die alle Studierenden auf ein vergleichbares Kompetenzniveau bringen sollen.

Zudem arbeiten einzelne Hochschulen daran, KI-Systeme wie Large Language Models hochschulspezifisch und datenschutzkonform verfügbar zu machen – sei es lokal gehostet oder unter klar definierten Remote-Bedingungen. Diese sollen nicht nur Studierenden im Alltag assistieren, sondern auch Lehrende bei der Materialerstellung, Forschende bei der Datenanalyse und Verwaltungsmitarbeitende bei Routinetätigkeiten unterstützen. Voraussetzung dafür sind klare Datenschutzstrategien, hohe Benutzerfreundlichkeit und eine nachhaltige technische Infrastruktur.

Insgesamt zeigt sich im KI-Lab ein starkes gemeinsames Anliegen: Der Wunsch, KI an Hochschulen nicht nur technisch, sondern vor allem didaktisch sinnvoll, chancengerecht und verantwortungsvoll einzusetzen. Die Teilnehmenden verbindet die Überzeugung, dass es einer systematischen, koordinierten und interdisziplinären Herangehensweise bedarf, um eine zukunftsfähige KI-Kultur in Studium, Lehre und Hochschulorganisation aufzubauen.

Querschnittsthemen: Vernetzung, Chancengleichheit, Nachhaltigkeit und digitale Souveränität

Abschließend zeigt sich im KI-Lab deutlich, dass Kooperation und Vernetzung zu den Schlüsselthemen für eine erfolgreiche und nachhaltige Integration von KI an Hochschulen gehören. Insbesondere kleinere oder regional vernetzte Hochschulen sehen im Austausch mit größeren, erfahreneren Einrichtungen eine wichtige Chance, Ressourcen und Know-how zu bündeln. Die Entwicklung gemeinsamer technischer, didaktischer und regulatorischer Lösungen ist deshalb ein wesentlicher Bestandteil der Strategieüberlegungen vieler Hochschulen. Diese Zusammenarbeit ermöglicht es, nicht nur voneinander zu lernen, sondern auch langfristig tragfähige und ressourcenschonende Konzepte zu schaffen.

Chancengleichheit ist ein wichtiges Anliegen im Kontext von KI an Hochschulen. Viele mitgebrachten KI-Lab-Fragen zeigen, dass der Zugang zu KI-Tools, das Wissen über deren Funktionsweise sowie die Fähigkeit zum kritischen und souveränen Umgang unter Studierenden und Lehrenden stark variieren. Diese Unterschiede bergen die Gefahr, bestehende Ungleichheiten weiter zu verschärfen. Um dem entgegenzuwirken, braucht es gezielte Maßnahmen: niedrigschwellige Schulungsangebote, transparente Rahmenbedingungen und unterstützende Maßnahmen. Hochschulen sehen Chancengleichheit im KI-Zeitalter nicht als eine Randbedingung, sondern als Ausgangspunkt für eine verantwortungsvolle Hochschulentwicklung.

„Wie können wir mehr Chancengleichheit in Bezug auf LLMs und KI unter Studierenden schaffen?“

Übergreifend zieht sich das Thema digitale Souveränität wie ein roter Faden durch viele Überlegungen. Hochschulen sind sich der Risiken bewusst, die mit einer Abhängigkeit von externen Anbietern einhergehen können. Deshalb gewinnen der Austausch und die Vernetzung zwischen Hochschulen an Bedeutung, um gemeinsam Strategien zu entwickeln, die sowohl Innovation als auch Unabhängigkeit fördern.

Insgesamt wird klar: Der Weg zu einer nachhaltigen, chancengerechten und qualitätsvollen KI-Nutzung an Hochschulen ist ein gemeinsamer Prozess. Er lebt von geteiltem Wissen und dem stetigen Dialog – und genau diesen Impuls setzt das KI-Lab eindrucksvoll.

Ausblick mit ComAI – Kommunikative KI in der Bildung

Unsere Auswertung der im KI-LAb repräsentierten Themen zeigt: Hochschulen stehen aktuell vor der anspruchsvollen Aufgabe, Künstliche Intelligenz so in Studium und Lehre zu integrieren, dass sie didaktisch sinnvoll, technisch belastbar, ethisch reflektiert und chancengleich gestaltet ist. Der größte Handlungsdruck liegt dabei im Bereich von Lehre und Prüfungen, aber auch die Entwicklung unterstützender Systeme wie KI-basierter Chat-Bots rückt zunehmend in den Fokus. Umso erfreulicher ist es zu sehen, mit wie viel Engagement die Hochschulen an tragfähigen Konzepten arbeiten. Gleichzeitig wird deutlich, dass viele Fragen noch offen sind und weiterführender Forschung bedürfen.

Genau hier setzt das Forschungsprojekt ComAI Bildung an. Es untersucht, wie Hochschulen die Einführung kommunikativer KI technisch umsetzen, in ihre organisatorischen und didaktischen Strukturen einbetten und dabei soziale Ungleichheiten sowie institutionelle Herausforderungen adressieren. Das KI-Lab stellt für unsere Forschung eine wichtige Schnittstelle zur Praxis dar: Viele der dort aufgeworfenen Fragen spiegeln sich in unseren wissenschaftlichen Untersuchungen wider, etwa zur Governance von KI, zur Rolle administrativer Systeme oder zur Perspektive der Studierenden. In den kommenden Monaten werden wir erste Erkenntnisse und Einblicke aus dem Forschungsprojekt (unter anderem in unserem Blog) veröffentlichen.

Wir wünschen allen Beteiligten des KI-Labs einen inspirierenden Austausch, fruchtbare Kooperationen und den Mut, neue Wege zu denken und zu erproben. Wir freuen uns auf den weiteren Dialog und sind gespannt darauf, auf die Ergebnisse des KI-Labs zu blicken und die strategischen Entscheidungen zu verfolgen, um den Einsatz von KI zukunftsfähig, chancengleich und verantwortungsbewusst zu gestalten.

Autorinnen

Veronika Graceva absolvierte den M.A. Wissenschaft und Gesellschaft mit dem Schwerpunkt auf Hochschul- und Wissenschaftsforschung an der Leibniz Universität Hannover und setzte sich hier unter anderem mit der Digitalisierung in Studium und Lehre auseinander. Aktuell ist sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Informationsmanagement Bremen (ifib) im Projekt ComAI Education (Kommunikative KI für Lehren und Lernen) tätig. Mithilfe qualitativer Methoden untersucht sie die Auswirkungen künstlicher Intelligenz auf unterschiedliche Zielgruppen und organisatorische Prozesse an Hochschulen.

Anna-Lena Kramer studierte im Bachelor Politikwissenschaft, Soziologie und Psychologie an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Aktuell absolviert sie den Master Politikwissenschaft an der Universität Bremen. Als studentische Mitarbeiterin am Institut für Informationsmanagement Bremen (ifib) unterstützt sie Forschungsprojekte wie ComAI Education (Kommunikative KI für Lehren und Lernen) und die Öffentlichkeitsarbeit.

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