Weiter geht es nur zusammen: Ein Kommentar zur Stiftung Innovation in der Hochschullehre

Weiter geht es nur zusammen: Ein Kommentar zur Stiftung Innovation in der Hochschullehre

30.11.20

Förderbekanntmachung der Stiftung Innovation in der Hochschullehre: Kommentar von Antonia Scholkmann

Vor kurzem hat die neue Stiftung Innovation in der Hochschullehre ihre erste Förderbekanntmachung veröffentlicht, Titel: „Hochschullehre durch Digitalisierung stärken“. Antonia Scholkmann wirft jetzt einen kritischen Blick auf den Vorstoß der Stiftung und prüft die Bekanntmachung auf Herz und Nieren. Kann die Stiftung den Erwartungen gerecht werden?

Förderbekanntmachung der Stiftung Innovation in der Hochschullehre: Kommentar von Antonia Scholkmann

Sehnsüchtig erwartet: Die Stiftung Innovation in der Hochschullehre

Nun ist sie da, die erste Förderbekanntmachung unter der Koordination der neuen Stiftung Innovation in der Hochschullehre. Von vielen sehnsüchtig erwartet, und doch für viele Hochschulen zu spät, um noch eine nahtlose Weiterführung von Projekten und Stellen im Bereich Lehrentwicklung und -Support nach Auslaufen des Qualitätspakts Lehre zu gewährleisten. Das ist tragisch, und es bleibt nur zu hoffen, dass Initiativen zur Überbrückungsfinanzierung aus Hochschul- oder Landesmitteln so gut wie möglich greifen, um den Brain-Drain gerade unter den Mitarbeitenden in Hochschul- und Mediendidaktik, aber auch bei befristet beschäftigten Lehrenden oder im technischen Support zu verhindern.

Denn die Hochschulen werden deren Kompetenzen bei der Vorbereitung der neuen Anträge bis zum 01.03.2021 brauchen: Die Ausschreibung fokussiert – ganz im Sinne des Zwecks und der Aufgabe der neuen Stiftung – die „Erneuerungsfähigkeit der Hochschullehre“ (S. 2), indem sie

a)       die Erfahrungen der außerordentlichen, ad-hoc digitalisierten Lehre unter Corona-Bedingungen aufgreift,

b)       dazu auffordert, das hierin liegende Innovationspotenzial fruchtbar zu machen und

c)       diese Innovationen in die Praxis zu tragen.

Offene und langfristige Zielsetzung bietet Chancen

In allen drei Bereichen haben im Corona-Jahr 2020 Hochschullehrende, Hochschulleitungen und die Kolleg:innen des Thirds Space aus Hochschul- und Mediendidaktik so eng zusammengearbeitet wie nie zuvor. Der Fokus der Ausschreibung auf Innovation als „Neuerungen innerhalb von Prozessen, Praktiken und Strukturen“ (S. 2) macht Mut, hier auch über langfristig neue Formen der Zusammenarbeit nachzudenken. Der Fokus auf systematischer Evaluation, strategischer Entwicklung und Transfer von Innovationen auf neue Kontexte fordert dazu auf, sich gemeinsam über Ziele, Kriterien und Bedingungen der Übersetzung von erprobten Lösungen zu verständigen – und ggf. auch kreativ zu streiten. Die Zielstellung einer förderlichen und verlässlichen Infrastruktur und Hochschulkultur für alle Studierenden und Lehrenden schließlich betont die Langfristigkeit der intendierten Wirkungen. Insbesondere beim Stichwort Kultur erfordert auch das als Basis eine gemeinsame Diskussion und Reflexion über grundlegende Werte und Praktiken.

Nun ist genau diese Förderausschreibung durch ihre zeitliche Platzierung im (unterbrochenen) Anschluss an den Qualitätspakt Lehre ein mächtiges Steuerungsinstrument für die Lehrentwicklung der nächsten Jahre. Beim Versuch, eine programmatische Richtung zu erkennen fällt hier auf, dass die genannten förderfähigen Maßnahmen die gesamte Bandbreite von der Policy- und Strukturentwicklung bis zur Erprobung konkreter Werkzeuge und Szenarien abdecken. Das ist prima, weil es Vielfalt fördert und den einzelnen Hochschulen die Möglichkeit zur je individuellen Schwerpunktsetzung gibt. Und es absehbar, dass diejenigen Institutionen, die – wieder oft unter aktiver Beteiligung von oder gar Koordination durch die Hochschul- und Mediendidaktik – bereits vorgearbeitet haben, die guten Startpositionen besetzen werden.

Offenheit ist auch eine Herausforderung

Dennoch liegen in dieser Offenheit auch Herausforderungen: Unklarheiten darüber, was eigentlich unter Skalierbarkeit, Transfer oder Interoperabilität verstanden wird, werden gute Übersetzungsarbeit erfordern. Zum einen wird es nötig sein, diese Begriffe und deren Bedeutung für die Hochschullehre wissenschaftlich zu definieren. Aber mehr noch werden Ideen dazu benötigt werden, wie die verschiedenen Akteurinnen und Akteure zu einer gemeinsamen und für die jeweilige Institution sinnvollen Interpretation dieser Begriffe kommen, die dann in kluge Entwicklungskonzepte überführt werden können. Und auch hier wird gelten: wer bereits auf vorhandenen Kompetenzen zur Prozessmoderation und -Reflexion zurückgreifen kann, ist im Vorteil.

Ein interessanter Aspekt findet sich schließlich auf Seite 4 ganz unten. Hier ist zu lesen, dass auch „projektbezogene Weiterbildungen und Qualifizierung der Lehrenden“ förderbar sind, „ebenso wie Angebote der strukturierten Begleitung der Studierenden im digitalen Kontext“. Wie schön, möchte man ausrufen, Weiterbildung in Sachen Lehre und die Idee von Lehren und Lernen als Beziehungsarbeit sind im Steuerungsinstrument einer Ausschreibung angekommen! Und man fragt sich doch, warum gerade die beiden Hauptgruppen der am Lehr-Lerngeschehen beteiligten – Lehrende und Studierenden – nur als eine mit Maßnahmen zu bedenkende nachgeordnete Handlungseinheit aufgefasst werden, anstatt als Kernzelle von Innovationen in der Lehre.

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