Radical Ideas Challenge – ein Interview mit Simon Sommer
Radical Ideas Challenge – ein Interview mit Simon Sommer
12.12.18Simon Sommer ist Head of Research bei der Jacobs Foundation in Zürich. Dort leitet er den Bereich der Forschungsförderung, was den Forschungspreis, Forschungsprojekte und das Jacobs Foundation Research Fellowship Program beinhaltet. Gemeinsam mit der Jacobs University in Bremen wird derzeit ein international ausgerichteter Wettbewerb für innovative Forschungsprojekte durchgeführt, die an der Jacobs University implementiert werden sollen. In diesem Interview während des Symposiums “B³ – Bildung Beyond Boundaries” berichtet er von dem Vorhaben. Hier finden Sie den Call for Proposals.
Worin liegt die Motivation zur Ausrichtung des Symposiums “B³ – Bildung Beyond Boundaries”?
Die Jacobs Foundation fördert seit 30 Jahren Forschung zur Kinder- und Jugendentwicklung und zu Lernprozessen. Der Fokus liegt bis heute auf dem vorschulischen und schulischen Bereich. Es wurde also bislang weniger geschaut, wie man Lernen auch an Hochschulen verbessern und evidenzbasiert aufstellen könnte. Seit vielen Jahren sind wir auch hier an der Jacobs University in Bremen engagiert. Zusammen mit einem Kollegen der Universität ist mir nun der Gedanke gekommen, ob man nicht hier eine Art Laboratorium für evidenzbasierte Innovation im Bereich der Hochschullehre und Hochschulbildung schaffen könnte. Zu dem Symposium “B³ – Bildung Beyond Boundaries” haben nationale und internationale innovative Denker(innen) eingeladen, um uns beim Aufsetzen eines solchen Programms zu inspirieren. Es ist der Auftakt des Laboratoriums.
Wodurch zeichnet sich die Challenge aus?
Die Lehre und die Lernerfahrungen hier an der Jacobs University sollen sich noch weiter verbessern. Aber wir wollen nicht nur das tun. Das ambitionierte Ziel ist es, eine Kultur evidenzbasierter Innovationen im Hochschulbereich in Deutschland zu etablieren. Das heißt wir wollen internationale Ideen, wie man Hochschullehre verbessern kann, experimentell testen. Als Experimentierraum dient der Campus der Jacobs University gemeinsam mit seinen Studierenden und Professorinnen und Professoren. Das ist sicherlich das Besondere: Es geht nicht nur um die Entwicklung von Ideen, sondern auch um die ganz konkrete Implementierung und experimentelle Auswertung.
Wer kann teilnehmen und wie?
Mit den Speaker(inne)n des Symposiums “B³ – Bildung Beyond Boundaries” und weiteren Expert(inn)en werden die Rahmenbedingungen der Challenge derzeit festgelegt. Die Projekte sollen nicht auf dem Campus der Jacobs University, oder durch Professorinnen und Professoren der Jacobs University entwickelt worden sein, sondern können rein theoretisch aus der ganzen Welt stammen. Die einzige Voraussetzung ist, dass die Implementierung und die Studiendurchführung, gemeinsam mit Faculty und Studierenden der Jacobs University erfolgt. Der Call richtet sich ganz bewusst an Innovator(inn)en, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, sowie an Start-ups und EdTec-Companies auf der ganzen Welt. Ihnen soll die Möglichkeit geboten werden, zu schauen, ob ihre Ideen hier in diesem besonderen Kontext in Bremen funktionieren können.
Gibt es bereits einen Zeitplan?
Wir haben einen ambitionierten Zeitplan. Anfang Dezember wird die Radical Ideas Challenge ausgeschrieben. Es sollen bis Januar zweiseitige Kurzproposals mit Grundideen bei uns eingereicht werden, aus denen wir gemeinsam mit der Universität eine Vorauswahl treffen. Fünf bis zehn Antragsteller werden wir dann im Februar nach Bremen einladen, um gemeinsam mit der Faculty und Studierenden an den Projektideen zu arbeiten und auch herauszufinden, welche Konstellationen bezogen auf Fach und Professur für dieses Projekt am besten in Frage kommen. Im Anschluss bewertet eine internationale Jury die entstandenen Full Proposals und die Förderungen werden im Juni ausgesprochen.
Welche Rolle spielt die Jacobs Foundation während der Challenge?
Die Jacobs Foundation versteht sich mit einer Summe von insgesamt 750.000 Schweizer Franken (ca. 650.000 Euro) als Förderin. Ob es drei größere Projekte sein könnten á 250.000 Franken, oder auch ein größeres und zwei, drei kleinere eher explorative Projekte ist von den Bewerbungen abhängig. Es ist uns sehr wichtig, dass wir diese Projekte als Forschungsprojekte verstehen, in deren Ablauf oder Inhalt wir nicht eingreifen werden. Da verstehen wir uns wirklich als Forschungsförderin, die Projekte fördert und die Freiheit der Wissenschaft respektiert.
Wie sieht Hochschulbildung in 5 Jahren aus?
Wahrscheinlich wird sich im Vergleich zu heute nicht so viel geändert haben, wie sich das viele Leute vorstellen oder erhoffen. Gleichzeitig wird sich Einiges ändern müssen. Learning Analytics, das heißt die Analyse der im Laufe des Studierens, des Lernens und des Geprüftwerdens anfallenden Daten, werden wir verstärkt bekommen. Es wird sich nicht vermeiden lassen, dass wir diese Daten nutzen. Ich glaube auch, es wird wichtig für Universitäten sein, sich mehr um andere Domänen des Lernens Studierender zu kümmern. Damit meine ich sozial-emotionales Lernen, den Bereich des Wohlbefindens, und der Problemlösungskompetenz. Diese Dinge sind im Verständnis vieler nicht Aufgabe der Universitäten, aber gleichzeitig müssen Studierende heute im 21. Jahrhundert mit genau diesen Skills auf das Leben vorbereitet werden.
Vielen Dank für das Gespräch