Learning Management Systeme an Musikhochschulen – Digitalisierung, die den Ton angibt

Learning Management Systeme an Musikhochschulen – Digitalisierung, die den Ton angibt

28.05.25

Digitale Lernplattformen sind ein fester Bestandteil des Hochschullebens und nicht mehr wegzudenken – das gilt auch für Musikhochschulen. Doch wie genau werden Learning Management Systeme (LMS) dort eingesetzt, und welche besonderen Herausforderungen bringen sie mit sich? Genau diesen Fragen haben wir uns mit einer Befragung in einem Teilprojekt im Netzwerk 4.0 der Musikhochschulen gewidmet.
Die Ergebnisse zeigen klar: LMS haben großes Potential – aber sie werden längst nicht überall optimal genutzt.

Das Netzwerk 4.0 – gemeinsam. digital. gestalten

Digitale Lehre an Musikhochschulen? Das klingt nach einer echten Herausforderung – und genau dieser haben wir uns im  Netzwerk 4.0 der Musikhochschulen angenommen. Gefördert von der Stiftung Innovation in der Hochschullehre im Rahmen des Programms „Hochschullehre durch Digitalisierung stärken“, arbeitet das Netzwerk bis Ende 2025 daran, die Chancen der Digitalisierung voll auszuschöpfen.

Dabei steht das gemeinsame Engagement im Vordergrund: 18 der insgesamt 24 deutschen Musikhochschulen ziehen an einem Strang, um die Potenziale der Digitalisierung für die Lehre und das Studium zu erschließen. Im Fokus stehen Herausforderungen der musikalischen Ausbildung. Musikstudium bedeutet nicht nur Theorie, sondern auch praktisches Üben, Ensemblespiel und individuelles Coaching. Die Digitalisierung soll genau diese Aspekte unterstützen und die Studierenden gleichzeitig auf den modernen Arbeitsmarkt vorbereiten.

LMS an Musikhochschulen – Digitale Helfer im kreativen Umfeld

LMS sind an den meisten Hochschulen mittlerweile Standard. Sie ermöglichen es, Lehrmaterialien bereitzustellen, Kurse zu organisieren und die Kommunikation zwischen Lehrenden und Studierenden zu erleichtern. Doch passen sie auch zu einem Musikstudium?

Die Antwort lautet: Ja – allerdings gibt es spezielle Anforderungen, denn in der künstlerischen Ausbildung geht es nicht nur um die Vermittlung von Theoriewissen, sondern auch um praktisches Üben, individuelles Feedback und kreative Prozesse. LMS müssen also mehr bieten als nur PDFs zum Herunterladen.

LMS an Musikhochschulen – Ergebnisse unserer Befragung im Überblick

🔹 Seit 2005 werden LMS an Musikhochschulen eingesetzt.

🔹 82,4 % der Hochschulen nutzen eine solche Plattform – am beliebtesten sind Moodle und ILIAS.

🔹 Weitere oft genutzte Plugin-Tools sind H5P (für interaktive Inhalte), RocketChat (Kommunikation) und Asimut (Raumverwaltung).

Klangfarben – Wie nutzen Musikhochschulen ihr LMS?

Die häufigsten Einsatzbereiche (Nennung unter den befragten Musikhochschulen):

✔️ Lehrangebote bereitstellen (100 %)
✔️ Arbeitsräume für Projektgruppen (57,1 %)
✔️ Informationen für Studierende & Lehrende (50 % / 35,7 %)
✔️ Verwaltung von Anmeldungen (35,7 %)
✔️ E-Prüfungen & Evaluationen (je 28,6 %)
✔️ Sprechstundenorganisation & Vorlesungsaufzeichnungen (je 28,6 %)

Besonders interessant: Neben Texten und PDFs spielen Audio- und Videodateien eine wichtige Rolle – etwa zur Analyse von Musikstücken oder für Online-Unterricht.

Tonmeister:innen – Wer betreut das LMS?

➡️ IT-Abteilungen oder externe Dienstleister hosten die Plattformen.
➡️ Der technische Support nimmt etwa 1 bis 10 Stunden pro Woche in Anspruch.
➡️ Die inhaltliche Betreuung übernehmen oft Lehrende oder Mitarbeitende.
➡️ 85,7 % der Hochschulen bieten Schulungen für Lehrende an, aber nur 64,3 % führen regelmäßige Einführungen durch.

Herausforderung: Viele Lehrende nutzen LMS nur für grundlegende Funktionen, wie das Hochladen von Materialien. Das volle didaktische Potenzial – wie zum Beispiel die Integration von interaktiven Tools, MOOCs oder die Möglichkeit zum digitalen Gehörtraining – bleibt oft ungenutzt oder wird übersehen.

Dissonanzen – Was bremst die Digitalisierung?

Die Umfrage im Netzwerk der Musikhochschulen zeigt: Es gibt noch Luft nach oben.

➡️ Ressourcen & Support: Viele Musikhochschulen haben kleine IT-Abteilungen, die LMS nur begrenzt betreuen und Schulungen anbieten können – das erschwert eine breite Nutzung.
➡️ Technische Hürden: LMS müssen mit bestehenden Campusmanagement-Systemen und IT-Infrastrukturen kompatibel sein und vernetzt werden.
➡️ Didaktische Konzepte: Musikhochschulen haben spezielle Bedürfnisse – von interaktiven Noten bis hin zu Video-Feedback für Studierende – dafür gibt es in LMS oft (noch) keine geeigneten Tools.
➡️ Didaktische Herausforderungen: Viele Lehrende nutzen LMS bisher nur für einfache Aufgaben wie das Hochladen von Materialien.

Ein weiteres Problem: Während der Corona-Pandemie wurden viele Systeme unter Zeitdruck eingeführt. Jetzt stellt sich die Frage, wie sie nachhaltig verbessert und angepasst werden können.

Komposition – Wie sieht die Zukunft aus?

LMS haben ein enormes Potenzial, das noch nicht voll ausgeschöpft wird. Der Einsatz von LMS wird sich in Zukunft noch verstärken, da die Nachfrage nach flexiblen und digitalen Lernmöglichkeiten stetig wächst. Um LMS an Musikhochschulen besser zu nutzen und sinnvoll weiterzuentwickeln, zeigte sich bei der Befragung, dass vier Dinge besonders wichtig sind:

Mehr Schulungen für Lehrende, um alle Funktionen der Plattformen effektiver einzusetzen.
Bessere Integration von Audio-/Videotools, um den künstlerischen Unterricht und Arbeitsprozesse optimal zu unterstützen.
Strukturierte Unterstützung kleiner IT-Teams und LMS-Admins, durch Vernetzungsmöglichkeiten und Austauschangebote.
Langfristige Digitalisierungsstrategien, die über schnelle Notlösungen hinausgehen und von den Hochschulleitungen aktiv gefördert werden.

Ausblick – Digitalisierung, die den Ton angibt

Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Integration und Anwendung von Plattformen in die Strukturen der befragten Musikhochschulen Einzug gehalten haben. Es ist festzuhalten: LMS sind an Musikhochschulen angekommen.
Jetzt geht es darum, sie gezielt weiterzuentwickeln, indem sie auf die besonderen Anforderungen der künstlerischen Ausbildung angepasst und sie auf die Bedarfe der Studierenden und Lehrenden abgestimmt werden. Musikhochschulen, die ihre LMS ausbauen, können von einer verbesserten Effizienz und mehr Flexibilität für Studierende und Lehrende profitieren. Dies gilt besonders im Hinblick auf hybride Lehrformate und die wachsende Nachfrage nach digitalen Lernmöglichkeiten.
Es bleibt spannend, wie diese digitale Herausforderung weiter gemeistert wird, denn zweifelsohne Bedarf es hierfür finanzieller Ressourcen und Expert:innenwissen, um den Ton weiter zu halten.

Im Teilprojekt 11 LMS des Netzwerks 4.0 der Musikhochschulen sind die Hochschule für Musik Detmold, Hochschule für Musik Freiburg, Hochschule für Musik und Theater Hamburg, Hochschule für Musik und Tanz Köln, Hochschule für Musik Trossingen und die Hochschule für Musik Würzburg beteiligt.

Weitere Informationen rund um unserer Befragung zum aktuellen Stand von LMS an den Netzwerk-Musikhochschulen finden sich auf unserer Werkeseite.

Autorin

Dr. Sandra Winheller

Dr. Sandra Winheller ist Mitglied der Geschäftsführung im Netzwerk 4.0 der Musikhochschulen und Teilprojektleiterin. Zudem ist sie als Expertin in den Bereichen der Hochschuldidaktik, Digitalisierung der Lehre und Gender/Diversity Studies sowie in unterschiedlichen inter- und transdisziplinären Forschungs- und Entwicklungsprojekten zu Professionalisierungsfragen aktiv.

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