/imagine Future Skills – Eindrücke vom U:FF 2025 in Berlin
/imagine Future Skills – Eindrücke vom U:FF 2025 in Berlin
19.06.25
Dieser Blogartikel gehört zu einer Reihe, in der wir auf das University:Future Festival 2025 zurückblicken und den zentralen Themen, die dort diskutiert wurden, noch einmal Raum geben. In der ersten Rückschau hat Matti Flieger über Beiträge auf dem U:FF berichtet, in denen die Hochschule als sozialer Möglichkeitsraum zwischen Haltung und Handlungsdruck, Machtkritik und Mental Health neu gedacht wird. In einem weiteren Beitrag rückte Michael Siegel das Thema „Digitale Souveränität“ in den Fokus. Die Rückschau geht mit diesem Beitrag weiter: Clara Molau widmet sich Veranstaltungen rund um das Thema „Future Skills“.
Das University:Future Festival 2025 war auch ein Future-Skills-Festival – dem Thema wurde ein eigener Track gewidmet, der eine Keynote sowie mehrere Diskussionen und Inputs umfasste. Unter „Future Skills“ werden die Fähigkeiten zusammengefasst, die in Zukunft auf dem Arbeitsmarkt und in der Gesellschaft immer wichtiger werden. Sie basieren auf der Bereitschaft, sich auf eine im Wandel bestehende Welt einzustellen und die eigenen Kompetenzen dementsprechend auszubauen. Zu den verschiedenen Kompetenzen, die zu den Future Skills gezählt werden, gehören beispielsweise auch Data- und Digital Literacy sowie Medien- und KI-Kompetenzen. In zahlreichen Gesprächen wurde deutlich: Future Skills sind nicht nur eine individuelle, sondern auch eine systemische Herausforderung.

▶️ Kuratierte Playlisten und alle Aufzeichnungen vom U:FF finden Sie auf unserem Youtube-Kanal.
Future Skills im Zeitalter generativer KI
In der Podiumsdiskussion „Future Skills im KI-Zeitalter: Welche Kompetenzen brauchen wir?“ mit Juliane Bardt, Ulf-Daniel Ehlers, Jan Plüer, Victoria Büsch und Florian Rampelt ging es darum, welche speziellen Fähigkeiten gefordert sind in einer Zukunft, in der Künstliche Intelligenz immer wichtiger wird. Eine Herausforderung: Anwender:innen müssen KI nicht nur benutzen, sondern auch steuern können, also einschätzen können, bei welchen Aufgaben der Einsatz generativer KI Sinn macht. Bei der Nutzung von KI ist es wichtig, zu erkennen und einzugreifen, wenn die Ergebnisse in eine falsche Richtung gehen. Und nur, wenn man über eigenes Grundwissen zu einem Thema verfügt, kann man auch erkennen, wenn die KI falsch liegt.
Darüber hinaus wurde das Konzept der „Future Skills Literacy“ vorgestellt. Damit ist die Fähigkeit gemeint, Aktivitäten zu planen und durchzuführen, die dazu führen, KI-Kompetenzen in die Lehre zu integrieren. Darüber hinaus umfasst der Begriff ein Verständnis dafür, welche KI-Skills in einem jeweiligen Berufsfeld relevant sind und deren Integration in die Lehre und in Prüfungsformate. Für Hochschulleitungen bedeutet „Future Skills Literacy“, Entscheidungen zu treffen, Personen zusammenzubringen und Foren zu schaffen, in denen Diskussionen zu diesem Thema entstehen können und in denen über die Schaffung von Strukturen beraten wird. Abschließend wurde in der Diskussion betont, dass Future Skills kein Selbstzweck sind, sondern zu verantwortungsvollem und souveränem Handeln in einer KI-geprägten Welt befähigen können.
Digitale Plattform für lebenslanges Lernen
Im Input „Warum Future Skills nicht ausreichen: Bildungssouveränität als neuer Kompass für Systemwandel“ stellten Ronny Röwert und Stefan Lemke ihr Konzept der Bildungssouveränität vor, das eine Ergänzung zu Future Skills sein soll. Ihrer Ansicht nach ist ein übergeordnetes Konzept für die Öffnung und Erneuerung des Bildungssystems erforderlich. Dabei sei es wichtig, Räume für lebenslanges und kompetenzorientiertes Lernen zu schaffen. Zentral sind dabei die Fähigkeiten, Bildungsangebote wahrzunehmen und selbstmotiviert zu lernen. Dafür müssen praktische Möglichkeiten sowie Coaching- und Supportsysteme bereitgestellt werden.
Ein positives Beispiel, welches das lebenslange Lernen auf systemischer Ebene in den Fokus rückt, ist der Digital Learning Campus Schleswig-Holstein (DLC). Auf dieser Plattform können Bürgerinnen und Bürger Bildungsangebote finden und an diesen teilnehmen, sowohl online als auch vor Ort. Die Plattform ist offen und kostenlos für alle. Nutzer:innen können sich ein Online-Profil erstellen und bekommen personalisierte Empfehlungen für Kurse und andere Weiterbildungsmaßnahmen. Die Plattform bietet außerdem einen Ort für Vernetzungen, auch mit potentiellen Arbeitgeber:innen.
Future Skills waren auch ein Thema bei der Live-Aufnahme des Podcasts „Die Welt brennt – können Hochschulen sie löschen?“. Darin diskutierten Ronny Röwert, Franz Vergöhl und Manuel Dolderer über die Rolle, die Hochschulen in Krisenzeiten haben. Sie betonten unter anderem, dass es in der Hochschulbildung nicht um reine „Employability“ gehen darf, also um den Nutzen, den Absolvent:innen für den Arbeitsmarkt haben. Vielmehr sollten Hochschulen Lernumgebungen schaffen, die Future Skills in einen größeren Sinnzusammenhang stellen:
Die Rolle der Hochschulen
Am zweiten Festivaltag gingen Jannica Budde und Nina Horstmann in ihrem Input „Verankerung von Future Skills im Curriculum“ auf Herausforderungen und Chancen ein, die damit einhergehen, wenn man Future Skills in Lehrplänen festschreiben möchte. Es sei es wichtig, Studierende und Lehrende über die Bedeutung von Future Skills aufzuklären. So seien Lehrpersonen oft noch skeptisch, weil sie Sorge haben, dass fachliche Inhalte verdrängt werden.
Um Future Skills an Hochschulen zu verankern, sei es wichtig, Strukturen zu schaffen und dafür Geld und Personal bereitzustellen. Future Skills sollten auch nicht für sich stehen, sondern mit Themen verknüpft werden, deren Relevanz schon akzeptiert ist, wie zum Beispiel Nachhaltigkeit, Demokratie und Diversität. Außerdem müssen Future Skills als zentraler Bestandteil der Hochschule verstanden werden und nicht nur als Zusatz.
Anna Sandmeir, Judith Koeritz und Henning Koch stellten im Rahmen eines Diskussionsformats und bei einem Community-Meetup die Allianz für Future Skills des Stifterverbandes vor. Ziel der Allianz ist es, dass mehr Hochschulen KI-Kompetenzen und Future Skills fest in ihr Bildungsangebot aufnehmen. Die Veranstaltung „Zukunftskompetenzen durch Partnerschaften: Wie gelingt die Zusammenarbeit?“ betonte, dass Future Skills und KI-Kompetenzen systematisch und flächendeckend verankert werden müssen. Dabei sei es besonders wichtig, auf Kooperation zu setzen, sowohl zwischen den Hochschulen als auch mit externen Partner:innen aus der Praxis.
Wie kann das in der Praxis aussehen? Laura Eigbrecht und Ulf-Daniel Ehlers stellten 15 konkrete Beispiele von Hochschulen vor, die Zukunftskompetenzen bereits jetzt leben und zum Bestandteil des Studiums machen. Dabei wurden Beispiele aus Deutschland und der ganzen Welt vorgestellt: von der Team Academy in Bremerhaven, wo Wirtschaftsstudierende zu Beginn ihres Studiums ein eigenes Unternehmen gründen, über die Technische Hochschule Nürnberg, wo Studierende an den Future Skills Weeks teilnehmen können, einer Veranstaltung rund um Zukunftskompetenzen, bis hin zur Minerva University, einer digitalen Hochschule, an der Studierende in sieben Ländern ein hochgradig kompetenzbasiertes Curriculum durchlaufen. Ihr Fazit: Hochschulen und Curricula verändern sich nicht von heute auf morgen, sondern durch kleine, konkrete Schritte. Wichtig ist, flexibel zu bleiben und auf Kooperationen zwischen Hochschulen und anderen Akteur:innen zu setzen.
Die Perspektive der Studierenden
Auch die DigitalChangeMaker, die studentische Initiative des Hochschulforums Digitalisierung (HFD), trugen mit einem Input zum Thema „Future Skills” bei. Darin gehen sie auf die Perspektive der Studierenden ein und diskutieren die Frage, ob Future Skills überhaupt erworben werden können, wenn Studierende nicht aktiv eingebunden werden. Ihrer Meinung nach ist es ein Problem, dass Studierende oft kein oder nur ein sehr abstraktes Bewusstsein für Future Skills haben. Dies liegt auch daran, dass Future Skills im Studienalltag kaum erkennbar sind.
Sie appellieren deshalb dafür, Future Skills im Studium klarer zu benennen und zu reflektieren, damit Hochschulen zu einem Ort für gemeinsame Kompetenzentwicklung werden können. Laut den DigitalChangeMakern möchten viele Studierende mitreden und an hochschulübergreifenden Diskursen teilnehmen, haben aber oft Hemmungen, da die Zugangshürden zu hoch erscheinen. Deshalb sind niedrigschwellige Räume wichtig, in denen Studierende das Gefühl haben, auch ohne umfangreiches Vorwissen mitreden und Lernprozesse mitgestalten zu können.
Fazit
Wie das University:Future Festival 2025 gezeigt hat, sind Future Skills aus der Bildungsdebatte nicht mehr wegzudenken und werden immer relevanter: Large Language Models werden immer weiterentwickelt und KI wird an mehr und mehr Orten und für mehr und mehr Zwecke eingesetzt. Das in Kombination mit den diversen Krisen, die uns jetzt schon umgeben und auch in Zukunft noch auf uns zukommen, zeigt, dass Fähigkeiten wie Veränderungskompetenz, Lösungsfähigkeit und digitale Kompetenzen immer wichtiger werden. Hochschulen fällt dabei eine zentrale Rolle zu, da sie gesellschaftliche Verantwortung tragen und es ihre Aufgabe ist, Studierende auf eine komplexe, digitale, dynamische Welt vorzubereiten.
Doch es reicht nicht, das Thema nur von einer Seite aus zu betrachten oder Lösungen nur von oben herab zu implementieren, ohne die Studierenden und Lehrenden miteinzubeziehen. Studierende dürfen nicht das Gefühl bekommen, dass Curricula über ihre Köpfe hinweg verändert werden. Auch die Sorgen des Lehrpersonals, wie zum Beispiel eine Verdrängung der Wissens- und Methodenvermittlung, müssen ernst genommen werden. Wenn Hochschulen sich auf ihre Stärken besinnen, Future Skills mit ihren Kernkompetenzen verbinden und diese strukturell verankern – unter Einbeziehung der Studierenden und in Zusammenarbeit mit anderen Hochschulen und Organisationen –, dann sind sie, ihre Belegschaft und ihre Studierenden gut auf die Zukunft vorbereitet.