Ein Blick in den Seminarraum: Mit Particify in das Semester starten

Ein Blick in den Seminarraum: Mit Particify in das Semester starten

20.06.25

Autor:innen: Verbundprojekt Co³Learn, Katrin Meyer

Treffen Lehrende und Studierende in einer Lehrveranstaltung zum Anfang des Semesters erstmals aufeinander kann es für die Lehrperson hilfreich sein, die Vorkenntnisse und Bedürfnisse der Teilnehmenden zu erfragen, und mit einem Icebreaker-Spiel mit der Gruppe in Kontakt zu treten. Wir werfen einen Blick in den Seminarraum und erfahren anhand eines konkreten Einsatzszenarios, wie sich ein Audience-Response-Tool dafür schnell und unkompliziert einsetzen lässt.

Im Rahmen ihrer Lehrveranstaltung im Wintersemester 2023/24 zur statistischen Datenanalyse mit R an der Universität Göttingen setzte die Lehrende Katrin Meyer das Tool Particify ein.  Particify ist ein Audience Response Tool mit einer großen Auswahl an Fragentypen und Einsatzmöglichkeiten. Anhand des interaktiven Charakters des Tools können Lehrende sowohl in Präsenz, als auch in hybriden Lehrformaten die Meinungen, Bedürfnisse oder Vorkenntnisse von Studierenden abfragen. Dafür lassen sich Umfragen, Quizze oder Q&As einsetzen. Außerdem können Lehrende direktes und gleichzeitig anonymes Feedback von ihren Studierenden einholen.

„Katrin Meyer begrüßt die Studierenden am Anfang der Sitzung. Sie steht vor einer Leinwand, auf die der Titel des Kurses projiziert ist. In ihrer Hand hält sie ein gefaltetes Blatt Papier beschriftet mit ihrem Vornamen.“
Katrin Meyer lehrt an der Universität Göttingen.

Im Wintersemester 2023/2024 setzte Katrin Meyer Particify in ihrer Lehrveranstaltung „Statistical Data Analysis with R“ ein. Ihre Erfahrungen mit dem Audience Response-Tool Particify teilt sie mit uns in einem Interview. Wir werfen auch einen Blick direkt in den Seminarraum und sehen im Bildschirm-Mitschnitt, wie die Teilnahme an der Particify-Umfrage aus Sicht der Studierenden abläuft.

Mit einem Umfrage-Tool Kennenlernen in einer neuen Gruppe initiieren

Katrin nutzt die Ergebnis-Ansicht von Particify in der Projektion, um auf die Antworten der Studierenden einzugehen. Sie hat 26 Antworten auf die Frage erhalten, wo sich die Personen vor zwei Wochen aufgehalten haben. 62% der Personen gaben „Göttingen“ als Antwort an.“
Besprechung der Umfrage-Ergebnisse

Kommt eine neue Lerngruppe zum ersten Mal zusammen, so lassen sich Icebreaker-Fragen nutzen, um als Lehrperson in Kontakt mit der Gruppe zu treten, aber auch um ein Kennenlernen der Studierenden untereinander zu initiieren. Mit Hilfe eines Umfrage-Tools wie Particify sind Antworten aus dem Plenum schnell und einfach gesammelt.

Über einen Link oder QR-Code ist die Teilnahme mit Laptop, Tablet oder Mobiltelefon unkompliziert möglich. Mit einer kurzen Erklärung zur beabsichtigten Nutzung der Software können die Studierenden auf die Teilnahme vorbereitet werden. Zum Einstieg bieten sich einfache Fragen wie „Magst du lieber die Berge oder das Meer?“ an. Dies hilft auch, das Umfrage-Tool kurz kennenzulernen. Fragen nach Lerngewohnheiten wie z.B. eine Präferenz von auditivem oder visuellem Lernen, oder die Abfrage von Erwartungen der Studierenden helfen, den Kurs genauer auf die Bedürfnisse der Gruppe zuzuschneiden. Beim gemeinsamen Besprechen der Antworten im Plenum kann gleich auf die konkreten Ergebnisse eingegangen werden.

Wir haben Katrin Meyer gefragt, welche Funktionen sie bei der Umfrage mit Particify besonders schätzt.

Das Bild zeigt Frage und Antwort aus dem Interview als Sprechblasen. Interviewfrage: Welche Funktionen von Particify schätzt du besonders im Hinblick auf das Kennenlernen von Studierenden in deinen Lehrveranstaltungen? Hilft die Anonymität des Tools oder ist sie hinderlich für ein Kennenlernen der Studierenden? Katrins Antwort: Die Funktion „Fragenserie“ fand ich hilfreich, um ein paar Kennenlernfragen im Stile von „A oder B“ vorzubereiten und dann bei Durchführung eine schnelle Ergebnisübersicht als Balken zu bekommen. Ich fand die Anonymität des Tools hilfreich, weil dann eher Persönliches preisgegeben wird. Außerdem werden so auch schüchternere Persönlichkeiten eingebunden. Mein Eindruck ist auch, dass die Studierenden sich trotz der Anonymität gesehen fühlen. Und es kommt durchaus zu kurzen (nicht anonymen) Gesprächen mit den Nachbar*innen: „Was hast Du gewählt?“. Diese Anwendung des Tools kann so zum conversation starter für die Pausen werden.

Erwartungen abfragen erleichtert die Planung

Werden am Anfang des Kurses die Erwartungen der Studierenden abgefragt, so zeichnet sich ein erstes Bild der Vorkenntnisse und der Bedürfnisse der Studierenden. Mit einer Freitextantwort entsteht Raum für die individuellen Perspektiven aller Teilnehmenden, und es eröffnet sich die Möglichkeit, mit den eigenen Wünschen am Kurs zu partizipieren.

Wir fragten Katrin Meyer nach ihren Erfahrungen mit dieser Art der Abfrage.

„Das Bild zeigt Frage und Antwort aus dem Interview als Sprechblasen. Interviewfrage: Du nutzt Particify um die Erwartungen von Studierenden an das Seminar abzufragen. Inwiefern ist diese Abfrage über Particify hilfreich für die weitere Planung des Verlaufs des Seminars? Würdest du deinen Kolleg:innen eine solche Abfrage empfehlen? Katrins Antwort: Erwartungsabfragen würde ich auf jeden Fall empfehlen, aus mehreren Gründen: Die Studierenden fühlen sich ernst genommen und gesehen. Ich kann die Antworten mit meinen Erwartungen und Planungen abgleichen und diese feinjustieren (das geht natürlich nur, wenn entsprechende Flexibilität bei den eigenen Plänen von vornherein mitgedacht wird). Beim Durchgehen der Erwartungen im Plenum kann (und sollte) ich Erwartungsmanagement betreiben, also direkt einordnen, was machbar ist und was nicht (und warum). Und die Erwartungen können als Baseline für einen Vergleich am Ende des Kurses dienen. Dadurch sehen die Studierenden sehr genau, was sie gelernt haben, und können qualifizierteres Feedback an mich geben, was noch an dem Kurs verbessert werden kann.“

Ein Blick auf den Bildschirm: Particify nutzen

Für die Teilnehmenden ist die Nutzung von Particify denkbar einfach: Die moderierende Person führt durch die Umfrage, so dass immer die Frage sichtbar ist, die gerade diskutiert wird. Die Teilnehmenden können selbst die Antworten einsehen und dabei z.B. bei einer klassischen Umfrage mit zwei Antwortmöglichkeiten zwischen einer Darstellung der Ergebnisse in absoluten Zahlen oder in Prozent wählen. Werden neue Antworten übermittelt, so sehen auch die Teilnehmenden die Änderung dynamisch in Echtzeit. Die Anonymität der Umfrage hilft, mögliche Hemmnisse bei der Teilnahme abzubauen.

Wir zeigen im Screencast, wie Teilnehmende eine Umfrage mit Particify erleben.

Teilnehmenden-Ansicht der Software Particify. Der Mitschnitt wurde im Rahmen einer Hospitation in Katrin Meyers R-Kurs durch das Co³Learn-Team erstellt. Während der Besprechung der Ergebnisse entstandene Wartezeiten zwischen den Fragen sind gekürzt. Musik: „No Copyright Music Medical Corporate“ (MFCC)

Rahmung des Tool-Einsatzes

Für Studierende kann der Einsatz eines Umfrage-Tools ungewöhnlich sein. Das Beantworten von Fragen wird ggf. mit einer Prüfungssituation assoziiert und kann daher Verunsicherung hervorrufen.

In der Veranstaltung von Katrin Meyer kam es zu einer Rückfrage zu diesem Thema. Wir befragten Katrin nach ihrer Einschätzung.

Das Bild zeigt Frage und Antwort aus dem Interview als Sprechblasen. Interviewfrage: Bei der ersten Vorstellung und dem ersten Einsatz von Particify stellte eine studierende Person die Frage, ob der folgende Icebreaker benotet wird, welche Bedeutung misst du dieser Frage zu? Verbinden Studierende mit Abfrage-Tools hauptsächlich Prüfungssituationen? Katrins Antwort: Die Frage nach der Benotung war überraschend für mich. Das entspricht auch nicht meiner Erfahrung, dass Studierende mit einem Quiz-Tool eine Prüfungssituation verbinden. Aber in internationalen und vor allem interkulturellen Klassenräumen ist das sicherlich wahrscheinlicher, zumal wenn Studierende es bislang einfach nicht erlebt haben, dass solche Tools überhaupt in der Lehre eingesetzt werden. Das spricht dafür, die Nutzung solcher Tools entsprechend anzumoderieren, also immer wieder zum Beispiel auf Anonymität oder die eigenen Erwartungen an die Studierenden hinzuweisen.

Tool-Einsatz im Flipped Classroom

Particify lässt sich nicht nur Live in der Sitzung verwenden, sondern auch asynchron. Beispielsweise lassen sich zwischen den Sitzungen Fragen sammeln, die im Folgetermin besprochen werden. Gerade bei einem Flipped Classroom-Format, in dem die Studierenden die Lerninhalte bereits im Vorfeld der Sitzungen bearbeiten, bietet sich dieses Vorgehen an.

Wir fragten Katrin Meyer nach ihren Erfahrungen mit dem Tool-Einsatz im Zusammenhang mit dem Flipped Classroom.

Das Bild zeigt Frage und Antwort aus dem Interview als Sprechblasen. Interviewfrage: Du hast deinen Kurs nach dem flipped classroom Modell geführt, welche besonderen Herausforderungen kommen im flipped classroom auf dich und die Studierenden zu? Inwiefern können Tools (besonders Particify) hilfreich sein, um diese Herausforderungen zu bewältigen?  Katrins Antwort: Ich muss Materialien für das individuelle Lernen aufbereiten, also oft Videos aufnehmen und begleitende Aufgaben entwerfen. Außerdem muss ich die Materialien verlässlich vor dem Kurstermin zur Verfügung stellen. Dadurch investiere ich oft zwei Mal Vorbereitungszeit, ein Mal für das Zurverfügungstellen der Materialien und dann für meine eigene Vorbereitung auf den Livetermin. Für die Studierenden bedeutet der flipped classroom eine erhöhte Anforderung an ihr Zeit-Management. Außerdem empfinden viele es als Mehrarbeit (da sie den Kurs sonst nicht so intensiv nachbereiten würden wie es durch die Verarbeitung im Livetermin passiert). Diese (gefühlte) Mehrarbeit wird aber laut Studierenden-Feedbacks gerne invesitiert, da die Vorteile des individualisierten Lernens und der Aufbereitung des Gelernten beim Livetermin schwerer wiegen würden. Vor allem bei der Aufbereitung des Gelernten im Livetermin, aber auch bei den begleitenden Aufgaben in der Selbstlernphase vor dem Livetermin sind Tools wie particify sehr hilfreich. Studierende können zum Beispiel gebeten werden, sich selber Fragen zu den Materialien auszudenken und in das Tool vorab oder live einzugeben. Diese Fragen können dann von den Mitstudierenden sortiert und ggf. zur Übung und Vertiefung beantwortet werden

Fazit

Der Einsatz eines Umfrage-Tools wie Particify bietet zahlreiche Möglichkeiten, die eigene Lehre zu gestalten. Lehrende und Studierende können schnell und unkompliziert in den Austausch gehen, und die Teilnehmenden werden durch die Interaktion aktiviert. Durch den partizipativen Charakter der Umfrage werden Studierende in ihren Bedürfnissen gesehen, und der Kurs kann genauer auf die Gruppe und ihren Kenntnisstand zugeschnitten werden. Als Fragensammlung unterstützt das Tool auch bei der Durchführung eines Kurses im Flipped Classroom-Format.

Das Co³Learn-Team sagt ein herzliches Dankeschön an Katrin Meyer und den R-Kurs für diesen Einblick!

Dr. Katrin Meyer ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Fakultät für Forstwissenschaft und Waldökologie an der Georg-August-Universität Göttingen. Neben ihren inhaltlichen Schwerpunkten der theoretischen Ökologie, ökologischen Modellierung, Biodiversitätstheorie, Statistik und dem wissenschaftlichem Arbeiten definiert Meyer auch didaktische Schwerpunkte für ihre Lehre. Meyer konzentriert sich besonders auf die Studierendenorientierung, Interaktion & Aktivierung, Theorie-Erlebnisse, das forschende Lernen und das projektorientierte Lernen. Für ihre Lehre an der Universität Göttingen erhielt Meyer 2021 den renommierten Ars legendi-Fakultätenpreis im Bereich der Biowissenschaften, der exzellente Hochschullehre in den Naturwissenschaften und der Mathematik auszeichnet.

Dieser Beitrag entstand im Rahmen des Verbundprojektes Co³Learn der Technischen Universität Braunschweig, Georg-August-Universität Göttingen und Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover (Laufzeit 01.08.2021 – 31.12.2025). Das Ziel des Projektes ist es, die universitäre Lehre mit digitalen Tools (Programme, Apps) für die Kommunikation, Kooperation und Kollaboration in Studium und Lehre zu unterstützen.
Alle Tool-Empfehlungen basieren auf einer gründlichen Exploration der digitalen Tool-Landschaft mit Blick auf innovative Funktionalitäten, Nutzungskonzepte und sowie einer Bedarfserhebung von Lehrenden und Studierenden. Die Testphasen der Tools wurden in Absprache mit dem  Datenschutzmanagement der drei Verbundhochschulen durchgeführt und mit  Hilfe der Nutzungserfahrungen von Lehrenden und Studierenden evaluiert.
Bitte beachten Sie die Hinweise zur Lizenzierung der Tools an den einzelnen Verbundhochschulen. (Stand 06-2024)

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