EFI-Report 2019 – eine Einordnung von vier HFD-Experten
EFI-Report 2019 – eine Einordnung von vier HFD-Experten
01.03.19Eine Digitalisierungsstrategie erarbeiten, eine nachhaltige Finanzierung sicherstellen und die Attraktivität für IT-Fachkräfte erhöhen. Diese drei Empfehlungen hat Prof. Cantner, selbst EFI-Mitglied, in seinem Blogbeitrag aus dem EFI-Jahresgutachten abgeleitet. Und was nun? Wir haben vier Experten um eine Einordnung der Ergebnisse gebeten. Manuel Dolderer von der CODE University begrüßt das Gutachten – und kritisiert, dass Hochschulen viel zu langsam agieren. Christian Friedrich von Wikimedia Deutschland kritisiert, dass Hochschulen in ihren Digitalisierungsbemühungen viel zu kurz springen. Ada Pellert von der FernUniversität Hagen hätte sich mehr Details gewünscht. Und Hans Pongratz von der TU München konstatiert, dass es noch viele Baustellen gibt.
Sie können das EFI-Gutachten 2019 hier herunterladen.
EFI-Gutachten 2019: Keine Hochschule ohne Digitalisierungsstrategie (Manuel Dolderer, CODE University)
Die Digitalisierung der Hochschulen ist eines der Kernthemen des aktuellen Jahresgutachtens, das die Expertenkommission Forschung und Innovation gestern der Bundeskanzlerin überrreicht hat. Darin zeichnet sie ein durchwachsenes Bild der deutschen Hochschullandschaft und verweist treffend auf einige ungenutzte Potentiale der Digitalisierung für die Hochschulen in Forschung, Lehre und Verwaltung.
Dennoch kommt mir schon zu Beginn eine englische Redewendung in den Sinn, die im Zusammenhang mit Bildung und Digitalisierung schon das eine oder andere Mal gefallen ist: We are rearranging the deck chairs on the Titanic.
Laut Gutachten haben 83 Prozent der Hochschulen verstanden, dass das Thema Digitalisierung “für sie einen hohen bis sehr hohen Stellenwert einnimmt”. Da drängt sich mir die Frage auf: Was ist mit den restlichen 17 Prozent?
Und es wird nicht besser: Von diesen 83 Prozent hat nur ein kleiner Teil (14 Prozent der befragten Hochschulen) eine Digitalisierungsstrategie, während 41 Prozent angeben, an einer Digitalisierungsstrategie zu arbeiten.
Digitale Technologien haben heute schon einen gravierenden Einfluss auf uns und unsere Gesellschaft, und es steht außer Frage, dass dieser Einfluss in Zukunft noch weiter wachsen wird. Die Hochschulen müssen sich der Herausforderung stellen, junge Menschen auf diese Zukunft vorzubereiten. Sie müssen Ihnen die Kompetenzen vermitteln, die sie brauchen, um an dieser zukünftigen Gesellschaft nicht nur teilhaben, sondern diese aktiv mitgestalten zu können.
Dazu bedarf es meiner Meinung nach einer fundamentalen Neudefinition von Lernen und Kompetenzvermittlung an Hochschulen unter den Bedingungen und mit den Mitteln der Digitalisierung. Im Gutachten heißt es dazu: “Die Expertenkommission bedauert die Zurückhaltung deutscher Hochschulen bei der systematischen Entwicklung und Bereitstellung innovativer digitaler Bildungs- und Weiterbildungsangebote.”
Das muss sich ändern.
Jede Hochschule braucht im Jahr 2019 eine Digitalisierungsstrategie, die die Herausforderungen der Digitalisierung adressiert und ihre Möglichkeiten in Forschung, Lehre und Verwaltung angemessen berücksichtigt. Die Umsetzung dieser Strategie müssen die Hochschulleitungen verantworten und dabei all denen den Rücken stärken, die heute schon in den Hochschulen innovative Ansätze entwickeln und umsetzen. Bund und Länder haben die Aufgabe, die Hochschulen mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dabei zu unterstützen.
Insofern freue ich mich, dass das Gutachten dieses so wichtige Thema aufgegriffen hat, und hoffe, dass es dazu beiträgt, die Auseinandersetzung und den produktiven Austausch aller Beteiligten weiter zu befeuern.
EFI-Gutachten 2019: Was fehlt, ist das Motiv (Christian Friedrich, Wikimedia Deutschland)
Digitalisierung an Hochschulen wird auch an Hochschulen selbst als dringend und wichtig empfunden. Aber tatsächlich machen, die Worte mit Mitteln und Ressourcen hinterlegen, möchte es nur ein Bruchteil derer, die das für wichtig halten.
Kaum jemand verweigert sich der Tatsache, dass Digitale Transformation auch im Hochschulwesen seine Auswirkungen hat und haben wird. Das Überdenken der Aufgaben einer Hochschule vor dem Hintergrund einer Kultur der Digitalität, sich ändernder gesellschaftlicher Diskurse und Rahmenbedingungen, vor dem Hintergrund neuer Anforderungen, findet aber selten statt. Eher zu finden sind diejenigen, die versuchen, das bestehende System von Hochschule auf den digitalen Raum zu übertragen, es zu virtualisieren. Narrative eines nie endenden Lernens, einer schnelllebigeren Entwicklung von Berufsbildern, von politischen Diskursen und sich ändernder Willensbildung finden zwar Raum, die von Hochschulen entwickelten Lösungen gleichen den ehemals ‘analogen’ Lösungen aber oft bis auf’s Haar. Sie sind nun eben ‘digital’.
Was fehlt, ist ein Motiv. Das deutsche Bildungssystem und auch das Hochschulsystem werden oft dafür gescholten, der Föderalismus und die Dezentralität würden insbesondere den Prozess der Digitalen Transformation des Bildungswesens entschleunigen und hemmen. Wenn dies auch vereinzelt stimmen mag, ist dieser Unmut aber doch eigentlich Ausdruck eines mit der Digitalisierung verbundenen Wunsches, mehr Kontrolle, mehr Standardisierung, mehr Einfluss auf das zu gewinnen, was in Hochschulen geschieht. Andersherum könnte es vielleicht funktionieren: wenn Hochschulen selbst das, was im Englischen als “agency” beschrieben wird, eine Art Handlungsbevollmächtigung erlangen, auch in Bezug auf Fragestellungen ihrer digitalen Transformation. Das kann funktionieren, wenn Hochschulen an ihr Profil, ihre Alleinstellungsmerkmale, ihre Region angepasst und gemeinsam mit den entsprechenden Akteur*innen Strategien entwickeln. Nicht für die Digitalisierung von Prozessen, sondern für ihren eigentlichen Auftrag: Forschung, Lehre und Austausch in Wechselwirkung mit der Gesellschaft; aber eben unter den Bedingungen, den Möglichkeiten, Gegebenheiten und Risiken der Digitalität. Beispiele in Deutschland dafür sind rar, mit der Hamburg Open Online University hat es eins bereits in das Gutachten geschafft. International lohnt vielleicht ein Blick an die University of Edinburgh.
Was braucht es dafür?
Finanzierung
Zunächst braucht es für die Entwicklung einer solchen Haltung an den Hochschulen tatsächliche Haushaltsmittel – Projektfinanzierungen sind gut geeignet für Projekte. Ein Projekt „ist ein zielgerichtetes, einmaliges Vorhaben, das aus einem Satz von abgestimmten, gesteuerten Tätigkeiten mit Anfangs- und Endtermin besteht“ (Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Projekt). Digitale Transformation ist das Gegenteil. Sie läuft immer fort, hört nie auf und ihr Fortschritt lässt sich damit nicht wirklich gut in Prozentanteilen messen. Hochschulen benötigen also dringend Ressourcen für den Aufbau von Expertise und Infrastruktur, ohne befürchten zu müssen, dass die Mitarbeiter*innen, welche die Zukunft der Hochschule mitgestalten, zwölf Monate vor Projektende bereits unruhig Bewerbungen durch die Gegend schicken und damit vor der nötigen Dokumentation das Projekt bereits verlassen haben. Dass, wie im Gutachten vorgeschlagen, diese Mittel eine Art Kopfpauschale für Studierende sein könnten, erscheint unsinnig, wenn man sich die Wirkweise vieler digitaler Lösungen vor Augen führt: Ob eine Software von 10 Menschen oder von 10.000 Menschen genutzt wird – die Kosten für letzteres sind niemals 1.000 fach höher. Ähnlich verhält es sich bei fast jedem anderen Lehrformat, das die Bedingungen der Digitalität beachtet. Mit einer solchen Finanzierung muss auch eine fortlaufende Qualifizierung des gesamten Personals von Hochschulen einhergehen.
Kooperation und Kollaboration
Hochschulen müssen nicht nur in die Lage versetzt werden, selbst zu bestimmen, wofür sie ihre Mittel verwenden, sie müssen auch selbst entscheiden können, mit wem sie kooperieren und zusammenarbeiten wollen. Das im Gutachten beschriebene Potenzial hierfür ist immens, beschränkt sich aber gerade in Bezug auf Lehre auf Landesgrenzen. Das aufzubrechen muss Aufgabe der Hochschulen sein, wenn sie entsprechende Rahmenbedingungen erhalten. Ebenso macht Kooperation und Kollaboration unter den Bedingungen der Digitalität nicht an nationalen Grenzen oder an Typologien von Akteur*innen halt: Zivilgesellschaft, aber auch Wirtschaft, national und international muss genauso auf der Landkarte einer Hochschule auftauchen wie die Hochschule in 200 km Entfernung. Auch so lassen sich die verschiedenen Strategien in Einklang bringen und Hochschulen können eigenständige Profile bilden.
Openness und Transparenz
All dies erfordert aber auch Öffnung von Hochschule und Transparenz in ihren Governance-Strukturen. Die Zeit, in denen Hochschulpräsidien kleinen Königreichen ähneln, die intransparent Wohlwollen und Gefallen verteilen, müsste eigentlich längst vorbei sein. Es erfordert aber auch Öffnung: gerade eine derart dezentrale Struktur benötigt offene Standards (technisch, aber auch sozial), denen sich Hochschulen verpflichten müssen. Software muss Schnittstellen aufweisen, allein schon zur Vermeidung von Lock-in Effekten, aber auch zur Ermöglichung von Kollaboration und Kooperation. Inhalte müssen frei lizenziert sein, sie müssen aber auch in technisch zugänglichen Formaten verfügbar gemacht werden. Ein frei lizensiertes PDF ist nicht wirklich frei verfügbar. Offenheit braucht es aber auch im Wechselspiel mit der Gesellschaft selbst. Digitale Transformation ermöglicht verschiedene Formate und Konstrukte, in denen Kommunikation zwischen Gesellschaft und Hochschule ermöglicht wird. Partizipation an einer „Hochschulbildung für Alle“ ist damit nicht mehr nur bloße Vision. Openness und Transparenz ermöglichen es, dass Hochschulen in ihren Regionen und Fachgebieten Epizentren werden, auf die man gerne schaut und mit denen man gerne zusammenarbeitet.
Politischer Wille und Austausch mit Zivilgesellschaft
Bisher bleibt die Bundesregierung die Einlösung ihrer Versprechen, die Hochschulen bei der Verbesserung der Qualität von Studium, Lehre und Forschung zu unterstützen, schuldig. Dass aber auch die Oppositionsparteien ganzheitliche und durchdachte Konzepte missen lassen, macht es einer Regierung einfach, große gesellschaftliche Fragen, wie die nach einer Hochschulbildung im Zeitalter der Digitalen Transformation, auszusitzen und zu ignorieren, bis der nächste Koalitionsvertrag geschrieben wird. Um solche Lösungen zu entwickeln, wird dann in aller Eile nach Lösungen aus der Wirtschaft gesucht, die Zivilgesellschaft wird – wie zum Beispiel bei der Zusammensetzung eines Nationalen Digitalrats – weitestgehend außen vor gelassen. Auch das muss sich ändern.
EFI-Gutachten 2019: Silodenken überwinden! (Ada Pellert, Fernuniversität in Hagen)
Insgesamt finde ich den Report, was den Hochschulbereich betrifft, sehr gelungen. Obwohl der Bericht insgesamt diesen Bereich nicht fokussiert, werden dennoch alle „hot spots“ gut benannt. Das ist mit Blick auf die Spezifika des Hochschulbereichs beileibe keine Selbstverständlichkeit!
Im Folgenden einige kleinere Anregungen, die man – ginge es ausschließlich um die Hochschulen – noch hätte vertiefen bzw. ausführen können:
Der Empfehlung, klare Verantwortlichkeiten von Digitalisierungsstrategien zu benennen, ist beizupflichten, allerdings ist diese Empfehlung etwas knapp gehalten. Hier könnte man weitere Erfolgsfaktoren aufzählen, beispielsweise die transparente Kommunikation der Ziele und die Integration der Akteure, um Akzeptanz zu schaffen, sowie eine feste Zeitplanung und ein Monitoring bzw. eine Evaluation des Erreichten etc.
Stellenweise läuft der Report Gefahr, im Bereich Lehre die Frage der Formate überzubetonen. Wenn man den Blick nicht weitet auf die Frage der Zielgruppen, der didaktischen Konzepte und der Hochschulziele, besteht die Gefahr der instrumentellen Verkürzung. Es ist jedoch nur auf den ersten Blick relevant, welche Formate zu welchem Anteil an welcher Art von Institution angeboten werden. Dagegen müsste noch stärker Bezug genommen werden auf die didaktischen Erwägungen, Möglichkeiten und Vorteile, die mit digitaler Lehre verfolgt werden können. Die Vorteile der Zeit- und Ortsunabhängigkeit könnte man noch mehr erläutern, die es zum Beispiel ermöglicht, Familie und Studium besser zu vereinbaren. Natürlich ist es interessant zu erfahren, dass die Nutzung digitaler Formate an den Hochschulen noch ausbaufähig ist, aber letztlich steht im Mittelpunkt, welche Kompetenzen erworben und welche Lernziele erreicht werden sollen – und diese richten sich nach den Anforderungen moderner Gesellschaften, die zu gestalten wir ermöglichen möchten. Die Frage nach didaktischen Formaten geht immer viel zu sehr retrospektiv davon aus, was sich in der Vergangenheit bewährt hat, und dies wird dann in eine modernere Form gebracht. Diese Sichtweise verhindert allerdings, dass wir auch jenseits bestehender Lehr- und Lernformate agieren lernen, indem beispielsweise den Studierenden selbst mehr Möglichkeiten der Steuerung des eigenen Lernens zugestanden wird. Dabei könnte Digitalisierung, klug eingesetzt, unterstützen. Aber vielleicht wird die Frage, wie Hochschulbildung mit den Arbeitsmärkten von morgen verbunden wird, auch in anderen Kapiteln des Reports beleuchtet. Den Hochschulbereich selbst – der dazu neigt, aus der Angebotsorientierung der Expertenorganisation zu argumentieren – muss man jedenfalls immer ziemlich kräftig dazu verführen, sich aus der Außenperspektive der Gesellschaft und ihrer Anforderungen zur betrachten. Das wirkmächtige gesellschaftliche Phänomen der Digitalisierung macht dies dringend erforderlich.
Gelungen ist die Unterscheidung zwischen dem Digitalisierungsstand von studiumsbezogenen und nicht studiumsbezogenen Verwaltungsprozessen: Hier sind tatsächlich an den meisten Hochschulen große Unterschiede festzustellen, und es ist sehr an der Zeit, dass sich die Hochschulen auch im Bereich digitaler Verwaltung den neuen Entwicklungen (e-government) stellen. Von diesen sind sie derzeit noch recht weit sind – bei einer Klientel, die im Wesentlichen aus „digital natives“ besteht.
Wichtig im Gutachten finde ich insbesondere:
- Die Empfehlungen zur Vergütung von IT-Expert*innen (Fachkräftemangel): Das ist ein sehr brennendes Problem an den Hochschulen, es gibt eine hohe Anzahl an offenen Stellen aufgrund nicht konkurrenzfähiger Gehälter.
- Projekte führen zu befristeten Ausschreibungen, was hier auch richtigerweise angemerkt wird. Deshalb muss auch zunehmend auf den Beratermarkt zugegriffen werden, auch in jenen Fällen, in denen man das eigentlich nicht möchte, weil dies ein Kostentreiber ist, der Aufwand durch Ausschreibungen steigt, und es Brüche in der Entwicklung und Betreuung gibt.
- Verhandlungsmacht bei Lizenzen – das gilt bei kleineren Hochschulen auch schon für Softwarepakete. Deutlich wird das bei DEAL.
- Einsparungen durch Digitalisierung dürfen nicht zu Kürzungen im Hochschulbudget führen. Das wird im Report etwas freundlicher ausgedrückt, ist aber wichtig zu betonen.
- Bei Internationalisierung wird vor allem auf MOOCs (= Online-Kurse) und Short Learning Programs (hier: Micro-Master-Programme) abgehoben, das ist etwas reflexionslos (im Hinblick auf Zielgruppen, Qualitätssicherung, didaktische Konzepte). Die Diagnose von der „Zurückhaltung deutscher Hochschulen bei der systematischen Entwicklung und Bereitstellung innovativer digitaler Bildungs- und Weiterbildungsangebote.“ könnte ich teilen, allerdings ist das kein der Digitalisierung geschuldetes Phänomen, sondern eher eines des mangelnden Interesses an innovativen Lehr-/Lernformaten generell. Und ohne hier anzusetzen (was ist gutes Lernen?) wird auch Digitalisierung nur neuen Wein in alten Schläuchen bedeuten.
- In der Forschung wird Open Access à la DFG befürwortet (sukzessive Einführung, keine Pflicht). Auf NFDI wird eingegangen. Das ist sehr gut, da dieses Thema für die meisten Hochschulen noch etwas sperrig, aber tatsächlich für eine europäische Open Science Policy unerhört wichtig ist. Bedeutend ist auch der Hinweis auf die Nutzungsgewohnheiten, die zwar aus Sicht von Datenschutz- und IT-Sicherheit bedenklich sind, aber nicht geändert werden, solange keine entsprechenden nutzerfreundlichen Alternativen vorliegen – da ist der Report erfrischend realistisch. Etwas deutlicher hätte die Unterscheidung zwischen Forschung und Forschungsmanagement sein können, dann hätten hier die Empfehlungen etwas klarer ausfallen können, anstelle des generellen Fazits, dass die Hochschulen hier gut aufgestellt sind.
Eine zentraler Satz des Reports besagt, dass Silodenken überwunden werden muss. Digitalisierung – soll sie gelingen – erfordert eine enge interne Vernetzung der Bereiche Lehre, Verwaltung, Forschung und Management. Diese Entwicklung sollte den Hochschulen in ihrer Gesamtheit guttun.
Insgesamt enthält der Report einen guten Mix an kundigen Empfehlungen aus allen Hochschulbereichen, von dem man nur hoffen kann, dass die Politik sich diesen anschließt und die Umsetzung unterstützt.
PS: Da es nur drei Höchstleistungsrechner in der Deutschland gibt, könnte man auch noch den dritten („Hazel Hen“ Uni Stuttgart) ergänzen, den es auch erst seit 2015 gibt. Und: Man könnte bei aller berechtigten Kritik daran, dass Initiativen zu lokal oder landesbezogen sind, noch die Initiative zur Etablierung einer (Inter-) Nationalen Plattform für die Hochschullehre erwähnen (HFD Machbarkeitsstudie).
EFI-Gutachten 2019: Es geht in die richtige Richtung! (Hans Pongratz, CIO der TU München)
Es freut mich, dass die Digitalisierung der deutschen Hochschulen als eines von vier Kernthemen Teil des diesjährigen EFI-Gutachtens ist und hoffe, dass über diesen Weg noch mehr Schwung in diese wichtige Thematik kommt!
Aufbauend auf einer knappen Standortbestimmung der Digitalisierung an Hochschulen werden Herausforderungen beschrieben und Handlungsempfehlungen abgeleitet. Diese richten sich einerseits an die Hochschulen selbst und andererseits an die Bildungs- und Hochschulpolitik.
Die Empfehlungen an die Politik gehen aus meiner Sicht alle in die richtige und wichtige Richtung des Auf- und Ausbaus des IT-Fundaments an Hochschulen. Das Spektrum reicht von der Einführung einer Pro-Kopf-Digitalisierungspauschale zur Sicherstellung der nachhaltigen Finanzierung (gute Idee!) über die Schaffung und den Ausbau von IT-Servicezentren (an einigen Hochschulen dringend notwendig, ideal wären natürlich nicht nur lokale, sondern überregionale Formate), bis zur Flexibilisierung der bestehenden Entgeltordnungen im öffentlichen Dienst (TV-L) zur Erleichterung der Gewinnung von IT-Fachkräften (ganz wichtiges Thema!).
Hochschulen wird empfohlen, passende Governancestrukturen zu entwickeln (sind viele ja dran), das Silodenken in Fachabteilungen zu überwinden (meine Rede, eine der größten Herausforderungen im Kontext Digitalisierung!), zum Hochschulprofil passende Digitalisierungsstrategien zu verfassen (sollte doch eigentlich logisch sein) und hochschulübergreifende Konsortien für den IT-Einkauf zu bilden (es gibt ja schon Ansätze, aber ja).
Zu denken geben sollte uns die anhand einer Studie¹ attestierte große Kluft zwischen Stellenwert und Stand der Digitalisierung in den Bereichen Forschung, Lehre und Verwaltung an Hochschulen und Universitäten. Liegt der Grund dafür wirklich nur an fehlenden Ressourcen und falschen Priorisierungen oder an der schlechten Sichtbarkeit von IT bzw. gibt es just unterschiedliche Selbst- und Fremdwahrnehmungen? Überfordert gar die Digitalisierung die Mitglieder unserer Hochschulen? Überdecken suboptimale 1:1-Umsetzungen von vormals papierbasierten Prozessen die wirklichen Potentiale und Mehrwerte? Eins ist klar, die Digitalisierung darf kein Selbstzweck sein und sie kann auch nicht alle angestaubten Probleme lösen, die sonst keiner angegangen ist. Effiziente, nahtlose, medienbruchfreie digitale Geschäftsprozesse sind schnell gefordert und in aller Munde aber in wie vielen und wessen Händen? – Ja, es liegt noch ein weiter Weg vor uns!
PS: Auch die anderen Kapitel des EFI-Gutachtens 2019 sind lesenswert – von KI über die Rolle von Start-ups im Innovationssystem und Innovationen für die Energiewende bis zur Nutzung von Blockchains.
¹Gilch, H.; Beise, A.S.; Krempkow, R.; Müller, M.; Stratmann, F.; Wannemacher, K. (2019): Digitalisierung der Hochschulen. Studien zum deutschen Innovationssystem. Berlin: EFI. Link: https://www.e-fi.de/fileadmin/Innovationsstudien_2019/StuDIS_14_2019.pdf