Behind the Screens – Mit Hans Pongratz

Behind the Screens – Mit Hans Pongratz

24.04.24

Das Hochschulforum Digitalisierung lebt von lebendigen Begegnungen, frischen Ideen und Menschen, die anpacken. Ohne die Community ist das HFD undenkbar. 10 Jahre HFD zu feiern heißt also vor allem, 10 Jahre Communitybeteiligung zu feiern! Deswegen stellen wir in dieser Porträtreihe engagierte Menschen aus allen Projektphasen und Tätigkeitsfeldern des HFD vor. Uns interessiert: Was ist ihr individueller Beitrag zur digitalen Transformation an Hochschulen? Welche besonderen Erkenntnisse ziehen sie aus ihrer Arbeit? Was motiviert sie?

Den Auftakt machen wir mit Hans Pongratz. Er ist Technischer Geschäftsführer der Stiftung für Hochschulzulassung (SfH) und Professor für „Komplexe IT-Systeme und digitale Infrastrukturen“ am Zentrum für HochschulBildung (zhb) der TU Dortmund. Das HFD hat er von Beginn an begleitet und mitgestaltet.

Wie bist Du mit dem HFD in Kontakt gekommen?

Oliver Janoschka sprach mich an. Ich war bereits zuvor zu Veranstaltungen des Stifterverbandes eingeladen worden, die sich um die aufkommenden MOOCs (Massive Open Online Courses) drehten. Das war so 2012/13, und wir an der TU München gehörten deutschlandweit zu den ersten, welche Kooperationen mit Coursera und edX eingingen. Dadurch erhielten wir viele Anfragen von anderen Hochschulen, die sich unter anderem nach dem Einfluss auf die herkömmliche Lehre erkundigten. Ich durfte darüber auf mehreren Veranstaltungen des Stifterverbandes sprechen. Daraufhin erhielt ich die Anfrage, eine der ersten Themengruppen im HFD zu übernehmen. Ich war seit 2011 Geschäftsführender Vizepräsident und CIO der TU München und habe einen starken E-Learning-Hintergrund, daher passte das sehr gut. Die Arbeit in der Themengruppe war produktiv und machte viel Spaß. Es kamen danach verschiedene Folgeformate hinzu. Wir unternahmen unter anderem eine super spannende Studienreise 2016 nach Asien, die sehr aufschlussreich war. Zudem setzten wir uns im HFD schon früh mit KI auseinander und führten das später im KI-Campus fort, wo ich im Beirat saß.

Was treibt dich aktuell um, welche Digitalisierungsprojekte findest du besonders relevant?

Ein Thema, das mich schon lange beschäftigt, ist Künstliche Intelligenz. Nach meinem Studium hatte ich das Glück, ein Jahr bei Siemens Corporate Research in Princeton zu arbeiten, wo wir uns bereits mit maschinellem Lernen auseinandersetzten. Später habe ich mich an der TU München damit beschäftigt, inwieweit hier Predictive Analytics für Studium, Lehre und Verwaltung möglich sind. Die Herausforderungen in der Lehre sind groß, da man oft nur wenige Messpunkte hat, um Vorhersagen zu treffen. Mit der zunehmenden Digitalisierung können wir jedoch mehr Daten erhalten, wenn wir sie im Sinne des Datenschutzes haben dürfen. In Europa und Deutschland stehen wir vor der Herausforderung, dass wir beispielsweise eine gesetzliche Grundlage oder Freiwilligkeit für die datenschutzkonforme, hochschulweite Nutzung benötigen.  Es ist auf jeden Fall nicht so, dass die Beschäftigung mit KI in Deutschland erst vor kurzem begonnen hat, jedoch neigt man oft dazu, das Rad lokal neu zu erfinden.

Welche Rolle kann das HFD dabei spielen?

Das Hochschulforum Digitalisierung (HFD) bietet hier eine echte Chance zur Vernetzung. Ich sehe darin einen enormen Mehrwert, denn Vernetzung ist immer notwendig, egal ob es um KI geht, früher um Blockchains, MOOCs oder automatische Vorlesungstranskriptionen. Es geht darum, dass wir über das Forum die Köpfe zusammenbringen, die sich bereits mit Themen auseinandergesetzt haben. Das HFD hat bereits eine wichtige Rolle in der Weiterentwicklung des Hochschulraums gespielt. Es agiert als Meinungsführer, Technologie-Scout und politischer Berater. In den letzten zehn Jahren hat es auch zahlreiche Formate angeboten, die einen breiten Austausch ermöglichen. Das HFD bleibt relevant, indem es immer wieder neue Themen aufgreift, die Community aktiv einbindet und bedarfsorientierte Lösungen entwickelt. Dabei ist es wichtig, viele verschiedene Persönlichkeiten einzubeziehen – aus unterschiedlichen Hochschularten, unterschiedlichen Karrierestufen. Sonst werden die Diskussionen eintönig.

Was war für dich ein persönliches Highlight in der Zusammenarbeit mit dem HFD?

Es sind verschiedene Aspekte, die mich persönlich beeindruckt haben. Besonders prägend waren die Erlebnisse und Gespräche am Rande von Veranstaltungen, bei denen ich die Gelegenheit hatte, viele neue Menschen kennenzulernen. Die Studienreise, die nach Asien führte, war unglaublich aufschlussreich und hat bleibende Eindrücke hinterlassen. Durch meine Arbeit im Hochschulforum Digitalisierung konnte ich auch tolle Freundschaften schließen und mich mit Menschen vernetzen, die gemeinsame Ziele teilen. Die Arbeit in den Themengruppen war nicht nur sehr spannend und lehrreich, sondern auch mit einem hohen Maß an Kreativität und Engagement verbunden, etwa beim gemeinsamen Schreiben einer umfangreichen Veröffentlichung  per Booksprint oder der Durchführung von Hackathons. Auch die Peer-to-Peer-Beratungen, die eine vielfältige Sicht auf die täglichen Herausforderungen an den jeweiligen Hochschulen ermöglichen, sind für mich persönlich von großem Wert.

Unser Jubiläumsmotto lautet “Hochschule von Morgen heute gestalten”. Wie nimmst du Hochschulen als (digitalen) Gestaltungsraum wahr?

Der Aufbau eines IT-Systems kostet Zeit, Geld und Engagement, kann aber auf Dauer zu Vereinfachungen beitragen. Ich bin überzeugt, dass wir hier noch viel Potenzial haben. Ein Beispiel, das ich bisher nicht erwähnt habe, sind digitale Nachweise. Es wäre vorteilhaft, wenn ein Abiturzeugnis nicht nur auf Papier existiert, sondern auch digital einfach abrufbar wäre. In den Niederlanden gibt es bereits eine umfassende Datenbank, die dies ermöglicht – ein Vorbild, von dem Deutschland noch weit entfernt ist. Wenn die Prozesse einmal etabliert sind, wird die Arbeit erleichtert, da Informationen nicht mehr manuell, sondern automatisch verarbeitet und geprüft werden. Der Aufbau von Vertrauen und die Klärung von Datenschutzfragen sind dabei zentral. Die Diskussion um Sicherheit in Deutschland zeigt, wie vorsichtig hierzulande mit Risiken umgegangen wird. Dies hat zur Konsequenz, dass manchmal aus Angst vor Restrisiken auf wichtige Innovationen verzichtet wird. Deshalb ist eine Kultur, die Fehler toleriert und aus ihnen lernt, ebenso wichtig wie solide Sicherheitssysteme, um Fortschritte in der Digitalisierung zu erzielen.

Welche Themen werden deiner Ansicht nach in den nächsten zehn Jahren besonders relevant sein?

Ich finde es spannend, die Entwicklungen der letzten zehn Jahre zu beobachten und zu überlegen, was die nächsten zehn Jahre bringen könnten. Aktuell gibt es viele Diskussionen zur Entwicklung der Studierendenzahlen und zum Fachkräftemangel. Gleichzeitig brauchen wir eine höhere Akademisierungsquote, etwa im Gesundheitswesen. Die Cybersicherheit bleibt zudem ein wichtiges Thema, insbesondere mit der Weiterentwicklung von Technologien wie dem Quantencomputing, die neue Möglichkeiten in der Rechenleistung eröffnen. Auch die Nutzung von Modellen wie denen von OpenAI erfordert eine enorme Rechenleistung, die weit über eine normale Google-Suche hinausgeht und einen erheblichen Energieaufwand mit sich bringt. Daher müssen wir überlegen, welche Infrastrukturen benötigt werden, um diese Entwicklungen voranzutreiben. Zudem stehen wir vor gesellschaftlichen Entscheidungen, wie dem Umgang mit Homeoffice nach der Corona-Pandemie und der Frage, ob mehr Menschen in die Städte ziehen oder eher das Landleben bevorzugt wird. Diese Entwicklungen könnten die Struktur und den Betrieb der Hochschulen weiter verändern, insbesondere wenn man die wachsende Zahl von Studierenden an privaten Hochschulen betrachtet, die zunehmend flexiblere Studienmodelle und intensivere Betreuung anbieten. Hochschulen stehen vor der Herausforderung, nicht nur Talente zu gewinnen, sondern sie auch langfristig in Forschung und Lehre zu halten und attraktive Rahmenbedingungen zu schaffen.

Welchen Jubiläums-Slogan des HFD findest du besonders passend?

Ich finde den Slogan ‚Win-Win‘ am ansprechendsten, weil er die Vorteile für alle Seiten betont.

Was motiviert dich, dich im HFD zu engagieren?

Die Kurzfassung wäre: Es macht mir wahnsinnig viel Spaß! Ich liebe den fakultäts- und hochschulübergreifenden Austausch mit den verschiedenen Rollen, Erfahrungen und Hintergründen – nicht nur auf Ebene der Hochschulleitungen, sondern auch mit Lehrenden, mit Studierenden und mit Forschenden. Wir alle blicken in die gleiche Richtung, wenn auch mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten, Hintergründen und Möglichkeiten. Dabei definieren wir gemeinsame Ziele und tauschen uns offen und kollegial aus. Das Tolle daran ist: Unsere Zusammenarbeit ist nicht nur auf glänzende Präsentationen bei großen Konferenzen beschränkt, sondern bietet Raum, um offen zu besprechen: Was hat gut geklappt? Was hat nicht gut geklappt? Wo sind die Hürden? Dabei können wir uns gegenseitig super helfen. Ich hatte tolle Austausche in Formaten wie den Peer-to-Peer-Beratungen, wo sich niemand über den anderen stellt, sondern man wirklich von Beratung auf Augenhöhe sprechen kann. Hinzu kommt die Reichweite, die in den letzten Jahren erreicht wurde. Man kann wirklich sagen: Das HFD ist relevant für alle Hochschulen in Deutschland.

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Vielen Dank für die spannenden Einblicke!

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