HAWKI2: vom Interface zum eigenständigen KI-Ökosystem für Hochschulen
HAWKI2: vom Interface zum eigenständigen KI-Ökosystem für Hochschulen
19.03.25
HAWKI2 entwickelt sich von einer datenschutzkonformen Schnittstelle zu generativer KI hin zu einem eigenständigen, hochschulspezifischen KI-Ökosystem. Ziel ist es, digitale Souveränität für Hochschulen zu fördern und Abhängigkeiten von kommerziellen Anbietern zu reduzieren. Durch ein nutzerzentriertes Design und den kontinuierlichen Austausch mit der Community werden neue Funktionen entwickelt, die auf die vielfältigen Bedürfnisse der Hochschulen eingehen.
Digitale Souveränität
Die großen und global agierenden Technologieunternehmen dominieren den Innovationswettlauf im Bereich der generativen KI. In rascher Folge werden immer leistungsfähigere und schnellere Modelle auf den Markt gebracht. Dabei geht es nicht nur darum, innovative Technologien anzubieten, sondern auch darum, Kund:innen langfristig zu binden und somit wertvolle Daten zu sammeln. Mit generativen KI-Modellen lassen sich noch tiefere Einblicke in menschliches Verhalten, Präferenzen und Entscheidungsprozesse gewinnen, als es mit den großen Suchmaschinen ohnehin schon möglich ist. Die Anthropomorphisierung der Interaktion mit KI durch dialogbasierte Interfaces kann unser Verhalten gezielt beeinflussen. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, benötigen Hochschulen und Bildungseinrichtungen digitale Souveränität. Dazu gehört neben der Auflösung von Abhängigkeiten von kommerziellen Anbietern auch der Aufbau eigener Interaktionsräume mit generativen KI-Modellen.
Hier setzt HAWKI an: Neben einem datenschutzkonformen Interface ermöglicht unsere webbasierte Open Source Plattform den Hochschulen vor allem den Aufbau eines eigenständigen KI-Ökosystems. Dabei basiert der Entwicklungsprozess von Anfang an auf den Methoden und Kompetenzen des Interaction Designs, das einen besonderen Fokus auf die Einbeziehung aller Stakeholder legt[1]. Besonderen Wert richten wir auf das User Experience und User Interface Design und die iterative und schnelle Entwicklung neuer Features für den Hochschulkontext. Wir scheuen uns nicht, fortlaufend neue Dinge auszuprobieren, stehen im ständigen Austausch mit der Community und entwickeln HAWKI im Einklang mit ihr weiter. Dabei zeigt sich immer wieder, dass Hochschulen sehr unterschiedliche und spezifische Anforderungen an generative KI-Systeme haben. Wir schaffen mit HAWKI die notwendigen Rahmenbedingungen, damit Nutzer:innen auf individuelle Weise mit den für sie passenden generativen KI-Werkzeugen interagieren können. Wir wollen keine fixierten Interaktionswege vorgeben, vielmehr verstehen wir HAWKI als Enabler, der den Hochschulalltag bereichert, indem die Plattform auf die individuelle Bedarfslagen der Nutzenden eingeht. Aus diesem Verständnis speisen sich allerhand neue Features.
In der neuen Version von HAWKI sind weitere hochschulspezifische Funktionen eingefügt, darunter ein Gruppenchat zur Peer-to-Peer-Qualifizierung. Da der Schulungsaufwand für Hochschulen im Umgang mit generativer KI enorm ist, ermöglicht dieser Gruppenchat Studierenden und Lehrenden einen direkten Wissensaustausch mit und über generative KI. Gleichzeitig können neue Lehr- und Lernformate entstehen. Ein konkretes Beispiel für den Nutzen dieses Gruppenchats ist die Einbindung der generativen KI als Teammitglied. Studierende können innerhalb ihrer Gruppen gezielt Anweisungen im Systemprompt formulieren, sodass die generative KI alle Mitglieder gleichermaßen unterstützt – unabhängig von ihrer Sprache oder ihrem kulturellen Hintergrund. So können internationale Studierende in ihrer Muttersprache kommunizieren, während die KI ihre Beiträge nicht nur übersetzt, sondern auch kulturelle Feinheiten berücksichtigt. Dies erleichtert die Zusammenarbeit in vielfältigen Teams und fördert ein inklusives Lernumfeld. Die Möglichkeit, Sprachmodelle zu integrieren, die mit unterschiedlichen Datensätzen aus verschiedenen Weltregionen trainiert wurden, erlaubt dadurch eine interkulturelle und interdisziplinäre Sicht auf verschiedene Themen. Eine Exportfunktion erleichtert die in vielen KI-Leitfäden geforderte Dokumentation des KI-Einsatzes in Semesterarbeiten oder Prüfungsleistungen. Vor allem aber wurde die Softwarearchitektur von HAWKI so gestaltet, dass neue Features schneller und modularer implementiert werden können, um flexibel auf zukünftige Entwicklungen reagieren zu können.
Transparenz in Prüfungsformaten
Mit HAWKI2 erforschen wir den sinnvollen Einsatz generativer KI in Prüfungen, wobei Transparenz ein zentraler Aspekt ist. Studierende können freiwillig Lehrende in einen Gruppenchat einladen, um den Einsatz der KI in ihrem Arbeitsprozess nachvollziehbar zu machen. Nur die Studierenden selbst können weitere Mitglieder hinzufügen, Lehrende können sich nicht eigenständig Zugang verschaffen. Die Inhalte der Gruppenchats sind für Außenstehende nicht einsehbar, eine Sicherheitsgarantie, die durch den Open Source-Code von HAWKI transparent überprüft werden kann.
Eine Exportfunktion unterstützt die Dokumentation und Nachvollziehbarkeit der KI-Nutzung. Der Export enthält eine automatisierte Zusammenfassung der Chatverläufe sowie Angaben zu den verwendeten KI-Modellen und eventuellen Anpassungen des Systemprompts. Dies fördert eine transparente Bewertung und sichert Fairness und Chancengleichheit – wie es auch die Handreichung der Universität Stuttgart empfiehlt.
Transparenz durch ein intuitives und durchdachtes Interface
Der AI-Act der EU setzt neue Maßstäbe für den Umgang mit KI, insbesondere im Bildungsbereich. Für HAWKI bedeutet dies:
- Datenschutz und Offenlegung: Der Open-Source-Ansatz und eine erweiterte Governance-Struktur gewährleisten Datenschutz und Transparenz. Ein hochschulübergreifendes Team soll die partizipative Weiterentwicklung von HAWKI sicherstellen.
- Erklärbarkeit von KI-Entscheidungen: Nutzende sollen jederzeit nachvollziehen können, auf welcher Grundlage Antworten generiert wurden. Hierfür implementieren wir unter anderem die Möglichkeit, dass jede Hochschule ihre eigenen Daten vektorisieren kann, damit die KI hochschulinternes Wissen nutzt und darauf verweisen kann.
- Regelkonforme Anwendungsszenarien: Die HAWKI-Community wird aktiv in die Entwicklung eingebunden, um ethische und regulatorische Anforderungen zu berücksichtigen.
Ein gutes User Interface sorgt nicht nur für eine barrierearme Nutzung, sondern erhöht auch die Datensicherheit. Ein intuitives Design motiviert Hochschulangehörige, HAWKI anstelle externer KI-Dienste wie ChatGPT oder DeepSeek zu nutzen, wodurch sensible Daten innerhalb des hochschuleigenen Systems bleiben.
Dies erreichen wir durch:
- Eingebettete Erklärungen zur Modellnutzung, die aufzeigen, wann welches Modell geeignet ist und wo technische Grenzen liegen.
- Nachhaltigkeitshinweise, die den Energieverbrauch einzelner Anfragen verdeutlichen und alternative Lösungen aufzeigen. Diese Funktion wird in einem späteren Update integriert.
- Detaillierte Modellbeschreibungen, die im nächsten Update ergänzt werden, um Nutzenden eine fundierte Entscheidungsgrundlage zu bieten.
Durch diese Maßnahmen wird HAWKI nicht nur regelkonform und transparent, sondern auch sicher und nutzer:innenfreundlich gestaltet.
Ressourcenverbrauch
Die Vermeidung des hohen Ressourcenverbrauchs von generativer KI ist von hoher Relevanz. Wir schlagen vor, dass die Hochschulen ihre Ressourcen bündeln und ein hochschulübergreifendes Ressourcen-Sharing etablieren. Bisher gibt es jedoch noch keine bundesweiten Initiativen, die diese Zusammenarbeit voranbringen. Über HAWKI können hier unterstützenden Brücken gebaut werden, denn die gemeinsame Nutzung von Infrastruktur kann dabei helfen, Energie- und Wartungskosten effizienter zu senken.
HAWKI wird hybrid
Die beschleunigten Entwicklungen im Bereich der generativen KI stellen fortlaufend neue Herausforderungen als auch Chancen für Hochschulen dar. Beispiele sind die Fortschritte bei multimodalen Modellen, die nicht nur Text, Bilder, Video, Audio und Code generieren, sondern auch lesen und interpretieren können. Dadurch können wir die textbasierte Dialogform aus dem virtuellen Raum mit den taktilen Ausdrucksformen im physischen Raum verbinden. In unserem Interaction Design Lab entwickeln und gestalten wir derzeit entsprechende Prototypen, die generative KI in die klassischen Prozesse des Skizzierens und Reflektierens von Ideen im Team integriert.
Fazit
Die KI-getriebene digitale Transformation bringt für Hochschulen zwei zentrale Herausforderungen mit sich. Erstens muss der Zugang zu generativer KI gewährleistet werden – unter Berücksichtigung von Datenschutz, Chancengleichheit, Finanzierbarkeit sowie didaktischer und technischer Umsetzbarkeit. Zweitens prallen zwei grundverschiedene Systeme aufeinander: Auf der einen Seite stehen technologiegetriebene Unternehmen, die disruptiv agieren und schnelle Entscheidungen treffen und auf der anderen Seite Hochschulen, die durch tradierte, gremienbasierte Strukturen geprägt sind und vergleichsweise langsam handeln. HAWKI kann an dieser Stelle sowohl als Produkt als auch als Prozess jeweils Teil der Lösung auf diese Herausforderungen sein. HAWKI ist zum einen eine effektive und selbstkontrollierte Schnittstelle zu generativen KI-Modellen. Zum anderen ist HAWKI auch das Interface zwischen den unterschiedlichen Handlungsräumen von Hochschulen und Technologieunternehmen, das nicht trennt, sondern die sinnvolle Interaktion dieser Handlungsräume miteinander ermöglicht. Durch den Einsatz von HAWKI schaffen sich Hochschulen somit ein eigenständiges KI-Ökosystem, welches neben der Nutzung von KI-Modellen auch die Auseinandersetzung und Reflexion des individuellen und institutionellen Handelns in diesem Kontext ermöglicht und fördert.
Wirkliche Veränderungen entstehen nie durch Software und Technologie allein, sondern durch Menschen, die damit befähigt werden, ihre Ideen zu Innovationen werden zu lassen. Denn wie schon der Sozialwissenschaftler Herbert A. Simon sagte: [2]
Veränderung beginnt mit denen, die sie gestalten – HAWKI ist eine Plattform und eine Denkweise, die diese Gestaltung ermöglicht und neue Wege für die Hochschulwelt eröffnet.
Quellen:
[1] Vgl. Moggridge, Bill (2007): Designing Interactions, Cambridge, The MIT Press
[2] Simon, H.A. (1988): The Science of Design: Creating the Artificial. In: Design Issues, 4(1/2), S. 67–82. Verfügbar unter: http://www.jstor.org/stable/1511391 (Zugriff am: 16. Februar 2025).
In dieser Online-Veranstaltung geben die Entwickler*innen von HAWKI 2 eine kurze Einführung in die neuen Funktionen und zeigen Schritt für Schritt den Installationsprozess. Hier können Sie sich anmelden:
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