Think Tank Well-Being und Mental Health im digitalen Zeitalter an Hochschulen

Hochschulen spielen eine Schlüsselrolle bei der Gestaltung der Gesellschaft von morgen. Dabei wird die Art und Weise, wie wir lehren und lernen, durch die digitale Transformation grundlegend verändert. Sie bietet große Potenziale für die Innovation und Flexibilität, stellt im Hinblick auf die Gesundheit der Studierenden und Hochschulmitarbeitenden aber auch Herausforderungen dar. Nicht zuletzt die Verlagerung des (gesamten) Lehrbetriebs in den digitalen Raum während der Corona-Pandemie hat dies verstärkend gezeigt. Hochschulen müssen eine ausgewogene Digitalisierungsstrategie verfolgen, die sowohl die Chancen der Digitalisierung nutzt als auch potenzielle Risiken minimiert. Vor diesem Hintergrund setzt sich der Think Tank „Well-Being and Mental Health im digitalen Zeitalter“ am Hochschulforum Digitalisierung dafür ein, das Bewusstsein für das Thema mentale Gesundheit im digitalen Hochschulkontext zu schärfen.

Definition: Wellbeing im digitalen Studium

Der Rat der Europäischen Union (2022) definiert Wellbeing im digitalen Studium als:

„(...) ein Gefühl körperlicher, kognitiver, sozialer und emotionaler Zufriedenheit, das es allen Individuen ermöglicht, sich in digitalen Lernumgebungen positiv einzubringen, ihr Potenzial voll auszuschöpfen, sich sicher im digitalen Raum zu bewegen und ihre Selbstverwirklichung sowie ihre Befähigung in Online-Umgebungen unterstützt.``

Auf internationaler Ebene greifen einige Hochschulen das Thema „Well-Being“ bereits auf und integrieren Initiativen, Indikatoren und partizipative Maßnahmen in die eigenen Hochschulstrategien. Die University of British Colombia (UBC) hat ein Wellbeing Strategic Framework verfasst, welches einen kollaborativen und hochschulübergreifenden Ansatz verfolgt, um die Hochschule zu einem besseren Arbeitsplatz, Studienort und einer Lerngemeinschaft zu machen. Die UBC und auch andere Hochschulen folgen dabei der Okanagan Charta, einer internationalen Charta für gesundheitsfördernde Hochschulen, die 2015 von strategischen Entscheider:innen, Lehrenden und Studierenden aus 45 Ländern entwickelt und verabschiedet wurde.

In der Charta wird Gesundheit als ein umfassendes Konzept definiert, welches weit mehr meint als die bloße Abwesenheit von Krankheit. Das körperliche, geistige und soziale Wohlbefinden – oder auch „Well-Being“ – von allen Hochschulangehörigen wird dort als die Voraussetzung für ein funktionierendes Lehr- und Lernkonzept gesehen. Deshalb sei es wichtig, dass gesundheitsfördernde Werte und Richtlinien – von dem ganzheitlichen Well-Being-Konzept, über soziale Gerechtigkeit bis hin zu nachhaltiger Entwicklung – in die Leitlinien und die strategische Ausrichtung von Hochschulen aufgenommen werden.

„Es gilt Hochschulrichtlinien unter Berücksichtigung von Gesundheit, Wohlbefinden und Nachhaltigkeit zu prüfen, zu schaffen und zu koordinieren, sodass alle Planung und Entscheidungsfindung die positive Entwicklung von Menschen, Hochschulen, Gemeinschaften und unseres Planeten berücksichtigt und fördert.“
Okanagan Charta, 2015

Der Vergleich des subjektiven Gesundheitszustandes von Studierenden zwischen 2015 und 2023 zeigt eine klare Verschlechterung: Während sich 2015 nur 3 % der Befragten „weniger gut“ bis „schlecht“ fühlten, ist dieser Anteil 2023 auf 10 % gestiegen und hat sich damit mehr als verdreifacht. Zwar bewerten noch 61 % ihren Gesundheitszustand als „sehr gut“ bis „gut“, doch der Trend weist auf eine zunehmende Belastung hin.

Diese Entwicklung macht deutlich: Wellbeing muss als zentrales Thema in der Hochschulbildung verankert werden. Nur mit nachhaltigen, resilienten Strukturen lassen sich die Herausforderungen einer digitalisierten Lern- und Arbeitswelt bewältigen.

Die Digitalisierung bringt zwar mehr Flexibilität in Studium und Lehre, erhöht aber auch psychische Belastungen – etwa durch Technostress, soziale Isolation, Cybermobbing oder ständige Erreichbarkeit. Hochschulen sind gefordert, digitale Risiken präventiv zu adressieren und gleichzeitig die Vorteile neuer Lernformate zu erhalten.

Ein ganzheitliches Gesundheitsmanagement erfordert einen hochschulübergreifenden Ansatz und vor allem einen Kulturwandel: Stigmata, besonders im Bereich mentaler Gesundheit, müssen abgebaut und Wellbeing als integraler Bestandteil der Hochschulkultur verstanden werden – als Schlüssel zu zukunftsfähiger Bildung.

Ziele des Thinktanks:

  1. Sensibilisierung strategischer Entscheider:innen an Hochschulen für die Wellbeing-Bedarfe von Studierenden und Mitarbeitenden, insbesondere im Hinblick auf die Herausforderungen und Chancen der Digitalisierung, sowie für die Bedeutung von Wellbeing für die strategische Hochschulentwicklung.

  2. Bereitstellung von Good-Practice-Beispielen und praxisnahen Informationen zur Information von Lehrenden und Supportmitarbeitenden.

  3. Sichtbarmachung der Perspektiven und Bedürfnisse Studierender und Mitarbeitender

Durch diese Zielsetzungen strebt der Think Tank „Well-Being im digitalen Zeitalter“ danach, das Thema Well-Being an Hochschulen als zentrales Thema zu etablieren und sichtbar zu machen.

Aktuelles:

Digitalisierung trifft Gesundheitsförderung: Podcast „Highways to Health“

Wie können Hochschulen ein Ort sein, der Digitalisierung sinnvoll nutzt und gleichzeitig die Gesundheit von Studierenden und Lehrenden stärkt? Im Podcast der Plattform Highways to Health diskutieren Tina Basner und Lea Hildermeier mit Anna Pawellek von der Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen Bremen e. V.  wie innovative Ansätze für eine menschlichere und gesundheitsfördernde Hochschullehre aussehen können.
Im Fokus des Gesprächs standen unter anderem Praxisbeispiele für digitale Gesundheitsförderung, Möglichkeiten der Digitalisierung trotz begrenzter Ressourcen und Ideen für eine stärkere soziale Verbindung in der Online-Lehre.

Zur Podcast-Folge: https://lnkd.in/e6DBRSEX?

Blogreihe: „Student Wellbeing im digitalen Studium“

Wie hängen die psychische Gesundheit von Studierenden und Digitalisierungsprozesse an Hochschulen zusammen? Wie steht es um die Unterstützungsstrukturen für Studierende an Hochschulen? Und wie lässt sich Online-Lehre bzw. digital gestützte Lehre gesundheitsfördernd gestalten? Diesen und ähnlichen Fragen widmeten sich Tanja Brock und Jan Schuhr von der Evangelischen Hochschule Dresden im Forschungs- und Praxisentwicklungsprojekt enhance (Mental Health im Kontext von Digitalisierungsprozessen an Hochschulen), einem Verbundprojekt mit der Universitätsmedizin Leipzig, das durch das Sächsische Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus gefördert wird.

Im Rahmen des Projekts sprachen sie mit Studierenden, Dozierenden und mit Akteur:innen aus der Hochschulgesundheit über ihre persönlichen Erfahrungen, Bedarfe sowie Ideen und Perspektiven bezüglich gesundheitsfördernder Hochschulen. Wichtige Erkenntnisse haben sie in Form einer Tool-Box in vier Blogbeiträgen zusammengefasst. Darin enthaltene Tools und Checklisten können gern für die eigene Praxis im Hochschulalltag verwendet werden.

Blog

Eine Tool-Box zu „Student Wellbeing im digitalen Studium“

Jan Schuhr
Jan Schuhr
28.08.2024

Publikationen & Blogbeiträge:

Der HFD-Blickpunkt beschäftigt sich mit der übergeordneten Frage, wie die psychische Gesundheit von Studierenden innerhalb des digitalen Hochschulstudiums stärker gefördert werden kann. Denn gerade digitale Lehre erweist sich in Hinblick auf die psychische Gesundheit der Studierenden als besonders voraussetzungsreich.  Das Hochschulforum Digitalisierung hat die Hintergründe und Lösungsansätze in Kooperation mit dem Dresdener Forschungsprojekt enhance und der studentischen Initiative DigitalChangeMaker in dieser neuen Publikation anschaulich aufbereitet. Sie bietet Interessierten einen leichten Einstieg in die Thematik und zeigt, worauf es bei der Umsetzung von Lösungen ankommt.
Hier geht es zum Blickpunkt:

Vorträge und Diskussionen:

Podiumsdiskussion zu „Student Wellbeing & Mental Health“ beim University: Future Festival 2024

Zum Auftakt des Thinktanks „Wellbeing & mental health in digitalen Zeitalter an Hochschulen“ lud das HFD sechs Expert:innen zur Podiumsdiskussion auf die Community-Stage des University:Future Festival nach Berlin ein. Am 5. Juni 2024 diskutierten Lehrende, Forschende, engagierte Studierenden der Digital Change Maker Initiative des HFD sowie weitere Expert:innen aus dem strategischen (Gesundheits-)management mit dem Fokus auf Digitalisierungsprozesse an Hochschulen zum Thema „Student Well-Being & Mental Health“. Die Podiumsdiskussion hatte das Ziel für aktuelle Herausforderungen im Zuge der digitalen Transformation an Hochschulen auf das mentale Wohlbefinden zu sensibilisieren und gemeinsam Lösungsansätze und Zukunftsvisionen (“Mindscapes of Tomorrow”) zu entwickeln. Gemeinsam wurde der Frage nachgegangen, wie Well-Being und Mental Health an Hochschulen kollektiv thematisiert und vor allem auch enttabuisiert werden kann. In der Diskussion wurden Ideen diskutiert und Impulse gesetzt, wie Hochschulen das mentale Wohlbefinden und die Sicherheit ihrer Studierenden in digitalen Lernräumen in einer sich rasant wandelnden Welt unterstützen können. Die Aufzeichnung der Diskussionsrunde kann bei Youtube nachgeschaut werden:

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Interview mit Tina Basner (Leitung Thinktank, HFD) und Lea Hildermeier (Studierende und DigitalChangeMaker beim HFD) zu den Aktivitäten des Thinktanks.
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news
Die Panelist*innen in Zoom-Kacheln

Aufzeichnung Panel Diskussion zu Student Wellbeing mit Anja Karliczek

08.07.2021

Internationale Kooperationen:

Europe is supporting wellbeing in digital education

Auch in der EU tritt das Thema Student Wellbeing zunehmend in den Fokus. Der European Digital Education Hub (EDEH) hat dazu einen internationalen Think Tank ins Leben gerufen, an dem auch Tina Basner vom Hochschulforum Digitalisierung beteiligt ist.

Ein erster Workshop fand dazu vom 2. – 3. Juli 2024 in Stockholm in Schweden statt. Dabei wurden die Vor- und Nachteile der Digitalisierung und die Auswirkungen der Technologie auf das Wohlbefinden im Bildungskontext diskutiert. Lesen Sie hier zum Thema:

Online Educa Berlin 2024: Hochschulforum Digitalisierung  & Cambridge University

Die Session „Enhancing Student Wellbeing in the Digital Age: Strategies and Insights“ auf der OEB 2024 beleuchtete Herausforderungen und Strategien rund um mentale Gesundheit im Hochschulkontext. Tina Basner und Lea Hildermeier  betonten die Bedeutung studentischer Perspektiven auf digitales Wohlbefinden. Louis Bone (Cambridge Online Schools) zeigte, wie Online-Schulen gezielt das Wohlbefinden von Lernenden fördern . Im Fokus der Vorträge stand eine ganzheitliche und nachhaltige Förderung des studentischen Wohlbefindens in digitalen Lernkontexten.

Tina Basner

Kontakt & Ansprechpartnerin:

Sie haben Ideen oder Good Practice, wie wir die Hochschulen im digitalen Zeitalter zu einem gesünderen Ort machen können? Das HFD bietet Ihnen eine Plattform und die Möglichkeit, z.B. durch Blogbeiträge, Workshops oder Vorträge auf unseren Events sichtbar zu werden und gemeinsam Lösungsansätze und Handlungsempfehlungen zu erarbeiten. Wenden Sie sich dazu gerne an: 

Profilbild von Tina Basner
Tina Basner
Projektmanagerin Hochschulforum Digitalisierung