Synergien als Zielperspektive für den Einsatz von digitalen Kompetenznachweisen

Synergien als Zielperspektive für den Einsatz von digitalen Kompetenznachweisen

08.05.19

Kompetenz-Show-Off

Seit Herbst 2018 erkundet die Community Working Group „Kompetenz-Badges” beim Hochschulforum Digitalisierung potentielle Einsatzszenarien zur Umsetzung von digitalen Kompetenznachweisen insbesondere im Kontext der Hochschulbildung. Dafür haben sie Gesprächsrunden mit Expert*innen und Stakeholder-Gruppen aus Deutschland und Europa geführt. In diesem Gastbeitrag gehen Prof. Dr. Ilona Buchem (Beuth Hochschule für Technik), Dr. Christine Brunn (Technische Hochschule Lübeck) und Dr. Dominic Orr (Kiron Open Higher Education) auf Synergieeffekte ein, die sich für Hochschulen, außerhochschulische Bildungsanbieter sowie Arbeitgeber aus der Nutzung von digitalen Kompetenznachweisen ergeben können.

Gib an mit Kompetenz!

„Ich [glaube], dass es sehr, sehr wichtig ist, dass diese Systeme nicht gegeneinander antreten, sondern parallel zueinander existieren (…) und auch Offenheit für das formative System haben müssen. Das muss ineinandergreifen. Dann haben wir nämlich (…) dieses Problem nicht, dass (…) die beiden Systeme parallel zueinander funktionieren, sondern es gibt eine Kausallogik zwischen denen und dann wird das eine aus dem anderen abgeleitet. Und das wäre eigentlich der Wunschzustand, von dem wir noch meilenweit entfernt sind.“ ein Zitat aus einem der Experten-Gespräche zu digitalen Kompetenznachweisen.

Die neue Lehr- und Lernkultur, die sich mit der Nutzung von digitalen Medien in den letzten Jahren entwickelt hat, basiert zum großen Teil auf dem Austausch und der Interaktion in Netzwerken zwischen Personen, Organisationen, Gemeinschaften und anderen Strukturen. In den vernetzten, digitalen Strukturen entstehen neue Formen der Kompetenzentwicklung (z. B. Lernen in Online Communities und MOOCs), aber auch neue Formen der Kompetenzanerkennung (z. B. Bestätigungen/Empfehlungen von Kompetenzen in sozialen Netzwerken, digitale Kompetenznachweise). Kooperative Ansätze für die Anrechnung und Anerkennung von erworbenen Kompetenzen werden auch im Kontext der Hochschulbildung diskutiert, u. a. in Kooperation mit außerhochschulischen Bildungsanbietern (Hoyer et al., 2018). Für die Entwicklung von Anrechnungsstrategien und die Etablierung von standardisierten Leitlinien für Anrechnungsverfahren an Hochschulen wird vor diesem Hintergrund eine gezielte Nutzung von Synergieeffekten empfohlen. Interorganisationale Zusammenarbeit im Bildungsbereich kann zu Synergiegewinnen führen u. a. durch die Erhöhung der Wahrnehmung wechselseitiger Interessenlagen, durch die effektive Nutzung von finanziellen, personellen und infrastrukturellen Ressourcen, durch die Verbesserung der Kommunikation und der Informationsflüsse sowie durch die gemeinsame Abstimmung, Entwicklung, Durchführung und Qualitätssicherung von Angeboten (Mickler, 2011).

Dieser Beitrag geht auf Synergien als Zielperspektive für den Einsatz von digitalen Kompetenznachweisen ein. Synergieeffekte können sich für die Hochschulen, außerhochschulische Bildungsanbieter sowie Arbeitgeber aus der Nutzung von digitalen Kompetenznachweisen, u. a. auf der Basis existierender Standards, wie Open Badges, ergeben. Wir präsentieren hier die Ergebnisse aus Gesprächsrunden mit Expert*innen und Stakeholder-Gruppen aus Deutschland und Europa, welche im Zeitraum von Oktober bis Dezember 2018 im Rahmen der HFD Community Working Group „Kompetenz-Badges” durchgeführt wurden. Dieser Beitrag ist ein Follow-up zum ersten Blogbeitrag Digitale Kompetenznachweise für lebenslangen Lernen, welcher die vorläufigen Erkenntnisse aus den ersten Gesprächsrunden präsentiert und diskutiert hat.

Nachfolgende Ausführungen bauen auf auf den Ergebnissen der weiteren Gesprächsrunden mit (1) Vertreter*innen aus dem Bereich der Wirtschafts- und Arbeitgebervertreter (u. a. Personalverantwortliche aus Unternehmen, aus der Ausbildung, aus dem Handwerk), (2) Vertreter*innen aus der Hochschulbildung (u. a. aus der Hochschullehre und aus dem hochschulischen Weiterbildungsbereich), sowie (3) Open Badge Pionieren (u. a. Initiatoren, Plattformbetreibern, Projektleitenden). In den durchgeführten Gesprächen wurden der Synergiebezug immer wieder hergestellt und mögliche Synergieeffekte thematisiert.

Im Folgenden setzen wir beispielhafte Zitate in anonymisierter Form ein, um im Sinne der qualitativen Forschung die Resultate der inhaltsanalytischen Arbeit und das breite Spektrum der Meinungen zu zeigen.

Flexible Kompetenznachweise um mit den Veränderungen am Arbeitsmarkt Schritt zu halten

Im Gespräch mit Vertreter*innen aus dem Bereich der Wirtschafts- und Arbeitgebervertreter (u. a. Personalverantwortliche aus Unternehmen, aus der Ausbildung, aus dem Handwerk), welches am 16. November 2018 im Allianz Forum Berlin (Gespräch 1) stattgefunden hat, wurde betont, dass das System der beruflichen Ausbildung in Deutschland nicht durch neue Ansätze ersetzt werden sollte, sondern Synergien mit dem Berufsbildungssystem angestrebt werden sollten. Diese Empfehlung wird in den folgenden zwei Zitaten zum Ausdruck gebracht:

„Man sollte die Dinge nicht gegeneinander stellen. Wir profitieren in Deutschland sehr stark von diesem strukturierten Berufsbildungssystem, sowohl in der Aus- als auch in der Weiterbildung, da beneiden uns eine Menge Länder drum.“Zeig deine Fähigkeiten!

“Der Einsatz von Badges könnte jedoch in bestimmten Kontexten einen Mehrwert einbringen und das System ergänzen: Da sind wir doch überzeugt, es muss nicht alles ersetzen, aber es kann sehr gut ergänzen und es kann Komplexität reduzieren“.

Die Gesprächspartner haben betont, dass die Synergien vor allem dort erzielt werden können, wo sich Ausbildungsinhalte sehr schnell änderten oder wo Berufe es erforderten, dass Weiterbildung beständig stattfinde. Ein System, welches kleinteiligere und flexiblere Nachweise vorsehe, könne auf solche Dynamiken schneller reagieren. Treffend belegt wird diese Ansicht im folgenden Zitat:

„Wenn ich mir (…) den Bereich der additiven Fertigung angucke, da weiß man heute noch nicht so genau, was der Mensch in 5 Jahren an Qualifikationen, um mit den Maschinen und der Konstruktionsweise, die damit verbunden sind, fertig zu werden, mitbringen muss. Ich denke, da ist ein flexibleres System, was auf einzeln modular zu erwerbenden Qualifikationen aufsetzt [sinnvoll]. (… ). Gerade in dem Bereich müssen wir konstatieren, dass wir innerhalb von 5 Jahren einen Wandel der Wirtschaft sehen, der sich in den Ausbildungsordnungen gar nicht nachvollziehen lässt. Auch dafür brauchen wir solche flexiblen Qualifikationsnachweise oder Zertifikate etc.“

Der Vorteil einer Flexibilisierung, den digitale Kompetenznachweise, wie Open Badges, mit sich bringen können, wurde in Zusammenhang mit dem sich immer schneller wandelnden Arbeitsmarkt gebracht. Es wurde angemerkt, dass Unternehmen, die sich besonders für Zukunftstechnologien interessieren und sich weiterentwickeln wollen, häufig Schwierigkeiten haben, Fachkräfte zu finden. Dies verdeutlicht das folgende Zitat:

„[Die Unternehmen] finden die kompetenten Leute noch nicht formal im Bildungssystem, sondern solche Unternehmen interessieren sich auch für non-formale Weiterbildungsaktivitäten, indem sie z. B.  anerkennen, dass Leute in diversen Fablabs Erfahrung gesammelt haben usw.“

Es wurden drei allgemeine Anwendungsfälle skizziert, die von einer Ergänzung des traditionellen Systems um digitale Kompetenznachweise besonders profitieren würden:

  1. Wenn im Vorstellungsgespräch für eine Stelle nach einer Gehaltsstufe gefragt wird, weil diese Information mangels eines Kompetenznachweises verwendet wird;
  2. Im Falle von Migration und fehlender formalen Anerkennung der Nachweise aus dem Herkunftsland in Deutschland; und
  3. im Falle, dass der Abschluss formal fehlt, die Kompetenz aber faktisch vorhanden ist.

Darüber hinaus könnte die Anerkennung von Teilschritten bei einem Lernprogramm für manche Lernenden motivierend wirken, wie das folgende Zitat veranschaulicht:

„Ich sehe den Mehrwert von Badges auf der Lernenden-Seite. Viele Leute haben Probleme, längerfristig auf ein Ziel hinzuarbeiten. Mehr in Richtung Belohnungssystem für Lernende…“.

Digitale Kompetenznachweise zur Hervorhebung der Bedeutung des Lernens in der Hochschulbildung

Im Gespräch mit den Vertreter*innen aus dem Bereich der Hochschulen (u. a. aus der Hochschullehre und aus dem hochschulischen Weiterbildungsbereich), welches am 30. November 2018 im Allianz Forum Berlin (Gespräch 2) stattgefunden hat, wurden vor allem die Bedeutung des Lernens und des Kompetenzerwerbs im Hochschulbildungssystem im Nachgang der Bologna-Reform thematisiert. Einig waren sich die Gesprächspartner darin, dass es nicht darum gehen könne, die bestehenden Systeme zu ersetzen, sondern Verknüpfungen zwischen ihnen zu schaffen, wie das folgende Zitat zeigt:

„(…) dass es nicht ein einziges System geben wird, welches zentral gesteuert wird und ‘von oben’ angeordnet wird und dass bereits existierende Systeme in einen sinnvollen Zusammenhang mit digitalisierten Lösungen gebracht werden sollten“.

Weiterhin wurde argumentiert, dass Offenheit zwischen den Systemen besonders wichtig sei, um Synergien zu schaffen. Dabei wurde einerseits argumentiert, dass mit der Bologna-Reform der Grundgedanke des kompetenzorientierten Lernens zwar in der Hochschulbildung angelegt sei, dass aber dieser Anspruch nicht immer eingelöst werde. Zum einen seien beispielsweise Anrechnungsprozesse noch so schwierig und teilweise willkürlich, dass die Mobilität zwischen verschiedenen Ausbildungsmöglichkeiten und Hochschulen noch zu sehr behindert wird. Zum anderen werde die Hochschullehre in Vergleich zur Forschung immer noch nachrangig behandelt. Digitale Nachweissysteme könnten darüber hinaus im Bereich der automatisierten Anrechnungsprozesse ein Potential entfalten, wie das im folgenden Zitat zum Ausdruck gebracht wird:

„Natürlich wäre es schon toll, wenn es irgendwann automatisiert wird und so weit ist, dass man in der Datenbank sehen kann, wer jetzt welche Zertifikate von wem akzeptiert, damit dieser Anrechnungsprozess jetzt nicht jedes Mal wieder von Neuem passieren muss.“

In der Diskussion wurde die Rolle von digitalen Kompetenznachweisen für Lernende im Hinblick auf die Gestaltung des eigenen Lernwegs besonders gewürdigt. Mit der Etablierung von digitalen Systemen zum Nachweis von Kompetenzen ist die Erwartung verbunden, dass die Lernenden stärker in die Lage versetzt werden, ihren Lernweg selbstgesteuert zu gestalten und sich Lernziele zu setzen, wie das im folgenden Zitat, im dem eine Studierenden-Perspektive eingenommen wird, veranschaulicht wird:

„wenn ich weiß, was ich schon kann, desto mehr weiß ich auch, was ich noch brauche und desto mehr entwickle ich eigene Ziele (…), das würde dann dazu führen, dass ich kein Studium abbrechen muss, sondern einfach mein Ziele und meinen … Lernpfad sozusagen aufbauen kann, ich müsste jetzt also nicht auf Anrechnung anderer angewiesen sein, sondern könnte das, was ich habe, mitnehmen, einfach vorweisen und sagen, hier möchte ich einsteigen, das ist mein Ziel, jetzt suchen wir das Delta und versuchen das zu operationalisieren.”

Diese Handlungskompetenz können Hochschulabsolventen dann auch für ihren Übergang in den Arbeitsmarkt verwenden, um ihre eigenen Lernergebnisse und Kompetenzen im Netz präsentieren können:

„Also es gibt dann Komponenten einer Kompetenzbeschreibung, die ich gerade für diese Stelle besonders im Auge habe und (…) was für mich gerade für diese Stelle (…) wichtig ist und nicht die hinterlegte Definition von irgendjemand anderem. Also das finde ich den wichtigsten Punkt überhaupt, das selbst in der Hand zu behalten.”

Praxiserfahrungen der Open Badges Pioniere

In zwei Gesprächen mit internationalen Open Badge Pionieren (u. a. Initiatoren, Plattformbetreibern, Projektleitenden), welche am 6. Dezember 2018 im Allianz Forum Berlin (Gespräch 3) sowie am 14. Dezember 2018 in Brüssel im ESCO Hauptsitz (Gespräch 4) stattgefunden haben, wurden vor allem Synergien mit dem Arbeitsmarkt und arbeitsmarktnahen Instrumenten, Synergien mit der Politik und mit dem rechtlichen Umfeld, sowie Synergien auf der europäischen Ebene thematisiert.Kompetenz-Show-Off

In den beiden Gesprächen mit internationalen Open Badge Pionieren wurde die Wichtigkeit der Kooperationen mit dem Arbeitsmarkt hervorgehoben. Die Relevanz für den Arbeitsmarkt kann u. a. dadurch hergestellt werden, dass Kompetenzen in digitalen Kompetenznachweisen verständlich für Arbeitgeber beschrieben werden, was dadurch erreicht werden kann, dass arbeitsmarktrelevante Kompetenzen, ähnlich wie in der Klassifizierung für europäische Fähigkeiten, Kompetenzen, Qualifikationen und Berufe (ESCO), beschrieben werden. Treffend belegt wird diese Empfehlung in den folgenden Zitaten:

“(…) Die in Open Badges dargestellten Kompetenzen müssen sinnvoll sein. Sie müssen etwas bedeuten, sie müssen verständlich sein. Relevanz bedeutet, dass z. B. Arbeitgeber dafür sorgen müssen, dass diese Fähigkeiten und Kompetenzen vorhanden sind, dass sie verstanden werden und dass sie für sie relevant sind. (…)  Als Arbeitgeber muss ich in der Lage sein, die Relevanz für eine bestimmte Position zu verstehen und zu sehen”.

“Wir suchen nach der Relevanz von Open Badges für den Arbeitsmarkt. Warum sollte man dort nicht tatsächlich den Standard und die Liste der arbeitsmarktrelevanten Kompetenzen einbeziehen und diese wie in ESCO einheitlich beschreiben?”

Methodisch wurde in den beiden Gesprächen das Zusammenbringen verschiedener Stakeholder zur Erzielung von Synergieeffekten empfohlen, u. a. der Rekrutierung, der Bildung, der rechtlichen Regierung und der technischen Entwicklung. Die Gesprächspartner haben betont, dass aktuell die verschiedenen Seiten nicht miteinander “sprechen” und/oder sich nicht gegenseitig “verstehen” würden.

Im Gespräch 3 wurde zusätzlich die These vertreten, dass “der Markt Veränderungen blockiert”, d. h. Rekrutierungs/-Vermittlungsagenturen hätten in der Lücke zwischen den Lernphasen und dem Arbeitsmarkt bzw. Einstellung ein Geschäftsmodell etabliert. Der Erfolg einer Vermittlung in den Arbeitsmarkt wird i. d. R. kurzfristig gemessen, d. h. der Erfolg sei nicht fokussiert auf zukünftiges Lernpotential und Rekrutierungs/-Vermittlungsagenturen hätten kein Interesse daran, den Skills-Gap bzw. die Vermittlungsprobleme grundsätzlich zu lösen.

Im Gespräch 4 wurden weitere arbeitsmarktrelevante Instrumente für eine synergetische Etablierung von digitalen Kompetenznachweisen genannt, d. h. der Europass und das Skills Profile:

“Eine Erfolgsgeschichte ist der Europass, weil er integriert, importiert, exportiert usw. werden kann. Vielleicht können Badges [in den Europass] integriert werden!”

“Eine weitere Idee, die dem Europass ähnlich ist, ist das Skills Profile. Im Moment konzentriert es sich auf Einwanderer und Neuankömmlinge. Dabei werden nicht nur formale, sondern auch informelle Bildung und Fähigkeiten berücksichtigt, da diese Menschen nicht immer Diplome im Rucksack haben. Sie können auch ein Beispiel für den Traumjob nennen, für den sie sich bewerben möchten. Es ist umfassender als der Europass.”

Zusätzlich wurden im Gespräch 4 Beispiele für Synergien mit dem Arbeitsmarkt genannt, u. a. Stadt Gent in Belgien sowie das LRNG Projekt in den USA. Das folgende Zitat stellt diese Beispiele vor und geht auf die Synergien mit dem Arbeitsmarkt ein:

“Es gibt ein Beispiel in der Stadt Gent, Belgien. Es gibt ein Projekt für Gent-Studierenden, die sich um Lernmöglichkeiten in verschiedenen Stadtteilen bewerben können, z. B. Unterstützung von Institutionen oder Menschen in Not. Für diese Art von Einsätzen können die Studierenden eine digitale Bescheinigung erhalten, die ihr Engagement bestätigt. Diese Art von Aktivitäten könnte mit dem ESCO-Rahmen in Einklang gebracht werden. Es kann an das persönliche Portfolio angepasst werden. Es ist ein einfacher Weg, aber es verändert die Gedanken. In Zukunft können wir wieder zusammenarbeiten, um zu sehen, wie sich das auf die Stellen auswirkt. LRNG bietet diese Lernmöglichkeiten an und konzentriert sich auf die Motivation junger Menschen ohne Bildungsabschluss. (…).”

Eine arbeitsmarktrelevante Dokumentation kann aber auch so funktionieren: Im Gespräch 3 wurde ein Hauptziel für die Zukunft darin gesehen, Lernen zu fördern anstatt Lernangebote zu fördern, d. h. der Fokus soll zunächst auf die Anerkennung und die Unterstützung von Lernvorgängen gerichtet werden, die häufig informell oder non-formal stattfinden, z. B. am Arbeitsplatz. Auch im Gespräch 4 wurde dieses Thema angesprochen, sowie dessen Relevanz für die Wirtschaft und die regionale Politik:

“(…). Sie haben die Notwendigkeit, einen anderen Weg der Anerkennung zu finden. Nicht die formelle Anerkennung. Auch eine regionale Stimulierung könnte bei der Verknüpfung von lokaler Beschäftigung mit arbeitsbedürftigen Menschen sehr effektiv sein, da sich die nicht beschäftigten Menschen auf der Ebene der Berufsbildung befinden und viele der Unternehmen auch kleine Unternehmen sind.”

Dabei könne der öffentliche Sektor eine Vorbildfunktion übernehmen. Gesprächspartner haben empfohlen, die Akzeptanz des öffentlichen Sektors im ersten Schritt zu erhöhen, um dann im zweiten Schritt den privaten Sektor als Kooperationspartner zu gewinnen. Die Verbindung mit der ESCO-Klassifikation als Metadaten bei den Badges kann dabei helfen:

“Wir sollten uns die gewonnenen Erkenntnisse ansehen. ESCO gewinnt an Fahrt, weil es durch einen regulatorischen Rahmen gestützt wird. ESCO wird bekannt. Die öffentlichen Arbeitsverwaltungen werden es nutzen. Der Privatsektor wird dabei einbezogen und will es nutzen, weil er mit den öffentlichen Arbeitsverwaltungen interoperabel ist. Und das wurde erreicht, weil es einen regulatorischen Rahmen hinter ESCO gibt.”

Die Open Badges Pioniere betonten das Potenzial von digitalen Kompetenznachweisen für die Entwicklung eines funktionierenden Ökosystems zur Anerkennung, in dem verschiedene Ebenen (u. a. Bildungsanbieter, Unternehmen/Arbeitgeber) im Sinne der Lernförderung kooperieren. Als eine weitere wichtige Stakeholder-Gruppe für Synergiebildung wurden die öffentlichen Arbeitsverwaltungen, die Kommunen und die lokalen Regierungen genannt.

Darüber hinaus wurde die Konformität mit Verordnungen angesprochen, die für die Synergiebildung auf der regulatorischen und technologischen Ebene wichtig sei:

“Ein weiterer Punkt ist, wie wir die DSGVO-Konformität durch die Gestaltung der Badges sicherstellen können, insbesondere wenn wir die Blockchain-Technologie verknüpfen und nutzen müssen und so weiter. Wie wir neue Technologien mit DSGVO-Konformität kombinieren”.

Im Gespräch 4 in Brüssel wurden Synergien mit europäischen Initiativen thematisiert, u. a. aus der Perspektive der Interoperabilität, wie das folgende Zitat zeigt:

“Auch die Interoperabilität ist wichtig. Daher müssen wir sehen, wie Badges mit anderen Initiativen auf nationaler oder europäischer Ebene interagieren, damit der Nutzer am Ende das gesamte E-Portfolio über seine Qualifikationen und Fähigkeiten erhält.”

Insgesamt wurde die Notwendigkeit eines funktionierenden Ökosystems auf der europäischen Ebene und das Zusammenbringen verschiedener Stakeholder für die Erzielung von Synergieeffekten betont.

Literatur

Hoyer, H. et al. (2018). Anrechnung digitaler Lehrformate. Entwicklungen und Empfehlungen. Hochschulforum Digitalisierung. Arbeitspapier Nummer 35 | Juni 2018. URL: https://hochschulforumdigitalisierung.de/sites/default/files/dateien/HFD_AP_Nr35_Anrechnung_digitaler_Lehrformate_0.pdf

Mickler. R. (2011). Synergie als Kooperationspostulat – Thematisierungsformen und Umgangsweisen von Volkshochschulen. DIE REPORT 4/2011 (34. Jg.). URL: https://www.die-bonn.de/doks/report/2011-weiterbildungseinrichtung-01.pdf

 

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