Digitale Transformation an Hochschulen – Lehren, aber nicht leben? Mit der Business Model Canvas zur Hochschule der Zukunft

Digitale Transformation an Hochschulen – Lehren, aber nicht leben? Mit der Business Model Canvas zur Hochschule der Zukunft

13.01.21

Abbildung 1: Business Model Canvas zur Hochschule der Zukunft vom 7.10.2020

Die Notwendigkeit einer Hochschule der Zukunft wird in Zeiten der Krise besonders offenkundig. In diesem Blogbeitrag geht es um die Arbeitsergebnisse eines Workshops im Rahmen des University:Future Festivals 2020, in denen die Teilnehmer*innen die zukünftigen Herausforderungen anhand eines betriebswirtschaftlichen Modells aufschlüsseln und strukturieren.

1. Lehren, aber nicht leben

Die Wormser Informatikprofessorin Elisabeth Heinemann und die Chemnitzer Wissenschaftlerin Janine Funke bewerteten Ende Juli 2020 in ihrem ZEIT-Gastbeitrag mit dem provokanten Titel: „Schluss mit dem betreuten Vorlesen!die klassische Hochschullehre als Auslaufmodell (Heinemann und Funke 2020). Durch den Veränderungsdruck, den die von Corona ausgelöste Pandemie auf das Bildungssystem ausübt, ergebe sich nun die einmalige Chance, die Hochschullehre zu revolutionieren, so die beiden Wissenschaftlerinnen. Wie konnte es dazu kommen, dass ausgerechnet der Bildungsbereich mit der geballten Kompetenz seiner Lehrenden, die zur Bildungselite zählen dürften, seine digitale Anschlussfähigkeit und Akzeptanz bei Lernenden zu verlieren droht?

Während Unternehmen der Wirtschaft, derzeit sehr gut sichtbar im Handel, eine rasante Aufholjagd starten müssen, um die eigene Existenz zu sichern, hinkt der Bildungsbereich hinterher. Dabei hatte das Hochschulforum Digitalisierung bereits im Jahr 2015 in einem Diskussionspapier mit 20 Thesen das Themenfeld der Digitalisierung an Hochschulen aufgespannt (Hochschulforum Digitalisierung 2015). Was war aber danach passiert? Es mangelt(e) offensichtlich an Umsetzungsbereitschaft und Anpassungsgeschwindigkeit – trotz der hohen Digitalkompetenz in diesen Systemen. Diese erstreckt sich mit Blick in die Hochschulcurricula bereits bei Bachelorstudiengängen von der Lehre der „digitalen Transformation“ bis hin zur „Künstlichen Intelligenz“.

Der durch die Corona-Pandemie ausgelöste Impuls kann nun im Jahr 2020 endlich den notwendigen Veränderungsdruck erhöhen und zu einer nachhaltigen Zukunftsorientierung der Lehre führen. Dieser Beitrag basiert auf hochschulübergreifenden Kieler Workshop-Ergebnissen zur „Hochschule der Zukunft“ aus den Jahren 2019 und 2020 sowie auf den persönlichen Erfahrungen der Autor*innen aus der Onlinelehre im Sommersemester 2020. Mit ca. 180 Session-Teilnehmer*innen wurden beim University:Future Festival – Learning, Systems and the New Normal am 7. Oktober 2020 gemeinsame Perspektiven im Sinne eines modellbasierten Zielszenarios für hybride Lern- und Lehrformen der Zukunft erarbeitet. Diese Ergebnisse werden nachfolgend vorgestellt und weitere Entwicklungstendenzen aufgezeigt.

 

2. Lehren und leben – Anwendung des Konzeptes der Business Model Canvas auf die Frage nach der Hochschule der Zukunft

Um einen Bezugsrahmen für die vielen Aspekte zu haben, die bei der zukünftigen Ausrichtung von Hochschule zu betrachten sind, haben sich die Autor*innen eines Instrumentes bedient, dessen Anwendung sie auch in anderen betriebswirtschaftlichen Zusammenhängen lehren. Die Business Model Canvas (Osterwalder, Pigneur 2020; Strategyzer AG 2020) ist ein ursprünglich von Alexander Osterwalder und Yves Pigneur entwickeltes Instrument, um Geschäftsmodelle zu beschreiben, zu visualisieren, zu bewerten und zu entwickeln. Dafür werden in der Canvas neun Felder betrachtet, die in der Original-Canvas bezeichnet werden mit:  Customer Segments, Value Proposition, Channels, Customer Relationships, Revenue Streams, Key Resources, Key Activities, Key Partnerships, Cost Structure. Obwohl eine Hochschule nicht gleichzusetzen ist mit einer Unternehmung, verschafft die Darstellung des Geschäftsmodells einer Hochschule doch tiefe Einblicke in das Konstrukt Hochschule und beleuchtet dabei die Aspekte, bei denen am meisten Veränderung nötig sein wird, um das zukünftige Leistungsversprechen einer Hochschule einlösen zu können. Dabei wurden die einzelnen Felder der Canvas durch hochschulspezifische Fragen ergänzt. Somit ergaben sich folgende Feldbeschriftungen, die an einigen Stellen auch bewusst zu kontroversen Diskussionen anregen sollen (z.B. bei dem Feld ‚Customer Segments‘):

  • Customer Segments:  Wer sind die Kunden der Hochschule der Zukunft? Für wen wird Bildung in der Hochschule der Zukunft angeboten?
  • Value Proposition: Welche Leistungen bietet die Hochschule der Zukunft? Was ist unser Leistungsversprechen an unsere Studierenden / Lernenden?
  • Channels: Auf welche Art soll Bildung in der Hochschule der Zukunft angeboten werden? Über welche Kanäle (analog / digital)?
  • Lecturer/Student Relationships: Wie soll die Beziehung zwischen Lehrenden und Studierenden in der Hochschule der Zukunft aussehen?
  • Revenue Streams: Muss es für die Hochschule der Zukunft ein wirtschaftliches Geschäftsmodell geben?
  • Key Resources: Welche Mittel / Ressourcen sind nötig für die Hochschule der Zukunft?
  • Key Activities: Was muss die Hochschule der Zukunft leisten, um das Leistungsversprechen zu erfüllen?
  • Key Partners: Wer sind die wichtigsten Partner für die Hochschule der Zukunft?
  • Cost Structure: Welche Kosten fallen in der Hochschule der Zukunft an?

Von den ca. 180 Teilnehmenden unseres Workshops bei University Future Festival haben sich über 80 Akteure daran beteiligt, die Felder der Business Model Canvas zur Hochschule der Zukunft zu füllen.

Die gemeinsam in wenigen Minuten erarbeitete Canvas in Abbildung 1 sieht folgendermaßen aus:

Abbildung 1: Business Model Canvas zur Hochschule der Zukunft vom 7.10.2020

 

3. Spotlights auf die Ergebnisse des „Hochschule der Zukunft“-Boards

Im Folgenden werden die Einträge der Workshop-Teilnehmer*innen in den neun Rubriken des Miro-Boards zur Hochschule der Zukunft schlaglichtartig betrachtet und eingeordnet.

Customer Segments

Mit Hilfe des „Hochschule der Zukunft“-Boards konnte eine Diskussion angeregt werden über die Frage, wer die Kunden der Hochschule der Zukunft sind bzw. ob man in diesem Zusammenhang überhaupt von Kunden sprechen kann. Dabei stand die Frage im Mittelpunkt, für wen Bildung in der Hochschule der Zukunft angeboten wird. Neben den Studierenden wurden hier von den Workshop-Teilnehmer*innen auch Arbeitnehmer*innen, Arbeitgeber*innen, Senior*innen, Kinder, Schüler*innen, aber auch Professor*innen genannt. Mehrmals wurde darauf verwiesen, dass Hochschule sich in Zukunft weiter öffnet für alle, die lernen wollen (im Sinne eines Learning on Demand).

Value Propositions

Mit der Betrachtung der Zielgruppe stellt sich dann auch die Frage nach dem Leistungsversprechen, welches die Hochschule der Zukunft seinen ‚Kunden‘ gibt. Hier wurden vor allem die Kompetenzen genannt, die für die Zukunft wichtig sind. Dies beinhaltet sowohl digitale Kompetenzen als auch Kompetenzen zu Nachhaltigkeit, Klimagerechtigkeit, Ethik und Wandel. Die dauerhafte Befähigung zum Wandel und zur Flexibilität soll dabei nicht nur bei den zu vermittelnden Kompetenzen in den Mittelpunkt gestellt werden, sondern auch in den Lehrangeboten sichtbar werden. Als Leistungsversprechen der Hochschule der Zukunft wird daher ein passgenaues Studienangebot gefordert im Sinne von individuellen Lernangeboten. In der Hochschule der Zukunft sollen individuelle Lernprozesse begleitet werden, u.a. mit zertifizierten Mikro-Lerneinheiten sowie durch die Nutzung von (hochschulischen) Netzwerken. Die Technik soll dabei nur unterstützend wirken, aber nicht die Didaktik bestimmen.
Wenn wir die Ergebnisse des „Hochschule der Zukunft“-Canvas mit dem klassischen und heute oft noch vorliegenden Modell Hochschule vergleichen, dann wird deutlich, dass das neue geforderte Leistungsversprechen das System Hochschule nachhaltig verändern wird/muss. Dies wird nicht nur durch die veränderte Beziehung zwischen Lernenden und Lehrenden deutlich, sondern auch in den Angeboten, die gemacht werden müssen, um das Leistungsversprechen zu erfüllen. Aber auch die Art/Kanäle, über die Bildung in Zukunft angeboten wird, muss sich an diesem Leistungsversprechen orientieren.

Channels

Die Hochschule der Zukunft wird eine Multi-Channel-Strategie verfolgen, die maßgeblich durch technologische Weiterentwicklungen geprägt wird und sich in einem stetigen Wandel befindet. Die Erkenntnisse des ersten „Corona-Semesters“ im Sommersemester 2020 haben in Präsenzstudiengängen das Potenzial der virtuellen Lehre erstmals erlebbar gemacht für alle Stakeholder. Der Wunsch zur Nutzung der Vorteile von digitaler und analoger Lehre in ihren jeweiligen vielfältigen Ausprägungen wurde nahezu unisono formuliert. Die Basis zur Ausgestaltung dieser modernen Form des „Blended Learning“ ähnelt einem Baukasten von Medien-, Technologie-, Methoden- und Organisationsformen. Hierzu zählen neue Elemente wie z.B. Virtual Reality zur Förderung der Handlungskompetenz, digitale Personifizierung über Avatare, zielgruppengerechte neue Educational Channels in Anlehnung an Instagram und TikTok wie auch Micro-Communities für Lerngruppen.

Lecturer/Student Relationships

Damit solche Leistungsversprechen eingehalten werden können, bedarf es besonderer Beziehungen zwischen Studierenden und Lehrenden, die sich zum Teil deutlich von der heute oft vorzufindenden Beziehung unterscheiden. Dabei steht auch hier das Thema Individualität im Vordergrund. Um ein individuelles Lernangebote zur Verfügung stellen zu können, müssen Lehrende mehr als Coach agieren. Die klassische Lehr-/Lernbeziehung wird dabei durch Kollaboration, Offenheit, Interaktion und Transparenz ersetzt. Die Lehrenden werden zu Lernbegleitern, die auch selbst in diesem Prozess die Rolle der Lernenden annehmen (dürfen/können/sollen). Die Bereitschaft zum Diskurs und die Lernpartnerschaft auf Augenhöhe muss sich aber auch der Herausforderung stellen, dass es nach wie vor Lernende geben wird, denen ein solches Verhältnis nicht wichtig ist und die ausschließlich an ihrem Abschluss interessiert sind. Die Herausforderung für eine Hochschule der Zukunft wird darin bestehen, nicht nur die Heterogenität aller Beteiligten an dem System Hochschule anzuerkennen, sondern auch zu bewerten, ob die geforderte Diskursbereitschaft und das geänderte Rollenverständnis nicht unabdingbar für die notwendigen Kompetenzen der Zukunft sind. Wenn dies bejaht wird, dann müssen auch die Leistungsversprechen und damit auch die angebotenen ‚Produkte‘ (z.B. Abschlüsse und Zertifikate) dahingehend geändert werden.

Revenue Streams

Die Fragen des Geschäftsmodells der Hochschule der Zukunft polarisiert. Es stellt sich die Frage, ob dieses Geschäftsmodell profitorientiert oder Basis unseres Demokratieverständnisses ist. Im letzteren Fall wird Bildung als Staatsaufgabe verstanden und sollte damit vom Staat ausreichend finanziert werden. Auf der anderen Seite stellen „Vernetzung und Öffnung“ der Hochschule der Zukunft zentrale Gestaltungsmerkmale im Sinne von Charakteristika dar. Wer „Open Innovation“ befürwortet, ist offen für neue (auch profitorientierte) Geschäftsmodelle mit Hochschulpartnern in Form von etablierten Unternehmen und Startups. Auch Ideen wie ein kostenpflichtiger Zugang zu Datenbeständen der Hochschule für KI-Anwendungen oder das MOOC-Cross-Selling bieten vielfältige Perspektiven.

Key Resources

Der weitere Ausbau der Digitalisierung der Hochschulen wird zunächst vermutlich hohe Investitionen erfordern. Möglicherweise kann langfristig das Raumangebot auf dem Campus reduziert werden, wenn Lehrveranstaltungen, komplett oder teilweise, dauerhaft virtuell angeboten werden und der Raumbedarf für analog durchgeführte Veranstaltungen zurückgeht. Als Schlüsselressourcen nannten die Workshop-Teilnehmer*innen zum einen die technische Ausstattung, um stabil große Datenvolumina z.B. multimedial aufbereiteter Modulinhalte in (synchrone) Lehrformate einbinden zu können (Serverkapazitäten, gute LAN- und WLAN-Abdeckung, Personal für digitalen Support). Es werden ebenfalls Ressourcen für die Weiterbildung der Lehrenden benötigt, um Digitalkompetenzen hinsichtlich Didaktik und Technik weiter zu stärken. Explizit gefordert werden auch zusätzliche finanzielle Mittel für das Lehrpersonal. So wird Zeit für die Lehre auf dem Miro-Board notiert und die Entfristung von Stellen, um dem „Braindrain“ zu begegnen. Zusätzliches Lehrpersonal und eine stärkere personelle Kontinuität öffnen Räume für Experimente und Innovationen, die bei der Bewältigung des disruptiven Wandels, in dem sich die Hochschulen befinden, dringend erforderlich sind. Auch die Vernetzung, insbesondere mit der Wissenschaft, Wirtschaft, Verbänden, Alumni und Gesellschaft, sowie der hochschulübergreifende Austausch und die interdisziplinäre Kooperation stehen auf der „Wunschliste“ der Workshop-Teilnehmer*innen. Die Einträge zur Rubrik „Key Resources“ sind mit den Aspekten der Canvas zur „Cost Structure“ verknüpft, dort finden sich thematisch verwandte Beiträge der Workshop-Teilnehmer*innen.

Key Activities

In einem weiteren Bereich der „Hochschule der Zukunft“-Canvas wurden Ideen zu den Schlüsselaktivitäten der Hochschulen gesammelt. Es gab unterschiedliche Einträge, die einen neuen „Mindset“ fordern, der zur Bewältigung des Wandels erforderlich ist. Als konkrete Anregungen für Veränderungen des Verhaltens und der Einstellung wurden Flexibilität, Nachhaltigkeit, Aktualität, Familienfreundlichkeit, Förderung von Diversität und der Respekt vor dem Individuum genannt. Auch der Abbau von Hierarchien an den Hochschulen wurde auf dem Miro-Board notiert. Ein weiterer Aspekt zu den Schlüsselaktivitäten ist die Offenheit und Transparenz der Hochschulen. In diesem Zusammenhang wurde zum einen die Öffnung hin zu Lehrinhalten, die nicht aus der eigenen Hochschule stammen, sondern z.B. als MOOCs im Internet verfügbar sind, gefordert. Zum anderen wurde angeregt, die Anerkennung von Leistungen, die außerhalb der eigenen Hochschule in anderen Bildungseinrichtungen erbracht wurden, auszuweiten und transparent zu machen.

Key Partners

Die Schlüsselpartner, die von den Workshop-Teilnehmer*innen auf dem Miro-Board eingetragen wurden, lassen sich in drei Kategorien einteilen. Als Zielgruppen wurden die Studierenden, Alumni, Schüler*innen, Berufstätige und interessierte Bürger*innen genannt. Die Hochschulen könnten sich in Zukunft also stärker öffnen und eine Vielzahl an Personengruppen unterschiedlichsten Alters und in verschiedensten Lebensphasen ansprechen. Mit digitalen Lehrformaten könnte ortsunabhängig ein barrierefreier Zugang zu den Angeboten der Hochschulen gegeben werden, wenn dies von den Hochschulen als attraktive Perspektive für die Zukunft gesehen wird. Es sollte daher abgewogen werden, ob die Öffnung für andere als studentische Zielgruppen zur Monetarisierung genutzt werden kann. Möglicherweise resultieren aus der weiteren Öffnung positive Imageeffekte und eine noch breitere Verankerung der Hochschulen in der Gesellschaft als Partner für lebenslanges Lernen. Als strukturelle Partner wurden u.a. die Bildungsministerien, Schulen, Politik, NGOs, Vereine sowie Start-ups und (Technologie-) Unternehmen auf dem Board vermerkt. Die Hochschulen sollten nach der Einschätzung der Workshop-Teilnehmer*innen also auch in der Zukunft auf einem starken, heterogenen Netzwerk von Partnern basieren, die vielfältige Interessen vertreten und ihre spezifischen Perspektiven und Kompetenzen einbringen. Als Partner für die Angebotsbereitstellung und Durchführung der Lehre wurden u.a. MOOC-Anbieter, die auch als Wettbewerber betrachtet werden könnten, externe (internationale) Fachexperten, Open Source-Entwickler und freiberufliche Dozierenden auf dem Miro-Board eingetragen.

Cost Structure

Die Finanzierung der Hochschule der Zukunft birgt Herausforderungen, die durch den Aufbau neuer digitaler Infrastrukturen, aber auch die Abwehr cyberkrimineller Bedrohungen bis hin zum wachsenden Bewusstsein für ressourcenschonendes und nachhaltiges Wirken von Organisationen forciert werden. Zukünftig werden Investitionen in die digitale Aufbau- und Ablauforganisation von Hochschulen stärker zu Buche schlagen. Die Professionalisierung des IT-Managements von Hochschulen muss sich auch der Erhöhung der Cybersicherheit stärker zuwenden. Die durch die Digitalisierung induzierten sozialen Kosten des erhöhten Energieverbrauchs werden ins Kalkül mit einfließen müssen. Hinzu kommen wachsende Lizenzkosten für die Nutzung urheberrechtlich geschützter Materialien, die durch „Sharing“-Konzepte des digitalen Contents zukünftig an Bedeutung gewinnen.

 

4. Next Level – Hochschule?!

Wir haben das Glück, diese spannende Phase des Wandels der Lehre an den Hochschulen miterleben und mitgestalten zu dürfen. Welche der während der Corona-Pandemie erprobten virtuellen Formate sich dauerhaft etablieren werden, ist zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt nicht absehbar. Feststellen lässt sich aber, dass sich unterschiedliche Lager im Hinblick auf die langfristige Nutzung virtueller Lehrformate entwickeln. Auf der einen Seite gibt es eine große Gruppe derer, die anstreben, nach der Corona-bedingten Zwangspause wieder in den alten Modus der Präsenzlehre zurückzukehren. Der offene Brief Zur Verteidigung der Präsenzlehre hat seit seiner Veröffentlichung im Frühsommer 2020 bis heute 6.100 Unterstützer (Zur Verteidigung der Präsenzlehre 2020). Dem gegenüber stehen z.B. die Unterzeichner des im Oktober 2020 veröffentlichten Hagener Manifests zu New Learning(FernUniversität in Hagen 2020), das mehr als 900 Lehrende unterschrieben haben (Stand Dezember 2020).
Vergleicht man lediglich die Zahlen der Unterstützer der beiden Positionen, so scheint sich ein Trend zu einem „Old Learning“ und der Gefahr des „educational techlash“ (Bochert, Langholz, Weßels 2020) abzuzeichnen.

Es wäre sehr schade und eine verpasste Gelegenheit, die Aspekte der virtuellen Lehre, die sich während der Pandemie als wertvoll herausgestellt haben, langfristig zu ignorieren. Wie so häufig könnte es ratsam sein, weder dogmatisch den einen noch den anderen Weg zu verfolgen, sondern die besten Formate aus der digitalen und analogen Welt zu verknüpfen, um den Lernenden und Studierenden optimale Lehr- und Lernbedingungen bieten zu können, die auf den technischen Möglichkeiten basieren und an die veränderten, inzwischen tief verankerten Lebensgewohnheiten aller gesellschaftlichen Schichten in einer immer stärker digitalisierten Welt angepasst sind.

Die Diskussion über die Zukunft der Lehre sollte auf eine breite empirische Basis gestellt werden. Erfolge der einzelnen Lehrformate sollten evaluiert und die Erfahrungen der Studierenden und Lehrenden sorgfältig ausgewertet werden, damit in Zukunft das Beste aus der digitalen und analogen Lehre zusammengefügt werden kann.
 

Literaturverzeichnis

Bochert, Saskia; Langholz, Jens; Weßels, Doris (2020): Online verfügbar unter http://www.educational-techlash.com, Seite befindet sich im Aufbau.

FernUniversität in Hagen (Hg.) (2020): Lernen neu denken. Das Hagener Manifest zu New Learning. Online verfügbar unter https://www.fernuni-hagen.de/imperia/md/content/universitaet/hagenermanifest/hagener-manifest.pdf, zuletzt aktualisiert am 26.10.2020, zuletzt geprüft am 06.12.2020.

Heinemann, Elisabeth; Funke, Janine (2020): Schluss mit dem betreuten Vorlesen! Digitalsierung der Hochschullehre. Gastbeitrag. Hg. v. ZEIT (32). Online verfügbar unter https://www.zeit.de/2020/32/digitalisierung-hochschullehre-lehrmethoden-vorlesung-technologie-reform, zuletzt aktualisiert am 4.08.2020.

Hochschulforum Digitalisierung (Hg.) (2015): 20 Thesen zur Digitalisierung der Hochschulbildung. Arbeitspapier Nr. 4. Diskussionspapier. Online verfügbar unter https://hochschulforumdigitalisierung.de/sites/default/files/dateien/HFD-Thesenpapier_Sep2015.pdf, zuletzt geprüft am 08.07.2020.

Osterwalder, Alexander; Pigneur, Yves (2010): Business Model Generation, Wiley, Hoboken, New Jersey.

Strategyzer AG (Hg.) (2020): Business Models. Online verfügbar unter https://www.strategyzer.com/expertise/business-models, zuletzt geprüft am 06.12.2020.

Zur Verteidigung der Präsenzlehre. Offener Brief (2020). Online verfügbar unter https://www.praesenzlehre.com/, zuletzt aktualisiert am 06.12.2020.

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