Monitor Digitalisierung 360° – Wo stehen die deutschen Hochschulen?

Mit dem Monitor Digitalisierung 360° analysiert das HFD alle zwei Jahre den Stand der Digitalisierung in Studium und Lehre. Befragt werden Hochschulleitungen, Lehrende, Studierende und Supportmitarbeiter:innen für einen umfassenden Rundumblick über Strategie- bis zur Umsetzungsebene. Die aktuelle Studie (WiSe 2023/24) zeigt unter anderem: (Angereicherte) Präsenzlehre bleibt der Regelfall an deutschen Hochschulen. Knapp die Hälfte der Lehrenden kennt die Lehrstrategie der eigenen Hochschule und berücksichtigt sie in der Lehrplanung. Die Zufriedenheit mit der technischen Ausstattung ist gestiegen, es fehlt aber an Fachpersonal in der IT. Und auch Zukunftskompetenzen und kompetenzorientierte Lernformate haben einen Platz in der Lehre gefunden.

Hochschulleitungen treiben die Digitalisierung weiterhin als strategisches Thema voran. Maßnahmen,  um die Strategie in die Praxis zu tragen, bleiben unzureichend.

Der Monitor Digitalisierung 360° zeigt: In den letzten Jahren wurden bei der Digitalisierung an deutschen Hochschulen Fortschritte gemacht. Nahezu alle Hochschulen haben eine Strategie zur Digitalisierung in Studium und Lehre und das Thema findet Berücksichtigung in Prozessen zur Lernraum- und Curriculumentwicklung. Hochschulleitungen haben das Thema also auf ihrer Agenda. In 80,4 Prozent der Fälle sind Präsident:innen/Rektor:innen und Vizepräsident:innen bzw. Prorektor:innen für Lehre maßgeblich beteiligt. Fakultätsleitungen sind im Regelfall in hochschulweite Prozesse einbezogen. Auch die Lehrenden sind mehrheitlich motiviert, ihre Lehre im Kontext der Digitalisierung  weiterzuentwickeln, und berücksichtigen die Strategie – wenn sie ihnen bekannt ist. Es fehlt allerdings häufig noch an Zeit und passenden Bedingungen, insbesondere bei den Untertstützungsstrukturen.

Julius-David Friedrich, Projekteiter des Hochschulforums Digitalisierung für das CHE Centrum für Hochschulentwicklung, fordert daher: “Die digitale Transformation sollte mehr als Lippenbekenntnisse der Hochschulleitung sein. Sie verlangt klare Strukturen, finanzielle Zusagen sowie langfristiges Denken und Handeln.”

Personal und Infrastruktur: Technische Ausstattung hat sich verbessert, Steckdosen bleiben Mangelware – Die Personalsituation ist noch ausbaufähig

Insbesondere im Bereich der technischen Ausstattung zeigt die aktuelle Befragung eine deutliche Verbesserungen: Während bei der letzten Befragung noch 36,2 Prozent der Hochschulleitungen die Ausstattung generell als unzureichend bewerteten, sind es heute nur noch 6,6 Prozent. Dieser Trend wird auch von Lehrenden und Studierenden bestätigt, die die Entwicklung ähnlich positiv einschätzen. Dennoch bleiben Herausforderungen, insbesondere bei der WLAN-Abdeckung und der Anzahl der Steckdosen in Vorlesungs- und Seminarräumen. Die derzeit größte Herausforderung sehen die Hochschulleitungen im Mangel an IT-Supportpersonal: 38,5 Prozent von ihnen berichten, dass es schwierig sei, genügend qualifizierte Fachkräfte zu finden. Doch trotz deutlicher Verbesserungen in der technischen Ausstattung bestehen weiterhin Herausforderungen bei der Bereitstellung geeigneter Lernräume. Insbesondere Selbstlernflächen für Studierende bleiben nach wie vor knapp: Die Hälfte der Hochschulleitungen gibt an, dass an der Hochschule zu wenige Einzelarbeitsplätzen vorhanden sind. Dabei sind es gerade diese Einzel- und Gruppenarbeitsplätze, die von den Studierenden am häufigsten genutzt werden.

Präsenzlehre angereichert mit digitalen Tools weiter vorherrschend

Die Monitorbefragung 2022 hat gezeigt: Nach dem Ende der Corona-Maßnahmen waren die meisten Veranstaltungen an deutschen Hochschulen zur Präsenz zurückgekehrt. Die aktuellen Ergebnisse bestätigen diesen Trend. Präsenz ist dabei aber nicht gleich Präsenz. So lässt sich aus der Verbreitung von digitalen Medien und Tools in der Lehre auf einen “Normalisierungseffekt” von Lehre schließen, die durch digitale Möglichkeiten angereichert wird. 63 Prozent der Hochschulleitungen gaben an, dass der Fokus der strategischen Diskussion auf der „angereicherte Präsenzlehre” liegt. Für Blended Learning, also die Verzahnung von Präsenzlehre mit digitalen Selbstlernphasen, gaben dies 52,2 Prozent an. Synchrone hybride Lehre steht bei der Hälfte der Hochschulen auf der strategischen Agenda. Studierende begrüßen solche Angebote. Allerding ist hier ein leichter Rückgang zu verzeichnen: Während sich 2022 noch 64,6 Prozent der Studierenden wünschten, dass hybride Lehre ein fester Bestandteil im Hochschulalltag sei, sind es bei der aktuellen Befragung nur noch 51,3 Prozent. Dies bedeutet jedoch nicht, dass Studierende zurück zur traditionellen Vorlesung wollen: Gut die Hälfte der Studierenden wünscht sich, dass die Lehre multimedialer und interaktiver gestaltet ist. Generell zeigt sich ein sehr heterogenes Bild bei den Studierenden bezüglich präferierter Digitalisierungsformate in der Lehre.

Kompetenzorientierung noch nicht strategisch verankert, aber in der Lehre im Kommen

Fast jede:r zweite:r Studierende gab an, dass Zukunftskompetenzen im Rahmen ihrer Lehrveranstaltungen oder in extracurricularen Angeboten gefördert würden. Digital Literacy und Data Literacy werden jedoch eher außerhalb des Stundenplans  erworben. Bezüglich AI Literacy, also Kompetenzen im Umgang mit Künstlicher Intelligenz, gaben 66,8 Prozent der befragten Studierenden an, dass es dazu keine Angebote gäbe oder ihnen diese nicht bekannt seien.

Jannica Budde, Senior Projektmanagerin im Hochschulforum Digitalisierung für das CHE Centrum für Hochschulentwicklung, resümiert: “Künstliche Intelligenz verändert Bildungsprozesse bereits heute – Hochschulen müssen ihre Curricula anpassen, um Zukunftskompetenzen zu fördern und Studierende auf die digitalen geprägte Welt vorzubereiten.”

Für eine Förderung von Zukunftskompetenzen können  kompetenzorientierte Formate, wie Problem-based Learning oder Peer-Learning, zum Einsatz kommen. Diesen wird bisher aber wenig strategische Relevanz beigemessen. Der Monitor Digitalisierung zeigt: Die strategische Auseinandersetzung dreht sich eher um Präsenzlehre, Online-Lehre sowie hybride Lernformate und Co. Nur 18,5 Prozent der Hochschulleitungen gaben an, dass beispielsweise Problem-based Learning Thema von Strategiediskussionen sei. Allerdings stößt das Thema Kompetenzorientierung  auf Interesse bei den Lehrenden:  So gaben 17 Prozent der Lehrenden an, dass sie sich im vergangenen Jahr zum Thema Zukunftskompetenzen fortgebildet hätten und knapp 60 Prozent der Studierenden sagen, dass Problem-based Learning in ihrem Studium eingesetzt wird.

KI als Gamechanger?

Das aktuell in der Hochschulwelt sehr präsente Thema Künstliche Intelligenz wurde ebenfalls im Rahmen der Monitorbefragung im Wintersemester 2023/24 untersucht. Die Daten wurden bereits im Juli 2024 als Blickpunkt veröffentlicht. 

Der Monitor zum Stand der Digitalisierung in Studium und Lehre an deutschen Hochschulen wurde als „360-Grad-Befragung“ angelegt. Zwischen November 2023 und März 2024 wurden vier verschiedenen Zielgruppen – Hochschulleitungen (n=93), Support (n=246), Lehrende (n=729) und Studierende (n=1.084) – zu didaktischen Formaten, räumliche Infrastruktur, konkreten Unterstützungsangeboten bis hin zu strategischen Entwicklungen an deutschen Hochschulen befragt, um einen möglichst ganzheitlichen Blick auf das Thema zu erhalten. Durch die geplante Wiederholung der Befragung in ca. zwei Jahren wird nicht nur ein punktueller Ist-Stand abgebildet, sondern es werden auch Veränderungen und sich abzeichnende Entwicklungen aufgezeigt. Die Datenerhebung wurde vom mmb Institut im Auftrag des Hochschulforum Digitalisierung/CHE Centrum für Hochschulentwicklung durchgeführt. 

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