Nicht ob, sondern wie: KI als Gestaltungsaufgabe

Nicht ob, sondern wie: KI als Gestaltungsaufgabe

30.10.25

Sharepic. Obere Hälfte: Grafik von Alexander Humboldt, der aus Pixeln zusammengebaut wird. Text in lila Kreis: Aus dem Magazin strategie digital #6. Untere Hälfte: Text: "Blog - Nicht ob, sondern wie: KI als Gestaltungsaufgabe. Ein Blogbeitrag von Julius-David Friedrich und Jens Tobor." Unten rechts: Logo Hochschulforum Digitalisierung.

Generative KI ist längst Teil des Studienalltags – oft jedoch ungesteuert und ohne strategische Weitsicht. Julius-David Friedrich und Jens Tobor geben in diesem Artikel einen Überblick, warum Hochschulen Governance-Strukturen, AI-Literacy und kooperative Strategien entwickeln müssen. Weitere interessante Artikel zum Thema „Generative KI“ finden Sie in der sechsten Ausgabe des HFD-Magazins „strategie digital“!

Künstliche Intelligenz verändert, wie Bildung vermittelt und erlebt wird. Sie wirkt sich nicht nur auf die Art des Lernens aus, sondern auch darauf, welche Kompetenzen Studierende künftig entwickeln müssen. Denn spätestens seit der breiten Verfügbarkeit generativer KI-Systeme Ende 2022 ist für die breite Masse erfahrbar, dass diese Technologie menschliche Fähigkeiten – gerade auch in kreativ-intellektueller Hinsicht – zunehmend gut nachahmen kann. Man denke nur an KI-Kunstwerke und -Essays oder an ein autonom KI-generiertes wissenschaftliches Paper, das als solches unerkannt die erste Phase eines Peer-Review-Verfahrens passiert hat (Schreiner, 12.03.2025). Auch wenn die KI-Generate vor allem durch den Remix von Daten zustande kommen und das menschliche Mitwirken am entstehenden KI-Output nicht unterschätzt werden sollte, eröffnet dieser Umstand essenzielle Fragen zur Rolle der Hochschulbildung: „Was ist der unverzichtbare Bildungsauftrag der Hochschule in einer Welt, in der KI akademische Leistungen zu Teilen imitieren kann?“ Hochschulen dürfen den Umgang mit KI nicht nur als technische Adaption verstehen, sondern als Transformationsaufgabe, tradierte Überzeugungen, Verfahren und Praktiken in Studium und Lehre neu auszuhandeln.

Dieser Aushandlungsprozess steht unter einem gewissen Zeitdruck: Im Unterschied zu früheren Entwicklungen wie der hybriden Lehre oder Blended Learning, wo die Hochschulen den Grad und die Art der Integration selbst bestimmen konnten, besteht im Fall generativer KI ein grundlegender Unterschied: Die Nutzung ist bereits faktisch gegeben – breit, intensiv und aus eigenem Antrieb der Studierenden heraus. Es handelt sich also um eine „Abstimmung mit den Füßen“: Studierende greifen in großem Stil auf KI-Tools zurück, weil sie niedrigschwellig verfügbar, vermeintlich einfach in der Handhabung sind und suggerieren, die Herausforderungen des Studiums ein Stück weit einfacher bewältigen zu können. 

Klar ist: Künstliche Intelligenz verändert den Lernalltag, unabhängig davon, ob Hochschulen diese Entwicklung aktiv vorantreiben oder nicht. Zugleich ergeben sich bei den Studierenden durch die Nutzung nicht zwangsläufig kritisch reflektierende KI-Kompetenzen. Die Hochschulen müssen diesen Transformationsprozess aktiv gestalten, um Studierende bestmöglich auf eine KI geprägte Welt vorzubereiten.

KI in der Hochschullehre: Ohne Strategie geht es nicht

Die schnelle Entwicklung von KI, gepaart mit Hype und Enttäuschung, erschwert strategisches Vorausdenken. Dennoch ist genau das notwendig: Hochschulen müssen ihren Bildungsauftrag neu definieren – und sich fragen: Wie soll ein Studium in einer KI geprägten Welt aussehen? Denn ohne diese langfristige Ausrichtung bleibt nur reaktive Anpassung. Dadurch geraten eine transformationsfähige Persönlichkeitsentwicklung, eine (fach-)wissenschaftliche Befähigung sowie eine angemessene Arbeitsmarktvorbereitung von Studierenden in Zeiten von KI ins Hintertreffen (vgl. Arbeitsgruppe „Künstliche Intelligenz: Essenzielle Kompetenzen an Hochschulen“ 2025). Eine zentrale Grundlage dafür ist eine partizipativ entwickelte KI-Strategie, die die Positionierung der eigenen Hochschule in einer KI-geprägten Welt entlang ihres Profils ermöglicht. Die Strategie kann einen gemeinsamen Orientierungsrahmen schaffen, um KI vertrauensvoll zu gestalten. Zentrale Fragestellung hierbei sollte sein, welche Kompetenzen Studierende in einer Welt im Wandel brauchen.

Jetzt lesen! Strategie digital Ausgabe #6: Generative KI als Gamechanger?!

Beyond the Hype – Hochschulleitungen brauchen ein kritisches Verständnis von KI

Strategische Entscheider:innen müssen die Tragweite generativer Künstlicher Intelligenz verstehen, um deren Implikationen richtig einordnen zu können. Doch das bedeutet nicht, dass sie tagtäglich überprüfen müssen, welches Sprachmodell sich im KI-Benchmark neu an die Spitze gekämpft hat. Zunächst ist es wichtig, die Breite des Anwendungsspektrums der generativen KI zu verstehen und zu erkennen, dass KI Auswirkungen auf Praktiken hat, die in Studium und Lehre gang und gäbe sind. Zum Beispiel können KI-Sprachmodelle bei vielfältigen textbasierten Aufgaben unterstützen – etwa beim strukturierten Zusammenfassen von Fachliteratur, dem Formulieren erster Entwürfe wissenschaftlicher Arbeiten, der sprachlichen Überarbeitung und Vereinfachung komplexer Texte sowie beim Entwickeln von Forschungsfragen, Hypothesen oder Argumenten. Da das Medium „Text“ in vielfältiger Weise zentraler Bestandteil der Hochschulbildung ist, hat diese technologische Entwicklung erhebliche Auswirkungen auf die grundlegenden Prozesse akademischer Wissensaneignung, Bewertung und Produktion. Weitere KI-Systeme, die zu Erzeugnissen wie Bildern, Ton oder Videos führen, erweitern das Einsatzspektrum noch einmal erheblich – nicht zuletzt im MINT-Bereich, wo KI zunehmend immer komplexere Aufgabenstellungen in Mathematik, Informatik und Technik lösen kann.

So vielfältig und nützlich die Einsatzzwecke auch sind, birgt die Technologie auch Risiken. KI ist keine Entität, der blind vertraut werden darf. Beispielsweise garantiert der weitgehend intransparent entstehende Output großer Sprachmodellen keine Faktizität und reproduziert den in der Datenbasis der Modelle inhärenten Bias (Simon et al. 2024; siehe außerdem Interview mit Judith Simon in strategie digital #06). Nicht zuletzt droht mit einem unkritischen Umgang mit den Tools die Gefahr der Nutzungsabhängigkeit, was im schlimmsten Fall in Kompetenz- und Autonomieverlusten mündet (Arbeitsgruppe „Künstliche Intelligenz: Essenzielle Kompetenzen an Hochschulen“ 2025). Dinge, die konträr zum eigentlichen Auftrag akademischer Bildung stehen.

Wenn Hochschulen Sprachmodelle integrativ in Studium und Lehre einsetzen wollen, stehen sie in der Verantwortung, diese Fallstricke im Rahmen der technischen Implikation abzufedern und in den Dienst des didaktischen (z. B. KITutoring-Systeme) oder administrativen (z. B. Campus-Service-Chatbot) Mehrwerts zu stellen. KI-Use-Cases, die sich dem annähern, lassen sich in der Studie „Wie KI Studium und Lehre verändert“ (Wannemacher et al. 2025) entdecken.

KI bedeutet also weit mehr, als nur ein weiteres digitales Tool einzusetzen. Der nützliche und vielseitige Charakter der generativen KI hat weitreichende Einflüsse auf das praktische Handeln aller Hochschulakteur:innen. Wer bei KI allein dem technologischen Hype hinterherrennt, verkennt dabei die sozio-kulturelle Komponente, die ganz klar auch aus Perspektive ihrer Risiken verhandelt werden muss. Ein solides KI-Grundverständnis (AI-Literacy) stellt eine erste Voraussetzung dar, strategische Entscheidungen fundiert zu treffen.

KI als Schablone zur Identifikation zukunftsweisender Kompetenzen

Hochschulen müssen neu definieren, welche Kompetenzen und welches Wissen Studierende in Zukunft brauchen – und das im Abgleich und in Ergänzung mit den Fähigkeiten leistungsstarker KI-Systeme. Diese Kompetenz- und Wissensanforderungen sollten sich nicht nur in der Gestaltung von Lern- und Lehrformaten widerspiegeln, sondern auch in den Prüfungsformen, mit denen Studierende ihr Können unter Beweis stellen.

Zentral bleibt dabei das personengebundene Fachwissen. Es ist essenziell, um KI sinnvoll und verantwortungsvoll in spezifischen Anwendungskontexten einzusetzen. Hochschulen müssen sicherstellen, dass trotz der Verlockung, den „Lernweg“ mit KI abzukürzen, die Grundlagen des Faches von den Absolvent:innen beherrscht werden. Durchaus kann damit eine Neubewertung einhergehen, was in einem jeweiligen Fach überhaupt als bewahrenswerte Grundlage gilt. Um relevante Fachkompetenzen zu identifizieren, lässt sich die folgende Reflexionsfrage stellen: Was ist erforderlich, um die Korrektheit und Qualität von fachspezifischen KI-Outputs beurteilen zu können?

Doch Hochschulbildung erschöpft sich nicht im fachlichen Umgang mit KI. Sie darf nicht darauf reduziert werden, Studierende zu reinen Aufsichtspersonen von KI-Systemen zu machen. Vielmehr soll sie Räume eröffnen, in denen durch eigenständiges Denken, kreatives Gestalten, Teamarbeit und verantwortungsvolles Handeln Selbstwirksamkeit erfahren werden kann. Gerade in Zeiten generativer KI kommt diesen Erfahrungen besondere Bedeutung zu, denn sie fördern das Entfalten spezifisch menschlicher Fähigkeiten – Fähigkeiten, die sich durch technologische Systeme allein nicht substituieren lassen.

KI kann als Schablone für die Identifikation zukünftiger Kompetenzen dienen, doch ihre eigentliche Ausgestaltung bleibt Aufgabe von Lehrenden und Lernenden.
KI kann als Schablone für die Identifikation zukünftiger Kompetenzen dienen, doch ihre eigentliche Ausgestaltung bleibt Aufgabe von Lehrenden und Lernenden.

Ein tieferes Verständnis für die Bedeutung solcher Selbstwirksamkeitserfahrungen lässt sich auch durch eine bildhafte Analogie gewinnen: Wie beim Muskelaufbau im Fitnessstudio bringt es nichts, den humanoiden KI-Trainingspartner die Gewichte für sich stemmen zu lassen, während man selbst nur daneben steht. Auch der Geist entwickelt sich nur, wenn man selbst trainiert. Das kann anstrengend sein, ist jedoch häufig auch mit Fortschrittserleben und Freude verbunden. Auch hier kann KI unterstützend wirken – wie der humanoide KI-Trainingspartner im Fitnessstudio, der motiviert, die Ausführungstechnik erklärt oder beim Einstellen der Hanteln hilft. Entscheidend bleibt, dass das Lernen ein aktiver Prozess ist, in dem die eigene Lernreise durch passende Unterstützung ergänzt, nicht aber ersetzt wird.

Natürlich gewinnen auch konkrete KI-Anwendungskompetenzen an Relevanz. Denn KI-Tools werden in vielen Berufsfeldern zum selbstverständlichen Bestandteil des Arbeitsalltags. Es gilt, den Modus der Ko-Kreation von Mensch und (generativer) KI als neues Normal anzuerkennen. Hochschulen tragen hier eine entscheidende Verantwortung: Sie müssen Studierende auf diese Realität vorbereiten – fachlich, methodisch und im Rahmen ihrer Persönlichkeitsentwicklung.

Ohne Kooperationen wird es schwierig werden

Kooperation ist der Schlüssel: Nur gemeinsam lassen sich leistungsfähige KI-Infrastrukturen für Hochschulen aufbauen.
Kooperation ist der Schlüssel: Nur gemeinsam lassen sich leistungsfähige KI-Infrastrukturen für Hochschulen aufbauen.

Angesichts knapper staatlicher Mittel und der enormen Tragweite von KI können Hochschulen das Thema nicht isoliert bewältigen. Es braucht Kooperationen, um Synergien zu nutzen und gemeinsam tragfähige Lösungen zu entwickeln. Entwicklungsgemeinschaften wie die hochschulübergreifende Zusammenarbeit an für die Lehre zugeschnittenen KI-Plattformen – etwa im Falle von HAWKI – oder die gemeinsame Nutzung von Hardwareinfrastruktur und die damit verbundene Bereitstellung von Sprachmodellen – wie bei KISSKI (GWDG) oder Open Source-KI.nrw – gewinnen zunehmend an Bedeutung. Sie ermöglichen es, Ressourcen effizient zu bündeln, innovative Ansätze voranzutreiben und den Zugang zu leistungsfähigen KI-Systemen für Forschung und Lehre zu sichern.

Kooperation ist nicht nur für den Aufbau einer souveränen KI-Infrastruktur unerlässlich, auch in der gemeinsamen Nutzung offener Weiterbildungsressourcen und dem Austausch erprobter Anwendungsszenarien liegt großes Potenzial. Ob durch die unterstützenden Programme von KI-Campus und dem Netzwerk der Landeseinrichtungen für digitale Hochschullehre, die Sammlung vielfältiger KI-Use-Cases durch das HFD oder die didaktische Handreichung der Arbeitsgruppe „Digitale Medien und Hochschuldidaktik der Deutschen Gesellschaft für Hochschuldidaktik in Kooperation mit der Gesellschaft für Medien in der Wissenschaft“ (2024; 2025): Diese Beispiele machen sichtbar und transferierbar, was an Hochschulen zum Thema KI entsteht und fördern so gezielt den Wissenstransfer zwischen den Akteur:innen.

Ergänzend braucht es ggf. auch kreative Lösungen, um vorhandene Mittel gezielt umzudisponieren – etwa durch die Umstrukturierung von Services oder die Neuausrichtung bestehender Ressourcen. Wichtig ist dabei, diesen Wandel vorausschauend und transparent zu gestalten, um Unsicherheiten abzufedern, die beispielsweise mit der zweifelhaften Annahme einhergehen, die Integration von KI sei gleichbedeutend mit einem radikalen Stellenabbau. Frühzeitige Bewusstseinsbildung, klare Kommunikation und gezielte Weiterbildungsangebote helfen, Mitarbeitende und Lehrende aktiv in den Veränderungsprozess einzubinden.

Was jetzt zu tun ist

1. KI als strategisches Thema im Gegenstrom gemeinsam gestalten

Künstliche Intelligenz ist ein strategisches Querschnittsthema, das nicht von oben verordnet, sondern gemeinsam mit allen Beteiligten gestaltet werden muss. Der Weg zur Strategie ist dabei ebenso wichtig wie das Ergebnis – insbesondere, weil Veränderung und Anpassung im Bereich der KI die Regel sind. Es geht nicht um ein in Stein gemeißeltes Strategiepapier, sondern um einen lebendigen, partizipativen Prozess der gemeinsamen Ausrichtung (siehe Artikel „Prüfen mit KI: Zwischen Kontrollverlust und Kompetenzgewinn” in strategie digital #06). Es gibt bereits vielfältige Bottom-up-Initiativen, die sichtbar gemacht und systematisch eingebunden werden müssen. Nun gilt es, diese Impulse im Gegenstromprinzip mit strukturierten Top-down-Elementen zu einem tragfähigen Gesamtansatz zusammenzuführen.

Empfehlungen:

 

  • Strategie als Prozess: Statt einmaliger Papierkonzepte kontinuierliche, dialogische Entwicklungsprozesse fördern.
  • Bottom-up stärken: Vorhandene KI-Initiativen und Use-Cases aus der Praxis stützen und sichtbar machen. Erkenntnisse daraus für die Strategieentwicklung nutzbar machen.
  • Dialogformate etablieren: Austausch auf Augenhöhe durch regelmäßige Foren, Workshops oder Best-Practice-Präsentationen ermöglichen.
  • Gemeinsame Visionen entwickeln: Unterschiedliche Perspektiven und mögliche Konflikte nicht vermeiden, sondern bewusst nutzen, um neuartige Zielbilder für die eigene Hochschule zu entwickeln.

2. KI-Literacy für alle – breit und zukunftsorientiert

Künstliche Intelligenz prägt die Zukunft. Deshalb muss der Erwerb von KI-Literacy für alle Studierenden gleichermaßen möglich sein. Doch aktuell bestehen deutliche Lücken: Nicht jede:r Studierende hat Zugang zu entsprechenden Lernangeboten. Erhebungen, wie der CHE-DatenCHECK „Künstliche Intelligenz im Studium – die Sicht von Studierenden im Wintersemester 2024/25“ belegen dies (Hüsch, Horstmann, Breiter 2025). Vor allem grundlegende KI-Literacy ist eine Schlüsselqualifikation für die Arbeitswelt von morgen. Es ist Aufgabe der Hochschulen, diese Kompetenz sowohl bei Studierenden als auch bei Lehrenden flächendeckend und niedrigschwellig zu fördern (siehe Artikel „Kompetenzen im Umwurf: Fachcurricula im Wandel mit KI“ in strategie digital #06).

Empfehlungen:

 

  • Curriculare Verankerung stärken: KI-Literacy als fächerübergreifende Zukunftskompetenz in die Studienprogramme integrieren – beispielsweise zu algorithmischem Denken, Bias-Erkennung oder Quellenkritik.
  • Lehrende befähigen: Passgenaue Weiterbildungsangebote bereitstellen, insbesondere flexible, niedrigschwellige Formate wie Selbstlernkurse oder Microlearning.
  • Zugang zu Tools sichern: Relevante KI-Anwendungen über zentrale, kostenfreie Hochschullizenzen bereitstellen, um gleiche Voraussetzungen für alle zu schaffen.

3. Grundkompetenzen stärken – Deskilling vorbeugen

Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Hochschulkontext birgt das Risiko, dass zentrale wissenschaftliche Kompetenzen verlernt oder gar nicht erst erworben werden. Es besteht durch KI die Gefahr, dass komplexe wissenschaftliche Fähigkeiten wie Recherche, Argumentation oder Quellenkritik vernachlässigt werden. Hochschulen müssen dieses Risiko ernst nehmen. Dabei geht es nicht um ein Verbot, sondern um eine bewusste, reflektierte Auseinandersetzung: Was müssen Studierende heute (noch) können – und was gerade wegen KI umso mehr?

Empfehlungen:

 

  • Sensibilisierung fördern: Studierende gezielt für das Risiko des Deskilling sensibilisieren und Lehrformate anbieten, die explizit auf den Erhalt und die Weiterentwicklung wissenschaftlicher Grundkompetenzen abzielen.
  • Curricula weiterdenken: Studiengänge sollten regelmäßig prüfen, welche Kompetenzen auch im Zeitalter der KI unverzichtbar bleiben, welche sich verändern – und wie diese zukunftsfähig vermittelt werden können.
  • Reflexionsräume schaffen: KI nicht nur als Werkzeug nutzen, sondern als Thema der kritischen Auseinandersetzung in Seminaren, Projektarbeiten oder interdisziplinären Lehrformaten verankern.

4. Rechtliche Klarheit und Orientierung im KI-Einsatz schaffen

Der verantwortungsvolle Einsatz von Künstlicher Intelligenz setzt klare rechtliche und ethische Rahmenbedingungen voraus. Hochschulen stehen in der Pflicht, nicht nur gesetzliche Vorgaben – etwa aus dem AI-Act – umzusetzen, sondern auch normative Leitlinien zu etablieren, die Orientierung bieten. Transparenz, Integrität und Datenschutz müssen dabei zentraler Bestandteil sein.

Empfehlungen:

 

  • Rechtliche Standards operationalisieren: Gesetzliche Anforderungen, etwa aus dem AI-Act, in praxisnahe Regelwerke für Studium, Lehre und Forschung übersetzen.
  • Ethische Leitlinien entwickeln: Grundsätze zu akademischer Redlichkeit, Datenschutz und Fairness im Umgang mit KI-gestützten Tools definieren.
  • Transparente Einsatzregeln schaffen: Klare, verständliche Vorgaben für Studierende und Lehrende formulieren, wann, wie und in welchem Umfang KI eingesetzt werden darf, z. B. bei Prüfungsleistungen, Seminararbeiten oder Lehrmaterialien.

Am 05. November sind Julius-David Friedrich und Jens Tobor gemeinsam mit Prof. Dr. Ingmar Ickerott im CHEtalk feat. Hochschulforum Digitalisierung zu Gast und diskutieren die Frage: Wie können Hochschulen den Einsatz von KI gestalten, statt nur zu reagieren.

Hier finden Sie weitere Informationen zur Veranstaltung:

Event
05
November

CHEtalk feat. HFD: Generative KI als Gamechanger?! – Strategisch denken, praktisch gestalten

Quellen

Arbeitsgruppe „Digitale Medien und Hochschuldidaktik der Deutschen Gesellschaft für Hochschuldidaktik in Kooperation mit der Gesellschaft für Medien in der Wissenschaft“ (2024; Version 2.0: 2025): Didaktische Handreichung zur praktischen Nutzung von KI in der Lehre. https://www.gmw-online.de/wp-content/uploads/2024/10/KI-Handreichung-dghd_GMW_V01_21102024.pdf

Arbeitsgruppe „Künstliche Intelligenz: Essenzielle Kompetenzen an Hochschulen“ (2025). Künstliche Intelligenz: Grundlagen für das Handeln in der Hochschullehre. Arbeitspapier Nr. 86. Berlin: Hochschulforum Digitalisierung.

Hüsch, M., Horstmann, N., Breiter, A.: DatenCHECK 6/2025: Künstliche Intelligenz im Studium – die Sicht von Studierenden im Wintersemester 2024/25, CHE, Gütersloh – veröffentlicht am 12. Juni 2025 auf https://hochschuldaten.che.de/kuenstliche-intelligenz-im-studium-die-sicht-von-studierenden-imwintersemester-2024-25/

Schreiner, M. (12.03.2025). KI-System schreibt Paper, das Peer-Review-Verfahren besteht. The Decoder. https://the-decoder.de/ki-system-schreibt-paper-das-peer-review-verfahren-besteht/

Simon, J., Spiecker gen. Döhmann, I. & von Luxburg, U. (2024). Generative KI – jenseits von Euphorie und einfachen Lösungen. Diskussion Nr. 34, Halle (Saale): Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina.

Wannemacher, K., Bosse, E., Lübcke, M., Kaemena, A. (2025). Wie KI Studium und Lehre verändert. Anwendungsfelder, Use-Cases und Gelingensbedingungen. Arbeitspapier Nr. 87. Berlin: Hochschulforum Digitalisierung.

Wissenschaftsrat (2015). Empfehlungen zum Verhältnis von Hochschulbildung und Arbeitsmarkt. Zweiter Teil der Empfehlung zur Qualifizierung von Fachkräften (Drs. 4925-15).

Autoren:

Julius-David Friedrich

Julius-David Friedrich ist Projektleiter für das Hochschulforum Digitalisierung im CHE Centrum für Hochschulentwicklung und baute federführend das Hochschulforum Digitalisierung seit seiner Gründung 2014 mit auf. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen in der strategischen Ausrichtung und Transfer.

Jens Tobor ist Projektmanager im Hochschulforum Digitalisierung beim CHE und befasst sich mit dem Einsatz generativer KI in Studium und Lehre. Er begleitet Hochschulen bei der KI-induzierten Transformation und beschäftigt sich mit Fragen der Integration von KI-Tools in Lehr-, Lern- und Prüfungsszenarien.

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