Curriculum 4.0

Curriculumentwicklung und Kompetenzen für das digitale Zeitalter

Die Ad-Hoc AG Curriculum 4.0 des Hochschulforums Digitalisierung wurde im Juli 2017 für die Dauer eines Jahres eingesetzt. Ziel der Arbeitsgruppe war es, übergreifende Elemente der Curriculumentwicklung vor dem Hintergrund des digitalen Wandels zu identifizieren sowie Good Practice-Ansätze aufzuzeigen. Hierfür arbeitete die Gruppe heraus, welche Kompetenzen und Lernkonzepte Studierende von heute brauchen, um auch zukünftig Herausforderungen in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft bewältigen zu können. Aus diesen Überlegungen leiten sich Thesen und Handlungsempfehlungen zur Reform von Curricula ab. Die Arbeitsgruppe hat eineReihe von Diskussions- und Empfehlungspapieren erarbeitet, die Hochschulen im Überarbeitungsprozess ihrer Curricula zur Reflexion ihrer Studiengangskonzepte sowie zur konkreten Curriculumgestaltung nutzen können.

Im Kern ihrer zur Themenwoche im September 2018 vorgelegten Thesen und Empfehlungen zu Curriculumentwicklung und Kompetenzen für das digitale Zeitalter steht die Schaffung eines agilen Prozesses, der alle Stakeholder einbindet und die Dynamik der digitalen Transformation in eine responsive Curriculumentwicklung übersetzt. Zum Beispiel gehören hierzu auf Systemebene Experten-Communitys, eine Future Skills-Agentur, auf Ebene der Fachgesellschaften Frameworks für Curricula 4.0, auf Studiengangsebene Kompetenzprofile und auf Hochschulebene die Entwicklung kleingliedriger Leistungsnachweise.

Die AG Curriculum 4.0 hat die Bearbeitung ihrer zentralen Zielstellung in drei verschiedenen methodischen und inhaltlichen Zugängen verfolgt:

Good Practice-Ansätze am Beispiel von Data Literacy

Die Erhebung von Good Practice-Ansätzen der Curriculumgestaltung wurde anhand des inhaltlichen Themenfeldes Data Literacy in einer durch die AG konzipierten und inhaltlich begleiteten Studie vollzogen. Durch die Konzentration auf ein Themenfeld wurde eine Vergleichbarkeit der recherchierten Konzepte erreicht.

Die Studie Future Skills: Ansätze zur Vermittlung von Data-Literacy in der Hochschulbildung wurde federführend vom Fraunhofer IESE und der Gesellschaft für Informatik erarbeitet. Die Studie bietet anhand einer internationalen Recherche und von Interviews mit Sachverständigen in Deutschland, Europa und Nordamerika einen Überblick über bestehende curriculare Angebote und Strukturen zur Vermittlung von Data Literacy. Ein zentrales Ergebnis der Studie ist, dass die bisher existierenden curricularen Konzepte strukturell ausgesprochen heterogen sind. Ein verallgemeinerbares Good Practice-Vorgehen bei der Curriculumgestaltung konnte im Rahmen dieser Ist-Stand-Analyse zwar nicht identifiziert werden, allerdings zeigt die Studie verschiedene übergeordnete Strategien auf: Dazu zählen die Implementierung von interdisziplinären Curricula („Studium Generale”) ebenso wie eine disziplinenspezifische Curriculumentwicklung. Ein zentrales Ergebnis der Studie ist, die Schaffung von fachübergreifenden personellen und räumlichen Strukturen zu empfehlen.

Auf Grundlage der Ergebnisse der Arbeitsgruppe und der Studie wird nun eine Folgestudie stattfinden, die mittels der erhobenen Daten, eines systematischen Reviews sowie von Interviews mit Sachverständigen einen Kompetenzrahmen für Data Literacy erarbeiten wird. Auch hier sollen wieder anhand der Data Literacy-Curricula exemplarisch allgemeine Prinzipien zur Gestaltung von Curricula im digitalen Zeitalter abgeleitet werden.

Übergreifende Elemente der Curriculumentwicklung

Die Entwicklung von Curricula für eine in Transformation begriffene digitalisierte Gesellschaft, in der grundsätzliche Prinzipien der sozialen Ordnung im erneuten Aushandlungsprozess begriffen sind, ist ein „wicked problem”. Wie können Curricula an die zunehmende Beschleunigung der gesellschaftlichen, technischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen angepasst werden?

In verschiedenen aufeinander aufbauenden Workshops hat die AG Curriculum 4.0 Herausforderungen für die agile Entwicklung qualitätsvoller Curricula identifiziert und systematisiert. Das Vorgehen der AG war dabei iterativ. In einem Feld, in dem bisher wenig wissenschaftlich belegte Erfahrungswerte vorliegen, setzte die AG auf die Aktivierung möglichst heterogener Expertise und Erfahrung. Dies geschah durch Workshops sowie durch die Einbeziehung der Community in Form von Möglichkeiten, sich am Entwicklungsprozess durch die Kommentierung der impulsartigen Thesenpapiere zu beteiligen.

Mit den im Folgenden aufgeführten Diskussionspapieren hat die AG Impulse zu Herausforderungen und Prinzipien der Curriculumentwicklung für eine digitalisierte Lebens- und Arbeitswelt an die Community adressiert:

Framework zur Entwicklung von Curricula im Zeitalter der digitalen Transformation

Das Auftaktpapier setzt sich mit der Entwicklung eines Orientierungsrahmens für die Gestaltung von Curricula vor dem Hintergrund des Spannungsfeldes der nachhaltigen Qualitätssicherung und der Schaffung von Möglichkeitsräumen für die flexible Integration innovativer Inhalte und Lehr-Lernformen auseinander. In Abgrenzung zur Orientierung an definierten Standards wurde der Vorschlag eines Frameworks unterbreitet.

Vier Aspekte wurden in den Workshops der AG als besondere Herausforderungen für die Gestaltung zukunftsfähiger Curricula identifiziert und in der Folge in vier weiteren Diskussionspapieren eingehender betrachtet: Agilität und Nachhaltigkeit, das Verhältnis von Lehrinnovation und Akkreditierung, die Entwicklung von Wert-Haltung sowie die Frage nach sinnerfüllter Teilhabe an der Gesellschaft.

(WERT-)HALTUNG ALS
WICHTIGER BESTANDTEIL
DER ENTWICKLUNG
VON 21ST CENTURY SKILLS
AN HOCHSCHULEN
(AG CURRICULUM 4.0)

Zwei weitere bereits veröffentlichte Diskussionspapiere der Arbeitsgruppe adressieren didaktische Metaziele der Curriculumentwicklung. So ist nach Auffassung der AG zunächst zu diskutieren, welchen Stellenwert die Entwicklung von Wert-Haltungen neben der Vermittlung von Wissen und dem Aufbau von Kompetenzen als übergeordnetes didaktisches Ziel der Hochschulbildung einnehmen sollte.

3 PLUS 10 THESEN ZU
GESELLSCHAFTLICHEN
TRENDS UND DER
ZUKÜNFTIGEN ROLLE
DER HOCHSCHULEN

Zudem ist vor dem Hintergrund der Transformation des Wesens und des Stellenwerts von Arbeit im Rahmen der Digitalisierung zu prüfen, inwiefern das didaktische Ziel der „Employability“ weit genug greift oder ob Curricula nicht vielmehr nach dem Aufbau von Fähigkeiten zur sinnerfüllten Teilhabe an Gesellschaft mit heterogen verteilter Relevanz von Lohnarbeit ausgerichtet werden sollten.

Prof. Dr. Peter Baumgartner

Professor für technologieunterstütztes Lernen und Multimedia, Donau-Universität Krems

Christian Brei

Leiter der Universitätsentwicklung und Verwaltung, Leuphana Universität Lüneburg