CAMPLA/Lernstick – digitale Prüfungen heute und morgen

CAMPLA/Lernstick – digitale Prüfungen heute und morgen

11.07.23

Die Plattform ermöglicht zwei verschiedene Prüfungskonfigurationen, mit denen jeweils diverse Prüfungsformen umsetzbar sind: Prüfungen können entweder (a) auf virtuellen Computern (virtuelle Maschinen) oder (b) als Onlineprüfung durchgeführt werden

Die Arbeitswelt von Heute wird mehrheitlich durch Computer und Laptops unterstützt. Dies hat einen direkten Einfluss auf die (Aus-)bildung in den entsprechenden Berufsfeldern. Das sogenannte „Bring-Your-Own-Device“ (BYOD) ist an den Hochschulen längst selbstverständlich geworden: Studierende bringen ihre eigenen Computer und Laptops mit, um in der Vorlesung Notizen zu machen, an Videokonferenzen teilzunehmen, Hausarbeiten zu schreiben, den Umgang mit spezifischer Software zu erlernen oder um ihre Ausbildung um ein digitales Element zu erweitern. Digitale Prüfungen auf den privaten Geräten von Studierenden durchzuführen, bleibt dagegen bis heute mit rechtlichen, organisatorischen und technischen Herausforderungen verbunden. Die Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) hat unter dem Namen CAMPLA/Lernstick (CAMPLA: Cloud E-Assessment Management Platform) ein ganzheitliches digitales Prüfungssystem entwickelt, das Antworten auf diese Herausforderungen anbietet.

Titelbild vom Gastbeitrag "CAMPLA/LERNSTICK - DIGITALE PRÜFUNGEN HEUTE UND MORGEN". Untertitel: Ein System zur Unterstützung kompetenzorientierter digitaler Prüfungen auf Studierendengeräten vor Ort. Bild auf der linken Seite zeigt tippende Hände am Laptop. Über dem Laptop ist ein Stapel Bücher aufgemalt. Logo unten rechts: Hochschulforum Digitalisierung.

Die Ansprüche an digitale Prüfungen auf den Geräten der Studierenden sind zu Recht hoch. Sie sollen (a) abgesichert und fair durchführbar sein, das heißt auf hohem technischen Sicherheitsniveau und unabhängig von der Leistung privater Computer und Laptops. Digitale Prüfungen sollen (b) einen Mehrwert zu analogen Formen der Kompetenzüberprüfung generieren. Damit wird die Tür zu innovativen neuen Prüfungsformen aufgestoßen, die das traditionelle Abfragen von (oft auswendig gelerntem) Wissen revolutionieren. Dies wiederum setzt (c) eine bereits vorhandene Palette digitaler Fähigkeiten (digital skills) sowohl auf Seiten der Studierenden wie auch der Lehrenden voraus. An der Fachhochschule Nordwestschweiz haben wir im Rahmen der strategischen Initiative „Hochschullehre 2025“ eine zukunftsweisende technische Lösung entwickelt, die alle diese Aspekte vereint: CAMPLA/Lernstick. In den letzten beiden Jahren wurde dieses System hochschulintern mit Erfolg getestet und befindet sich derzeit in einem Validierungsprozess mit dem Ziel, einen hochschulweiten Service aufzubauen. Im Folgenden stellen wir dessen Funktionsweise vor:

 

a) Fairness und Sicherheit

Das Prüfungssystem CAMPLA/Lernstick besteht aus zwei sich ergänzenden Komponenten:

1. der Prüfungsplattform CAMPLA, und

2. dem Lernstick, welcher der Absicherung der Studierendengeräte dient.

Der unter der Leitung von Prof. Dr. Ronny Standtke von der Berner Fachhochschule entwickelte Lernstick ist ein Linux Betriebssystem, welches via Speichermedium (USB-Stick) oder Netzwerk startet und damit temporär auf den Computer der Prüfungskandidierenden geladen wird. Das Lernstick-Betriebssystem sichert das Gerät der Studierenden vollumfänglich ab, anderweitige Kommunikation oder Datendownload außerhalb des für die Prüfung festgelegten Rahmens ist für die Dauer der Prüfung nicht mehr möglich. Obwohl sie mit ihren eigenen Computern arbeiten, verfügen nun alle an der Prüfung teilnehmenden Studierenden über eine identische Benutzeroberfläche inklusive im Voraus von der Prüfungsleitung definierter Software und Unterlagen. Nach dem Start erfolgt eine Authentisierung sowie Autorisierung der Studierenden über die webbasierte Plattform CAMPLA (siehe Abbildung 1), in der Schweiz mittels Anmeldung über die SWITCH edu-ID“ (digitale ID für Schweizer Hochschulangehörige). Anschließend kann die Prüfung mittels eines vor Ort zugeteilten, individualisierten 6-stelligen PIN-Codes gesichert werden. Dieser Vorgang ermöglicht eine doppelte Präsenzüberprüfung der Kandidat:innen. Derzeit arbeiten unsere Kooperationspartner an der Universität Kiel daran, den Lernstick an den Security Chip (TPM) des Studierendengeräts anzubinden, womit sich in Zukunft kryptografisch sicherstellen lässt, dass der verwendete Lernstick nicht manipuliert wurde.

Abbildung 1 demonstriert den Prüfungsprozess: Auf START LERNSTICK folgt LOGIN START PRÜFUNG und anschließend PRÜFUNG DURCHFÜHREN.

 

b) Mehrwert

Digitale Prüfungen auf der webbasierten Plattform CAMPLA zu erstellen ist einfach und setzt nur Basis-Computerkenntnisse voraus. Die Plattform ermöglicht zwei verschiedene Prüfungskonfigurationen, mit denen jeweils diverse Prüfungsformen umsetzbar sind: Prüfungen können entweder (a) auf virtuellen Computern (virtuelle Maschinen) oder (b) als Onlineprüfung durchgeführt werden (siehe Abbildung 2):

a) Prüfung auf virtuellen Maschinen (VM): Die Studierenden absolvieren Prüfungen anhand von aus dem Unterricht vertrauter und verwendeter Software (Drittapplikationen), z. B.  in Office-Applikationen (Excel, Word, etc.), R-Studio oder MATLAB. Sie demonstrieren somit ihre während des Unterrichts/Studiums erworbenen inhaltlichen (z. B. Programmieren) und technischen (z. B. Umgang mit der Software MATLAB) Fähigkeiten: digitales kompetenzorientiertes Prüfen par excellence.

b) Onlineprüfung: Diese Variante sieht vor, die Prüfung auf einem Lernmanagementsystem (z. B. Moodle) oder auf einer hochschuleigenen Prüfungsplattform durchzuführen. 

In beiden Konfigurationen ist es möglich, dass Dozierende

(i) den Prüfungskandidat:innen nebst der Software auch Unterlagen zur Verfügung stellen (z. B. weitere Prüfungshinweise, zusätzliche Prüfungsunterlagen zu einzelnen Aufgaben, etc.), oder 

(ii) die Studierenden individuelle Prüfungsunterlagen im Voraus hochladen lassen (z. B. für „open book» Prüfungsformate). Die Dozierenden geben diese nach vorgängiger Prüfung dann frei.

 Die Plattform ermöglicht zwei verschiedene Prüfungskonfigurationen, mit denen jeweils diverse Prüfungsformen umsetzbar sind: Prüfungen können entweder (a) auf virtuellen Computern (virtuelle Maschinen) oder (b) als Onlineprüfung durchgeführt werden

 

c) Digital Skills

Digitale Prüfungen mit CAMPLA/Lernstick setzen „digital skills“ sowohl der Prüfungskandidat:innen wie auch der Dozierenden voraus. Letztere werden im Voraus im Umgang mit dem Prüfungssystem geschult. Für die Studierenden wiederum empfiehlt sich eine Testprüfung, um den Start-Prozess mit CAMPLA/Lernstick kennenzulernen, einen Eindruck der tatsächlichen Prüfung und deren Setting zu bekommen und somit mögliche Ängste abzubauen. Von besonderer Bedeutung zur Erweiterung der digitalen Fähigkeiten sowohl der Studierenden wie auch der Lehrenden sind freilich immer auch sinnvoll aufgebaute, auf die zu entwickelnden Kompetenzen ausgerichtete Lehrveranstaltungen. 

Je nach Einsatz von CAMPLA/Lernstick kann der erlernte Umgang mit einer spezifischen Software ausgewiesen bzw. zertifiziert werden respektive können diesbezügliche Kompetenzen in die Kompetenzziele aufgenommen werden, was insofern auch zur Verbesserung der beruflichen Perspektiven der Absolvent:innen auf dem Arbeitsmarkt beiträgt. 

Unter dem Strich bietet CAMPLA/Lernstick eine einfach zu bedienende Prüfungsumgebung, die es den Hochschulen ermöglicht, auf den Geräten der Studierenden sichere und faire digitale Prüfungen zu veranstalten, zeitgemäße digitale Prüfungsformen zu fördern sowie neue, innovative Prüfungsformen zu entwickeln und digitale Kompetenznachweise gezielter auf den Arbeitsmarkt auszurichten.

 

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