Analogien der Digitalisierung – Gedanken zur Smart Country Convention

Analogien der Digitalisierung – Gedanken zur Smart Country Convention

12.12.18

Übertragung

Was wir vom Digitalisierungsdiskurs der öffentlichen Verwaltung für das Hochschulsystem lernen können. Unsere Mitarbeiterin Henrika Meyer hat sich auf der Smart Country Convention umgeschaut.

Berlin, 20.11.18 – Smart Country Convention. Auf dem Podium in Halle A des Messegeländes sitzen vier Herren aus Unternehmen und Verwaltung. Mithilfe eines Übersetzers sprechen sie deutsch und dänisch, als wäre es eine Sprache. Über ihren Köpfen werden auf 6000 Quadratmetern zeitgleich Softwarelösungen und Beratungen für die digitale Transformation ausgestellt. In Halle A geht es um Smart Government und den Abschied vom Papier. Der Moderator stellt die Gäste vor. „Ulrik Thagesen ist der Mann, der die gesamte Post der Dänen lesen kann.“ Thagesen leitet die Firma, die in Dänemark das Mailsystem für die Kommunikation zwischen Bürgern und Staat zur Verfügung stellt. Natürlich kann er nicht mitlesen. „Bei uns haben die Leute viel Vertrauen in den Staat. Der Digitalisierung nimmt das einiges an Hürden.“ Die Frage die bei diesem Podium im Zentrum steht: Was kann Deutschland von Gastland Dänemark für die Digitalisierung der öffentliche Verwaltung lernen? Und wir fragen uns: Was hat das mit dem deutschen Hochschulsystem zu tun?

Podiumsdiskussion

Von anderen lernen

Zunehmend sprechen Universitäten, Lehrende, Studierende und Ministerien über Hochschulbildung im digitalen Zeitalter. Das Hochschulforum Digitalisierung soll diesen Diskurs “orchestrieren”, wie Oliver Janoschka am dritten Tag der Smart Country Convention deutlich macht. Aber Digitalisierung findet überall statt, und nicht nur im Hochschulkontext werden wertvolle Lehren gezogen. Die Digitalisierung hat in jeder Branche und in jedem Land ihr eigenes Gesicht, aber viele Verbindungen werden sichtbar. Parallelen tun sich auf. Was Dänemark bei der Digitalisierung seiner Verwaltung gelernt hat, kann Deutschland für die Digitalisierung seines Hochschulsystems nutzen. Was die Otto-Nagel-Schule in Berlin von ihren Erkenntnissen erzählt, ist auch für mittelständische Unternehmen interessant. Relevante Diskurse finden also auch außerhalb des Hochschulbereichs statt.

Konzepte übertragen

Dabei kann es um die Übertragung überzeugender Konzepte und Herangehensweisen gehen. Oder darum, Fehler, die in einem Bereich gemacht wurden, nicht in einem anderen zu wiederholen. Auf der Smart Country Convention werden viele Lösungsansätze thematisiert, die sich auch im Bildungsbereich als hilfreich erweisen könnten: „Sich ein digitales Tool zu eigen zu machen, bedeutet für den Bürger zunächst einmal eine Investition. Damit er dazu bereit ist, muss es gut aussehen und einfach sein. Die Analogie zwischen Analogem und Digitalem muss stimmen“ so Jacob Bundsgaard vom Gemeindebund Dänemark.  Selbstverständlich gilt dies auch für Lehrende und Studierende. Ein anderes Thema, bei dem sich möglicherweise etwas lernen lässt, ist die Verteilung von Arbeit in digitalen Organisationen. „Je komplexer die Aufgaben werden, desto mehr müssen die MitarbeiterInnen das machen, worin sie wirklich gut sind. In vielen Fällen bedeutet dies auch, die inhaltliche von der Hierarchieebene zu trennen. Die Digitalisierung erfordert einen neuen Führungsstil“ sagt Marc Böttcher, vom ITDZ.  Auch hier lassen sich Parallelen zur Hochschulwelt ziehen. Müssen Forschende wirklich lehren?  Und müssen es wirklich die Lehrende sein, die sich darum kümmern, dass die Potenziale der Digitalisierung in ihren Lehrveranstaltungen ausgenutzt werden? Wie in der Verwaltung könnten auch im Kontext der Universitäten neue Berufsbilder nötig sein.

Die Rolle der Privaten

Und noch eine weitere Frage schwingt auf der Smart Country Convention immer wieder mit. Eigentlich steht die öffentliche Verwaltung im Mittelpunkt, Aussteller sind vor allem private Unternehmen. In den Diskussionen zeigt sich, welche Bedeutung Spezialwissen auf allen Ebenen bekommen hat. Vieles können die Verwaltungen nicht alleine stemmen. Schon die Rekrutierung von IT ExpertInnen scheint in vielen Fällen ein unüberwindbares Hindernis. Muss die Zusammenarbeit mit Privaten also auch in Bereichen gestärkt werden, in denen dies früher nicht nötig war? Und wie ist das im Bildungsbereich?

Wie können Hochschulen auf die Expertise von Unternehmen zurückgreifen und dabei gleichzeitig sicherstellen, dass die Gemeinwohlorientierung der Einrichtungen nicht verloren geht? Auf der Smart Country Convention kursieren viele Ideen, die sich auch im Bildungsbereich umsetzen ließen. Sollten private Beratungen die Digitalisierung von Hochschulen erleichtern und im IT-Bereich kontinuierlich betreuen? Bräuchten einzelne Fachbereiche oder Lehrende ein Budget für die Zusammenarbeit mit EdTech-Unternehmen? Wie kann die Erfahrung privater Unternehmen genutzt werden, um die Anpassung von Lehrplänen in der Geschwindigkeit vorzunehmen, die in einer digitalen Welt nötig ist ohne zu vergessen, dass das Hochschulsystem nicht nur auf den Arbeitsmarkt, sondern auch auf die Demokratie vorbereiten soll? Und wie kann in all diesen Fragen die Zusammenarbeit in einem dezentralen Bildungssystem aussehen?

Bühne

„Es ist auch der Förderalismus, der uns bei zentralen Fragen der Digitalisierung in Deutschland behindert. Er nimmt der Skalierbarkeit vieler Lösungen ihr ganzes Potenzial“ Aber es gibt auch neue Ansätze, um mit den Herausforderungen dieser Tradition umzugehen. In der Verwaltung ist der IT Planungsrat ein Beispiel. Auf der Messe ist er ebenfalls mit einem Stand vertreten. Und im Bildungsbereich soll es eine Grundgesetzänderung geben, die den DigitalPakt Schule möglich macht.

Alexander Zumdieck, der das Konzept der Weiterbildungsplattform MILLA der CDU/CSU-Bundestagsfraktion vorstellt, möchte das Wort „ausgelernt“ aus dem Duden streichen. Das gilt für die Gesellschaft als Ganze. Und es gilt für diejenigen, die die Digitalisierung in Deutschland vorantreiben sollen.

 

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