Nach fünf Jahren Hochschulforum – ein Blick nach vorn
Nach fünf Jahren Hochschulforum – ein Blick nach vorn
08.02.19Fragend schreiten wir voran, Antworten zu geben. Die Idee von einer Zukunft der Hochschulbildung lässt sich auf unterschiedlichste Weise skizzieren: Ein neues Format, eine Metapher, eine Institution? Für diese fünf Kommentator(innen) spielt das HFD eine wichtige Rolle. Als Netzwerk, als Orientierung, als Begleitung. Eine Vision im Kopf, bereit sich zu verwurzeln und zu wachsen – sehr gerne mit Ihnen.
1. Mehr Ehre für die Lehre
von Heribert Nacken
Zu allererst möchte ich dem HFD (der Institution und allen intern und extern Beteiligten) zu den bisherigen fünf, sehr erfolgreichen Jahre gratulieren.
… sollte es in dem Tempo weitergehen, hat das HFD in fünf Jahren vielleicht nichts mehr zu tun ;- )
Was wünsche ich mir konkrete für die nächsten fünf Jahre?
- dass es eine eigenständige Deutsche Lehrgemeinschaft gibt, die, wie die DFG, auf nationaler Ebene Fördermöglichkeiten für die unterschiedlichsten fachspezifischen Ansätze zur weiteren Verbesserung der Qualität der Lehre bereitstellt und wir Hochschullehrenden uns dort um die besten Ansätze „batteln“. Das HFD wird diese Förderprozesse als die nationale Speerspitze der digitalen Lehre begleiten und betreuen.
- dass wir in der Hochschullandschaft die Noten für Pflicht (Forschung) und Kür (Lehre) als Standard etabliert haben werden und somit jeder Lehrende seine individuellen Vorstellungen zu einer bestmöglichen Lehre im großen Rahmen der jeweiligen Digitalisierungsstrategie seiner Hochschule umsetzen kann. Hierzu wird das HFD auch weiterhin die unterschiedlichsten Spieler vernetzen, Denkanstöße liefern und die Weiterentwicklung der Lehre einfordern und befördern.
Frei nach Yoda wünsche ich dem HFD: Die digitale Macht, möge sie mit dir sein.
2. HFD 2025 – eine weiterhin agile Plattform für Hochschulen in der Digitalität
von Rolf Granow
Digitalität von Leben und Gesellschaft schreitet weiter voran, mehr und mehr als Normalität – ziemlich unabhängig vom Voran- oder Nichtvoran-Schreiten des Bildungssystems.
Das HFD ist ein vom BMBF gefördertes Projekt, das deutschen Hochschulen Orientierung ermöglichen soll auf ihrem Weg durch die digitale Entwicklung. Ist das angemessen für die Bewältigung einer Aufgabe, die ihrer Natur nach keine Einmalaufgabe ist? Dauerhafte Aufgaben, auch regelmäßige Sprunginnovationen brauchen auf Dauer angelegte Einrichtungen, die diese Prozesse orchestrieren. Das betrifft auch die Orchestrierung von Projektförderungen und Projektstrukturen – die als solche unverzichtbar bleiben.
In diesem Konzert kann das HFD als deutschlandweite Plattform hinreichend Impulse geben, um das Rad digital weiter zu drehen. So wie der DAAD unverzichtbar ist für die Internationalisierung des Hochschulbereichs, so könnte das HFD unverzichtbar sein für seine Digitalisierung oder besser seine Transformation in die Digitalität.
Ein föderal gegliedertes, im Kern öffentlich finanziertes Hochschulsystem braucht dazu eine entsprechend öffentlich finanzierte Einrichtung – die notwendigerweise agil sein muss. Vielleicht eine Quadratur des Kreises; das HFD zeigt dazu aber bemerkenswert gute Ansätze, die es zu verfolgen lohnte.
Die derzeitige Trägerschaft ist politisch recht korrekt und könnte weiter Basis sein – wenn denn daraus eine gemeinsame Einrichtung hervorgeht. Alternativ könnte eine öffentlich getragene neue Einrichtung mit eigener Grundfinanzierung entstehen.
Ein zukünftiges HFD muss sich konkreter an den Bedarfen von Hochschulen und ihrer Mitglieder orientieren und weniger als Fachgesellschaft zur Forschung über digitale Bildung agieren. Sein Kern wäre Orchestrierung von Innovationsprozessen im Hochschulsystem, in denen aus Erkenntnisgewinn der Forschung neue, in der Breite genutzte Lösungen entstehen. Skalierung und Nutzungsfreundlichkeit sind und bleiben die entscheidenden Hebel. Das HFD soll dazu nicht nur mit gutem Rat, sondern auch mit konkreten Dienstleistungen für die Umsetzung beitragen – kein digitales Kastalien, sondern mitten in der realen virtuellen Welt.
3. Das HFD in 5 Jahren – das EXIST Programm für Innovationen in der Hochschullandschaft.
von Alexa Böckel
200 Studierende strömen in den Saal, alle unterhalten sich angeregt. Die alljährliche Innovationswoche beginnt. Alle haben ein Ziel: Ideen entwickeln, eine Finanzierung gewinnen und die Innovation in die Realität zu versetzen. Oliver Janoschka hält eine kurze Ansprache und motiviert alle, ihr Bestes zu geben. „Seid mutig, kreativ und ungewöhnlich. Eure Hochschule und zukünftige Studierende werden es euch danken!“.
In 5 Jahren ist das HFD das EXIST Programm für Innovationen in den Hochschulen. Es finden Veranstaltungen wie Hackathons, Design Thinking Workshops und Booksprints statt, mit Studierenden, Lehrenden, Hochschulleitungen und wissenschaftsunterstützendem Personal. Die Innovationswoche ist der Auftakt eines alljährlichen Programms. Hier werden die Konzepte für MOOCs entwickelt, die ersten Zeilen Code getippt und virtuelle und analoge Räume umgestaltet. Am Ende der Woche treten die einzelnen Ideen gegeneinander an und die überzeugendsten 10 Ideen gewinnen. Die erste Finanzierung ihrer Idee ist garantiert und die Umsetzung wird in den folgenden Monaten begleitet. Es werden Stipendien für die Beteiligten verteilt, die es Studierenden und Lehrenden ermöglicht, ein Gap Year für die Weiterentwicklung ihrer Ideen für eine neue Hochschulbildung zu nehmen. Studierende können auf ihren Nebenjob verzichten und sich auf die Entwicklung konzentrieren. Verwaltungsangestellte können ihre Arbeitszeit der Unterstützung bei der Integration der neuen Ideen in den Hochschulalltag widmen.
Alle vier Wochen gibt es ein Coaching von Mitgliedern der Expert*innencommunity des HFDs, um die Konzepte in die Umsetzungsphase zu transferieren. Das Ziel ist, dass am Ende des Jahres alle Ideen umgesetzt wurden und dem Bildungssystem frei zur Verfügung stehen. Das HFD hält eine Plattform bereit, auf der Softwareentwicklungen weitergegeben, innovative Kursformate vorgestellt werden und Lehr- und Lernmaterialien nutzbar sind. Personale und finanzielle Mittel sind kein limitierender Faktor mehr, da die Bundesregierung verstanden hat, dass innovative Bildung unser Steckenpferd ist.
Das Hochschulforum Digitalisierung ist der analoge und digitale Anlaufpunkt für Pioniere, Innovator*innen und ganz einfach: digitale Macher*innen.
4. Stark wie ein Baum in der Landschaft der digitalen Hochschulbildung
von Tina Ladwig
Wenn ich nach einem zukünftigen Bild des Hochschulforums Digitalisierung gefragt werde, dann sehe ich das HFD als zentralen Baum in der Landschaft der digitalen Hochschulbildung.
Die Wurzeln repräsentieren das weitreichende Netzwerk in die Hochschulen.
Damit stehen sie für eine Stabilität, die das strategische wie auch operative Tun engagierter Akteur_innen im digitalen Transformationsprozess der Hochschulen erdet und ggf. auch ordnet. Sie stehen aber auch dafür, dass sie verschiedene Ebenen durchdringen und sich sowohl in die Tiefe als auch in die Breite ausbreiten können. Die Wurzeln geben somit Kraft über Hierarchien und Funktionsbereiche hinweg zu agieren.
Der Stamm symbolisiert das gesammelte Wissen, die Erfahrungen und verschiedenen Formate, die in den vergangenen Jahren entwickelt wurden und in den kommenden Jahren noch weiterentwickelt werden. Jeder neue Zugang zu hierarchischen Ebenen oder Funktionsbereichen über das Wurzelwerk, ermöglicht die Aufnahme neuen Wissens. Mit diesem Zuwachs wiederum wächst der Stamm und damit der Wissensschatz des HFD. Das HFD ermöglicht damit die Bündelung von Wissen und bildet die Schnittstelle zwischen wissenschaftlichen Arbeiten und der nutzendenzentrierten Verbreitung von Wissen rund um die Weiterentwicklung der Hochschulbildung in digitalen Zeiten.
Von diesem Stamm gehen beliebig viele Äste und Zweige aus. Mit jedem Jahr kommen neue und weitere Äste und Verzweigungen hinzu. Diese repräsentieren die unterschiedlichen zielgruppenspezifischen Bedarfe und Anforderungen. Die Zweige ermöglichen die (noch stärkere) Adaption an die Besonderheiten der Hochschulen im Sinne regionaler, aber auch Hochschultyp-bezogener Besonderheiten. Diese Vielzahl gilt es zu systematisieren, zielgruppenspezifisch zu clustern und aufzubereiten.
Im Bild bleibend entstehen und vergehen an den Zweigen die Blätter des Baumes. Ihr Rauschen steht für die zahlreichen Diskurse in und mit der Community, denen es zuzuhören gilt. Noch wissen wir nicht, wie Hochschulen der Zukunft aussehen werden, das HFD kann aber in Zukunft seine Stärke der Vernetzung von Akteur_innen, Themen und Diskursen weiter ausbauen. Dementsprechend stehen die Blätter für die Möglichkeit der Erneuerung in Hinblick auf das Identifizieren und Platzieren neuer relevanter Themen für das Handeln und Entscheiden in Hochschulen. Mit jedem Blatt ist auch die Möglichkeit verbunden, sich an Diskursen grenzüberschreitend zu beteiligen.
In diesem Sinn gratuliere ich dem HFD zu seinen Wurzeln, Ästen und Blättern in den letzten 5 Jahren wünsche den großartigen, engagierten Mitarbeiter_innen, dass es weiter wächst und gedeiht!
5. Von der Digitalisierung zur Kultur der Digitalität
von Markus Deimann
Der französische Philosoph Jean Baudrillard formulierte in seinem Spätwerk die eigentümliche These, wonach sich das Reale im Begriff verflüchtigt.
Dieses Phänomen sehen wir auch bei der Digitalisierung. Je länger und intensiver wir den Begriff verwenden, desto mehr verschwindet das damit Gemeinte. Geht es um die flächendeckende Versorgung mit Tables, Whiteboards, W-Lan und mobilem Breitband-Internet in Schulen? Geht es um die Einführung nationaler Plattformen für die (inter-)nationale Hochschullehre? Geht es darum, alle Hochschulen dazu zu bringen, digitale Strategien zu entwickeln? Geht es darum, dass Lehrende und Lernende in möglichst vielen Szenarien digitale Medien, Werkzeuge und Infrastrukturen verwenden? Geht es darum, den “student journey” vollständig digital abzubilden? Geht es darum, dass Digital bzw. Data Literacy als neue Kulturtechnik an der Hochschule curricular fest verankert wird?
Irgendwie ja, doch so richtig überzeugt sind wir von der Antwort auch nicht, oder?
Das liegt daran, dass wir 2019 immer noch von DER Digitalisierung und nicht von der bereits sich gebildeten Kultur der Digitalität sprechen. Mit dem Reden über die Digitalisierung wird der Eindruck erzeugt und verfestigt, als handele es sich dabei um ein einheitliches, ganzheitliches, allumfassendes, überzeitliches Phänomen, das den mannigfaltigen kulturellen Ausprägungen der Hochschule übergestülpt wird.
Wir könnten unverkrampfter den alten und neuen digitalen Technologien und Infrastrukturen gegenübertreten und müssten uns nicht herausgefordert und beschämt darüber fühlen, dass mit Technik bessere Didaktik möglich ist. Wir müssten nicht mehr jedem neuen Hype hinterherlaufen, nur um uns dann damit schwerzutun, den vermeintlichen Bildungswert aufzuzeigen. Wir könnten pädagogische Konzepte kritisieren, die keinen Bezug zu einer Welt haben, die durch eine tiefgreifende Mediatisierung gekennzeichnet ist. Wir könnten einem Denken, das alles in eine binäre 1/0-Logik pressen will, entgegentreten und entspannter mit Widersprüchen und Kontingenzen umgehen.
Das ist keine Utopie, sondern eigentlich schon Realität. Es gibt tatsächlich einen reflektierten und informierten Diskurs zur Digitalisierung der Bildung. Das Netzwerk für die Hochschullehre des HFD bringt Menschen zusammen, die zum Teil über langjährige medienpädagogische Erfahrung verfügen. Diese Expertise wird als kollektives Wissen mit Neulingen so geteilt, dass alle davon profitieren. Die Bereitschaft, weiter zu lernen, sich auf Neues einzulassen und den Impuls abzuwehren, dass man das alles schon mal gehört hat, ist sehr ausgeprägt.
Diese Art über Digitalisierung zu sprechen ist im besten Sinne begriffszersetzend. Wir sollten weiter daran arbeiten.