Internationale, gemeinsame Curriculumentwicklung: Was bewegen europäische Hochschulallianzen?
Internationale, gemeinsame Curriculumentwicklung: Was bewegen europäische Hochschulallianzen?
04.12.24In diesem Artikel beleuchtet Channa van der Brug, Programmmanagerin Internationales beim Hochschulforum Digitalisierung, wie europäische Hochschulallianzen gemeinsam Curricula und Studiengänge entwickeln. Sie stellt drei dieser Allianzen näher vor: CHARM-EU, EDUC und die ECIU University. In Gesprächen mit Vertreter:innen der Allianzen erfährt sie, welche unterschiedlichen Ansätze diese bei der kollaborativen Curriculumentwicklung verfolgen. Weitere interessante Artikel zum Thema „Kooperative Curriculumentwicklung“ finden Sie in der fünften Ausgabe des HFD-Magazins „strategie digital“!
Hochschulallianzen: Europäische interuniversitäre Campi
Die digitale Transformation ist ein Motor, um Lehr- und Lernprozesse in der Hochschulbildung zu modernisieren und Lehrmethoden und Curricula zu innovieren. Europäische Hochschulallianzen zeigen beispielhaft, wie dies gelingen kann. 51 deutsche Hochschulen sind Teil der Europäischen Hochschulinitiative, einer EU-Initiative zur Bildung von Allianzen in Europa. Die Europäische Kommission fordert in diesem Zusammenhang, dass diese Verbünde „gemeinsame, flexible und innovative Studiengänge anbieten, die auf interdisziplinären und sektorübergreifenden Ansätzen beruhen und studierendenzentriertes Lernen und innovative Lehrmethoden integrieren“ (European Education Area, o.J.). Ziel der Initiative ist es, die Wettbewerbsfähigkeit der Hochschulen in Europa zu verbessern und europäische Werte und Identität zu fördern. Die Kommission sieht hier ein größeres Potenzial als in den bisherigen Kooperationsprojekten. Bevor ich mit den Vertreter:innen der Allianzen sprach, habe ich Thomas Hoffmeister, ehem. Konrektor für Lehre und Studium der Universität Bremen und HFD Kernteam-Mitglied mit deutschem Insiderwissen, nach seiner Meinung zur Initiative gefragt. Sein Resümee:
„Wie wichtig die Stärkung einer Europäischen Identität ist, wie der französische Präsident Emmanuel Macron sie in seiner berühmt gewordenen Rede in 2017 an der Sorbonne gefordert hat, ist angesichts der weltpolitischen Lage und der Rolle Europas völlig unzweifelhaft (Ministère de l’Europe et des Affaires étrangères 2017). Die europäischen Hochschulallianzen, die sich seit 2017 auch etabliert haben, um den europäischen Identitätsgedanken durch länderübergreifende europäische Studiengänge und immersive kulturelle internationale Erfahrungen der Studierenden zu stärken, haben darüber hinaus viele innovative Elemente. Challenge Based Learning, Partizipation der und Zentrierung auf Studierende, einen deutlichen Anteil von Future Skills sind einige Beispiele. Sie stellen einen wichtigen Schritt von den oft inhaltsgetriebenen klassischen Studiengängen zu stärker personalisierten Studiencurricula dar, die angesichts immer stärker interdisziplinärer Berufsfelder und einem deutlich schnelleren Turnover der Berufsfelder wichtige Anpassungen darstellen.”
Das sind auch die klaren Ziele der Allianz Young Universities for the Future of Europe (YUFE), an der die Universität Bremen, der Hoffmeister zugehörig ist, beteiligt ist.
Formate der Zusammenarbeit
Wie lässt sich eine kollaborative Curriculumentwicklung definieren? In ihrem Artikel „Conceptualisations of curriculum co-creation: ‘it’s not them and us, it’s just us’” fasst Tanya Lubicz-Nawrocka die wesentlichen Werte und Prinzipien der kollaborativen Curriculumentwicklung klar zusammen: „Kooperative Curriculumentwicklung ist ein relationaler Arbeitsprozess, der auf gemeinsamer Verantwortung, gegenseitigem Lernen, gegenseitigem Respekt, Fürsorge, Vertrauen und Empathie basiert. Dieser wertebasierte kreative Prozess hilft Lehrenden und Studierenden, gemeinsam Entscheidungen über Aspekte des Curriculums zu treffen und auszuhandeln, was häufig zu gegenseitigem Nutzen für Lernende und Lehrende führt“ (Lubicz-Nawrocka 2023). Sie betont die Bedeutung von Beziehungen und gemeinsamen Werten im Prozess der Curriculumentwicklung, die notwendig sind, um Partnerschaften zu fördern. Im Folgenden stelle ich drei Allianzen vor, die dabei ganz unterschiedlich vorgehen:
- ECIU University: Das „European Consortium of Innovative Universities“ besteht aus 14 Partneruniversitäten. In den ECIU-Studiengängen arbeiten mehrere Universitäten und externe Partner zusammen, um gemeinsam anerkannte Abschlüsse anzubieten (Joint Micro-Credentials).
- CHARM-EU: Das „Challenge-Driven, Accessible, Researchbased and Mobile Model for the co-creation of a European University“ besteht aus neun Partneruniversitäten. Der gemeinsame Joint Master von CHARM-EU umfasst spezifische Module, die von mehreren Institutionen gemeinsam entwickelt und angeboten werden (Joint Masters).
- EDUC: Die „European Digital UniverCity“ besteht aus acht Partneruniversitäten. Im Rahmen von EDUC werden Kurse angeboten, die in die Curricula mehrerer Institutionen integriert sind (collaborative virtual exchange formats).
ECIU University
Andrea Brose, Educational Lead an der ECIU University, beschreibt deren Ziel folgendermaßen: „Unsere Vision ist es, flexible Lernwege anzubieten, die von echten gesellschaftlichen Herausforderungen und interdisziplinärer Zusammenarbeit geprägt sind. Wir müssen die Grenzen der traditionellen Bildung erweitern und sicherstellen, dass wir unseren Studierenden die Möglichkeit bieten, sich aktiv mit realen Problemen auseinanderzusetzen.”
Challenge-Based Learning (CBL) ist für die ECIU von grundlegender Bedeutung. CBL ist ein pädagogischer Ansatz, der die Lernenden aktiv in reale, relevante Situationen einbezieht, die mit ihrem Umfeld in Verbindung stehen. „Die Lernerfahrung ist in der Regel multidisziplinär, bezieht verschiedene Perspektiven der Beteiligten ein und zielt darauf ab, eine gemeinsam entwickelte Lösung zu finden, die ökologisch, sozial und ökonomisch nachhaltig ist“ (Kohn Rådberg et al. 2020, S. 22). Brose stellt klar, dass es nicht das Ziel der ECIU ist, traditionelle Joint Curricula zu entwickeln. Stattdessen konzentriert sich die ECIU auf die Schaffung eines offenen und inklusiven Ökosystems. Dieses Ökosystem soll flexible learning paths bieten für Menschen, die durch die Lösung von Herausforderungen einen Beitrag zur Gesellschaft leisten wollen.
In Bezug auf CBL sagt Brose, „übernimmt normalerweise ein:e Lehrende:r die Führung und die Kolleg:innen arbeiten eng mit angrenzenden Fachbereichen und externen Partnern zusammen, was natürlich sehr spannend ist“. Es sei „das Ziel, dass unsere Lehrenden aufgrund der Art der globalen Herausforderungen, an denen wir alle arbeiten, zu natürlichen Co-Designer:innen werden“. Im Moment bringe „jede Partneruniversität ihre eigene Expertise und Erfahrung in den Prozess ein“. Der gesamte Prozess der Lehrplanentwicklung wird von einem Präsidium, einem Vorstand und einem zentralen Büro überwacht.
Der ECIU-Rahmen für CBL wurde unter der Leitung der TU Hamburg (TUHH), einer der 13 Partneruniversitäten, entwickelt. Die TUHH unterstützt auch die Kompetenzentwicklung des akademischen Personals durch spezifische Maßnahmenpakete. Die ECIU hat an jeder Partneruniversität Innovation of Education Labs eingerichtet. Diese Labs sind physische und virtuelle Räume, in denen Lehrende ihre Lehrideen innovieren und umsetzen, Gleichgesinnte treffen und Good Practices austauschen können. Die Lehrenden der verschiedenen Partneruniversitäten treffen sich auch zu persönlichen Workshops. Die Allianz ist dafür bekannt, dass sie ihren Studierenden KI-gestützte Kompetenzempfehlungen gibt. Sie ist auch die erste Allianz, die zentralisierte, elektronisch signierte Micro-Credentials anbietet.
CHARM-EU
Marjanneke Vijge, Akademische Direktorin für CHARM-EU an der Universität Utrecht, ist stolz darauf, dass CHARM-EU ab 2021 der erste internationale Anbieter eines gemeinsamen Masterstudiengangs ist. Anders als die meisten Allianzen, die verschiedene Kurse an unterschiedlichen Universitäten anbieten, bietet CHARM-EU einen gemeinsamen, akkreditierten Abschluss. „Um eine kohärente Integration von Theorie, Themenbereichen und Dissertationsprojekten zu gewährleisten, wird das gesamte Curriculum komplett gemeinsam entwickelt“, so Vijge.
Jede Partnerinstitution von CHARM-EU stellt ein Mitglied im Vorstand des Masterprogramms. Dieses Gremium ist für den Betrieb und die Umsetzung des Programms verantwortlich und beaufsichtigt die Zusammenarbeit der fachlichen Expert:innen und Dozent:innen in den verschiedenen Modulen. Der Akademische Rat der Allianz stellt sicher, dass die Qualitätsstandards und -verfahren für den Masterstudiengang und andere in der Entwicklung befindliche Bildungs- und Forschungsprogramme eingehalten werden.
Die Kurse werden in flexiblen, gemischten und hybriden Formaten angeboten. „Wir haben den hybriden Masterstudiengang ‚Global Challenges for Sustainability‘ von Anfang an mit fünf Partneruniversitäten entwickelt. Die Tatsache, dass wir eine gemeinsame Vision und eine starke Motivation hatten, sinnvolle Bildungserfahrungen anzubieten, die Mitarbeiter:innen und Studierende mit unterschiedlichen Hintergründen und aus verschiedenen Disziplinen einbeziehen, war für uns von entscheidender Bedeutung“. Vijge erklärt:
„Wir wollten viele neue Elemente einführen, als wir mit einem intrinsisch motivierten Team bei Null anfingen. Das bedeutete, dass wir Ideen und Fachwissen zusammenbringen mussten, da einige Partner Erfahrung mit CBL und dem Ansatz der programmatischen Evaluierung hatten, während andere eher an konventionelle Lehr-, Lern- und Evaluierungsmethoden gewöhnt waren“.
CBL ist in das gesamte Masterstudium integriert, insbesondere aber in die abschließende Capstone Phase. In dieser Phase arbeiten interdisziplinäre Studierendenteams aus verschiedenen Universitäten mit gesellschaftlichen Akteur:innen aus aller Welt zusammen. Sie analysieren und bearbeiten Nachhaltigkeitsherausforderungen, die von diesen Akteuren eingebracht werden. „CBL ist eine sehr effektive Methode für studierendenzentriertes Lernen, insbesondere für transnationale und komplexe Probleme (wicked problems)”, so Vijge.
Um die Zusammenarbeit zwischen den Kolleg:innen zu fördern, empfiehlt Vijge die persönliche, praktische und individuelle Unterstützung durch engagierte und gut ausgebildete Pädagog:innen, die Bereitstellung von Good Practices, technischen Hilfsmitteln oder ganzen Onboarding-Paketen für das Personal. CHARM-EU stellt ein umfangreiches Toolkit zur Verfügung, das Tipps und Tricks für die Lehrenden enthält. Sie organisieren Face-to-Face-Workshops und Hackathons, um sicherzustellen, dass sich alle Beteiligten verbunden fühlen und neue Lehrmethoden sicher anwenden können
EDUC
Die European Digital UniverCity setzt sich aus acht Partneruniversitäten zusammen und hat ebenfalls Challenge-Based Learning eingeführt. Abgesehen von CBL verwendet die EDUC aber auch andere Methoden, um hochschul- und sektorenübergreifend zusammenzuarbeiten. Dazu gehören Collaborative International Online Learning (COIL), projektbasiertes Lernen, Barcamps und Bootcamps.
Giovanni Fonseca, Pedagogical Engineer bei EDUC an der Universität Potsdam, weist darauf hin, dass bei EDUC jede der Partnerinstitutionen zur Kursentwicklung beiträgt. Der Grad der gemeinsamen Curriculumentwicklung variiert jedoch. „Manchmal kennen sich die Lehrenden bereits und es gibt Material, das sie gemeinsam nutzen und auf dem sie aufbauen können. Wir haben festgestellt, dass es viel einfacher ist, eine Aufgabenteilung oder eine inhaltliche Zusammenarbeit zu organisieren, wenn es bereits eine Beziehung gibt.“ Die Lehrenden sehen EDUC als eine Plattform, um zusammenzuarbeiten. „Wir versuchen, die Curricula zu internationalisieren und eine solide Basis für die weitere Zusammenarbeit der Lehrenden zu schaffen.“ Vertrauen und ein gemeinsames Verständnis seien entscheidend, um Kooperationsprojekte gelingen zu lassen, sagt Fonseca.
Die EDUC Teaching Academy greift die Ungleichheiten in den lokalen Weiterbildungs- und Unterstützungsangeboten auf und bietet maßgeschneiderte Kurse und Lernmöglichkeiten für Lehrende und Personal an. Als Pedagogical Engineer steht Fonseca in engem Kontakt mit den Lehrenden. Er betont, dass das EDUC Teacher‘s Journey Programm nicht nur ein virtueller Raum für eine Community of Practice sei. Es bietet auch einen Matchmaking-Service für Lehrende, die Partner für die Entwicklung gemeinsamer Projekte in EDUC suchen. Ein Team von pädagogischen Ingenieur:innen und Projektmanager:innen verfolgt diese Ideen und berät sich intern, um potenzielle lokale Partner außerhalb des Bildungssektors zu finden. „Ich hoffe, dass viele unserer Mitarbeiter:innen die Fähigkeit entwickeln, aus ihrer Komfortzone herauszutreten und internationale Zusammenarbeit auf der Grundlage ihrer eigenen Interessen zu erkunden”, so Fonseca. EDUC hat für die einzelnen Partner eine Leuchtturmfunktion. Es zeigt mögliche Wege der Zusammenarbeit und der digitalen Transformation auf. Im Zuge der Weiterentwicklung der Allianz schaffen die Partner zunehmend lokale Mechanismen zur Institutionalisierung der von EDUC initiierten Aktivitäten.
Timilehin Ogunnusi, ein EDUC-Student, berichtet, es habe bei seiner Studienauswahl eine Rolle gespielt, dass der Kurs, an dem er teilnimmt, gemeinsam entwickelt wurde: „Das hatte einen positiven Einfluss auf meine Entscheidung, teilzunehmen!” Er glaube, dass der Input aus verschiedenen Quellen eine breitere Perspektive bietet als ein Kurs oder Studiengang, der von einer einzelnen Institution oder einem einzelnen Lehrenden entwickelt und koordiniert wird. Dies lässt vermuten, dass es sich lohnen kann, Lehrpläne gemeinsam zu entwickeln, weil dies Studierende anzieht, die unterschiedliche Perspektiven suchen. Bei EDUC zeigte sich der kooperative Charakter des Green City-Kurses im Unterrichtsansatz und in der Rolle der Lehrenden, sagt Ogunnusi. Im Gegensatz zu Kursen, in denen die Lehrenden mehrere Themen behandeln, profitierte der Kurs von der Fachkenntnis mehrerer Lehrender die jeweils ihr Fachgebiet behandelten, aber gemeinsam den Lehrplan koordinierten.
Zukunft der gemeinsamen Curriculumentwicklung in europäischen Allianzen
Allianzen sind komplexe Meta-Organisationen. Es ist nicht immer einfach, auf verschiedenen Ebenen eng zusammenzuarbeiten, um gemeinsam Curricula zu entwickeln. Welche Schritte müssen unternommen werden, um die Zusammenarbeit in Allianzen zu stärken und zukunftsorientierte Bildungsangebote umzusetzen?
Für alle, die einen ähnlichen Weg einschlagen und die Zusammenarbeit im Sinne einer ‚kooperativen Curriculumentwicklung als einen relationaler Arbeitsprozess‘ an ihren Hochschulen fördern wollen, betonen sowohl Vijge als auch Brose, wie wichtig es ist, an eine Vision zu glauben und das Engagement aller Beteiligten zu wecken, um flexible, integrative und zukunftsorientierte Bildungsangebote zu schaffen. Es benötigt Angebote, bei denen die Lehrenden Zeit in die Zusammenarbeit investieren und Verantwortung teilen können. Fonseca fügt hinzu: „Der Prozess ist anspruchsvoll; Universitäten sind bekanntlich komplexe Einrichtungen, und es kann viel Mühe kosten, die Beteiligten zu überzeugen. Engagement ist daher unerlässlich”. Er empfiehlt, Offenheit, Toleranz und Verhandlungsgeschick in den Vordergrund zu stellen und sich Zeit für den Aufbau von Beziehungen zu nehmen. Und er betont die Notwendigkeit, das große Ganze im Auge zu behalten: die Formalisierung guter Praxis, um sicherzustellen, dass die Zusammenarbeit in Zukunft eine selbstverständliche Option ist. „In diesem Szenario wird meine Rolle in zehn Jahren vielleicht nicht mehr gebraucht. Aber jetzt fühle ich mich als Teil einer großen Bewegung, die den Wandel in der Bildung vorantreibt”, sagt er.
Zurück zu Thomas Hoffmeister. Neben den großen Zielen und positiven Aspekten sieht er auch viele Herausforderungen bei der Entwicklung gemeinsamer europäischer Curricula. Er betont, dass die Studierenden im Idealfall die Ressourcen eines europäischen Hochschulnetzwerks wie Module, Bibliotheken, Campus und Mensen frei nutzen können sollten.
„Aber wie damit umgehen, dass in einzelnen Staaten ganz unterschiedliche Studiengebührmodelle existieren und der Studierendenaustausch nicht notwendigerweise ausbalanciert zwischen den Partneruniversitäten sein wird? Wie mit unterschiedlichen Learning Management Systemen, Prüfungssystemen und Studierendenverwaltungssystemen umgehen und damit, dass wir zwar ECTS, aber keine digitalen Creditsysteme besitzen? Wie ermöglichen wir immersive kulturelle Erfahrungen unserer Studierenden und gleichzeitig virtuelle Studierendenmobilität an vielleicht 10 verschiedenen Studienorte nach der Welle rückwärts, die digitale Lehr-Lernszenarien post-Corona erfahren haben? Obwohl mit den European Standards and Guidelines (ESG) ein Regelwerk für die Akkreditierung besteht, unterscheiden sich die länderspezifischen Rechtsnormen markant. Nur durch die europäische Programmakkreditierung besteht die Möglichkeit, gemeinsame Studienprogramme zu akkreditieren.”
Hoffmeister macht deutlich, dass die ersten länderübergreifenden Curricula nur ein Anfang sein können. Sie sind ein Anfang auf dem Weg zu studierendenzentrierten Curricula. In diesen sollen sich die Studierenden mit wissenschaftlichen Forschungsansätzen in Teamarbeit gesellschaftlichen Herausforderungen widmen. Darüber hinaus sollen sie „kulturell immersiv europäische Identitätserfahrung sammeln und die notwendigen Soft- und Hardskills erwerben, um eine weitgehend unbekannte berufliche Zukunft zu meistern.”
Das sind Denkanstöße für die Zukunft, wie ich finde! Es ist hier auch wichtig zu betonen, dass Kooperation nicht nur innerhalb der Allianzen und mit externen Partnern, sondern auch zwischen den Allianzen von entscheidender Bedeutung sein wird. Die bisherige Phase des Wettbewerbs um Fördermittel der European Commission, in der es darum ging, individuelle Stärken von Allianzen zu definieren, sollte einer neuen Ära der Kooperation weichen, um den komplexen Herausforderungen der Zukunft effektiver begegnen zu können. Schließlich ist die obige Definition der kooperativen Curriculumentwicklung weit gefasst und lässt verschiedene Perspektiven zu, was die Tatsache widerspiegelt, dass Allianzen je nach ihrer Vision unterschiedliche Schwerpunkte setzen können. Ihre Fähigkeit, offen zu sein und verschiedene Wege zur gemeinsamen Entwicklung von Lehrinhalten, Programmen und Lernmaterialien zu finden, ist ein hoffnungsvolles Zeichen.
Interviewpartner:
Prof. Dr. Thomas Hoffmeister war von 2004 bis zur Pensionierung im September 2024 Professor für Populationsökologie an der Uni Bremen. Er war 8 Jahre lang Konrektor für Lehre und Studium der Universität Bremen und an dem Aufbau der Studierendenmobilität innerhalb des Europäischen Universitätsnetzwerks YUFE beteiligt.
Autorin:
Channa van der Brug ist Programmmanagerin Internationales im Stifterverband beim Hochschulforum Digitalisierung. Darüber hinaus unterstützt sie den Stifterverband für den Digital Education Hub der Europäischen Kommission. Sie setzt sich aktiv für den internationalen Wissensaustausch zur digitalen Transformation der Higher Education ein und weiteren Themen, die mit den internationalen Zielen und Ambitionen der Community des Hochschulforums Digitalisierung verbunden sind.
European Education Area (o.J.): About the initiative. https://education.ec.europa.eu/education-levels/higher-education/european-universitiesinitiative
Kohn Rådberg, K., Lundqvist, U., Malmqvist, J., & Hagvall Svensson, O. (2018): From CDIO to challenge-based learning experiences – expanding student learning as well as societal impact? European Journal of Engineering Education, 45(1), 22–37. https://doi.org/10.1080/03043797.2018.1441265
Lubicz-Nawrocka, T. (2023): Conceptualisations of curriculum cocreation: ‚it’s not them and us, it’s just us’. Curric Perspect 43, 25–37. https://doi.org/10.1007/s41297-022-00180-w
Ministère de l’Europe et des Affaires étrangères (2017): Staatspräsident Macron: Initiative für Europa. https://www.diplomatie.gouv.fr/de/aussenpolitik-frankreichs/frankreich-und-europa/staatsprasident-macron-initiative-fur-europa/