Der Einfluss von Smartphones auf unsere Aufmerksamkeit – Was tun in einer digitalisierten Hochschule?

Der Einfluss von Smartphones auf unsere Aufmerksamkeit – Was tun in einer digitalisierten Hochschule?

11.03.24

BLOG Der Einfluss von Smartphones auf unsere Aufmerksamkeit – was tun in einer digitalisierten Hochschule? Ein Gastbeitrag von Jeanette Skowronek

Das Smartphone ist stets präsent und auch an unseren Hochschulen kaum mehr wegzudenken. Doch obwohl das Smartphone unseren (Hochschul-)Alltag dauerhaft begleitet, wird kaum hinterfragt, zu welchem Preis dies geschieht. Denn wie oft kommt es vor, dass man sich auf etwas konzentrieren möchte und sich dann doch mit dem Handy in der Hand wiederfindet? Jeanette Skowronek erforscht den Einfluss von Smartphones auf unsere Aufmerksamkeit im Rahmen ihrer Promotion an der Universität Paderborn, und erklärt, wie man der Handysucht entgegenwirken kann.

Schon das ausgeschaltete Smartphone verringert die Aufmerksamkeit

Die Erfahrung einer „bewussten“ Ablenkung wird vermutlich vielen, wenn nicht sogar allen Handynutzer:innen bekannt sein. Doch neben dieser bewussten Ablenkung haben wir uns entschieden, einen Schritt weiterzugehen und in einer Studie zu untersuchen, ob selbst das ausgeschaltete Smartphone bereits ablenkt. Dabei konnten wir feststellen, dass genau das der Fall ist: Personen, die in Anwesenheit eines Handys einen Konzentrationstest gemacht haben, konnten sich erheblich weniger konzentrieren. Verglichen wurden sie mit Personen, die den gleichen Konzentrationstest gemacht haben, ihr Handy aber in einen anderen Raum gelegt haben. Dabei konnten wir auch zeigen, dass das Verdecken des Bildschirms keinen Effekt hatte, obwohl das Handy noch nicht einmal benutzt oder angeschaut wurde (Skowronek et al., 2023). 

Auch andere Forschungsergebnisse belegen: Ein Smartphone in der Nähe lenkt ab

Mit diesem Ergebnis ist unsere Studie nicht allein, sondern bekräftigt die aktuelle Forschungslage, dass bereits die bloße Anwesenheit des Smartphones ablenken kann (Böttger et al., 2023). Auch speziell für Vorlesungssituationen liegen Studien vor, die zeigen, dass das Smartphone ablenkt (z.B. Mendoza et al., 2018). Was kann das nun für Studierende und die voranschreitende Digitalisierung in Hochschulen bedeuten? 

Handys komplett zu verbannen und sie nicht mit zur Hochschule zu nehmen, ist kaum umsetzbar und auch nicht erstrebenswert. Denn auch die Vorteile des Smartphones sollten mitbedacht werden: Von der Organisation des Hochschul-Alltags, zur Vernetzung mit Freund:innen bis hin zur Nutzung des Smartphones in Vorlesungen und Seminaren, bspw. zur Recherche oder beim nächsten Kahoot-Quiz: das Smartphone ist ein Gerät, das unseren Alltag immens erleichtert und ohne das eine Teilhabe an einigen Aktivitäten kaum möglich wäre. 

Ein gesunder und bewusster Umgang mit Smartphones

Wie unsere Studie aber zeigen konnte, gibt es eine Möglichkeit, dem negativen Effekt des Smartphones entgegenzuwirken, ohne es komplett verbannen zu müssen: das Handy aus dem Raum rauszulegen reicht aus, um dem negativen Effekt auf die Konzentration entgegenzuwirken. Dies ist eine einfache und effektive Methode, um die negativen Effekte des Smartphones zu vermeiden. Somit können die Ergebnisse unserer Studie zeigen, wie wir im Alltag mit unseren Smartphones achtsamer umgehen können. 

Für die Mitarbeitenden an Hochschulen, besonders aber Studierende, ergeben sich aus den Untersuchungen folgende Empfehlungen für den Umgang mit dem Smartphone: das Smartphone sollte besonders in der Hochschule nicht dauerhaft präsent sein. Gerade Studierende sollten sich bewusst fragen, wann sie ihr Smartphone benötigen und wann nicht. Denn besonders sie brauchen in spezifischen Momenten, wie Vorlesungen, Seminaren und beim Lernen in der Bibliothek ihre Konzentration, und sollten hier ihren eigenen Umgang reflektieren und versuchen, sich räumlich von ihrem Handy zu distanzieren. Daraus lässt sich also schließen, dass sich gerade diese Zielgruppe einen gesunden und bewussten Umgang mit dem Smartphone angewöhnen sollte.

Welche Schlüsse kann man aus den Ergebnissen für den Hochschullalltag ziehen?

Besonders im Rahmen der Digitalisierung von Hochschulen wird eine stärkere Implementierung von digitalen Geräten, und somit auch dem Smartphone, angestrebt. Dadurch ergeben sich viele neue Möglichkeiten, wie z. B. innovative Lehr- und Lernmethoden. Jedoch sollten auch negative Einflüsse in der Digitalisierung der Hochschule mitgedacht und entsprechend umgesetzt werden. Macht eine Implementierung digitaler Geräte und Smartphones immer Sinn? Wann brauchen wir diese, und wann brauchen wir sie auch nicht? Und welche Infrastrukturen kann eine Hochschule bieten, um genau diesen bewussten und gesunden Umgang mit digitalen Geräten zu erreichen?

Im Rahmen der Digitalisierung könnte die Hochschule mithilfe einer passenden Infrastruktur genau da ansetzen und Hochschulmitglieder und Studierende unterstützen sowie Anreize setzen. Es könnte bspw. denkbar sein, Schließfächer vor Vorlesungssälen zu installieren, um so die räumliche Trennung vom Smartphone zu ermöglichen. Plakate und Sticker könnten vor dem Vorlesungssaal darauf hinweisen, das Smartphone in die Schließfächer zu geben. Ebenso könnte vor Bibliotheken und anderen Lernräumen mit Aufklebern und Plakaten darauf hingewiesen werden, eine Distanz zum Smartphone für die Lernphasen mithilfe der Schließfächer zu schaffen. Um das Smartphone während solcher Einzelarbeitsphasen weniger notwendig zu machen, könnten sichtbare Uhren in den Bibliotheken und Vorlesungsräumen sinnvoll sein, um nicht die nächste Vorlesung oder den Bus zu verpassen. Beim Lernen zu Hause hilft es, das Smartphone für gewisse Zeiträume in einen anderen Raum zu geben, besonders in wichtigen Konzentrationsphasen. Auch hier könnte die Hochschule aktiv dabei helfen, ein Bewusstsein dafür zu schaffen.

Fazit

Die Vorteile des Smartphones und anderer digitaler Geräte an Hochschulen sind immens, jedoch sollten auch die Kosten und Nachteile in der Digitalisierung der Hochschule mitgedacht werden. Die Ergebnisse unserer Studie können dabei helfen, einen möglichst konstruktiven Umgang mit Smartphones zu erreichen: wichtig ist es, sich in bestimmten Momenten bewusst für und mal gegen die Präsenz von digitalen Geräten und Smartphones zu entscheiden. So kann der erhebliche Mehrwert, den Smartphones bieten, genutzt werden und gleichzeitig die volle Konzentration, insbesondere in relevanten (Lern-)Momenten, aufgebracht werden. 

In diesem Kontext stellt sich die Frage, welche Einflüsse auch andere digitale Geräte, wie z.B. Tablets, auf unsere Aufmerksamkeit und Konzentration haben. Daran möchten wir weiterhin forschen, damit so für alle Mitglieder an Hochschulen, vor allem aber für Studierende, die besten Lernumgebungen und -möglichkeiten im Einklang mit der Digitalisierung geschaffen werden können. 

Literatur

Böttger, T., Poschik, M., Zierer, K. Does the Brain Drain Effect Really Exist? A Meta-Analysis. Behav. Sci. 13, 751 (2023). https://doi.org/ 10.3390/bs13090751 

Mendoza, J. S., Pody, B. C., Lee, S., Kim, M. & McDonough, I. M. The effect of cellphones on attention and learning: The influences of time, distraction, and nomophobia. Comput. Hum. Behav. 86, 52–60 (2018). https://doi.org/10.1016/j.chb.2018.04.027

Skowronek, J., Seifert, A. & Lindberg, S. The mere presence of a smartphone reduces basal attentional performance. Sci. Rep. 13, 9363 (2023). https://doi.org/10.1038/s41598-023-36256-4

Autorin

Porträt von Jeanette Skowronek

Jeanette Skowronek

Jeanette Skowronek ist Doktorandin bei Prof. Dr. Sven Lindberg in der „Klinischen Entwicklungspsychologie“ an der Universität Paderborn. In ihrer Forschung beschäftigt sie sich mit den Einflüssen von Digitalisierung auf die kognitive und emotionale Entwicklung.

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