Behind the Screens – Mit Christien Bok

Behind the Screens – Mit Christien Bok

31.10.24

Das Hochschulforum Digitalisierung lebt von lebendigen Begegnungen, frischen Ideen und Menschen, die anpacken. Ohne die Community ist das HFD undenkbar. 10 Jahre HFD zu feiern, heißt also vor allem 10 Jahre Community-Beteiligung zu feiern! Deswegen stellen wir in dieser Porträtreihe Mitglieder aus der Community vor, die 10 Jahre HFD-Geschichte mitgeprägt haben. Dabei interessiert uns: Was ist ihr individueller Beitrag zur digitalen Transformation an Hochschulen? Welche besonderen Erkenntnisse ziehen sie aus ihrer Arbeit? Was motiviert sie?

Dieser Artikel handelt von Christien Bok. Sie ist Innovationsmanagerin im Bildungsbereich bei SURF, einer kollaborativen Organisation für IT im niederländischen Bildungs- und Forschungssektor. Sie setzt sich dafür ein, öffentliche Werte in diesem Bereich zu erhalten, indem sie sicherstellt, dass IT-Innovationen den Erfolg der Studierenden und die Qualität der Bildung verbessern.

Wann sind Sie zum ersten Mal mit dem HFD in Kontakt gekommen? Wie ist es dazu gekommen?

Meine Kollegin Janina van Hees, die aus Deutschland stammt, wurde gebeten, an einem Review Panel des HFD teilzunehmen. Deshalb schlug sie vor, dass ich mich mit Oliver Janoschka in Verbindung setze. Das war von Anfang an ein sehr fruchtbarer Kontakt. Wenn man darüber nachdenkt, ist Innovation im Bildungswesen auf einer eher abstrakten Ebene ein ziemlich seltener Job, so dass es eine wahre Freude ist, jemanden zu haben, mit dem man reden kann. Vor allem, weil Oliver und ich ähnlich zu denken scheinen. Vor nicht allzu langer Zeit lernte meine Kollegin Iris Huis in ´t Veld Oliver kennen, und sie sagte: Ich habe die männliche Version von Christien getroffen!

Wann sind Sie zum ersten Mal mit dem HFD in Kontakt gekommen? Wie ist es dazu gekommen?

Meine Interessen haben alle eines gemeinsam: die Notwendigkeit der Zusammenarbeit. Dafür gibt es zwei Gründe:

Erstens kann die Digitalisierung dem Sektor eine Menge bringen. Sie kann neue Möglichkeiten bieten, um die Qualität der Bildung zu verbessern und die administrativen und logistischen Prozesse der Bildung zu organisieren, was Raum für Flexibilisierung lässt. Aber die Komplexität der IT, die gegenseitige Abhängigkeit der Komponenten und das rasante Tempo der neuen Entwicklungen sind zu groß, als dass eine einzelne Institution sie bewältigen könnte. Die Zusammenarbeit auf nationaler und internationaler Ebene ist der Schlüssel, um wirklich alle Möglichkeiten, die die Digitalisierung mit sich bringt, auf verantwortungsvolle Weise zu nutzen.

Das führt mich zum zweiten Grund. Die digitale Welt hat eine Menge zu bieten, ist aber rein kommerziell. Die Autonomie des öffentlichen Bildungswesens ist durch den zunehmenden Einfluss kommerzieller Technologieunternehmen, für die der Sektor ein Einkommensmodell darstellt, unter Druck geraten.

Und es gibt einen sehr wichtigen Grund, warum Bildung eine öffentliche Angelegenheit sein sollte. Das öffentliche Bildungswesen bietet eine unabhängige, zugängliche und integrative Bildung, ein sicheres Lernumfeld, in dem sich die Lernende entfalten können und in dem die menschliche Dimension im Vordergrund steht. Kommerzielle Anbieter sind nicht nur daran interessiert, einzelne Anwendungen bereitzustellen, sondern auch die Infrastruktur: die Gesamtheit der Standards, Vereinbarungen, Einrichtungen und digitalen Dienste, die die Hochschulen für die Digitalisierung der Bildung benötigen. Um die digitale Souveränität (wieder) zu erlangen, sollte der Bildungssektor in der Lage sein, seine eigenen Bedingungen für die Infrastruktur für Bildung festzulegen. Offene Standards und offene Systeme tragen beispielsweise zur Wahlfreiheit für Nutzende, Anbieter und Lieferanten bei. Das würde zu einem ausgewogeneren Verhältnis zwischen kommerziellen Anbietern und öffentlichen Hochschulen führen. Um dies zu erreichen, ist die nationale und internationale Zusammenarbeit entscheidend.

Meine aktuellen Themen sind Daten, künstliche Intelligenz (KI), erweiterte Realität (XR), Beschaffungsstrategien und der Aufbau von Synergien.

In Anbetracht all dessen konzentrieren sich meine Untersuchungen und Maßnahmen derzeit auf Daten, künstliche Intelligenz (KI), erweiterte Realität (XR), Beschaffungsstrategien und den Aufbau von Synergien:

Mit der zunehmenden Digitalisierung des Bildungswesens steigt auch die Menge der Daten. Welche Versprechen wollen wir unseren Studierenden und Lehrenden geben, wenn es um Daten geht? Und wie müssen wir uns organisieren, um dieses Versprechen einzulösen? Wie sollte eine Dateninfrastruktur aussehen, die unsere öffentlichen Werte bewahrt?

Mit diesen Themen verbunden sind Fragen zur KI. Welche Vorkehrungen sind nötig, um KI verantwortungsvoll im Bildungswesen einzusetzen? Aus individueller Sicht, wofür würden Sie KI einsetzen wollen und wo überhaupt nicht? Und kollektiv gefragt: Wie können wir den Bildungssektor nicht nur als Konsument:innen, sondern auch als Prosument:innen ansprechen, wenn es um KI geht? Kann der Sektor eine Rolle bei der Entwicklung von KI spielen?

Ein weiterer Aspekt im Zusammenhang mit Daten ist die Verwendung von XR. Neben der Frage, wie XR zur Qualität der Bildung beitragen kann, stellt sich auch die Frage, wie man XR verantwortungsvoll nutzen kann. Können wir bei Bibliotheken für XR im Bildungswesen zusammenarbeiten und weniger abhängig von teuren Anbietern werden? Können wir eine Infrastruktur schaffen und erhalten, die die Daten unserer Studierenden und Lehrenden schützt?

Wenn wir über die Beschaffung für die Digitalisierung nachdenken, müssen wir uns auch fragen, wie wir effektiver mit Edtech-Anbietern zusammenarbeiten können, insbesondere mit Start-ups und Scale-ups. Wie können wir Angebot und Nachfrage besser aufeinander abstimmen und es vielversprechenden Initiativen ermöglichen, zu reifen, ohne die öffentlichen Werte zu vernachlässigen? Wie können wir das tun, ohne den Markt zu verzerren?

Ich bin überzeugt, dass wir an vielen Orten auf der Welt an den gleichen Problemen arbeiten und ähnliche Ziele für unsere Bildung verfolgen. Vor allem in Europa, wo die Bildungssysteme in den einzelnen Mitgliedstaaten recht ähnlich sind, könnten wir dank der internationalen Zusammenarbeit so viel mehr Fortschritte machen. Wie können wir eine fruchtbare Zusammenarbeit in einer zersplitterten Landschaft organisieren, die so viel Potenzial birgt?

Und schließlich geht mir bei allen möglichen IT-Lösungen für das Bildungswesen die Frage durch den Kopf: Wie können wir bei ihrer Entwicklung so nachhaltig wie möglich sein?

Warum ist das HFD Ihrer Meinung nach notwendig? Welchen Mehrwert sehen Sie für Ihre Arbeit, für die Universitäten, für das Hochschulsystem? Was vermissen Sie noch?

Es ist sehr wichtig, einen Ort zu haben, an dem Expert:innen aus verschiedenen Bildungseinrichtungen zusammenkommen können, um über schwierige Fragen im Zusammenhang mit der Digitalisierung der Bildung nachzudenken, gemeinsam zu lernen und sich gegenseitig zu stärken. Gerade angesichts der zunehmenden Komplexität der IT ist eine solche Reflexion notwendig, um verantwortungsvolle und fundierte Entscheidungen zu treffen. Das HFD bringt Expert:innen nicht nur aus verschiedenen Institutionen, sondern auch mit unterschiedlichen Fachkenntnissen und Hintergründen zusammen, um zu untersuchen, was gute Entscheidungen sind und wie wir sie herbeiführen können. Das HFD erkennt das Potenzial der Digitalisierung an, behält aber eine kritische Perspektive bei. Das Team ist engagiert und kenntnisreich und treibt mit Enthusiasmus Innovationen und gemeinsames Wachstum voran. Ich schätze den besonderen Fokus des HFD auf internationale Zusammenarbeit, um das Potenzial der Gemeinschaft weiter zu steigern.

Das Motto unseres Jubiläumsjahres lautet: „Heute die Hochschule von morgen gestalten“. Was bedeutet für Sie „die Hochschulbildung gestalten“ und was sind die Voraussetzungen dafür?

Ich halte es für äußerst wichtig, dass der Wandel im Bildungswesen dem Sektor nicht aufgezwungen wird, sondern von den Ambitionen des Sektors selbst angetrieben wird. In verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen haben wir gesehen, wie Tech-Unternehmen die treibende Kraft hinter dem Wandel sind, aber nicht immer in einer Weise, die mit den öffentlichen Werten übereinstimmt. Jetzt, da die IT zunehmend in die primären Prozesse im Bildungswesen eingreift und die Entwicklungen in der IT schneller sind als je zuvor, ist es umso wichtiger, dass wir in der Lage sind, die Zukunft selbst mitzugestalten und ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen Anbietern und Bildung zu gewährleisten. Und das ist wirklich zu komplex für jede Einrichtung einzeln, in Deutschland, in den Niederlanden und in Europa. Um dies zu erreichen, müssen Verantwortliche, für die IT vielleicht nicht ihr primäres Fachgebiet ist, in die Lage versetzt werden, eine Vision von einer Zukunft zu entwickeln, in der die Bildung die Möglichkeiten der IT nutzt, ohne ihre eigenen Besonderheiten, wie ihre Menschlichkeit und Gerechtigkeit, aufzugeben und ohne ihre Autonomie zu verlieren. Dem HFD kommt eine sehr wichtige Rolle zu, wenn es darum geht, die verschiedenen dafür notwendigen Akteure auszustatten und die Voraussetzungen für die Verwirklichung dieser Vision zu schaffen.

Ich halte es für äußerst wichtig, dass der Wandel im Bildungswesen dem Sektor nicht aufgezwungen wird, sondern von den Ambitionen des Sektors selbst angetrieben wird.

Gab es ein persönliches Highlight in Ihrer Zusammenarbeit mit dem HFD?

In Oliver Janoschka einen Kollegen und Freund zu finden und unsere Ambitionen, unsere Träume, unsere Hürden und unsere Zweifel zu teilen, und inspiriert und als Freundin des HFD insgesamt willkommen zu sein.

Welche Ziele haben Sie sich für die Zukunft gesetzt? Was wird Ihrer Meinung nach in den nächsten zehn Jahren für die Universitäten besonders wichtig sein?

Mein Ziel ist es, einen tieferen Einblick in die Herausforderungen zu gewinnen, mit denen wir heute konfrontiert sind, und zu untersuchen, wie wir durch Zusammenarbeit sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene wirklich etwas bewirken können. Ich sehe, dass die internationale Zusammenarbeit in den nächsten zehn Jahren nur noch wichtiger wird, und ich möchte dazu beitragen, eine fruchtbare europäische und globale Zusammenarbeit zu ermöglichen.

In ihrem Jubiläumsjahr arbeitet das HFD mit Slogans (State of the Arts?, Out of the Box?, Win-win?, Fast forward?, Heads up?, No Brainer). Welchen finden Sie im Zusammenhang mit der Digitalisierung an Hochschulen besonders passend und warum?

Ich wähle Win-Win. Die Zusammenarbeit und der Austausch, den das HFD in Deutschland und mit anderen Ländern organisiert, schafft eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten. Dank des HFD findet Wachstum statt, das Wachstum von Menschen, Gruppen, Institutionen und Zusammenarbeit. Die Reflexion, die das HFD anregt, und die praktischen Werkzeuge, die er zur Verfügung stellt, sorgen für eine Beschleunigung von Innovation und Innovation auf höherem Niveau. Auch ich profitiere direkt von der Zusammenarbeit mit dem HFD und unsere Ideen werden durch die Ideen des HFD bereichert. Gemeinsam können wir mehr erreichen.

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