Behind the Screens – Mit Alexa Böckel

Behind the Screens – Mit Alexa Böckel

26.08.24

Das Hochschulforum Digitalisierung lebt von lebendigen Begegnungen, frischen Ideen und Menschen, die anpacken. Ohne die Community ist das HFD undenkbar. 10 Jahre HFD zu feiern, heißt also vor allem 10 Jahre Communitybeteiligung zu feiern! Deswegen stellen wir in dieser Porträtreihe Mitglieder aus der Community vor, die 10 Jahre HFD-Geschichte mitgeprägt haben. Dabei interessiert uns: Was ist ihr individueller Beitrag zur digitalen Transformation an Hochschulen? Welche besonderen Erkenntnisse ziehen sie aus ihrer Arbeit? Was motiviert sie?

In diesem Beitrag geht’s um Alexa Böckel. Sie gehörte zur ersten Kohorte der DigitalChangeMaker und engagiert sich inzwischen als Peer in der HFD-Community. Außerdem promoviert, lehrt und forscht Alexa Böckel am Centre for Sustainability Management der Leuphana Universität Lüneburg.

Du warst DigitalChangeMaker und bist jetzt Peer. Wie kam es dazu?

Ich glaube, meine Story hat sogar vor den Digital ChangeMakern angefangen. Der Hackathon “Hack Your Campus” war mein erster Berührungspunkt mit dem HFD. Ich kannte das HFD vorher nicht, aber ich bin spontan zu dem Hackathon gefahren, der damals in Berlin stattgefunden hat. In der Zeit habe ich mich grundsätzlich viel mit Digitalisierung an Hochschulen beschäftigt, weil ich zwischen meinem Bachelor- und Masterprogramm bei einer Forschungsgruppe für die Digitalisierung der Arbeitsprozesse zuständig war. Ein halbes Jahr lang war ich mit der Frage ‚Welche Arbeitsprozesse kann man in den digitalen Raum verlegen und dort besser organisieren?‘ beschäftigt.

Ich konnte in der Zeit viele Konferenzen und Veranstaltungen rund um die Themen Hochschule und Digitalisierung besuchen und habe dann den Hackathon entdeckt. Dort haben wir eine Plattform für unveröffentlichte Forschungsergebnisse entwickelt und mir wurde von den DigitalChangeMakern berichtet. Sehr spontan habe ich mich beworben und bin einige Tage später wieder nach Berlin gefahren, um am Auftakt des Programms teilzunehmen.

Warum wolltest du bei den DigitalChangeMakern mitmachen?

Mir gefiel die Idee, dass endlich eine studentische Gruppe in dieser Community aktiv wird – und das deutschlandweit – und sich überlegt: Wofür wollen wir eigentlich stehen? Was sind unsere studentischen Positionen? Das Jahr war wahnsinnig intensiv, ich habe vorher noch nie auf so vielen Bühnen gestanden und auf so vielen Konferenzen gesprochen. Ich hatte den Eindruck, dass es an den Hochschulen viel Bedarf gab, studentische Ansprechpartner:innen zu haben, die einen guten Überblick über die deutsche Community haben. Die einzelnen DigitalChangeMaker waren alle sehr engagiert, auch in politischen Strukturen inner- und außerhalb der Hochschule. Es war Wahnsinn, was für eine engagierte, motivierte Gruppe an Personen in dem Programm zusammengekommen ist.

Und wie ging es danach weiter? Du hast dich ja weiterhin in der HFD- Community engagiert.

Es ist bis heute noch so, dass ich Anfragen kriege, die dadurch zustande gekommen sind und die DigitalChangeMaker haben wie ein Sprungbrett für uns funktioniert. Mit einigen aus der Gruppe bin ich immer noch in Kontakt, denn die gemeinsamen Erlebnisse haben sehr zusammengeschweißt. Mit Ronny Röwert und Frederik Denker habe ich beispielsweise später noch einen Sammelbeitrag für ein Buch geschrieben. 

Später war ich dann bei der Delegationsreise in die Niederlande dabei und wir haben unter anderem SURFnet in Utrecht besucht, die ein bisschen das niederländische Äquivalent des HFDs sind. Durch die Delegationsreise konnte ich während meines Auslandssemester in Utrecht bei SURFnet arbeiten und habe ein Konzept entwickelt, wie Studierende besser in Entscheidungsprozesse eingebunden werden können. Später wurde ich dann als studentische Expertin Teil der Peer-to-Peer-Strategieberatung. Wir haben uns immer dafür stark gemacht, dass ein:e studentische:r Peer bei den Beratungen dabei ist.

Warum war das so wichtig für euch?

Wir mussten feststellen, dass die studentische Beteiligung an vielen Hochschulen oft das erste ist, was unter den Tisch fällt, weil die Prioritäten meistens woanders liegen. Daher war es uns wichtig, dass durch die strukturelle Verankerung von studentischen Peers in der Strategieberatung dieser Schwerpunkt verschoben wird. Es braucht auch Vorgespräche mit studentischen Peers, da Hochschulen oft nicht im Blick haben, dass die eigenen Studierenden vor Ort nicht an strategischen Fragen beteiligt werden.

Du bist nun schon sehr lange in der Community aktiv. Wie hat sich in deinen Augen das HFD gewandelt?

Ich habe den Eindruck, dass eine Professionalisierung stattgefunden hat und mit Blick auf das immer größer werdende University:Future Festival auch eine Festigung der Community. Die Reichweite ist heute eine andere. Ich erinnere mich noch, dass es vor ein paar Jahren um die Frage ging, ob das HFD als Projekt verlängert wird. Die Idee, das HFD nicht zu verstetigen, erschien mir absurd. In den Gesprächen im Rahmen der Peer-to-Peer-Strategieberatung wird mir immer deutlich, wie sehr es Organisationen wie das HFD in der deutschen Hochschullandschaft braucht.

Welchen Mehrwert bietet das HFD für deine Arbeit, für die Hochschulen, für das Hochschulsystem? Was fehlt dir noch?

Aus meiner Sicht stehen Hochschulen vor vielen Herausforderungen, insbesondere die Unterfinanzierung und der hohe Bedarf an Drittmitteln. Die Hochschulen müssen sich ständig mit neuen Entwicklungen und Trends auseinandersetzen, was zu einer ständigen Überforderung führt.

Zudem sind die bürokratischen Strukturen festgefahren und es erfordert viel Energie, Zeit, Wissen und Kompetenz, diese umzugestalten. Das erschwert die Beschäftigung mit neuen Technologien und Lehrformaten. Im Unternehmenskontext würden hierfür beispielsweise Berater engagiert, um wichtige Trends zu identifizieren und zu integrieren.

Hochschulen müssen sich auch mit ihrem Image und ihrer Positionierung auseinandersetzen. Das HFD kann dabei unterstützen, indem es zentralisierte und strukturierte Informationen über aktuelle Möglichkeiten und Risiken bereitstellt. Das stellt einen großen Mehrwert dar, zusätzlich zu den vielen Unterstützungs- und Vernetzungsangeboten des HFD.

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Das Motto unseres Jubiläumsjahres lautet: „Hochschule von Morgen heute gestalten“. Was bedeutet für dich „Hochschule gestalten“, und welche Voraussetzungen sind dafür erforderlich?

Aus meiner Perspektive ist es wichtig, dass auch nicht-hochschulpolitische Themen in hochschulpolitischen Strukturen an Universitäten diskutiert werden. Zum Beispiel sollen Studierendenparlamente und der AStA sich oft nur mit hochschulpolitischen Themen beschäftigen. Das ist aus meiner Sicht nicht ausreichend, da Universitäten und Hochschulen Teil der realen Gesellschaft sind. Und wenn man sich dann mit der Hochschule von Morgen beschäftigt, geht es um die Frage, welche Rollen solche Institutionen in der realen Welt in Zukunft einnehmen sollen. Das bedeutet auch, dass man bei politischen Themen nicht einfach wegschauen kann.  Wenn man sagt, man möchte demokratische Strukturen aufrechterhalten, dann muss man auch einen Beitrag dazu leisten. Die Zeiten (falls es die überhaupt gab) sind vorbei, in denen es einfach nur darum ging, Inhalte und Ausbildung bereitzustellen. Die Rolle von Hochschulen ist es, kritisch zu reflektieren, zu beobachten und zu diskutieren. Ein gutes Beispiel ist der Einsatz von KI-Tools: Hochschulen müssen damit umgehen können, dass Studierende solche Tools einsetzen. Es geht dabei aber nicht darum, die nächsten KI-Forschenden auszubilden, sondern Studierende zu einem kritischen Umgang mit Tools wie ChatGPT zu befähigen. 

Dein aktuelles Digitalisierungs-/KI-Projekt: Woran arbeitest du derzeit und welches Thema im Bereich Digitalisierung/KI in Studium und Lehre beschäftigt dich momentan besonders?

Ich merke natürlich, dass an allen Ecken und Enden das Thema KI aufkommt. Was mich ein bisschen stört, ist dieses Narrativ, dass die Digitalisierung und KI alles besser machen werden. Aber an vielen Stellen, gerade in der Lehre, braucht es zwischenmenschliche Begegnungen und nicht die Arbeit mit ChatGPT. Es ist notwendig, dass wir lernen, mit bestimmten Technologien umzugehen, nicht zuletzt, weil Studierende diesen Skill für die Arbeitswelt brauchen. Gleichzeitig finde ich es wichtig, sich genauer und kritisch damit auseinanderzusetzen: Was braucht es eigentlich gerade wirklich? Es geht ja nicht nur darum, wie wir Technologie bestmöglich implementieren, sondern eher darum, wie wir bestmöglich lernen können. Digitalisierung ist kein Selbstzweck; das habe ich bei den Peer-to-Peer-Strategieberatungen auch immer im Hinterkopf.

Welche Ziele setzt Du dir für die Zukunft? Was wird deiner Meinung nach in den nächsten zehn Jahren für Hochschulen besonders relevant sein?

Das schließt ein bisschen an meine vorherige Antwort an: Hochschulen sollten ihre Rolle in der Demokratie kritisch reflektieren und aktiv gestalten. Dabei ist es wichtig, sich mit Technologie kritisch auseinanderzusetzen, ohne technologiefeindlich zu sein, und sich nicht zwangsläufig an das Silicon Valley anzupassen. Kritisch reflektierte Institutionen sind wichtiger als hochmoderne Technologien, finde ich.

Außerdem sollten Hochschulen realistisch auf die Bedürfnisse ihrer Studierendenschaft eingehen, etwa Pendelstudenten oder Studierende mit Migrations- oder Fluchthintergrund, und entsprechende Ressourcen bereitstellen. Zudem besteht Nachholbedarf in Bezug auf Diversität, insbesondere bei der Benachteiligung von Studierenden mit Behinderungen oder queeren Studierenden. Hochschulen müssen sich von der Vorstellung verabschieden, dass alle Studierenden gleiche Bedürfnisse haben und die unterschiedlichen Lebensrealitäten berücksichtigen, um eine inklusive Zukunft zu gestalten.

Das HFD ist im Jubiläumsjahr unter anderem mit verschiedenen Slogans (No brainer? fast forward? out of the box? win-win? state of the art?)  unterwegs. Welchen findest du im Kontext der Digitalisierung an Hochschulen besonders passend und warum?

Ich würde einen neuen Slogan vorschlagen: think slow and move quickly. Denn zum Einen ist es schwierig, sich zeitliche Freiräume im akademischen System zu nehmen, in denen man Themen konsequent durchdenken kann. Zum Anderen brauchen wir ewig, um Neuerungen einzuführen, obwohl diese sich bereits etabliert haben.

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