Der Digitalisierung und den Future Skills auf der Spur an der TU Graz
Der Digitalisierung und den Future Skills auf der Spur an der TU Graz
16.01.25Inhaltsverzeichnis
In diesem Reisebericht fassen wir unsere wichtigsten Eindrücke, eine Linksammlung und eine Auswahl an Reflexionsfragen aus unserer Delegationsreise an die TU Graz im April 2024 zusammen. Lesen Sie weiter, um zu erfahren:
- was wir von unseren Gastgebenden an der TU Graz über E-Learning Technologien, Digitale Strategie und Unterstützungsstrukturen gelernt haben
- wie kollegiales Vernetzen die Transformationsprozesse im Hochschulkontext stärken kann
- welche Rolle Future Skills bei unseren Gastgebern auf mehreren Hochschulebenen spielen
Wenn Sie etwas noch ein bisschen genauer wissen wollen: Fragen Sie uns direkt oder nehmen Sie über das HFD Kontakt mit uns auf.
Die Delegation
Nicole Chaudhuri ist an der SRH University of Applied Sciences Heidelberg im Bereich Hochschulentwicklung und Weiterbildung tätig. Unter anderem beschäftigt sie sich im Projekt „CORE Future Skills“ der SRH Hochschulstandorte mit verschiedenen Aspekten der Implementierung von zukunftsorientierten Kompetenzen in die Curricula.
Zum Zeitpunkt der Reise arbeitete Dr. Cvetanka Walter als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt DIGITAM an der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes und beschäftigte sich intensiv mit Future Skills Konzepte sowie der Implementierung von Future Skills in die Hochschullehre.
Stefan Remhof ist Professor für Internationales Management an der IU Internationalen Hochschule. In seiner Lehre setzt er auf die Vermittlung von Future Skills und digitale Kompetenzen.
Weitere Informationen zur Delegation
Unsere bunte Delegation: drei Personen, Dr. Cvetanka Walter, Nicole Chaudhuri und Prof. Stefan Remhof, aus drei unterschiedlichen Hochschulen, in unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen, teilweise als Lehrende und teilweise in der Hochschulentwicklung, teilweise auch selbstständig. Unsere eigenen akademischen Fachrichtungen und Lebenswege sind divers.
Wir drei glauben fest an das Lernen von- und miteinander und nutzen seit Jahren das überwiegend virtuelle Qualifikationsangebot des Hochschulforum Digitalisierung. Dort landeten wir, weil wir Vernetzung und Austausch im interdisziplinären Raum als Chance für Entwicklung schätzen. Future Skills ist für uns mehr als nur ein Thema. Wir arbeiten aktiv daran, Future Skills in die Lehre zu verankern sowie Lehrende und Studierende bei der Entwicklung von Kompetenzen zu unterstützen. Denn Lehre Future-Skills-orientiert zu gestalten, bedeutet auch die eigenen Future Skills als Lehrperson zu entwickeln und entsprechende Konzepte zu kennen.
Irgendwann begegneten wir uns im Hochschulforum Digitalisierung im Rahmen des Projekts „Reflexionsportfolio für die eigene zukunftsorientierte Lehre“. Und hier wurden wir auf die Ausschreibung der Delegationsreise aufmerksam. Die Technische Universität (TU) Graz betreibt eine große Abteilung für Lehr-Lerntechnologien – das wusste Cvetanka. Bereits während der Corona-Zeit hatte sie sich mit Prof. Martin Ebner über das Thema Onlinelehre in Graz ausgetauscht und erkannte darin ein vielversprechendes Ziel für die Delegationsreise. Im dynamisch kollegialen Kommunikationsklima der Projektgruppe fanden wir uns schnell in einem gemeinsamen Delegations-Reise-Wunsch zusammen und wollten Digitalisierung und Future Skills aus unterschiedlichen Perspektiven im österreichischen Hochschulkontext erkunden und die Erkenntnisse mit der Hochschulcommunity in Deutschland zu teilen. Wir sind sehr dankbar, dass wir die Förderung für diesen wertvollen internationalen Austausch erhalten haben.
Motivation und Ziel der Reise
Das „Warum“ unserer Reise ergibt sich aus dem „Wir“ unserer beruflichen Interessen.
Die Hochschulwelt sucht nach Wegen in die Zukunft – nicht erst seit der Corona-Pandemie. Viele Hochschulmitarbeitende gestalten das Gesamtbild und die Entwicklung der Bildungswelt in allen Facetten der Hochschulbereiche – manche dabei recht einsam oder auf den Orbit der eigenen Hochschule beschränkt. Vernetzung und Austausch sind die Quelle für ein neues „Wir“ in der nationalen und internationalen Hochschulcommunity.
Wir als Delegations-Team „Future Skills“ hatten das Ziel, an der TU Graz Good-Practice-Beispiele kennenzulernen. Wir wollen an der Erfahrung eines „Riesen“ herausstellen, wie nachhaltige Veränderungen und Entwicklungen in der Lehre und Digitalisierung im Hochschulkontext gestaltet werden können.
Über die Gastgebenden
Unser Reiseziel war die Technische Universität Graz und unser Gastgeber war das Team der dort angesiedelten Lehr-Lern-Technologien (LLT) um Martin Ebner und Walther Nagler. Die Abteilung gilt als Vorreiter auf dem Gebiet des E-Learnings. In mehr als 20 Jahren Aufbauarbeit zur Digitalisierung sind beachtliche Strukturen und Ergebnisse entstanden. Prominent sichtbar ist die iMoox-Plattform. Hier können Hochschulen alle Arten von E-Learning-Ressourcen als OER-Materialien bereitstellen. Ein besonderes Highlight der gegenwärtigen Arbeit ist die Erkundung neuer spannender Wege mit künstlicher Intelligenz. Dafür experimentiert das Team der LLT mit Avataren echter Personen, die z. B. in einem MOOC die Rolle der Lehrperson einnehmen. Alle Kurse auf der iMoox-Plattform sind kostenlos erreichbar unter diesem Link: https://imoox.at/mooc/.
Unsere Stationen an der TU Graz
„Was interessiert Euch? Was wollt Ihr sehen?“ Das waren die ersten Fragen beim Vorgespräch.
Natürlich wollten wir erfahren, was in der Abteilung technisch gemacht wird. Im Vordergrund stand der Wunsch zu erfahren, wie die Profis an der TU Graz es schaffen, Hochschullehrende beim Thema „Future Skills“ zu unterstützen. Und schon durften wir lernen, dass die Beantwortung dieser Frage(n) gleich mehrere weitere Personen und Abteilungen auf den Plan ruft. Die Erstellung der Reise-Agenda hat Freude gemacht, auch weil sich unsere Gastgeber sehr bemüht haben. Am Ende stand ein Programm über vier Tage mit sehr unterschiedlichen Stationen:
- Abteilung Lehr- und Lern-Technologien (LLT)
- Teaching Academy
- Transformationsteam
- Büro für Gleichstellung und Frauenförderung
- Video-Studios
Digitalisiertes Lernen – vom zwei-Personen-Büro zum übergreifenden Thema in der Hochschule
Unser Gastgeber war das Team der Lehr-Lern-Technologien (LLT) um Martin Ebner und Walther Nagler. Das LLT ist aus einem 2002 gegründeten E-Learning-Büro entstanden. Orientiert an den bildungspolitisch unterstützten Entwicklungstrends werden seitdem bestimmte Bereiche und Aspekte des E-Learnings strategisch verfolgt. Das Team gilt als Vorreiter mit seiner über 20-jährigen Arbeit zur Digitalisierung an der TU Graz und der iMoox-Plattform zur Erstellung von OER-Materialien.
Das war sinngemäß die Antwort der beiden Leiter Martin Ebner und Walther Nagler, auf die Frage: Wie habt ihr es geschafft, so lange am Ball zu bleiben und diese große Abteilung aufzubauen?
Im Austausch mit weiteren Kolleginnen und Kollegen aus unterschiedlichen Abteilungen ging es im Kern darum, wie Hochschullehrende bei der Entwicklung der eigenen „Future Skills“ effektiv und ganzheitlich unterstützt werden können.
Vier Tage lang haben wir an konkreten Beispielen der TU Graz und unserer eigenen, deutschen Hochschulen diskutiert:
- Was es für eine Hochschule bedeutet, die digitale Transformation aktiv mitzugestalten;
- wie man Erfolg versprechend (digitale) Future Skills bei Lehrenden fördern kann, und
- wie man mit den ständig neuen Entwicklungen der KI Schritt halten kann.
Unerwartet war für uns, dass der Terminus „Future Skills“ in Österreich im Rahmen der universitären Lehre bisher nicht diskutiert wird, sondern eher im Bereich New Work, also in der Personalentwicklung der Hochschulen. Im universitären Bereich liegt das Augenmerk generell – wie auch in Deutschland – stark auf Forschung und nicht auf der Didaktik (Lehre). Inwiefern der Begriff „Future Skills“ in der Domäne der angewandten Hochschulen in Österreich besprochen wird, konnte vor Ort nicht geklärt werden.
Wir haben deutlich erfahren: Das waren in Österreich in den letzten 20 Jahren wohl vorwiegend technologische Aspekte. Bezeichnenderweise wurde die TeachingAcademy der TU Graz als Förderungseinheit für Hochschullehrende erst 2020 gegründet, weil es seitdem eine staatliche Strategieförderung dafür gab.
Ein Highlight aus der jetzigen Arbeit ist die Erkundung neuer spannender Wege mit Avataren, die in einem MOOC die Rolle der Lehrperson übernommen haben. Alle Kurse auf der iMoox Plattform sind kostenlos erreichbar unter diesem Link.
Im Land wird sehr stark eine Vernetzung der Hochschulinstitutionen angestrebt (z. B. durch Maßnahmen wie DUHLab) und es gibt großes Interesse von Deutschland zu lernen.
Technik zum Anfassen
Als kollaboratives Lernerlebnis haben wir ein kleines Video-Projekt durchgeführt: Das professionell ausgestattete Videostudio samt Profi-Mitarbeitenden durften wir am letzten Tag testen. Dabei haben wir über Videoaufnahmen aus eigener Erfahrung gelernt, wie man Videos erstellt. Schaut gerne unsere kurze Reflexionsrunde hier.
Key Learnings über Förderung von Future Skills
Future Skills für Lehrende lassen sich über mehrere Wege erfolgreich fördern, z. B. durch:
- Sichtbarmachung guter Lehre
- Begleitung von Transformationsprozessen durch Change Agents
- Erleichterung der Studierbarkeit (z. B. Unterricht in englischer Sprache)
- Transparenz und Reflexion auf allen Ebenen
- Ganzheitlichkeit
- moderne technische Ausstattung
- persönlichen und professionellen technischen Support
- analoges Material zum Anfassen (zusätzlich zum digitalen)
- gut strukturiertes, ansprechendes und „mitwachsendes“ Info-Material
- Mut, Neues auszuprobieren
- Zeit und Teamgeist
Zusammenfassend waren sich alle Beteiligten einig, dass eine transformative Lehre von Reflexion, Austausch und dem didaktisch sinnvollen Einsatz von Technologien profitiert. Kooperation, Koordination, Kommunikation zwischen verschiedenen Einheiten ist ein Schlüsselfaktor für die erfolgreiche (mittel- und langfristige) Transformation im Hochschulkontext. Dabei sind Vermittlung, Erklärung, persönliche Beratung und Begleitung unerlässlich, um Technologie und Mensch sinnvoll zusammenzubringen.
Ergebnisse als Erlebnisse weitergeben
Hochschulstrategische Entscheidungen sind die Voraussetzung zum Einzug digitaler Lernmittel in die Institutionen. In die Curricula kommen diese letztlich durch konkrete Lehraktivitäten, also durch Hochschullehrende – die in großer Zahl (noch) keine technologische Expertise haben. Wie lässt sich dieser gedankliche Bogen also schlagen? Wie können Lehrende zu Lernenden im laufenden Betrieb werden? Wer oder was kann dabei hilfreich sein? Wie werden wir es schaffen, eine Lernkultur entstehen zu lassen, die wir wahrscheinlich für unbestimmte Zeit brauchen werden? Welche Future Skills benötigen Hochschullehrende überhaupt?
Wir, das Delegationsteam, wollten auf Basis der Reiseerfahrungen einen Beitrag zur digitalen Transformation in der Hochschulwelt leisten. An der TU Graz haben wir einige Antworten auf diese Fragen gefunden. Im Ergebnis wurde klar, dass mehrere Abteilungen und Personen mit ihren Ansätzen zur Entwicklung beigetragen haben. Die Bereiche Strategie, Technologie, Wissenschaft, Weiterbildung und Transformationsmanagement bilden zusammen ein Klima der Entwicklung.
Für interessierte Leser:innen haben wir zwei Ressourcen aus den Erfahrungen abgeleitet: eine Linksammlung und einen Pool an Reflexionsfragen.
Diese Sammlung enthält Links zu Abteilungen und Ressourcen der TU Graz. Alle befassen sich mit dem Thema „digitale Transformation“. Verschaffen Sie sich einen Überblick oder recherchieren Sie tiefer. Wir finden, dass man hieran gut sehen kann, welche Funktionsbereiche dazu notwendig sind. Außerdem kann man Impulse sammeln, welche Ansätze für die Förderung von Hochschulmitarbeitenden entwickelt wurden und werden.
- LLT – viele Jahre E-Learning Erfahrung! https://www.tugraz.at/oe/lehr-und-lerntechnologien/home
- TELucation – kreative und wirksame Unterstützung für E-Ressource-User:innen https://telucation.tugraz.at/
- Open Source MOOC Plattform https://imoox.at/mooc/
- TUbe – professionelle Video- und Audioproduktion https://www.tugraz.at/oe/lehr-und-lerntechnologien/angebote-und-services/tube-services-streaming-recording-und-videoproduktion
- TeachingAcademy – Know-how für die Hochschullehre https://www.tugraz.at/studium/lehre-an-der-tu-graz/lehre-blog/detail-blog-page/article/know-how-fuer-die-lehre-die-teaching-academy-der-tu-graz
- DUH – Transformationsförderung im österreichischen Universitätsnetzwerk https://www.digitaluniversityhub.eu/
Weitere Berichte und Blogbeiträge:
- Blogbeitrag der Gastgeber, TU Graz: „Digitale Zukunftskompetenzen Hochschulen im DACH-Raum im Dialog“
- htw saar Blog: Never Stop Learning – Delegationsteam „Future Skills“ zu Besuch an der Technischen Universität Graz (https://htwsaar-blog.de/blog/2024/05/29/never-stop-learning/)
- LinkedIn-Beiträge von Nicole Chaudhuri:
- LinkedIn-Beitrag von Cvetanka Walter
- Aufzeichnung des Hangouts „HFD-Delegationsreise an die TU Graz“ vom 29. Mai 2024
Reflexion kann für Lehrende eine Unterstützung sein bei der Entwicklung eigener zukunftsorientierter Kompetenzen. Reflexionsfragen helfen dabei, die eigene Lehrpraxis gezielter weiterzuentwickeln und Studierende methodisch adäquat und zeitgemäß zu begleiten. Hochschulmitarbeitende mit strategischen Tätigkeiten oder in Weiterbildungsbereichen können auch Reflexionsfragen einsetzen, um Wege für die Unterstützung Hochschullehrender zu entwickeln.
Deshalb haben wir aus unseren Eindrücken eine Auswahl an Reflexionsfragen formuliert. Sie sind ein Impuls und Angebot, um Future Skills in Ihrem Hochschulkontext zu thematisieren und zu fördern:
- Wie kann der Begriff „Future Skills“ im Kontext der Hochschullehre besser etabliert und definiert werden?
- Wie definiere ich Future Skills in meinem Fachgebiet? Wie werden Future Skills an meiner Institution definiert?
- Wie kann ein starkes „Wir-Gefühl“ an Hochschulen gefördert werden, um nachhaltige Veränderungen zu ermöglichen?
- Wer ist an der jeweiligen Hochschule der Ansprechpartner für die Transformationsprozesse und für die Förderung von (digitalen) Future Skills?
- Welche Rolle spiele ich als Einzellehrperson im Hochschultransformationprozess?
- Welche Rolle spielt lebenslanges Lernen bei der digitalen Transformation im Hochschulkontext an der Institution und für mich als Einzelperson?
- Inwiefern können internationale Austauschprogramme wie die HFD-Delegationsreisen zur Weiterentwicklung jeder einzelnen Hochschule beitragen?
- Welche Unterstützung wünsche ich mir von meiner Hochschule für die Entwicklung von Future Skills als Lehrkraft?
- Welche Future Skills möchte ich (weiter-)entwickeln?
- Welche Herausforderungen ergeben sich für Hochschulen durch die rasante Entwicklung der KI, und wie können sie damit umgehen?
- Welche Vorteile bieten kostenlose Online-Kurse wie MOOCs für die Hochschulbildung, und wie können sie weiterentwickelt werden?
- Welche Rolle spielen interdisziplinäre und interuniversitäre Netzwerke wie der Digital University Hub bei der Bewältigung der digitalen Transformation? Welchem Netzwerk kann ich mich anschließen?
- Wie können Hochschulen einen dialogorientierten und studierenden-zentrierten Ansatz in der Praxis umsetzen?
- Welche konkreten Maßnahmen können Hochschulen ergreifen, um Transformationsprozesse langfristig und nachhaltig zu gestalten?
- Mit wem könnte ich mich für eine HFD-Delegationsreise bewerben? Welches Thema möchte ich international diskutieren?