Wie geht eigentlich barrierefrei Posten auf Social Media?

Wie geht eigentlich barrierefrei Posten auf Social Media?

12.09.24

Im oberen Bild sind Sprechblasen mit einem Fotoapparat, dem Wort "Share", Kopfhörern und Hashtag abgebildet. Text in der unteren Bildhälfte: "Wie geht eigentlich barrierefrei Posten auf Social Media? Ein Beitrag von Ina-Marie Ernst." Logo rechts unten: 10 Jahre Hochschulforum Digitalisierung.

Viele Hochschulen sind mittlerweile auf Social Media aktiv. Auf diese Weise können sie ihre unterschiedlichen Zielgruppen direkt erreichen. Aber wer wirklich alle relevanten Zielgruppen erreichen will, sollte Postings barrierefrei gestalten. Worauf gilt es dabei zu achten? Und: Wie umfangreich ist dieser „Mehraufwand“ wirklich? Ina-Marie Ernst von DoBuS – Bereich Behinderung und Studium an der TU Dortmund und gibt in diesem Gastbeitrag wertvolle Tipps und Tricks, wie barrierefrei Posten auf Social Media gelingt. 

Soziale Medien sind aus unserem Alltag nicht wegzudenken. Das gilt auch für mich. Neben unterhaltsamen Inhalten erreichen mich mittlerweile auch wichtige Informationen über die sozialen Netzwerke. Viele Fakultäten und Organisationen meiner Universität sind dort mit eigenen Kanälen vertreten. In den Stories des Studierendenwerks erfahre ich, wenn die Mensa mal früher schließt oder werde von der Fakultät Kulturwissenschaften über aktuelle Veranstaltungen informiert. Ich denke, ich bin nicht die einzige Studentin, bei der Social Media mehrere Zwecke erfüllt. Damit hätten wir schon einmal erklärt, warum es für universitäre Einrichtungen wichtig ist, Informationen und Inhalte auf Social Media Plattformen zu verbreiten: Wer die Studierenden erreichen will, der sollte dort hingehen, wo sie sich tummeln.

Aus dieser Prämisse heraus ging im März 2022 der DoBuS Instagram-Kanal online (DoBuS-Instagram Profil). DoBuS ist der Bereich Behinderung und Studium an der TU Dortmund. Das Team bietet Studierenden mit Beeinträchtigungen verschiedene Beratungs- und Unterstützungsmöglichkeiten. Um den Bekanntheitsgrad von DoBus und dessen Angebote zu steigern, wurde der Instagram-Kanal gegründet. Ich bin von Anfang an als studentische Hilfskraft mit dabei. Uns beschäftigt seitdem vor allem die Frage: Wie produziert man barrierefreie Beiträge für Social Media?

Stellen Sie sich mal vor, Sie rufen unser Profil auf. Aber alles, was Sie finden, sind schwarze Kacheln und Videos ohne Ton. So geht es Studierenden mit einer Sehbeeinträchtigung oder mit einer Hörbeeinträchtigung. Jedes Mal, wenn wir posten, wollen wir unsere gesamte Zielgruppe erreichen und das geht nur, wenn wir unsere Inhalte barrierefrei gestalten. Ansonsten wird es immer Studierende geben, die durch ihre Beeinträchtigung keinen Zugang zu unseren Inhalten haben. Das ist dann so, als würden wir nur schwarze Kacheln posten. Derzeit sind die Social Media Plattformen nur sehr begrenzt barrierefrei. Das liegt zum Teil an den begrenzten technischen Möglichkeiten der Plattform, aber auch an dem wenig verbreiteten Wissen, wie man die existierenden Möglichkeiten ausschöpft. Unsere Expertise haben wir uns durch intensive Recherche und dem guten alten „Learning-by-doing“ angeeignet. Schnell haben wir festgestellt, dass es viele einzelne Quellen zu bestimmten Methoden für barrierefreie Inhalte gibt, einen zentralen Ort, an dem alle Aspekte vorgestellt und berücksichtigt werden, aber noch nicht. Wir haben auch gemerkt, wie schnell sich die technischen Voraussetzungen auf den Plattformen verändern. Derzeit ist es z. B. auf unserem Profil noch nicht möglich, Stories mit automatischen Untertiteln zu versehen. Dies wird sich wahrscheinlich mit den nächsten Updates ändern.

Der Leitfaden „Barrierefrei Posten auf Social Media“

In unserem Leitfaden, den ich gemeinsam mit meiner Kollegin Finnja Lüttmann verfasst habe, veröffentlichen wir unser gesammeltes Wissen. Wir möchten zeigen, wie eigene Inhalte mit ein wenig Mehraufwand barrierefrei werden. Es ist mir wichtig an dieser Stelle zu unterstreichen, dass es sich hier tatsächlich nur um einen geringen Mehraufwand handelt. Nehmen wir einmal Hashtags zum Beispiel. Sie sind üblicherweise klein geschrieben, auch wenn sie mehrere Worte beinhalten: #studierenmitbarrieren. Screenreader, die von Personen mit Blindheit oder einer Seebeeinträchtigung genutzt werden, lesen die Hashtags zusammenhängend vor. Schrieben Nutzende jedoch jedes neue Wort groß (#BarrierefreiStudieren), kann der Screenreader den Unterschied erkennen. Übrigens, die Groß- und Kleinschreibung ist für die Schlüsselwortsuche irrelevant. Die Beiträge werden trotzdem zusammengeführt und bei der Suche allen Nutzenden angezeigt. Auch ein Alternativtext ist schnell verfasst und mit der Funktion der automatischen Untertitelung von Videos wird dieses einer größeren Gruppe zugänglich gemacht. Und ganz am Rande: Nicht nur die angepeilte Zielgruppe profitiert von den barrierefreien Inhalten. Ein einfaches Beispiel sind Kurzvideos mit Untertiteln. Sie nützen auch Personen mit einer Sprachbarriere oder, die in einer lauten Bahn oder leisen Bibliothek sitzen.

Wir wollten den Leitfaden vor allem verständlich und nützlich halten. Es soll das Erstellen von barrierefreien Beiträgen vereinfachen, egal, ob viel Erfahrung vorliegt, Sie privat posten oder für eine Institution. Jeder Unterpunkt enthält eine Schritt-für-Schritt-Anleitung. Wir haben hilfreiche Tipps für Bild- und Videobeiträge für diverse Formate und Plattformen. Neben den konkreten Anleitungen zu Alternativtexten, Untertitel und Co. sensibilisiert der Leitfaden für die Barrieren auf Social-Media Plattformen. Der Leitfaden ist unsere Einladung, gemeinsam die digitale Welt ein Stück barrierefreier zu gestalten.

Barrierefreier Content lohnt sich. Ein Blick auf unsere Follower zeigt, dass wir nicht nur Studierende erreichen, sondern auch viele andere Accounts verschiedener universitärer Institutionen. Unsere Reichweite geht längst über den Campus der TU Dortmund hinaus. Das heißt, diverse Stellen werden auf die Tätigkeiten und Angebote von DoBuS aufmerksam. Durch unsere Inhalte haben wir die Möglichkeit, eine Vielzahl von Personen für die Bedarfe von Personen mit Beeinträchtigungen zu sensibilisieren. Gleichzeitig zeigen wir durch unsere tägliche Arbeit, wie die Studierenden den Campus prägen, da unsere kreativen Beiträge häufig mit der Beteiligung von Studierenden entstehen. Unsere Inhalte umfassen also nicht nur relevante Informationen zu Veranstaltungen und den Angeboten von DoBuS. Die letzte O-Woche haben wir beispielsweise täglich digital begleitet. Es gab Videos zur barrierefreien Orientierung auf dem Campus und zur Bedienung von Hörunterstützungssoftware in den Hörsälen. Wir kooperieren auch schon seit einiger Zeit erfolgreich mit anderen universitären Stellen. Gemeinsam mit dem Referat Internationales gestalten wir eine Reihe zum Studieren im Ausland. Die Zahl der Studierenden, die mit einer Beeinträchtigung ins Ausland gehen, ist vergleichsweise gering. Wir wollen Studierende ermutigen, sich auf den Weg zu machen. Unsere Reihe umfasst alle relevanten Informationen sowie persönliche Erfahrungsberichte von Studierenden mit Beeinträchtigung, die im Ausland waren.

Wie geht es weiter?

Aus meiner Perspektive sollten Social-Media-Kanäle im universitären, aber auch in jedem anderen Kontext Informationen so aufbereiten, dass sie für alle Personen zugänglich sind. Studierende mit Beeinträchtigung möchten genauso wissen, wann die nächste Informationsveranstaltung zum Thema Auslandsaufenthalt stattfindet, wie Studierende ohne. In den meisten Fällen bedeutet dies für die Erstellung der eigentlichen Inhalte keinen großen Mehraufwand – gerade dann, wenn die Methoden erstmal zur Routine werden und automatisch mitgedacht werden.

Deswegen folgt ein Appell an Sie, liebe Lesenden. Der Leitfaden ist gemacht für die praktische Anwendung. Ich möchte Sie ermutigen, probieren Sie sich gerne aus. Ich weiß, für viele sind die Berührungsängste am Anfang hoch: „Was, wenn ich was falsch mache?“ Aber Fehler machen ist okay, und das Vorhandensein eines Alternativtextes ist grundsätzlich besser als keiner, solange Sie nicht ein Märchen schreiben anstelle des konkreten Inhalts des Bildes. 

Unsere Arbeit hört hier nicht auf. Da sich die technischen Möglichkeiten auf den Plattformen ständig weiterentwickeln, ist der Leitfaden kein abgeschlossenes Projekt. Für uns heißt das, wir bleiben dran, damit unser Leitfaden seine Relevanz und Praktikabilität nicht verliert. Im Laufe der Zeit wird eine neue Version veröffentlicht.

Bis dahin freuen wir uns über Ihre Rückmeldung und Ihre Fragen, damit der Leitfaden noch besser wird.

Autorin:

Ina-Marie Ernst schließt derzeit ihr Bachelorstudium der Angewandten Literatur- und Kulturwissenschaften an der TU Dortmund ab. Seit 2022 arbeitet sie als studentische Mitarbeiterin bei DoBuS – Bereich Behinderung und Studium an der TU Dortmund. In diesem Zusammenhang erlangte sie das Wissen über Barrierefreies Posten auf Social Media. Nebenbei ist sie beim ABeR, dem Autonomen BehindertenReferat der TU Dortmund, aktiv. Neben der aktiven Netzwerkarbeit für die Studierenden auf dem Campus, setzt sich das Referat für die Teilhabe aller Studierenden ein und ist Mitglied diverser Gremien zur Verbesserung der Studienbedingungen. Ein besonderes Anliegen von Ina-Marie Ernst sind zum einen die psychische Gesundheit von allen Mitgliedern an den Hochschulen sowie der Abbau von Stigmata rund um das Thema Behinderung und psychischen Erkrankungen. Im Oktober 2024 wird sie in den Master wechseln.

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