Tipps zur erfolgreichen Arbeit in der Lern-Community
Tipps zur erfolgreichen Arbeit in der Lern-Community
12.03.24Eine Lern-Community ist ganz allgemein eine Gruppe von Menschen, die zusammenkommt, um gemeinsam zu lernen. Im Fokus stehen dabei der gemeinsame Wissensaustausch und das Erreichen von individuellen Lernzielen. Auch die Möglichkeiten der Vernetzung und des Peer-Feedbacks machen Lern-Communitys besonders attraktiv. Zudem zeichnen sich Lern-Communitys dadurch aus, dass sie auf eine festgelegte Dauer hin angelegt sind, und regelmäßige Treffen in Kleingruppen (3–5 Personen) beinhalten. In diesem Blogbeitrag spricht Lavinia Ionica mit Svenja König von der Hochschule Kempten. Sie hat 2023 am Train-the-Trainer-Programm teilgenommen und berichtet hier über ihre Eindrücke und Erfahrungen mit Lern-Communitys.
Lavinia: Svenja, was macht die Arbeit in einer Lern-Community so besonders? Wann lohnt es sich, eine Lern-Community zu machen?
Svenja: Für mich liegt der große Wert darin, vielfältige und neue Perspektiven sowie Impulse im Austausch mit anderen für die Erreichung eines individuellen Lernziels zu finden, gerade wenn man sich mit dem Lernziel auch auf ein bisher noch nicht so bekanntes und neues Terrain gewagt hat. Dadurch können Ideen für die Problemlösung gefunden werden, an die man zuvor aus der Perspektive des eigenen Erfahrungs- und Wissenshorizontes noch gar nicht gedacht hat. Entscheidend ist hier für mich die gegenseitige Befruchtung und Bereicherung aus den unterschiedlichen Erfahrungshintergründen und Wissensbeständen, die jeder einzelne mitbringt.
Ein bedeutsamer Aspekt liegt für mich überdies auch in der Motivation, die es schafft, durch die Teilnahme an der Lern-Community um Begleitung auf der eigenen individuellen Lernreise zu wissen und sich hier auch gegenseitig Ansporn zu geben, wenn man zwischendurch Herausforderungen erlebt und einmal nicht weiterkommt. Ich denke, dass sich die Teilnahme an einer Lern-Community auch lohnt, um wirklich an der kontinuierlichen Verfolgung des eigenen Lernziels zu arbeiten und gleichzeitig auch den Schritt aus der eigenen Komfortzone zu wagen und gezielt nach Inspiration außerhalb der eigenen Denkmuster zu suchen.
Eine Lern-Community schafft Sicherheit und den Mut, Herausforderungen zu erkennen, diese gemeinsam in der Gruppe zu bewältigen und dafür Lösungen zu finden. Genauso wichtig ist aber auch die Möglichkeit, Freude und Erfolge miteinander teilen zu können und sich gegenseitig immer wieder Anerkennung zu schenken. Einen abschließenden bedeutsamen Punkt stellt für mich schließlich die wertvolle Möglichkeit zum Ausbau des eigenen Netzwerks und zum Knüpfen neuer Kontakte dar.
Lavinia: Was macht für dich eine erfolgreiche Arbeit in einer Lern-Community aus?
Svenja: Bestimmend für eine erfolgreiche Arbeit in einer Lern-Community ist für mich eine Haltung, die geprägt ist von der Bereitschaft, eigenes Wissen und eigene Erfahrungen zu teilen, und einer Offenheit für neue Impulse und sich entwickelnde Ideen aus dem Austausch mit anderen, auch verbunden mit einer gewissen Neugier. Für mich spielt ebenso die Bereitschaft zum Geben und Nehmen von Feedback eine wichtige Rolle. Dafür ist es erforderlich, den anderen in einem ehrlichen Interesse aufmerksam und bewusst zuzuhören. Dahinter steht wiederum auch ein Bedürfnis, einen gemeinsamen Nutzen für alle zu schaffen und die Lern-Community für alle gewinnbringend und wertvoll zu gestalten, indem der Fokus nicht nur auf dem eigenen Fortschritt, sondern auf gegenseitiger Begleitung und Unterstützung liegt. In diesem Zusammenhang spielt für eine erfolgreiche – im Sinne eines Nutzens, den sie für alle Teilnehmenden schafft – Zusammenarbeit in einer Lern-Community für mich auch Zielklarheit eine wichtige Rolle, die nicht nur in Bezug auf das individuelle Lernziel gegeben ist, sondern ebenso hinsichtlich eines gemeinsamen Sinn und Zwecks, den man für sich als Gruppe identifiziert hat.
Das Fundament für den gemeinsamen Erfolg in einer Lern-Community bildet für mich ein ehrlicher, respektvoller und offener Dialog, in dem sich jedes Mitglied einbringen kann und gehört wird, und der Wunsch, im Sinne eines Growth Mindsets, durch den Austausch und die Unterstützung in der Gruppe an der Lösung der eigenen individuellen Ziele zu wachsen und sich weiterzuentwickeln.
Lavinia: Wenn man eine neue Lern-Community startet, geht es erstmal darum, Termine festzulegen und Kontaktdaten auszutauschen. Welche Methoden waren für Dich besonders erfolgreich?
Svenja: Hier habe ich es als sehr hilfreich und wertvoll empfunden, direkt zu Beginn alle Termine für die gemeinsamen Austausch-Treffen über den gesamten Verlauf der Lern-Community hinweg festzulegen. Dies gibt jedem die Möglichkeit, diese auch langfristig im Vorfeld fest in seinen Kalender einplanen und Zeit für die bewusste Teilnahme einräumen zu können, sodass es sich nicht um einen hektisch eingeschobenen Termin zwischen vielen anderen Meetings handeln muss. Für die Terminabstimmung selbst kann gut eine Umfrage genutzt werden, in der für jedes der gemeinsamen Treffen jeweils z. B. drei Terminoptionen zur Abstimmung eines für die Mehrheit am besten passenden Termins angeboten werden. Hier ist es wertvoll, wenn es einen Teilnehmenden gibt, der sich bereit erklärt, dies zu übernehmen und zu initiieren. Anschließend wird das Ergebnis der Auswertung mit den abgestimmten Terminen für alle Teilnehmenden transparent über einen entsprechenden Kommunikationskanal kommuniziert und verfügbar gemacht.
Um Terminoptionen für eine gemeinsame Abstimmung zu finden, ist es wichtig, sich zuvor gemeinsam als Gruppe Gedanken zu machen, wann die gemeinsamen Termine, wenn sie ggf. auch als Element in ein bestimmtes Format/Programm eingebunden sind, jeweils sinnvollerweise stattfinden sollten. Im Rahmen eines vierwöchigen Moduls könnte dies beispielsweise sinnvollerweise in der dritten Woche geschehen, sodass zuvor jedem die Möglichkeit gegeben ist, sich bezogen auf das individuelle Lernziel eigenständig mit den gegebenen Lerninhalten auseinanderzusetzen und dann das Treffen in der Lern-Community zur Klärung und Adressierung sich hierbei ergebender Fragen sowie auch ggf. Herausforderungen, welchen man dabei begegnet ist, zu nutzen. Im Austausch in der Lern-Community können dann wiederum Fragen gesammelt werden, die man zum Ende jedes Moduls in großer Runde mit den Teilnehmenden aus den anderen Gruppen und den Trainer:innen ansprechen möchte.
Lavinia: Bleiben wir bei der Organisation: Welche Entscheidungen müssen getroffen werden, damit die Lern-Community erfolgreich arbeitet?
Svenja: Um erfolgreich in der Lern-Community zu arbeiten, bildet zunächst – auch wenn es sich banal anhören mag – der Austausch von Kontaktdaten einen wichtigen Schritt, denn nur so können wichtige Informationen geteilt werden. An diesen Punkt schließt sich die wichtige Entscheidung an, welche Kommunikationskanäle innerhalb der Gruppe genutzt werden und über welches Tool die gemeinsamen Treffen stattfinden sollen. Hier ist es in der Auswahl für mich von Bedeutung, sich auf ein Tool zu einigen, dass für alle Mitglieder möglichst leicht zugänglich und ohne größeren Aufwand nutzbar ist. Wenn dann in der Gruppe eine endgültige Entscheidung für ein oder mehrere Tools getroffen wurde, habe ich es aus meiner Erfahrung zugleich als wertvoll wahrgenommen, einen für alle folgenden Treffen einheitlich gültigen Link zu erstellen und zu teilen. Auch hier profitiert man davon, wenn es jemanden in der Gruppe gibt, der die Initiative ergreift.
Über die Auswahl eines Kommunikationstools hinaus hat es sich aus meiner Erfahrung in meinem Lernnetzwerk als positiv für den gemeinsamen Wissens- und Erfahrungsaustausch erwiesen, eine weitere gemeinsame technische Infrastruktur einzurichten und zu nutzen, wie beispielsweise einen speziellen Ordner, der zu diesem Zweck in einer Cloud eingerichtet wird. Dieser kann nicht nur dafür genutzt werden, sich gegenseitig nützliche Materialien zur Verfügung zu stellen, sondern auch für das Teilen von Dokumenten, um Feedback zu erhalten.
Lavinia: Brauchen Lern-Communities eine Moderation? Welche Erfahrungen hast du hier gemacht und was würdest du weiterempfehlen?
Svenja: Die Übernahme der Moderation eines Treffens hilft allgemein für den Arbeitsalltag und bei der Zusammenarbeit mit anderen, Sicherheit zu gewinnen und in der geschützten Gruppe der Lern-Community positive Erfahrungen zu sammeln. Die Bestimmung und der Einsatz eines Moderators, der strukturiert durch das Treffen führt und für das Zeitmanagement verantwortlich ist, ist für mich ein wichtiger Beitrag, um die Treffen ziel- und ergebnisorientiert und für alle gewinnbringend zu gestalten.
Dabei kann eine weitere wichtige Aufgabe des Moderators auch im Versand einer Erinnerungs-E-Mail mit entsprechendem Link und Ausblick auf die Agenda im Vorfeld des Meetings liegen. Im Nachgang des Treffens kann von ihm zudem ein kurzes zusammenfassendes Protokoll versendet werden, mit dem alle Teilnehmer das vorherige Treffen noch einmal reflektieren können.
Um Fairness zu gewährleisten, ist es hierbei aus meiner Perspektive wichtig, bei jedem Treffen für einen gezielten Wechsel der Moderation zu sorgen, so dass jedes Gruppenmitglied einmal an der Reihe ist. So könnte dies z. B. auch ein fester Schlusspunkt in der Tagesordnung jedes Treffens sein, bei dem die Moderation für das nächste Treffen übergeben wird. Eine klare Agenda ist ein wichtiges Instrument für ein strukturiertes und ergebnisorientiertes Vorgehen, mit dem zugleich Sorge dafür getragen werden kann, dass jedes Gruppenmitglied Gehör findet und zu Wort kommt.
Hierbei hat es sich für mich in der Strukturierung des Ablaufs aus der Erfahrung in meiner Gruppe bewährt, nach einem kurzen fünfminütigen Check-in, mit der Möglichkeit für die Mitglieder anzukommen und organisatorische Fragen zu klären, einen festen Zeitslot für jedes Gruppenmitglied bzw. jede Kleingruppe vorzusehen und einzuräumen. In diesem Zeitfenster wird jedem Gruppenmitglied persönliche Zeit gegeben, um den aktuellen Arbeitsstand, wichtige Erkenntnisse, Erfolge und überwundene Herausforderungen zu teilen. Gleichzeitig können ungelöste Herausforderungen und Probleme in der Gruppe angesprochen und konkrete Fragen zur gemeinsamen Lösungsfindung aufgeworfen und gemeinsam diskutiert werden. Schließlich bietet sich in diesem Zeitfenster zugleich die Möglichkeit, um nach einem spezifischen Feedback zu bitten. Nach dieser gegenseitigen Vorstellung kann der Abschluss des Treffens mit einem Ausblick auf die nun anstehenden nächsten Schritte für jeden Einzelnen gestaltet werden, bevor mit einer kurzen Besprechung des weiteren Vorgehens die offizielle Verabschiedung erfolgt.
Svenja König
Svenja König ist Wirtschaftspsychologin (M.A.) und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für digitale Transformation in Arbeit, Bildung und Gesellschaft an der Hochschule Kempten. Eines ihrer Aufgabengebiete umfasst dort die inhaltliche und didaktische Konzeption von Online-Trainings sowie die Projektleitung des Onboarding-Konzepts an der Fakultät Betriebswirtschaft der Hochschule. Inhaltliche Schwerpunkte ihrer Arbeit, die auch mit der Mitarbeit an entsprechenden Publikationen einhergeht, sind Themen der Zusammenarbeit in hybriden Teams und der Entwicklung zukünftiger Talente im Zusammenhang mit dem Thema Future Skills sowie auch Themen der Teamgesundheit.