Mantras der Digitalisierung – Ein Interview mit Dr. Hans Pongratz
Mantras der Digitalisierung – Ein Interview mit Dr. Hans Pongratz
25.04.19„Ich, Alles, Überall und Sofort, das sind die Mantras der Digitalisierung. Das steht für die Personalisierung, die Individualisierung und eben die Verfügbarkeit jederzeit und überall auf der Welt“. Im Interview spricht Dr. Hans Pongratz, Geschäftsführender Vizepräsident für IT-Systeme & Dienstleistungen (CIO) an der TU München über die Möglichkeiten der Digitalisierung, wie diese speziell in Deutschland zur Lerngestaltung genutzt werden können und welche Hürden sich gegenwärtig darstellen.
Welche Möglichkeiten bietet Digitalisierung der Hochschullehre?
Die Digitalisierung bringt für die Lehre viele Möglichkeiten. Es gibt sogenannte Mantras: Ich, Alles, Überall und Sofort, das sind die Mantras der Digitalisierung. Das heißt, ich habe die Personalisierung, die Individualisierung und eben die Verfügbarkeit jederzeit und überall auf der Welt. Als Lehrender kann ich meine Studierenden weltweit erreichen, auch wenn sie nicht zwingend bei mir vor Ort im Hörsaal sitzen. Die Lehre hat sich entwickelt: Vor Tausenden von Jahren hatte eine Person alles Wissen inne, Bücher waren noch sehr teuer oder noch gar nicht vorhanden und somit ist der Lehrende oder der/die Dozent/in durch die Länder gereist und hat das Wissen mitgebracht. Dies ist inzwischen mit der Digitalisierung des Wissens überholt. Wissen ist nun jederzeit und überall auf der Welt verfügbar.
Der große Vorteil der Digitalisierung ist, neben der Orts- und Zeitunabhängigkeit natürlich die Möglichkeit, spezifische Informationen oder auch die Bedarfe spezifischer Zielgruppen zu erfüllen, zum Beispiel internationaler Zielgruppen. Ich kann verschiedene Sprachen verwenden, ich kann verschiedene Übersetzungen oder Erklärungen verwenden, ich kann aber natürlich auch Menschen, die gewisse Behinderungen haben, besser unterstützen, zum Beispiel im Bereich der Aufbereitung, oder indem man die Unterlagen für Vorlesungen oder für das Vorlesen mit gewissen Tools unterstützt. Ich kann aber auch z.B. für Menschen mit Sehbehinderung oder mit gewissen anderen Herausforderungen das Material aufbereiten. Und hier ist ein großer Bedarf, der momentan von vielen Hochschulen noch nicht wirklich genutzt wird.
Was kann Deutschland von anderen Ländern lernen?
In den USA und in Kanada gibt es bereits an vielen Hochschulen sogenannte Media Labs, die sich mit dem Einsatz digitaler Hilfsmittel oder auch digitaler Verfahren in der Lehre beschäftigen. Ebenso gibt es dort sogenannte Instructional Designer, die aus didaktischer Sicht analysieren, wie digitale Lern- und Hilfsmittel und Methoden in der Lehre eingesetzt werden können. Deutschland hat diesbezüglich noch großes Potential, da wir uns auf dieser Ebene noch nicht mit dem Einsatz digitaler Lehr- und Lernmethoden befassen. Hier könnten sich einzelne Hochschulen im Bereich der Profilierung und im Einsatz digitaler Verfahren ein eigenes Profil aufbauen.
Vor welchen Hürden steht die digitale Lehre in Deutschland?
Die Herausforderungen bei der Nutzung der Lernenden-Daten sind natürlich die gesetzlichen Rahmenbedingungen. Hier gibt es in Deutschland auf der einen Seite das Urheberrecht und auf der anderen Seite, die sogenannte europäische Datenschutzgrundverordnung. Diese Vorgaben zwingen gewissen Regularien auf, sind aber natürlich im Sinne der Nutzenden sehr positiv. Diese Regelungen gibt es z.B. in Amerika so nicht. Dort findet man zwar das Copyright, dieses ist aber anders aufgebaut. Insgesamt sollte man die Digitalisierung aber positiv besetzen. Die digitale Lehre bringt sehr viele Vorteile, auch wenn diese natürlich in deutschen Rahmenbedingungen gesehen werden müssen. Die Vorteile können z.B. auf der einen Seite, die ort- und zeitflexible Lehre und effizientere Verfahren bei der Prüfungsbewertung sein. Auf der anderen Seite, steht aber auch die Wahrung der gesetzlichen Gegebenheiten im Sinne von Lehrdeputatserfüllung oder des Urheberrechts und der europäischen Datenschutzgrundverordnung.
Das Video wurde von KUXMA GmbH & Co. KG produziert. Redaktion und Regie übernahm Josephine Kuthning.