Lehramtsstudierende fit machen für die digitale Schule – Änderungsvorschläge für ein beharrliches System

Lehramtsstudierende fit machen für die digitale Schule – Änderungsvorschläge für ein beharrliches System

16.10.18

Mädchen mit Tablet

Dieser Blogbeitrag erscheint in unserer Serie von Beiträgen zur Nachbereitung der Strategiekonferenz während der Themenwoche „Shaping the Digital Turn“. Er wurde zuerst bei Digitalisierung der Bildung veröffentlicht.

Auf der Strategiekonferenz „Shaping the Digital Turn – Hochschullehre im digitalen Zeitalter gestalten“ des Hochschulforums Digitalisierung am 24.09.2018 moderierte Mandy Schiefner-Rohs, Juniorprofessorin an der Technischen Universität Kaiserslautern, einen Workshop unter dem Titel „Lehrer(innen)Bildung im digitalen Wandel – bitte langsam, wir haben es eilig“. Dieser Blogbeitrag erläutert die Hintergründe, warum das Thema so relevant ist und wirft einen Blick auf die Praxisbeispiele und Vorschläge für Maßnahmen, die in der Themen-Session erwähnt wurden.

Apfel auf Büchern

„Wenn in ganz Deutschland das Internet ausfällt, werden die Schulen die einzigen sein, die normal weiterarbeiten können.“ Dieser launige Spruch mag auch auf die Institutionen zutreffen, die die Lehrerinnen und Lehrer an den Hochschulen qualifizieren. Verschiedene Ergebnisse aus Studien und Expertisen haben gezeigt, dass es mit dem digitalen Lernen gerade in Lehramtsstudiengängen nicht zum Besten bestellt ist: 

Studierende in Fächern für das Lehramt bilden laut „Monitor digitale Bildung – Die Hochschulen im digitalen Zeitalter“ (Schmid et al. 2017) beim Einsatz digitaler Lernmedien das Schlusslicht unter den Hochschulfächern. Dies bestätigt auch der „Monitor Lehrerbildung“ im Wintersemester 2017/18. In ihm konstatieren die Autoren, dass „das Lehramtsstudium in den 16 Bundesländern […] noch weit davon entfernt [ist], Inhalte zum Umgang mit digitalen Medien in allen Fächern und in allen Teildisziplinen des Studiums, […], verbindlich festzuschreiben.“ 

Ergebnisse wie dieses provozieren auch an den Lehramtsstudiengängen das Gefühl, dass mit Blick auf den Einsatz von digitalen Medien an den Schulen jetzt endlich etwas passieren muss. Zusätzlichen Druck entwickelt hierbei auch die Strategie der Kultusministerkonferenz „Bildung in der digitalen Welt“. Das Problem ist allerdings, dass oftmals digitale Medien adressiert werden, indem primär Technologien in die Klassenzimmer gebracht werden: Da ersetzt das Interactive Whiteboard, oft genug aufgrund mangelnder Medienkompetenz der Lehrenden, als Projektionsfläche die Tafel, das Tablet wird mit PDFs zum Schulbuch, und an Unterricht oder Lehren und Lernen verändert sich wenig, auch Medienbildung kommt oft zu kurz. Doch da die Strukturen an den Schulen und Hochschulen komplex und beharrlich sind, wählte Mandy Schiefner den Workshop-Titel „Bitte langsam – wir haben es eilig“.

Gleichwohl gibt es auch positive Befunde zu Fortschritten in Lehramtsstudiengängen. In einer Expertise im Auftrag der HFD Ad-hoc Arbeitsgruppe Lehrerbildung haben L. Goertz und B. Baeßler vom mmb Institut in einer Studie 11 Fallbeispiele als Good Practice beschrieben, in denen Hochschulstudiengänge für das Lehramt unter Aspekten wie „Lernziele/Didaktik“, „Fachintegration“ und anderen besonders herausragend und innovativ sind (Goertz & Baeßler 2018). 

Auf der Basis dieser Befunde hat die Ad-hoc Arbeitsgruppe fünf Thesen vorgelegt, die „Ansatzpunkte darstellen, um die von der KMK veröffentlichten digitalen und medienpädagogischen Kompetenzbereiche in die Lehramtsstudiengänge zu implementieren und zu diskutieren. Fokussiert wird dabei die erste Phase der Lehrerbildung (hochschulische Bildung).“ (Brinkmann et al. 2018)

Diese Thesen betreffen die Einbindung von medienbezogenen Inhalten und dazu passenden Unterrichtskonzepten in die Curricula der Studiengänge. Außerdem müssen die Rahmenbedingungen gesichert sein – die Unterstützung dieser Maßnahmen durch die Hochschulleitungen, eine dauerhafte finanzielle Förderung sowie eine stärkere Vernetzung zwischen den „Schlüsselakteuren“ innerhalb der Studiengänge, also u.a. den Bildungswissenschaftlern, den Didaktikern und den fachwissenschaftlichen Spezialisten. 

Mädchen mit Tablet

Im Workshop illustrierte Mandy Schiefner-Rohs die Thesen durch Beispiele und Erfahrungen an der TU Kaiserslautern. Gemeinsam mit den ca. 30 Teilnehmenden entwickelte sie im Workshop Ideen für weitere Maßnahmen zur Strategieentwicklung von Hochschulen im Bereich der Lehrerbildung.

Griffige konkrete Beispiele zum Anfassen: Unabhängig vom akademischen Anspruch des Lehramtsstudiums sollten sich Bildungsangebote zum Einsatz digitaler Lernmedien an der Unterrichtspraxis und den an Schulen vorhandenen Bedingungen orientieren, d.h. sie sollten niedrigschwellig sein und man sollte sie ausprobieren können. Dies könnte in „Digital labs“ geschehen, die es ja an verschiedenen Hochschulen bereits gibt. Kommentar von Sönke Knutzen, Universität Hamburg-Harburg: „Wenn man es einmal gemacht hat, ist es nur halb so schlimm.“

Phasenübergreifende Lehrerbildung: Hier sollten integrative Angebote zur Medienkompetenzbildung jetzt in die Fläche gehen. Die Angebote in allen drei Phasen der Lehrerbildung sollten aufeinander abgestimmt werden. Ferner wurde vorgeschlagen, Studierende aus Lehramtsstudiengängen in der Lehrerfortbildung (= 3. Phase) in den Schulen mitwirken zu lassen, da die Angebote der Länder hier nicht ausreichen. Ebenso könnten Lehrer*innen an Seminaren der Hochschulen teilnehmen, wie es aktuell im Projekt Connect2Reflect an der TU Kaiserslautern geschieht. Bewährt haben sich besonders Veranstaltungen in den Schulen selbst. Niedrigschwellige Angebote in Digital labs in Hochschulen auszutesten (s.o.) ist natürlich auch für Lehrerinnen und Lehrer im Schuldienst interessant. 

Unterstützung durch das Land: Grundsätzlich sollte auch die Formulierung von Medienentwicklungsplänen und schulinternen Bildungskonzepten unterstützt werden. Bei allen Maßnahmen müssen auch und insbesondere die Schulleitungen einbezogen werden, die bisher als Zielgruppe kaum in der Diskussion stehen.

Weitere wichtige Player beachten: Hierzu gehören die Schulministerien, die zurzeit den Schulen im Rahmen knapper Ressourcen viel Spielraum geben. Gerade hier wünschen sich die Schulen mehr Orientierung, z.B. in Form von Guidelines und Leitfäden. Eine wichtige Rolle spielen auch die Schulträger, selbst wenn diese nicht für die Lehrerfortbildung zuständig sind. Als Bereitsteller der Lerninfrastruktur bieten sie die zwingend erforderliche Basis, damit eine phasenübergreifende Lehrerbildung gelingt.

Nach dem Workshop von Mandy Schiefner-Rohs fand die Abschlussveranstaltung der Ad-hoc AG Lehrerbildung statt. Mit ihren Aktivitäten hat die AG sicherlich einiges dazu beigetragen, die Ziele einer stärkeren Integration von Medienbildung in der Lehrerbildung zu erreichen.

 

Literatur zum Thema:

Brinkmann, B. und Müller, U. (2018). Lehramtsstudium in der digitalen Welt – Professionelle Vorbereitung auf den Unterricht mit digitalen Medien?! Sonderpublikation aus dem Projekt »Monitor Lehrerbildung«. Gütersloh: CHE Centrum für Hochschulentwicklung.

Brinkmann, B., Prill, A. & Friedrich, J.-D. (2018). Fünf Thesen zur Rolle von Hochschulen in der Lehrerbildung für eine digitalisierte Welt. Berlin: Hochschulforum Digitalisierung. Diskussionspapier Nr. 2, September 2018.

Goertz, L. & Baeßler, B. (2018). Überblicksstudie zum Thema Digitalisierung in der Lehrerbildung. Überblicksstudie zu elf ausgewählten Fallbeispielen. Berlin: Hochschulforum Digitalisierung. Arbeitspapier Nr. 36, Juli 2018.

Schmid, U., Goertz, L., Radomski, S., Thom, S. und Behrens, J. (2017). Monitor Digitale Bildung – die Hochschulen im digitalen Zeitalter. Gütersloh: Bertelsmann Stiftung. 

Sekretariat der Kultusministerkonferenz (Hrsg.) (2016). Bildung in der digitalen Welt. Strategie der Kultusministerkonferenz. Berlin: Eigendruck. 

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