ViLeArn – Ein virtueller Seminarbesuch in den eigenen vier Wänden

ViLeArn – Ein virtueller Seminarbesuch in den eigenen vier Wänden

21.08.19

Dank Virtual Reality ein voll besetzter Seminarraum.

Dieses Jahr rief der Arbeitskreis VR/AR-Learning (Virtual Reality und Augmented Reality) der GI-Fachgruppe Bildungstechnologien erneut in Zusammenarbeit mit dem Stifterverband den AVRiL Wettbewerb aus. In einer Blogreihe stellen wir bis zur Preisverleihung während der Delfi- & GMW-Tagung: Teilhabe an Bildung und Wissenschaft Einreichungen mit Fokus auf Hochschullehre vor. Nach einem Beitrag über die VR4Teach-Plattform der Technischen Universität Darmstadt folgt nun ein Beitrag über die ViLeArn-Anwendung an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. 

ViLeArn entwickelt und erforscht situierte virtuelle Lernumgebungen auf Basis von Präsenz und sozialer Interaktion. Ziel ist die Förderung von Kompetenzen und die Steigerung des Lernerfolgs unter besonderer Berücksichtigung von Verfügbarkeit, Teilhabe und Inklusion. Das Projekt verbindet dabei innovative mediendidaktische Prinzipien der Präsenzlehre und des Lernens als einen interaktiven und gemeinschaftlichen Prozess unter Nutzung digitaler Medien mit aktuellen Techniken der virtuellen Realität (Virtual Reality, VR). Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung von 2018 bis 2022 gefördert.

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Wie hilfreich wäre zur Förderung von Inklusion, zu Hause den Computer anzuschalten, die VR-Brille aufzusetzen und ohne großen Reiseaufwand direkt im Seminarraum anzukommen? Dieses Szenario könnte schon bald für Lehramtsstudierende der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (virtuelle) Realität werden. Hierfür entwickelt und erforscht das Projekt ViLeArn virtuelle situierte Lernumgebungen und ermöglicht den Teilnehmenden nicht nur das Seminar auszuwählen, sondern auch selbst den eigenen Teilnahmeort zu bestimmen. Auf dem Weg dorthin gibt es jedoch einiges kritisch zu hinterfragen und zu erforschen. Denn bisher existieren kaum vergleichbare Lernszenarien, die Virtual Reality in der Lehrerbildung einsetzen. Ein vierköpfiges, interdisziplinäres Team der Lehrstühle Schulpädagogik und Mensch-Computer-Interaktion erforscht unter der Leitung von Prof.in Dr. Silke Grafe und Prof. Dr. Marc Erich Latoschik, wie Lehren und Lernen in einer voll-immersiven Lernumgebung erfolgen kann und welche Wirkungen sich daraus für die Förderung von Kompetenzen von Lehramtsstudierenden ergeben. In interdisziplinärer Zusammenarbeit beschäftigen sich in ViLeArn die Doktorandinnen vom Lehrstuhl für Schulpädagogik Gabriela Greger und Jennifer Tiede mit den medienpädagogischen Forschungsfragen, während die Doktoranden Florian Kern und Peter Kullmann vom Lehrstuhl Mensch-Computer-Interaktion sich mit den technischen, sozialen und kollaborativen Aspekten der virtuellen Realität auseinandersetzen.

Das ViLeArn-Team (v.l.): Marc Erich Latoschik, Silke Grafe, Florian Kern, Gabriela Greger und Peter Kullmann. Es fehlt Jennifer Tiede.

Das Ziel von ViLeArn

Aus pädagogischer Perspektive sollen in ViLeArn medienpädagogische Kompetenzen von Lehramtsstudierenden und Dozierenden gefördert werden. Dazu gehören zum Beispiel die zielgerichtete Auswahl von Medien für den Unterricht, deren Gestaltung und die kritische Reflexion des Medieneinsatzes. Durch die Möglichkeit, in Virtual Reality eine Lernumgebung so zu gestalten, dass ein handlungsorientierter Einsatz von Medien möglich ist, können Lehramtsstudierende – über die unabdingbare Präsenzlehre hinaus –  in ergänzenden Lehr-Lern-Szenarien bedeutsame medienpädagogische Kompetenzen erwerben. Dozierende unterstützen und fördern den Kompetenzerwerb der Lehramtsstudierenden durch einen lernförderlichen Einsatz der virtuellen Lernumgebung in ihrer Hochschullehre. Aus der Perspektive der Mensch-Computer-Interaktion ist es das Ziel, die notwendigen Basistechnologien zu entwickeln und zu erforschen. Hierbei geht es unter anderem herauszufinden, ob und wie Lernen – einschließlich Kollaboration und Kooperation – mit all den wichtigen non-verbalen Kommunikationssignalen in immersiven virtuellen Umgebungen möglich ist und welche konzeptionellen und technischen Randbedingungen, zum Beispiel Simulationsraten, und Lösungen die notwendige Benutzerfreundlichkeit und -erfahrung gewährleisten.

Das Virtual-Reality-Lernszenario

In einem virtuellen Lernszenario treffen sich Lehrende und Lernende in Echtzeit, um gemeinschaftlich an herausfordernden Themenstellungen zu arbeiten. Dabei sind die Teilnehmenden nicht an einen physischen Raum gebunden, sondern können von jedem beliebigen Ort mit geeigneter Internetverbindung teilnehmen (Verteiltes Lernszenario). Da die Teilnehmenden in einer virtuellen Welt nicht ihren eigenen Körper für die soziale Interaktion nutzen können, erhalten sie eine virtuelle Verkörperung (siehe Abbildung 2). Diese Verkörperung wird von den Teilnehmenden anhand ihrer persönlichen Präferenz ausgewählt und reicht von stilistischen bis fotorealistischen Darstellungen.

Neben realen Teilnehmenden können auch virtuelle Lernende (Agenten) in ein Lernszenario eingebunden werden. Ein Agent wird von einem Computer gesteuert und erhält, wie auch die realen Teilnehmenden, eine virtuelle Verkörperung. Das Ziel dieser Agenten ist die potenzielle Förderung und Unterstützung des Lernszenarios durch positive und interaktive Verhaltensweisen mittels intelligenter Eigendynamik. Zusätzlich werden alltägliche digitale Medien wie Bild, Ton, Video und Web nahtlos in das System integriert. Dies ermöglicht die Integration beliebiger medialer Lehrinhalte sowie die Kombination der Vorteile verteilten Lernens mit den Vorteilen der Präsenzlehre.

Aufnahme aus User*innenperspektive von ViLeArn

Technische Beschreibung

Die Software-Basis des ViLeArn-Systems wird mithilfe der Unreal Engine 4.22 entwickelt und unterstützt im Handel erhältliche VR-Brillen wie Oculus Rift, Rift S und HTC Vive (Pro). Teilnehmende, die kein VR-Headset besitzen, können auf die Desktop-Variante zurückgreifen und so in einem eingeschränkten Umfang ebenfalls an Lernszenarien teilnehmen. In Zukunft werden auch mobile VR-Brillen wie Oculus Quest oder HTC Vive Cosmos eingesetzt.

Entwicklungsstand

Obgleich man sich in ViLeArn bereits virtuell in einem Seminarraum treffen kann und eine Vielzahl an technischen Funktionalitäten implementiert sind, befindet sich das Projekt noch in der Anfangsphase. Aktuell erfolgen didaktische Anforderungsanalysen durch Leitfadeninterviews mit Lehramtsstudierenden sowie Dozierenden. Basierend auf diesen Analysen wird ein didaktisches Konzept entwickelt, welches die pädagogisch sinnvolle und zielführende Arbeit mit dem ViLeArn-System ermöglicht. Daneben werden technische Anforderungen weiter verfeinert und das Konzept für die nächste Software-Entwicklungsstufe erarbeitet. Die nächsten Schritte sind unter anderem der Einsatz in einem konkreten Lernszenario einer Seminareinheit, Fortbildungen für Dozierende, die technische Einbindung von Präsentationsmedien und die Einbindung einer Intelligenz für computergesteuerte Agenten.

ViLeArn: Weitere Informationen

Dank Virtual Reality ein voll besetzter Seminarraum.Mehr Informationen über das Projekt ViLeArn erhalten Sie auf der Projektseite. Des Weiteren finden Sie weitere Projekte und Kontaktdaten unter den Seiten der jeweiligen Lehrstühle Schulpädagogik und Mensch-Computer-Interaktion. Aktuelle Vorträge und Publikationen:

Marc Erich Latoschik, Florian Kern, Jan-Philipp Stauffert, Andrea Bartl, Mario Botsch, Jean-Luc Lugrin, Not Alone Here?! Scalability and User Experience of Embodied Ambient Crowds in Distributed Social Virtual Reality, In IEEE Transactions on Visualization and Computer Graphics (TVCG), Vol. 25 (5), pp. 2134-2144. 2019.

Gabriela Greger, Jennifer Tiede, Silke Grafe, Florian Kern, Peter Kullmann, Marc Erich Latoschik, Virtual reality in teacher education: exploring student teachers‘ and teacher educators‘ requirements. ECER 2019. (accepted)

Projektbeteiligte

Lehrstuhl für Mensch-Computer-Interaktion:  Florian Kern M.Sc.; Peter Kullmann, M.Sc.; Prof. Dr. Marc Erich Latoschik
Lehrstuhl für Schulpädagogik: Gabriela Greger, LAssin; Jennifer Tiede, M.Ed.; Prof.in Dr. Silke Grafe;

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