Design Thinking ist die praktische Schwester der Theorie

Design Thinking ist die praktische Schwester der Theorie

07.09.18

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Design Thinking ist in aller Munde und wird als Wunderwaffe für nachhaltige und innovative Entwicklungsprozesse benannt. Elena Schmitz von Business Design Thinking erklärt in diesem Blogbeitrag woher der Begriff stammt und wie Design Thinking sinnvoll an der Hochschule angewandt werden kann.

Auch wenn der Sommer Hochkonjunktur hat, fahren wir eigentlich auf Sichtweite im Nebel. Nämlich immer dann, wenn es darum geht, wie wir zukünftig gemeinsam arbeiten, lernen und lehren wollen. Hier verändert die Digitalisierung die Spielregeln und wenn wir klug sind, gestalten wir das Spiel mit und nutzen die Chancen, um die Arbeit an Universitäten besser und effektiver zu machen.

In diesen Momenten hat Design Thinking seinen großen Auftritt und das schon seit einigen Jahren in den großen Konzernen und mittelständischen Unternehmen. Nun erreicht es auch andere Organisationen, die die Herausforderung annehmen, ihre digitale Zukunft zu gestalten,  z.B. die Universitäten.

Design Thinking eignet sich besonders gut dafür, in einer Mischung aus Themenforschung, Ideenentwicklung und Feedback-Schleifen neue Lösungen zu entwickeln, auch wenn am Anfang die Fragestellung noch gar nicht klar ist. Design Thinking ist ein strukturierter Prozess von Probieren – Scheitern – Lernen – Lösung finden. Und am Ende steht immer ein Ergebnis.

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Was ist Design Thinking?

In den 70er Jahren wurde die Methodik an der Stanford University entwickelt aus diversen Kreativitätsprozessen und -methoden, hauptsächlich aus dem Produktdesign. Das Ziel war, einen standardisierten Problemlösungsprozess zu entwickeln, der wiederholbar und vermittelbar ist. Kreativität sollte nicht länger dem Genius des Einzelnen oder glücklichen Zufallsideen überlassen werden. Der universitäre Bezug und die Vermittelbarkeit in der Lehre war also von Anfang an grundlegender Bestandteil des Design Thinking.

Die Agentur IDEO vermarktete Design Thinking dann weltweit als Methodik, die in Unternehmen und Organisationen für Problemlösungen jeder Art und Größenordnung genutzt werden kann. Durch den Innovationsdrang der Digitalisierung etablierte sich Design Thinking endgültig als DIE Herangehensweise in Unternehmen, wenn es um Innovation und Ideenentwicklung geht.

Woran liegt das? Design Thinking eignet sich besonders dafür, Beteiligte aus verschiedenen Perspektiven, Themenfeldern und Kompetenzen zusammenzubringen, um für komplexe Fragestellungen Neues zu denken.Designthinking.

Die Methodik ist interdisziplinär, co-kreativ und vor allem nutzerzentriert, das heißt es wird ausgehend von den Bedürfnissen der Betroffenen her gedacht. Design Thinking propagiert eine Haltung, die Mut zum Scheitern beinhaltet, komplexes und emphatisches Denken fördert. All dies sind Qualitäten, die uns weiterhelfen, wenn wir im Zuge der Digitalisierung neue Wege beschreiten wollen.

Im Design Thinking Prozess durchlaufen wir vier Phasen: Recherche und Beobachtung (zu den Bedürfnissen der Nutzer*innen), Synthese der Ergebnisse, darauf basierend die Ideenentwicklung und schließlich die Optimierung der ausgewählten Ideen durch Prototyping. Am Anfang steht eine offene Fragestellung, wie z.B. „Wie können wir …“. Damit vermeiden wir, auf vorgefertigte Lösungen zurückzugreifen. Design Thinking nutzt visuelle Darstellung und einen geschützten Raum zum Arbeiten, um Kreativität zu befördern.

 

Design Thinking an den Hochschulen

Diese Qualitäten lassen sich natürlich auch für die Auseinandersetzung mit Digitalisierung an den Hochschulen nutzen. Im aktuellen Stadium des Übergangs und der Verbindung von analoger und digitaler Lehre, vor Ort und virtuell, eignet sich Design Thinking sehr gut, um mit allen Beteiligten Bedürfnisse auszuloten, Ideen zu entwickeln und als Prototypen zu testen. Dabei steht im Vordergrund, experimentell auf diesem unbekannten Terrain voranzuschreiten anstatt zu versuchen, perfekte Lösungen zu entwickeln.

Durch die Berücksichtigung der verschiedenen Bedürfnisse, z.B. von Lehrenden, Studierenden der verschiedenen Semester, wissenschaftlichen Mitarbeiter etc. bildet sich ein vielschichtiges Bild des Status Quo ab, auf dem bei neuen Lösungen aufgebaut werden kann.

 

Themenbereiche für die Entwicklung von neuen Ideen und Konzepten sind beispielsweise

  • neue Formen der Lehre
  • Kommunikation und Wissensaustausch
  • Methodenkompetenz in der Lehre
  • Strategien und Visionen für die Universität der Zukunft
  • Organisationsprozesse rund ums Studium

Konkret zum letzten Themenbereich hat uns beispielsweise das StudierendenWERK Berlin beauftragt, die Arbeitsgemeinschaft Digitalisierung zu unterstützen bei der Entwicklung einer digitalen Studierenden- und Mitarbeiterplattform, auf der alle Interaktionsprozesse künftig zusammenlaufen. 

Die Abläufe werden dabei so gestaltet, das sie sowohl für die Studierenden als auch die Mitarbeiter*innen komfortabler werden.

Als erstes bekommt die bunt gemischte Gruppe von Teilnehmer*innen eine Hausaufgabe. Mit empathischer Neugier befragen sie anhand eines Arbeitsbogens Mitstudierende und Kolleg*innen, um herauszufinden, wo es hakt bei Interaktionsprozessen mit dem StudierendenWERK, beispielsweise in der Mensa, bei der Wohnraum-Vergabe oder der Antragstellung für BAföG.

Design Thinking.

Anhand dieser ganz konkreten Fälle arbeiten wir dann in einem eintägigen Workshop die Schwachstellen im Status Quo heraus, indem einzelne Teams die Fälle in einer sogenannte Customer Journey als Prozess visualisieren. Durch eine Emotionskurve werden die Frustrationen der Studierenden während des Interaktionsprozesses deutlich.

Mit diesen neuen Erkenntnissen sammeln die Teams erste Ideen für neue Lösungen. Dafür setzen wir schnelle und vertiefende Kreativmethoden ein und haben am Ende eine priorisierte Themensammlung, die nun als Grundlage für die Projektplanung dient. Hier hilft Design Thinking, komplexe Sachverhalte greifbar zu machen und in konkrete Prozess-Konzepte zu übersetzen.

In der Lehre kann Design Thinking ebenfalls eine wichtige Rolle spielen und den Studierenden eine hilfreiche Methodik an die Hand geben, um Projekte aus ihren Forschungsinteressen zu entwickeln. An der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung in Eberswalde habe ich beispielsweise in einem Semester-Workshop den Studierenden anhand von Design Thinking vermittelt, wie sie Ideen aus ihren Seminaren in tragfähige Geschäftsmodelle verwandeln können.

Dazu erforschten sie zuerst die Bedürfnisse ihrer Zielgruppe anhand einer sogenannten Persona und erstellten ein präzises Kundenprofil. Anschließend schärften die Student*innen die Basisidee anhand einer Lean Canvas, mit der sich visuell verschiedene Modelle einer Geschäftsidee durchspielen lassen. So läßt sich recht schnell überprüfen, ob eine Idee Chancen hat, wo noch Lücken im Konzept sind und welche Variante am Besten funktioniert.

Anschließend entwickelten wir mit dem Kundenprofil und der Analyse von Vertriebs- und Kommunikationskanälen einfache Marketingideen, um die Geschäftsidee auf dem Markt zu testen, beispielsweise über einen simplen Blog, soziale Netzwerke oder ganz analog mit Ständen auf dem Campus. So wurde aus theoretischen Forschungsarbeiten auch ein praktischer Mehrwert generiert.

Design Thinking.

Grundsätzlich gehört Design Thinking aus meiner Sicht mittlerweile zu einem sehr nützlichen Standard-Repertoire in der kreativen und ergebnisorientierten Zusammenarbeit. Es sollte sowohl an Schulen als auch an Universitäten gelehrt werden – immer mit einem konkreten Bezug zu den Problemen und Themen, um die es inhaltlich gerade geht. Menschen können dadurch befähigt werden, gemeinschaftlich zu Lösungen zu kommen, welche die Expertise des Einzelnen übersteigt und so die drängenden Themen unserer Zeit co-kreativ anzugehen.

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