Kollaborative Erarbeitung einer Problemstellung bzw. Fragestellung unterstützen
Kollaborative Erarbeitung einer Problemstellung bzw. Fragestellung unterstützen
03.12.24Im Lehralltag beraten und begleiten Sie Studierende von der Erarbeitung der Fragestellung bis zu Fragen zur Zusammenarbeit. Dabei können Sie und die Studierenden mit unterschiedlichen digitalen Werkzeugen zusammenarbeiten.
Die Fähigkeit, im Team zu arbeiten und gemeinsam Probleme zu lösen, stellt eine wichtige Anforderung in vielen Arbeitsfeldern dar. Auch im Studium werden immer wieder Arbeitsgruppen gebildet, die über das kollaborative Arbeiten Zusammenhänge erkennen, Bedeutungen aushandeln und gemeinsam Wissen generieren (vgl. Kozar 2010: 16).
Meist beginnt die Gruppenarbeit mit einer Problem- oder Fragestellung. Diese kann vorgegeben sein oder muss eigenständig von Studierenden erarbeitet werden. Um Ihre Studierenden bei diesen Arbeitsschritten zu unterstützen und kreative Prozesse sowie die Zusammenarbeit zu begleiten und zu fördern, können Sie verschiedene digitale Tools nutzen. Diese bieten u.a. die Möglichkeit, Gedanken und Ideen zu visualisieren sowie weiterzuentwickeln, um so gemeinsam Lösungsstrategien zu erarbeiten. Verschiedene Tools oder Funktionalitäten einzelner Tools können dabei die unterschiedlichen Phasen und Bereiche der kreativen und kollaborativen Arbeit begleiten. Im Folgenden stellen wir Ihnen eine Auswahl an Szenarien mit entsprechenden Einsatzmöglichkeiten von digitalen Tools vor.
Wie können kollaborative Arbeitsphasen initiiert und unterstützt werden?
Szenario 1: Entwickeln einer eigenen Frage- oder Problemstellung
Die eigenständige Entwicklung einer Frage- oder Problemstellung fordert von Studierenden eine intensive Auseinandersetzung mit einem Thema im Gesamtzusammenhang des wissenschaftlichen Diskurses. Im Entwicklungsprozess werden Ideen zunächst frei gesammelt, spezifiziert und ausgearbeitet oder auch verworfen und neu gedacht. Während es manchen Studierenden leichter fällt, sich auf diesen Prozess einzulassen, sind andere zurückhaltender. Ihnen als Lehrperson ist dennoch wichtig, möglichst viele Studierende dazu anzuregen, kreativ zu denken und methodisch abzuholen. Sie entscheiden sich daher für die Entwicklung einer Frage- oder Problemstellung als Gruppenarbeit und erhoffen sich, dass Studierende in einem kollaborativen und kreativen Prozess verschiedene Perspektiven einbringen. Wenn Sie Ihre Studierenden ihre Frage- oder Problemstellung selbst ausarbeiten lassen möchten, können Tools diese Prozesse erleichtern. Beispiele hierfür sind Tools zur Ideengenerierung, um ungefiltert neue, ungewöhnliche Denkansätze zu sammeln und Gruppendynamiken zu fördern, indem die Teilnehmenden Schlüsselwörter weiter assoziieren und sich so gegenseitig inspirieren.
Szenario 2: Strukturierung von Wissen im Problemlösungsprozess
Die Bearbeitung einer konkreten Frage- oder Problemstellung verlangt von Studierenden die Auseinandersetzung mit Inhalten auf Detailebene. Es ist Ihnen als Lehrperson aber auch wichtig, dass Studierende, die in einer Gruppe arbeiten, den Gesamtzusammenhang des Themas sowie dessen Relevanz im wissenschaftlichen Diskurs nicht aus den Augen verlieren sowie Ideen einzelner Gruppenmitglieder sinnvoll zusammenbringen. Die Visualisierung von eigenen, spezifischen Ideen und angrenzenden Themenbereichen kann dabei helfen, den Überblick über das Themenfeld zu behalten. Studierende können so leichter Zusammenhänge im Blick behalten, Verknüpfungen der Einzelideen erfassen und für die Weiterentwicklung in der gesamten Gruppe strukturieren. Ein Tool, das Funktionen zur visuellen Darstellung von Gedanken, Themen und Zusammenhängen ermöglicht, kann dabei helfen, gemeinsam klare Strukturen zu schaffen. Auf diese Weise kann das Wissen der ganzen Gruppe genutzt werden, um Beziehungen herzustellen, die für das jeweilige Thema relevant sind und um gemeinsam neues Wissen zu generieren.
Szenario 3: Sinnstiftende Zusammenarbeit und angenehme Arbeitsatmosphäre fördern
Entscheidend für die Erarbeitung eines Themas in einer Gruppe ist eine funktionierende Zusammenarbeit. Ihnen als Lehrperson ist wichtig, dass sich alle Gruppenmitglieder in die Gruppenarbeit mit ihren Ideen einbringen können, Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten angemessen verteilt sind und Transparenz über diese sowie Arbeitsstrukturen und Arbeitsschritte herrscht. Grundstein dafür ist die Berücksichtigung verschiedenster Bedürfnisse bezüglich der eigenen Arbeitsweise bezogen auf das Gruppenziel. Verschiedene digitale Tools bieten die Möglichkeit, Studierende auch ortsunabhängig kollaborativ zusammenarbeiten zu lassen und gleichzeitig den Raum für zeitweilige asynchrone Arbeitsphasen offenzuhalten. Durch Nutzung verschiedener Templates in Visualisierungs- und Whiteboardtools können kreative Arbeitsprozesse und strukturierende Arbeitsschritte gleichermaßen in einem Tool realisiert werden. Alle Studierenden können außerdem die inhaltlichen Fortschritte anderer Gruppenmitglieder einsehen und ebenso ergänzen sowie weiterentwickeln. Nach Bedarf können festgelegte Prozesse und Strukturen in visualisierter oder schriftlicher Form abgebildet werden und gemeinsam mit den Ergebnissen der Bearbeitung festgehalten werden, sodass ein Gesamtbild der gemeinsamen Arbeit entsteht.
Die drei vorgestellten Szenarien stellen typische Situationen in der Präsenzlehre und im hybriden Lernen dar. Die beschriebenen Ideen und Ansätze nehmen eine didaktische Perspektive im Zusammenhang der Gestaltung und Unterstützung von Gruppenarbeiten unabhängig von Fachbereich oder Teilnehmendenzahl ein.
Welche digitalen Tools können mir bei der Unterstützung von kollaborativen Erarbeitungsprozessen helfen?
Kollaborationstools helfen, miteinander in Verbindung zu bleiben und unterstützen durch ihre vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten Kreativität zu fördern und Strukturen zu schaffen.
Toolvorschlag: Infinity Maps ist ein Tool zur Organisation und Visualisierung von Informationen und Wissen, mit dem komplexe Projekte alleine oder im Team umgesetzt werden können. Infinity Maps ist im Rahmen einer Testphase des Verbundprojektes Co³Learn für die drei Verbundhochschulen (Technische Universität Braunschweig, Leibniz Universität Hannover und Georg-August-Universität Göttingen) nach Registrierung mit erhöhtem Funktionsumfang bis zunächst 30.09.2025 nutzbar. Eine datenschutzrechtliche Prüfung hat unter Vorbehalt der Nutzung in einer Testphase durch die Gesellschaft für wissenschaftliche Datenverarbeitung mbH Göttingen (GWDG) stattgefunden.
Feature-Tipp:
- Inhalte können kollaborativ erarbeitet und aufbereitet werden.
- Inhalte können auf unterschiedlichen „Cards“ organisiert werden, sodass je nach Informationsart/Inhaltstyp unterschiedliche Bereiche zur Ablage und Aufbereitung entstehen.
- Inhalte können auf unterschiedlichen Ebenen organisiert werden. Der stufenlose Zoom ermöglicht es in tiefe Detailebenen zu gehen oder das Gesamtbild zu betrachten.
- Es steht eine Vielzahl von Templates zur Arbeitsorganisation bereit (z.B. Mindmaps, Concept-Maps, visuelle Datenbanken).
- Externe Inhalte (pdf, Video, Bild, externe Links) können eingebunden werden.
- Einzelne Maps können per Link geteilt werden.
Weitere Informationen und Beispiele für Anwendungsmöglichkeiten finden Sie u.a. hier:
- Herstellerwebsite: https://infinitymaps.io/
- Video-Tutorials: https://app.infinitymaps.io/maps/tutorials
- Hilfe (FAQ): https://infinitymaps.io/faq/
- Vortrag: „New (Knowledge) Work mit Infinity Maps: Vortrag von Dr. Heiko Haller“ (Co-Founder von Infinity Maps) hier verfügbar
Toolvorschlag: Collaboard ist ein klassisches Whiteboard-Tool, das die Zusammenarbeit im Team sowie die Aufbereitung von Informationen unterstützt. Collaboard wird bis zum 07.03.2024 zur Nutzung an niedersächsischen Hochschulen durch die Gesellschaft für wissenschaftliche Datenverarbeitung mbH Göttingen (GWDG) finanziert. Im Anschluss übernimmt das Projekt Co³Learn bis vorerst 06.03.2025 die Weiterfinanzierung für die Nutzung an niedersächsischen Hochschulen. Collaboard kann über die Academic Cloud mit SSO Login genutzt werden. Darüber hinaus kann das Tool mit eingeschränktem Funktionsumfang kostenfrei genutzt werden.
Feature-Tipp:
- Inhalte können kollaborativ erarbeitet und aufbereitet werden.
- Inhalte können in unterschiedlichen Bereichen des Whiteboards mit verschiedenen Templates (z.B. Brainstorming, Mind-Map, Flow Chart, Zeichenfunktion) organisiert und kreativ gestaltet werden.
- Externe Inhalte (pdf, Video, Bild, externe Links) können eingebunden werden.
- Einzelne Boards können per Link geteilt werden.
Weitere Informationen und Beispiele für Anwendungsmöglichkeiten finden Sie u.a. hier:
- Herstellerwebsite: https://www.collaboard.app/
- Benutzerhandbuch: https://www.collaboard.app/de/blog
- Hilfe (FAQ): https://help.collaboard.app/
- Live-Demonstration „Collaboard kurz erklärt“ hier verfügbar
Literaturverzeichnis:
Kozar, Olga (2010): Towards Better Group Work: Seeing the Difference between Cooperation and Collaboration. In: English Teaching Forum, 48(2), S. 16-23. Verfügbar unter: https://files.eric.ed.gov/fulltext/EJ914888.pdf (letzter Zugriff 23.01.2024).
Diese frei verfügbaren Publikationen geben weiterführende Anregungen zur Gestaltung und Unterstützung kollaborativer Arbeitsphasen
Die Beiträge stellen in kompakter Form Potenziale von kollaborativen Arbeitsphasen und Gruppenarbeiten im Kontext von Präsenz- und Online-Lehre dar und gehen kurz auf methodische Überlegung zur Umsetzung ein.
- Blanche, Fabri; Merholz, Nele (2022): Online Gruppenarbeit – Teil 1: Wie und wozu? Bundeszentrale für politische Bildung. Verfügbar unter: https://www.bpb.de/lernen/digitale-bildung/505729/online-gruppenarbeit-teil-1-wie-und-wozu/ (letzter Zugriff 23.01.2024).
- Zwick, Julia (2022): Kooperatives Online-Lernen – Teil 1: Wie und wozu? Grundlagen zum kooperativen Lernen in Online-Umgebungen. Bundeszentrale für politische Bildung. Verfügbar unter: https://www.bpb.de/lernen/digitale-bildung/505734/kooperatives-online-lernen-teil-1-wie-und-wozu/ (letzter Zugriff 23.01.2024).
Im Interview werden Ergebnisse der Studierendenbefragung zu Gruppenarbeiten vorgestellt und wie diese in einer App zur Gruppeneinteilung “My Study Group” an der Universität Kopenhagen umgesetzt wurden.
- Fransgård, Anna; Hansen, Gro; Horak, Ruth; Lindvig, Katrine (2023): „It’s not personality traits – it’s practical circumstances that make good groups work” In: HINT. Heidelberg Inspirations for Innovative Teaching, S. 33-46. Verfügbar unter: https://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/hint/issue/view/6908/1167 (letzter Zugriff 12.01.2024).
Der Artikel beschäftigt sich mit Möglichkeiten digital unterstützter Gruppenarbeit vor dem Hintergrund der spezifischen Anforderungen an potenziell nutzbare Technologien.
- Jeong, Heisawn; Hmelo-Silver, Cindy E. (2016): Seven affordances of computer-supported collaborative learning: How to support collaborative learning? How can technologies help?. In: Educational Psychologist 51(2), S. 247-265. Verfügbar unter: https://scholar.archive.org/work/yliblpduqne5zf6yummsqgtcaq/access/wayback/
http://www.tandfonline.com/doi/pdf/10.1080/00461520.2016.1158654 (letzter Zugriff 23.01.2024).