Peer gefragt! Interview mit Heribert Nacken zur Strategieberatung an Hochschulen

Peer gefragt! Interview mit Heribert Nacken zur Strategieberatung an Hochschulen

26.05.23

Eine Foto des Wissenschaftlers Heribert Nacken

In die Peer-to-Peer-Strategieberatung zur Digitalisierung von Studium und Lehre des HFD werden Expert:innen, so­genannte „Peers“, eingebunden. Diese beraten die Hochschulen auf ­Augenhöhe. Wir fragen, was wir von ihnen lernen können. Der Beitrag ist erstmals in der dritten Ausgabe des HFD-Magazins strategie digital zum Thema „Partizipation“ erschienen.

Titelbild zum Interview. In der Mitte eine Holztreppe, die zum Meer führt. Links der Text: Blogbeitrag Peer gesucht! Interview mit Heribert Nacken. Rechts das Logo des Hochschulforums Digitalisierung.

Was haben Sie als Peer aus der Peer-to-Peer-Strategieberatung gelernt?

Heribert Nacken: Dass ein positiv tradierter Wettstreit um die Digitalisierung der Lehre zur weiteren Steigerung der Qualität der Lehre und eine vorbehaltloseKommunikation der gemein­samen Ziele, das A und O für den Erfolg sind.

Welcher Aspekt der Digitalisierung von ­Studium und Lehre wird aus Ihrer Sicht am meisten unterschätzt?

Die zwingend notwendige Schaffung einer „Ermöglichungskultur“ an der eigenen Hochschule. Wir wissen alle, dass die Digitalisierung von Studium und Lehre eine gewisse Zeit braucht. Was oftmals nicht vollständig auf dem Schirm ist, ist die Tatsache, wie notwendig gute Service­einheiten dafür sind, die Dozierenden aktiv bei ihren Bestreb­ungen zu unterstützen. Und gute Serviceeinheiten kosten auch ihr Geld; in einer Ermöglichungskultur sind die Rektorate dafür zuständig, dass es dauerhaft qualitativ hochwertige Serviceeinheiten gibt. Dafür dürfen die Rektorate bzw.Präsidien dann auch gerne Zielkorridore für die zukünftige Weiterentwicklung der Lehre durch die Digitalisierung formulieren, die die Fakultäten dann mit ihren spezifischen Fachkulturen untersetzen und zum Leben bringen.

Was möchten Sie einer Hochschule mit­geben, die sich jetzt auf den Weg macht?

Das ist vielleicht sehr trivial, aber die Hochschule sollte erreichbare Ziele definieren und anhand eines Stufenplans kommunizieren. Bildlich gesprochen: die Hochschule macht sich auf eine Reise aus dem Tal auf einen Gipfel. Jedes Mitglied der Hochschule sollte wissen: dann und dann werden wir uns alle auf dem Gipfel treffen. Wie Sie da hingelangen, steht Ihnen frei: bauen Sie sich einen Lift, legen Sie angenehme Wanderpfade an, bohren Sie einen Tunnel unter den Gipfel und vor dort aus einen Aufzug; die Wahl liegt bei Ihnen. Die einzige Bedingung: gehen Sie los und probieren Sie die Möglichkeiten aus, die wir Ihnen an die Hand geben. Der Weg für die Dozierenden muss klar erkennbar sein und es sollte eine Freude sein, sich auf diesen Weg zu machen.

 

Wann gelingen partizipative Prozesse an Hochschulen auf jeden Fall und wann scheitern sie unter Garantie?

Partizipative Prozesse gelingen, wenn sie im Gegenstrom ablaufen. Das bedeutet, dass es auf der einen Seite eine Instanz an der Hochschule gibt, die angestrebte Ziele formuliert, Leitplanken für den Entwicklungsprozess setzt, die weit genug sind, um fachspezifische Anforderungen zu berücksichtigen, die aber auch nicht in der Belanglosigkeit enden und die notwendigen Servicestrukturen für den Prozess dauerhaft alimentiert und den Prozess insgesamt vorantreibt. Auf der anderen Seite stehen die Fachbereiche oder Fakultäten, die den ganzen Prozess mit ihren fachspezifischen Kulturen strukturieren, denn Lehr- und Lernkulturen können nie von oben aufoktroyiert werden, sondern müssen – in teilweise schwierigen Auseinandersetzungen – immer von den Fächern ausgehandelt werden. Die erste Instanz kann ein Rektorat bzw. Präsidium oder eine gesonderte Arbeitsgruppe innerhalb der Hochschule sein, die das notwendige Mandat für die Prozesssteuerung erhält. Wichtig bei dem Prozess ist vor allem, dass eindeutig kommuniziert wird, wer für was zuständig ist.

Scheitern wird das Projekt mit nahezu 100-prozentiger Sicherheit, wenn nicht anerkannt wird, dass es unterschiedliche Lehr- und Lernkulturen in einer Hochschule gibt, die es zu fördern gilt. D. h. wenn es an Service mangelt, wenn man Partizipation mit Top-Down-Ansätzen verwechselt, keine Zuständigkeiten definiert oder diese nicht konsequent umsetzt und wenn man keinen langen Atem mitbringt; denn für das Aushandeln im Rahmen der zuvor genannten „Ermöglichungs­kultur“ braucht es Zeit.

 

Sie möchten mehr zum Thema Partizipation an Hochschulen lesen? In der dritten Ausgabe von strategie digital finden Sie weitere Beiträge, Fallbeispiele und Interviews rund um dieses Thema. 

Die kommende Ausgabe von strategie digital widmet sich dem Thema Lernräume und wird im September/Oktober 2023 erscheinen. Sie möchten diese und keine weiteren Ausgaben mehr verpassen? Melden Sie sich hier für unseren Verteiler an und wir informieren Sie über neue Magazin-Ausgaben.

Ansprechpartnerin für das Magazin ist Josephine Sames.

Hier geht es zur aktuellen Ausschreibung der Peer-to-Peer-Strategieberatung.

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Heribert Nacken

Info zu Heribert Nacken:

Prof. Dr. Heribert Nacken ist Professor für Ingenieur­hydrologie und UNESCO-Lehrstuhl-Inhaber an der RWTH Aachen. Er ist Rektorats­beauftragter für Blended Learning; in dieser Funktion hat er die Digitalisierungs­strategie der Universität maßgebend mitgestaltet.

 

 

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