Zwei Studierende des aktuellen #DigitalChangeMaker-Jahrgangs des Hochschulforums Digitalisierung geben Einblicke in ihre Vorstellungen zukünftiger Hochschulbildung. Dabei spielen überfachliche Kompetenzen eine wichtige Rolle. Entsprechende Anreize können durch projekt- und problembasiertes Lernen gesetzt werden. Grundvoraussetzung einer zukunftsfähigen und Selbstwirksamkeit befördernden Weiterentwicklung der Hochschulbildung ist eine konsequente Öffnung von Entwicklungs- und Entscheidungsprozessen.
Dieser Text erschien zuerst im Newsletter Qualitätsoffensive Lehrerbildung.
Von Anna-Lena Hebel und Andreas Paffenholz
„Wir wissen nicht, wie die Zukunft unserer Studierenden aussehen wird, aber wir bilden sie für die Zukunft (aus)“. So - oder zumindest so ähnlich – hieß es zu Beginn des Studiums. Voll ins Schwarze getroffen und für uns, gegen Ende unseres Studiums, bedeutungsvoller Status quo. Heute sind wir Mitglieder des dritten Jahrgangs der studentische Zukunfts-AG #DigitalChangeMaker und arbeiten in einem interdisziplinären Team an Fragestellungen der Digitalisierung in Studium und Lehre. Das unsere Zukunft irgendwo im Bildungsbereich, zwischen Kompetenzen und Konzeptentwicklung, zwischen Erforschung und Gestaltung liegt, das haben wir herausgefunden. Aber unsere Zukunft hatte schon mitten im Studium angefangen, nämlich mit dem Interesse es zu gestalten und weiterzuentwickeln.
Stimmungsvolles und ideenreiches Auftakttreffen der diesjährigen #DigitalChangeMaker – die studentische Zukunfts-AG des Hochschulforums Digitalisierung. Quelle: Hochschulforum Digitalisierung
Studierende und andere Interessensgruppen der Hochschulen stehen vor der Herausforderung, die Gestaltung des zukünftigen Hochschulalltags tatsächlich gemeinsam zu leben. Denn die neuen Beteiligungsformen der Hochschulen, die im Zuge der Reform des öffentlichen Sektors eingeführt wurden, haben es in großen Teilen nicht über die formale Einbeziehung von Studierenden und einer einseitigen Beziehung, in der Studierenden die Rolle von Kundinnen und Kunden, gelegentlich Expertinnen und Experten zukommt, hinausgeschafft. Im Sinne zukünftiger Hochschulbildung müssen die Hochschulen deshalb Strukturen etablieren, die die Partizipation von Studierenden sicherstellen und fördern. Fest steht nämlich: Wer nicht in entsprechender Entscheidungsfunktion ist, kann nicht einfach bestimmen, dass an den Hochschulen ein offener Diskurs zu Online-Plattformen und -Prüfungen geführt wird und wer in einem oder gleich mehreren Abhängigkeitsverhältnissen steht, kann nicht alleine dafür Sorge tragen, dass studentische Ideen einbezogen werden. Die Zeit ist reif das Konzept der Partizipation mit mehr Leben zu füllen und den Gestaltungsspielraum für Studierende auf ihren unmittelbaren Studiumsalltag auszuweiten – auch in konzeptioneller Hinsicht. Eine bessere Chance sich als selbstwirksam erleben zu können, als im Mitgestalten des eigenen Studiums und im Kompetenzerwerb beim gemeinsamen Reflektieren zur zukünftigen Hochschulbildung, werden wir in diesem Studium nicht mehr bekommen. Studierende stehen daher nach wie vor vor der Aufgabe, trotz erkennbarer Hindernisse, ihre Ideen und Erfahrungen konstruktiv einzubringen – wenn erforderlich auch ungefragt, mit entsprechendem Humor, versteht sich.
Die Corona-Pandemie wirft ein Schlaglicht auf die Herausforderungen des aktuellen Hochschulalltags: Fehlerkultur, Wertschätzung, Interdisziplinarität, Kommunikation und Austausch. Dabei wurde eins besonders deutlich, nämlich, dass die Herausforderungen nicht von einem Dozierenden, einem Fachbereich oder einer Institution allein gelöst werden können. Gerade an dieser Überfachlichkeit mangelt es an vielen Hochschulen. Ein passendes Beispiel für fehlende Überfachlichkeit beziehungsweise überfachliche Kompetenzen ist eine umfassende Digitalkompetenz. Weitere Beispiele sind etwa Kommunikation- oder Kollaborationsfähigkeit. Welche dieser überfachlichen Kompetenzen nun genau wünschenswert sind, soll an dieser Stelle nicht diskutiert werden, abgesehen davon, dass eine abschließende Antwort vermutlich überhaupt nicht gegeben werden kann.
Fest steht aber, dass in den meisten Studiengängen diese überfachlichen Kompetenzen, wenn überhaupt implizit eine Rolle spielen, und noch seltener als solche auch anerkannt werden. Der Wunsch wäre daher die Kompetenzen explizit zu thematisieren und entsprechend anzuerkennen. Die Thematisierung wäre zum Beispiel durch projektbasiertes beziehungsweise problembasiertes Lernen mit echtem Lebensweltbezug denkbar, so wie wir es beim Hochschulforum Digitalisierung erleben. Zudem böte sich für die Anerkennung dieser Leistungen das Konzept der Badges an, das auch von der Hochschulrektorenkonferenz Ende 2020 diskutiert wurde. Wichtig ist, dass die überfachlichen Kompetenzen die fachlichen ergänzen und nicht ersetzen sollen.
Ähnliche Thematiken wie die obigen lassen sich auch auf die Schule anwenden. Dies ist vor allem daher von Bedeutung, da die zukünftigen Lehrkräfte an den Hochschulen (aus-)gebildet werden, außerdem sind sie zwangsläufig Multiplikatorinnen und Multiplikatoren dessen, was sie an den Hochschulen erleben. Dies fängt damit an, dass mangelndes Selbstwirksamkeitserleben von Lehrerinnen und Lehrern Folgen für den Unterricht hat. Zum anderen werden auch in der Schule gerade überfachlichen Kompetenzen benötigt, da es dort so viel mehr als Fachinhalte zu lernen gibt und somit auch zu vermitteln gilt.
Was für die zukünftige Hochschulbildung wichtig ist und was daraus entstehen kann. Urheber*innen: Anna-Lena Hebel und Andreas Paffenholz
Es wäre also wünschenswert und die eigentliche Innovation zukünftiger Hochschulbildung, einen Wandel hin zu offenen Prozessen zu vollziehen. Also einem Studium, das realweltliche Probleme aufgreift und somit gerade die Aneignung von überfachlichen und fachlichen Kompetenzen ermöglicht. Der eigene Hochschulraum und die aktuellen Herausforderungen rund um die Digitalisierung bieten mehr als genug Anregung für problembasiertes Lernen an den Hochschulen. Sie können insbesondere dann, wenn sie im Zusammenspiel mit den Inhalten und der Gestaltung des Studiums verstanden werden das Erleben von Selbstwirksamkeit befördern. Es ist daher unerlässlich, diesen Zustand für Studierende zu ermöglichen, möchte man, dass sie Zukunft gestalten können.
Internetseite der #DigitalChangeMaker – die studentische Zukunfts-AG des Hochschulforums Digitalisierung
"Micro-Degrees und Badges als Formate digitaler Zusatzqualifikation", Empfehlung der 29. HRK-Mitgliederversammlung vom 24.11.2020
Schön, dass sich Interessierte hier zusammen gefunden haben. Wir haben diesen Ansatz schon vor der Digitalisierung verfolgt und "gelebt" - in Projekten und mit unserer Haltung, in der wir Studierenden gegenüber treten und sie in unsere Angebotsentwicklung und Weiterentwicklung ergebnisoffen einbinden. Das ist uns bei der schnellen Umstellung auf "Corona" zugute gekommen. Ich freue mich über Kontakt zu ähnlich Denkenden und Handelnden!
Dr. Irene Lamberz (Geschäftsführung Kompetenzzentrum Studium und Beruf, Uni Landau)
Ich musste mir beim Lesen doch mehrmals verwundert die Augen reiben ob des Vorschlags, nun endlich überfachliche Kompetenzen und POL ins Studium zu integrieren. Die Intergration und Anerkennnug überfachlicher Kompetenzen ist doch eines der Kernziele der Bolognareform, seit nun mehr als 20 Jahren. Im Hochschulkompetenzrahmen sind sie fest verankert, v.a. der Aspekt der Kommunikation & Kollaboration, jede Akkreditierung wird danach schauen. Problem- und fallsbasiertes Lernen ist m.E. mittlerweile an vielen Hochschulen verbreitet. In den Lehramtsstudiengängen wurde die Praxisnähe inklusive Reflexionkompetenz stark erhöht, auch viele Ingenieursstudiengänge lehren sehr praxisnah, orientiert an "echten" Problemen.
Eine Erkenntnis aus meiner mittlerweile mehr als 10-jährigen Berufserfahrung ist witzigerweise, dass die größte Stärke von Leuten mit ähnlichem Studienhintergund wie meinem - Magistertstudium der Sozial- oder Geisteswissenschaften meist mit sehr geringem bis gar keinem Praxisbezug und sehr hohem Abstraktionsgrad - die ausgezeichnete Kommunikations- und Kollaborationsfähigkeit ist. Präzise Ausdrucksfähigkeit bei Adaption ans jeweilige Genre, ausgeprägte Fähigkeit zum Perspektivwechsel und entsprechender Übersetzungsarbeit, empathische Kommunikation und allgemein hohe Sozialkompetenz. M.E. erkennen das auch viele Arbeitgeber*innen an, ganz ohne Badges ;-).
Möglichkeit der Partizipation (nicht nur der Studierenden sondern auch der Mitarbeiter*innen) allerdings haben die HS-Reformen leider dadurch erschwert, dass neue Formen des Management die Relevanz der Gremienarbeit zurückgedrängt haben.
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