Mit Blick auf die Digitalisierung der Hochschulbildung gibt es viele Mythen – positive wie negative. Die Kollegen vom irischen „National Forum for the Enhancement of Teaching and Learning in Higher Education“ haben diese Mythen aufgeschrieben und geprüft, ob sie in ihren Augen dem Stand der Wissenschaft entsprechen. In den meisten Fällen war die Antwort negativ. Der folgende Text ist eine freie Übersetzung eines Textes, den Sie hier finden (ab Seite 20). Wir stellen den Text vor, weil wir ihn für eine spannende Anregung halten*.
*Das heißt: Wir teilen nicht zwangsläufig alle Thesen.
Griechische Heldensagen: Die Digitalisierungsmythen sind zugegebenermaßen von weniger Drama geprägt.
Neue Technologien werden oft von sehr hohen Erwartungen auf der einen Seite und großer Skepsis auf der anderen Seite begleitet. Dies gilt auch für E-Learning. Es gibt viele weit verbreitete Erwartungen an die Digitalisierung, die einer Überprüfung durch evidenzbasierte Methoden nicht standhalten. Zu diesen viel geäußerten Erwartungen zählen unter anderem:
Viele Kommentatoren gehen von sinkenden Kosten durch digitale Bildungsangebote aus. Einige Beispiele:
Bewertung
Die Anfangskosten für digitalisierte Kurse sind hoch: Bei einem komplett onlinebasierten Programm kann der Arbeitseinsatz für die Lehrenden bei einer Stunde pro studentischer Arbeitsstunde liegen. Hochschulen müssen durchgehend Gelder in Training und Unterstützungsmaßnahmen für Studierende und Mitarbeitende investieren. Kleinere Gruppengrößen (ca. 20-25 Personen) sind ideal für gute Onlinelehre.
Bei einigen Fachleuten besteht die Erwartung, dass durch die Digitalisierung die Lehre an Bedeutung verlieren wird. Einige Beispiele:
Gute digitalisierte Lehre birgt einen hohen Betreuungsaufwand und erfordert eine sorgfältigere Kursgestaltung, was den Zeitaufwand für die Lehrenden sogar erhöht. Auch für Onlinestudierende ist die „Präsenz“ des Lehrenden zentral, da Individuelles Feedback und Motivation sind wichtige Voraussetzung dafür sind, dass Studierende ihr Studium erfolgreich vollenden.
Die so genannten Millenials werden auch als „Digital Natives“ bezeichnet, da sie die erste Generation sind, die komplett mit dem Internet aufgewachsen ist. Allerdings ranken sich viele Mythen um die Fähigkeiten, die diese Generation mitbringt. Beispiele:
Die Diversität unter Lernenden ist groß. Viele Studierende bevorzugen eine traditionellere und passivere Lehre. Die aktive Partizipation, die Onlinelehre von Studierenden verlangt, wird nicht von allen geschätzt. Studierende unterscheiden zwischen sozialer und formeller Nutzung von digitalen Werkzeugen: Eine Nutzung von Technologie zur Unterhaltung impliziert nicht zwangsläufig eine Bereitschaft, diese Technologie auch fürs Lernen zu nutzen. Darüber hinaus ist es ein fundamentaler Unterschied, ob man sich als „Konsument“ von Inhalten oder als „Produzent“ betrachtet, der Technologie nutzt, um zu Lernen und Wissen, Bedeutung und Verstehen zu konstruieren.
Einige Kommentatoren erwarten eine qualitativ schlechtere Bildung durch digitalisierte Lehre. Einige Beispiele:
Es konnte kein signifikanter Unterschied zwischen den Lernergebnissen von Online- und traditionellen Formaten gefunden werden. Es gibt allerdings Hinweise, dass besonders gut designte Onlinekurse zu besseren Ergebnissen führen. Ein Fernstudium kann von hoher Qualität sein und von Studierenden wie Arbeitgebern schätzt werden – ein Beispiel hierfür ist die britische Open University. Gut gestaltete Onlinekurse sind interaktiv und setzen auf gemeinsames Lernen. So verlangen sie von Studierenden größere Aufmerksamkeit und stärkerer Beteiligung als traditionelle Kurse.
Einige sehen die Digitalisierung als etwas grundlegend Positives. Einige Beispiele für diese Gedanken:
Technologie selbst bringt keine merklichen pädagogischen Vorteile mit sich. Tatsächlich können schlecht genutzte digitale Werkzeuge das Lernen sogar behindern: Die Abschlussraten vieler Onlinekurse sind gering, was meist an einem schlechten pädagogischen Ansatz liegt. Hochglanz-Lehrmaterialien führen häufig zu „Pseudolernen“, aber nicht zu wirklichem Verständnis.
Manche Kritiker wenden ein, dass die Digitalisierung in vielen Bereichen wichtig sei, in der Bildung aber nur eine untergeordnete Rolle spiele. Einige Beispiele dafür:
Effektive Onlinelehre erfordert ein anderes Lehr- und Lerndesign. Die Digitalisierung wird bleiben – sie hat bereits begonnen, die Bildungslandschaft grundlegend zu ändern. Immer mehr Lehrende nutzen digitale Werkzeuge schon heute und sind in einem zunehmenden Maße von ihrer Nützlichkeit überzeugt.
Einige Kommentatoren sprechen von einer unmittelbar bevorstehenden Revolution. Beispiele dafür:
Die erwartete Revolution ist eher eine Evolution. Lehrende haben digitale Werkzeuge eher langsam in die Lehre mit aufgenommen. Ist ist zu erwarten, dass auch mit Blick auf die Öffentliche Hand die Veränderungen behutsam erfolgen werden. Viele der frühen MOOCs waren zudem pädagogisch weder besonders ausgereift noch nachhaltig angelegt. Nur nach und nach wird klar, wie gute Online-Lehre gestaltet werden kann.
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Bild: JD Hancock: Hercules vs. Zeus (269/365), CC BY 2.0 via flickr.com
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