Auswertung von Hochschulerhebungen zur Corona-Lehre – Neues Arbeitspapier
Auswertung von Hochschulerhebungen zur Corona-Lehre – Neues Arbeitspapier
12.04.21Im HFD-Arbeitspapier “Hochschulen im Lockdown – Lehren aus dem Sommersemester 2020” analysiert die Community Working Group „Motivationsfaktoren für Dozierende zur Umsetzung digital unterstützter Lehre” Studien zum Umgang von Hochschulen mit der pandemiebedingten Online-Lehre.
Die Autor*innen bereiten verschiedene hochschulinterne Erhebungen rund um die Online-Lehre im Sommersemester 2020 systematisch auf.
Zunächst werden dabei Barrieren benannt, die im Rahmen der Ad-hoc-Digitalisierung erkannt wurden. Die Analyse orientiert sich an verschiedenen Hemmnissen/Adaptionsbarrieren nach einem Rahmenmodell von Helge Fischer: Nicht-Wissen, Nicht-Können, Nicht-Wollen, Nicht-Dürfen und Nicht-Müssen. Sie basiert auf folgenden Analysekategorien:
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Bisherige Erfahrungen und Kompetenzen im Bereich digitaler Lehre
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Zurechtkommen mit digitaler Lehre
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Interaktion und Kommunikation mit Studierenden
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Lehr- und Lernszenarien und digitale Tools
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Supportstrukturen
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Bereitschaft für zukünftigen Einsatz digitaler Lehr- und Lernszenarien
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Gesamteinschätzung der Umstellungen im Online-Semester
Die Datengrundlage besteht aus 13 Studien deutscher Hochschulen (acht Universitäten; drei Hochschulen für Technik und Wirtschaft; eine Verbundstudie von Kunst- und Musikhochschulen; eine Verbundstudie aus Hochschulen für angewandte Wissenschaften). “Insgesamt erscheint die Zufriedenheit mit den Supportangeboten in den untersuchten Studien grundsätzlich positiv. Unterstützungsangebote und Schulungen wurden von der Mehrheit der Befragten als hilfreich empfunden.” attestiert die Untersuchung. “Die Mehrheit der befragten Lehrenden kann sich demnach auch nach der Pandemie und Rückkehr zum Präsenzbetrieb vorstellen, zumindest Elemente digitaler Lehr- und Lernformate im Rahmen des nächsten Präsenzsemesters einzusetzen bzw. beizubehalten.”
Gleichzeitig betonten kritische Stimmen den Wert der traditionellen Präsenzhochschule und kämen zu der Einsicht, dass digitale Lehre kein dauerhafter Ersatz sein kann. Die Studie zieht den Schluss, “dass das Emergency Remote Teaching nicht die Grundlage dessen ist, was didaktisch sinnvoll konzipierte online-gestützte Lehre leisten kann.” Besonders waren Support-Einrichtungen gefragt. Denn viele ihrer bereits vorhandenen spezifischen E-Learning-Schulungen oder hochschuldidaktischen Weiterbildungen entsparachen nicht dem akuten Bedarf der Ad-Hoc-Online-Lehre. Es offenbarte sich, dass an vielen Stellen die Infrastruktur fehlte oder schlicht konkrete Konzepte zur Umsetzung der Lehre.” Die Autor*innen sehen das ungewollt volldigitalisierte Semester als eine Art Zäsur für Lehrende, die die eigene Rolle als Dozent*in zum Teil kritisch hinterfragen konnten oder sogar mussten.
Zu den auf Basis der Analyse formulierten Empfehlungen, um diesen Barrieren entgegenzuwirken, zählen:
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Fachbereichsspezifische Qualifikations- und Fortbildungsangebote
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Aufbau informeller Supportstrukturen
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Förderung von Selbstreflexion und Reflexion der Lehrendenrolle
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Bereitstellung von Informationen und Supportangeboten externer „Kompetenzhubs”
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Qualifikationsmaßnahmen insbesondere zum Thema Live-Online-Lehre (synchron) ausbauen
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Interaktion und Kommunikation durch passende didaktische Modelle fördern
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Technische und praktische „hands on”-Unterstützung
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Gezielte Schulungsangebote zu einzelnen Lehr-Lernszenarien und Tools
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Kompakte Evaluation der Lehrveranstaltung unter den Teilnehmenden durchführen
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Förderung von nachhaltiger Lehre, Open Educational Resources (OER) und individueller Karrieren: Digitales Engagement sichtbar machen
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Eindeutig kommunizierte technische Rahmenbedingungen, System-Stabilität und Rechtssicherheit schaffen
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Vernetzungsmöglichkeiten und Austausch unter Lehrenden fördern
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Kompakte modulare Selbstlernangebote
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Individuelle Beratung und Support
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Niederschwellige Live-Sessions
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Ausbau der Supportstrukturen durch studentische Mitarbeiter*innen
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Ausbau von initiativen Supportansätzen
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Maßnahmen zur Arbeitserleichterung
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Freiräume zum Experimentieren
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Förderung von Kooperation, Austausch und Vernetzung
Über die Community Working Group
Während der Summer School des Hochschulforums Digitalisierung (HFD) 2019 in Berlin Schmöckwitz gründete sich eine Interessengruppe, die der Frage nachgehen wollte, was Hochschullehrer*innen zur Digitalisierung ihrer Lehre motiviert und wo explizit Hemmnisse in der Nutzung liegen. Nach Konkretisierung der Fragestellung wurde die Community Working Group (CWG) „Motivationsfaktoren für Dozierende zur Umsetzung digital unterstützter Lehre” gegründet und erhielt eine Förderungszusage durch das HFD. Der gewählten Thematik zugrunde liegen Veränderungsprozesse aufgrund allgemeiner digitaler Transformationen des Lehr- und Lernverhaltens an deutschen Hochschulen in den letzten Jahren: einzelne Fakultäten, aber auch ganze Hochschulen haben sich strategisch und organisatorisch mit der Digitalisierung in Lehre, Forschung und Verwaltung beschäftigt.
Wie skeptische Hochschullehrer*innen für dieses Thema gewonnen werden können und wo genau Hemmnisse liegen, sind spannende und für die Akzeptanz der Umsetzung von Digitalisierungsvorhaben relevante Fragestellungen. „Welche Faktoren motivieren Dozierende zur Umsetzung der digital unterstützten Lehre an ihren Hochschulen bzw. woran scheitert die Umsetzung?” lautete daher die Fragestellung, der sich die Gruppe in ihrer Arbeit widmete.
Das Arbeitspapier steht hier in voller Länge zum kostenlosen Download zur Verfügung.