Open-Educational-Resources-Ambassadors (NL)

``Wie kaum eine andere Hochschule in Europa, steht die TU Delft für einen Openness-Ansatz in der Hochschulwelt, den sie seit 2007 konsequent verfolgt.``
PD Dr. Markus Deimann, Landesportal ORCA.nrw, Paulina Rinne, HessenHub.

Im Rahmen ihrer Delegationsreise besuchte das Team die Technische Universität Delft in den Niederlanden, eine weltweit anerkannte Hochschule, die für ihr Engagement in der offenen Bildung bekannt ist. 

 

Die TU Delft vergibt jährlich den Open Education Ambassador Award. Diese Auszeichnung würdigt Lehrende, die sich für didaktische und methodische Öffnung sowie für Bildungsinnovationen einsetzen. Die enge Verbindung zu führenden Lehrenden ist ein effektives Mittel, um die Kultur des Teilens zu fördern und die digitale Lehre zu stärken. 

 

Der Besuch an der TU Delft bot dem Team die Möglichkeit, wertvolle Informationen und Inspiration zur Umsetzung der OER-Strategie für deutsche Hochschulen zu sammeln. Auch über die Einführung eines bundesweiten OER-Awards diskutiert die Gruppe und nennt auch hier das niederländische Beispiel als federführend. Insgesamt förderte die Reise den strategischen institutionenübergreifenden Austausch zwischen der TU Delft und dem Netzwerk KNOER und dem HFD und gab einen Ausblick auf die kommende Zusammenarbeit.

 

Im Folgenden ziehen Markus Deimann und Paulina Rinne eine Bilanz der Reise an die TU Delft und formulieren dazu einige Empfehlungen, die aus ihrer Sicht anschlussfähig für die deutsche Hochschul-Community und die deutsche Hochschulpolitik sind. Sie gehen dabei von der folgenden Grundannahme aus:

Die Hochschullehre steht vor vielfältigen und großen Herausforderungen (siehe dazu exemplarisch und zusammenfassend die Empfehlungen des Wissenschaftsrats für eine zukunftsfähige Ausgestaltung von Studium und Lehre). Im Kern geht es dabei um eine dauerhafte Qualitätsverbesserung der Lehre und der Studienbedingungen. Open Education kann hier ein wirksames Instrument werden, indem

 

  • die Wertschätzung und Reputation für die Lehre gegenüber der Forschung erhöht wird. Dazu lässt sich etwa analog zum Citation Index in der Wissenschaft ein Index, der die Häufigkeit der Nutzung von OER misst und Lehrenden mit einem hohen OER-Index in eine vorteilhaftere Position bei Bewerbungs- bzw. Berufungsverfahren bringt.
  • ein deutschlandweiter Open-Education-Award für Hochschullehrende vergeben wird, der das individuelle Engagement und Commitment für die Öffnung von Bildung als wirksames Mittel für mehr Chancengerechtigkeit öffentlichkeitswirksam würdigt. 
  • sich das Engagement einer Hochschule für Open Education (und Open Science) in den Indikatoren, die für Hochschulrankings oder die Zuweisung von finanziellen Mitteln wichtig sind, niederschlägt (z.B. Anzahl der angebotenen OER, Anzahl der nachgenutzten OER).  
  • Offene Lehr- und Lernmaterialien den Normalzustand der Lehrmittelversorgung darstellen und Lehrende und Studierende gleichermaßen von den in OER eingeschriebenen Freiheiten (z.B. zur Veränderung und zur weiteren Verbreitung) profitieren. Lehr- und Lernmaterialien können so leichter über Learning Management Systeme zirkulieren und den eigenen Bedarfen besser angepasst werden. Durch die so entstehende Vielfalt ist die Chance größer, dass Studierende die für sie passenden Inhalte finden und nicht von einer kleinen und zum Teil kostenpflichtigen Auswahl an Lehrbüchern abhängig sind. 
  • auf Basis von OER flexible und nachfrageorientierte Studienmöglichkeiten geschaffen werden. Diese Angebote können mittels Micro-Credentials zertifiziert werden und schaffen dadurch Reputationsgewinne für die Hochschulen, dadurch dass sie an einem weltweit größer werdenden Bildungsmarkt teilnehmen. Wie in der für die HRK beauftragten Studie aus dem Jahr 2023 “Microcredentials auf Hochschulniveau. Ansätze zum Umgang mit einem bildungspolitischen Trend”, argumentiert, erfordert die Gestaltung von digitalen Angeboten einen erheblichen Aufwand, der allerdings durch Rückgriff auf OER-Materialien gesenkt werden kann. Dieser Effekt lässt sich durch hochschulübergreifende Zusammenarbeit, wie zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen bei der Erstellung von OERContent.nrw, noch weiter steigern. 

 

Darüber hinaus trägt Open Education dazu bei, Hochschulen in Zeiten multipler Krisen in ihrem bildungspolitischen Auftrag und zur Sicherung der Demokratie in der Gesellschaft zu stärken:

 

  • durch den offenen Zugang zu Lehr- und Lernmaterialien sowie zu aktuellen Erkenntnissen aus der Forschung (Open Access) übernehmen die Hochschulen Verantwortung als Bildungseinrichtung, die prinzipiell allen Menschen offensteht und schaffen wichtige Voraussetzungen für die anstehenden sozialen und technologischen Innovationen in der Gesellschaft. Indem OER- und Open-Access-Portale einen stetig steigenden Pool an vielfältigen Materialien präsentieren, lässt sich die Aufmerksamkeit für Lehre und Wissenschaft steigern und deutlich machen, wie viel Innovationskraft in den Hochschulen steckt. 
  • durch offene Angebote und mehr Beteiligungsmöglichkeiten können Hochschulen besser auf die Erwartungen und Bedürfnisse der Gesellschaft eingehen. Insbesondere im Zusammenhang mit der digitalen Transformation oder der Fachkräftegewinnung braucht es neue, durchlässigere und insgesamt offenere Angebote als bisher.