Internationale Studienerfahrungen werden in einer globalisierten Gesellschaft immer wichtiger. Bereits über ein Drittel der Studierenden verbringt im Laufe des Studiums einige Zeit im Ausland. Zwei neue Studien der Themengruppe "Internationalisierung und Marketingstrategien" im Hochschulforum Digitalisierung zeigen, dass digitale Lehr- und Lernformate entscheidend dazu beitragen können, den internationalen Austausch unter Studierenden weiter zu fördern. So ließen sich Auslandsaufenthalte beispielsweise besser in den Studienverlauf einbinden, wenn Studierende über Online-Angebote weiterhin an Prüfungen der Heimathochschule teilnehmen können. Außerdem könnten auch Daheimgebliebene interkulturelle Lernerfahrungen machen, wenn sie in digitalen Lehrszenarien mit Studierenden ausländischer Hochschulen zusammenarbeiten.
Digitale Angebote können die Organisation eines Auslandsaufenthalts erleichtern. Bild: [https://unsplash.com/photos/g-AklIvI1aI Steven Wei] Im Jahr 2015 stieg der Anteil derjenigen, die während ihres Studiums Auslandserfahrungen sammeln, erstmals auf deutlich über ein Drittel [1]. Umgekehrt bedeutet dies jedoch auch, dass ein Großteil der an deutschen Hochschulen eingeschriebenen Studierenden nach wie vor nicht ins Ausland geht. Ihre Lebensformen, Bildungsbiografien und Studienstrategien sind vielfältig und bieten nicht immer Raum für einen Aufenthalt im Ausland. Dabei sind internationale Erfahrungen, im Rahmen derer interkulturelle Kompetenzen erworben und Fremdsprachenkenntnisse vertieft werden, heute auch im Hinblick auf mögliche Karrierewege von zunehmender Bedeutung. Hochschulabsolventen kommt es zugute, wenn sie sich in einem internationalen beruflichen Umfeld sicher bewegen können.
Für Hochschulen ergeben sich daraus zwei Handlungsfelder: Zum einen stehen sie vor der Aufgabe, mehr Studierenden einen Auslandsaufenthalt zu ermöglichen - beispielsweise durch verbesserte organisatorische Hilfestellungen. Zum anderen gilt es Möglichkeiten zu schaffen, im Rahmen derer auch jene Studierende, die nicht ins Ausland gehen, interkulturelle Lernerfahrungen sammeln können. Das Hochschulforum Digitalisierung hat zwei Studien veröffentlicht, die die Potenziale des Einsatzes digitaler Medien in eben diesen Handlungsfeldern aufzeigen.
Das Deutsche Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) hat für die Themengruppe „Internationalisierung und Marketingstrategien“ erfragt, wie digitale Medien in Zukunft dazu beitragen können, dass mehr Studierende im Laufe ihres Studiums ins Ausland gehen. Die repräsentative Befragung von mehr als 4.000 Studierenden berücksichtigte dabei die drei Phasen vor, während und nach dem Aufenthalt im Ausland. Die Ergebnisse zeigen zunächst, dass Social Media-Angebote in allen drei Phasen eine zentrale Rolle spielen: Sie werden bereits vielfach und umfangreich genutzt, um Erfahrungen mit anderen Studierenden auszutauschen und Kontakt zu Studierenden und Lehrenden vor Ort herzustellen und zu halten.
Doch auch andere digitale Angebote haben das Potenzial, die Organisation eines Aufenthalts zu erleichtern: Die Befragung ergab, dass es für Studierende überaus hilfreich wäre, im Vorfeld Informationen dazu zu erhalten, welche an der Gasthochschule erworbenen Leistungen im jeweiligen Studienfach an der Heimathochschule anerkannt werden. Eine solche Online-Datenbank wünscht sich über zwei Drittel aller befragten Studierenden; vor allem jene, die in Zukunft konkret einen Auslandsaufenthalt planen (84 Prozent). Auch Online-Kurse wie z.B. Sprachkurse könnten die Studierenden in der Vorbereitung eines Auslandsaufenthalts unterstützen: Zwei Drittel der auslandsmobilen Studierenden halten derartige Angebote für sehr hilfreich. Bisher gab es vorbereitende Online-Kurse jedoch nur für sehr wenige von ihnen (7 bis 9 Prozent).
Darüber hinaus können digitale Lehr- und Lernelemente während und nach einer Auslandsphase dazu beitragen, einen Auslandsaufenthalt besser in den Studienverlauf einzubinden. So hätten sich viele der befragten Studierenden gewünscht, auch aus der Ferne durch die Teilnahme an Online-Kursen (75 Prozent) oder digitalen Prüfungen (43 Prozent) notwendige Studien- bzw. Prüfungsleistungen an der Heimathochschule erbringen zu können. Nicht zuletzt würde diese Möglichkeit für knapp die Hälfte der Daheimgebliebenen die Entscheidung für ein vorübergehendes Studium im Ausland erleichtern (45 Prozent). Für Hochschulen bedeuten diese Ergebnisse, dass sie durch die Ausgestaltung entsprechender digitaler Angebote die organisatorischen Bedingungen für einen Auslandsaufenthalt wirkungsvoll verbessern können. Dies wäre nicht nur eine Unterstützung für auslandsmobile Studierende, sondern würde darüber hinaus die Bereitschaft weiterer Studierender erhöhen, einen Teil ihres Studiums im Ausland zu absolvieren.
Zugleich gehen die Möglichkeiten der Hochschulen heute über die Förderung von klassischen Auslandsaufenthalten hinaus: Im Rahmen internationaler Hochschulkooperationen kann physische Mobilität durch Modelle ‚virtueller Mobilität‘ ergänzt werden. Auch diese kann dazu beitragen, dass mehr Studierende als bislang von internationalen Studienerfahrungen profitieren. Denn virtuelle Mobilität kommt auch jenen Studierenden zugute, die keinen Auslandsaufenthalt durchführen können oder wollen: Der Begriff bezeichnet Lehr- und Lernszenarien, die durch den Einsatz digitaler Medien internationale, kollaborative Erfahrungen ermöglichen. Die interkulturelle Lernerfahrung findet dabei nicht im Ausland statt, sondern wird durch Aktivitäten innerhalb einer virtuellen Umgebung veranlasst [2].
Internationale Lernerfahrungen können auch in virtuellen Umgebungen gesammelt werden. Bild: [https://unsplash.com/photos/vATgbfp7oXA Olu Eletu] Das HIS-Institut für Hochschulentwicklung hat für die Themengruppe „Internationalisierung und Marketingstrategien“ deutschlandweit insgesamt 53 Beispiele solcher internationalen Hochschulkooperationen erfasst, die in besonderem Maße von digitalen Kommunikations- und Kollaborationswerkzeugen profitieren. Diese Modelle wurden systematisiert und dabei Chancen und Herausforderungen der digitalen Lehr- und Lernangebote beschrieben.
Digitalisierte Gastvorträge beispielsweise ermöglichen Studierenden, am Wissen internationaler Experten teilzuhaben und dabei ihre Fremdsprachenkenntnisse, insbesondere ihr Fachvokabular, zu erweitern. Auf Seminarebene stellt die Studie internationale Online-Workshops, -Projektarbeiten, -Podiumsdiskussionen oder -Lerntandems vor, die von Lehrenden mehrerer Hochschulen gemeinsam gestaltet und entweder vollständig digitalisiert oder dezentral in Form von Blended-Learning-Ansätzen durchgeführt werden. Solche gemeinsamen Seminare ermöglichen einen lebendigen interkulturellen Austausch und fördern die Fähigkeit der Studierenden, sich in heterogenen Gruppen zu organisieren. Auch auf Studiengangsebene beschreibt die Studie Modelle internationaler Kooperationen, d.h. gemeinsam entwickelte Bachelor- oder Masterstudiengänge, die digitale Komponenten einbinden. Diese bieten meist ein hohes Maß an Flexibilität und ermöglichen es auch Berufstätigen oder Studierenden mit Kindern, ein internationales Studium zu absolvieren. Nicht zuletzt werden Studierende, die auf Seminar- oder Studiengangsebene in internationalen, virtuell organisierten Teams zusammenarbeiten, grundlegend auf eine Tätigkeit im internationalen Umfeld vorbereitet.
Ein Auszug aus den in der Studie dargestellten Fallbeispielen veranschaulicht die unterschiedlichen Kooperationsebenen und -möglichkeiten:
Das Potenzial digitaler Medien für internationale Lernerfahrungen ist groß, das zeigen die Ergebnisse beider Studien. Dennoch wird dieses Potenzial bislang noch zu wenig ausgeschöpft. Digitale Angebote, die die Organisation eines Auslandsaufenthalts erleichtern, sind wenig verbreitet, so die Rückmeldung der Studierenden. Dabei könnte ihre Ausgestaltung wirkungsvoll dazu beitragen, dass mehr Studierende im Laufe ihres Studiums Erfahrungen im Ausland sammeln. Im Bereich internationaler Hochschulkooperationen seien die vorhandenen Angebote darüber hinaus vielfach noch vom individuellen Engagement Einzelner abhängig, so die Autoren. Damit seien sie für Veränderungen anfällig, die etwa mit neuen regulatorischen Rahmenbedingungen oder der Pensionierung von Kooperationspartnern einhergehen könnten. Es gelte daher, die Optionen für virtuelle Mobilität auszubauen und strukturell sowie hochschulstrategisch zu verankern.
[1] Vgl. DAAD (2016): Wissenschaft weltoffen, S. 36.
[2] Vgl. De Gruyter, Johannes/Achten, Mart/Op de Beeck, Ilse/Van Petegem, Wim (2011): Virtual Mobility. Definition and Types. In: Mart Achten, Ilse Op de Beeck & Wim Van Petegem (Hrsg.): Home & Away Forum. Conference Proceedings. Move-IT, S. 18ff.
[3] Wannemacher, Klaus/Geidel, Julia (2016): Digitale Modelle internationaler Hochschulkooperation in der Lehre, S. 21.
[4] Wannemacher, Klaus/Geidel, Julia (2016): Digitale Modelle internationaler Hochschulkooperation in der Lehre, S. 24f.
[5] Wannemacher, Klaus/Geidel, Julia (2016): Digitale Modelle internationaler Hochschulkooperation in der Lehre, S. 36.
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