Am 1. Dezember 2016 bilanzierte in Berlin die Abschlusskonferenz des Hochschulforums Digitalisierung mit zahlreichen Diskussionen, Workshops und Präsentationen die Arbeit der vergangenen drei Jahre. Zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter der Politik und der Hochschulen waren sich darin einig, dass die Potenziale digitaler Bildung flächendeckend erst genutzt werden können, wenn Veränderungsprozesse auf hochschulstrategischer Ebene angestoßen werden.
Eine grundlegende Erkenntnis lautet: „Ohne zentrale Entscheidungen bezüglich Infrastruktur, Organisationskultur und Personalentwicklung wird gute digitale Lehre nur in begrenzten Subsystemen stattfinden.“ (Hochschulforum Digitalisierung, 2016: 31). Speziell der Zuschnitt von Personalstrukturen an den Hochschulen hat Jörg Dräger in einem Tweet hervorgehoben. Dieses Thema soll auch im Fokus dieses Blogbeitrags stehen.
Digitalisierung braucht neue Personalstrukturen an Hochschulen. Kommen instructional designer auch bei uns? https://t.co/6rQAxII3jj #hfd16— Jörg Dräger (@JoergDraeger) 1. Dezember 2016
Digitalisierung braucht neue Personalstrukturen an Hochschulen. Kommen instructional designer auch bei uns? https://t.co/6rQAxII3jj #hfd16
Die Integration digitaler Medien in die Lehre verlangt von vielen Lehrenden zusätzlich zur täglichen Arbeitsbelastung einen nicht unerheblichen Aufwand. Um Lehrende bei der Planung und Umsetzung der Lehre zu unterstützen, wird immer öfter das Berufsbild des Instructional Designer genannt. Aber was verstehen wir darunter?
Willox et al. formulieren die Aufgaben von Instructional Designern sehr weitgehend: „An instructional designer is a „creative professional who helps build bridges between elds of education and develops additional infrastructure to help teachers teach and students learn.“ (2016).
International gesehen ist das Aufgabengebiet der Instructional Designer eher uneinheitlich ausgeprägt. Das Forschungsinstitut Intentional Futures (2016) führte eine Studie mit 780 Personen durch, die an Hochschulen (schwerpunktmäßig USA) die Aufgaben eines Instructional Designers übernehmen. Dabei zeichnete sich ab, dass Konsens weder bezüglich der Bezeichnung des Stellen- noch des Tätigkeitsprofils existiert. 49% der Befragten gaben an, unter der Berufsbezeichnung „Instructional Designer“ zu arbeiten. Andere Bezeichnungen waren Instructional Technologist, Distance Education Specialist, Academic Developer und Online Learning Consultant. In der Literatur lassen sich noch weitere Bezeichnungen finden wie Educational Technologist (GB), Learning/Educational Designers (Australien) (vgl. Obexer & Giardina, 2016) oder Learning Engineers (USA) (Willcox et Al. 2016).
Auch übergeordnete Begriffe sind keineswegs eindeutig. So kamen Mayrberger, K. & Kumar (2014) zur Frage, ob die Bezeichnung „Mediendidaktik“ das Pendant zum englischen Educational Designer ist, zu dem Schluss, dass es keine eindeutige Übereinstimmung der deutschen und englischen Fachbegriffe gebe.
Dabei beschäftigen sich Wissenschaftler schon länger mit der Frage, welche Aufgaben Instructional Designer an einer Hochschule zugeordnet werden können. Obexer & Giardina (2016) haben nach einer umfangreichen Recherche mögliche Handlungsfelder für Instructional Designer an den Hochschulen identifiziert (s. Grafik). Die Tätigkeitsfelder sind sehr umfangreich und gehen mit unterschiedlichen Anforderungen einher (Intentional Futures, 2016). “Roles of a Learning Designer” by Regina Obexer & Natasha Giardina / CC BY-NC-ND 4.0
Auch Jörg Dräger erklärt im folgenden Video, welche konkreten Tätigkeitsfelder daraus für Instructional Designer an den Hochschulen entstehen könnten.
Intentional Futures (2016) schätzt die Zahl der Instructional Designer an US-Hochschulen auf 13.000. Vergleichbare Daten fehlen für deutsche Hochschulen, dennoch werden zur Begleitung der Digitalisierung an Hochschulen (wenn auch so nicht benannt) Instructional Designer beschäftigt. Im Rahmen einer Recherche unter den Qualitätspakt-Lehre-Projekten lassen sich 89 Einträge finden, die E-Learning/Blended-Learning als Schwerpunkt der Maßnahmen haben. Zusätzlich beschäftigen E-Learning- und hochschuldidaktische Einrichtungen wissenschaftliche Mitarbeiter mit dem Profil eines Instructional Designers. Es mangelt allerdings an Sichtbarkeit und Bekanntmachung dieses Tätigkeitsprofils.
Während international Instructional Designer in Verbänden wie the Association for Learning Technology (ALT) (UK) oder ISTE (USA) vernetzt sind, beschränken sich deren Aktivitäten in Deutschland vorrangig auf die 2013 gegründete AG Digitale Medien und Hochschuldidaktik der DGHD, in der sich Instructional Designer regelmäßig austauschen und vernetzen können. Dennoch lässt sich kein umfassender Austausch wie in diesem Beispiel finden.
Auch die Frage nach der Qualifikation der Instructional Designer an deutschen Hochschulen deutet auf noch viel Entwicklungspotential hin. Hervorzuheben sind beispielsweise die Masterstudiengänge an der PH Heidelberg oder der Universität Duisburg-Essen, aber Fortbildungsmaßnahmen für Berufstätige fehlen weitgehend. Immerhin wurden erste Konzepte für die Professionalisierung der E-Learning-Berater beim Einsatz digitaler Medien in der Hochschulehre (Tjettmers et al., 20114) publiziert.
Das Hochschulforum Digitalisierung empfiehlt, nicht zuletzt in seinem Abschlussbericht 2016 „The digital Turn“, Veränderungsprozesse auf hochschulstrategischer Ebene anzustoßen. Einer der Aspekte bezieht sich auf den Aufbau von Strukturen für unterstützendes Personal: „Zur Professionalisierung der Hochschuldidaktik mit digitalen Medien braucht es beispielsweise Instruktionsdesigner, um die Lehrenden zu unterstützen und Lehrveranstaltungen und Curricula weiterzuentwickeln beziehungsweise erfolgreich umzusetzen.“ (2016: 132). Hochschulen wird empfohlen ihre Stellenpläne dementsprechend zu erweitern und entsprechende neue Personalkategorien zu schaffen (vgl. Hochschulforum Digitalisierung (2016).
Zusammenfassend ist also festzustellen, dass sich die Tätigkeit eines Instructional Designers in Deutschland offenbar erst jetzt zu profilieren beginnt. Auch bei der Erforschung verschiedener Ansätze und Strukturen rund um Instructional Designers an den Hochschulen bleibt noch viel zu tun. So gilt es im Forschungsbereich Studien zur Erfassung der Aufgaben, der Arbeitsweise und der Erfahrungen von Instructional Designer an deutschen Hochschulen durchzuführen. Perspektivisch müssten sich Standards für die beruflichen Qualifikationen sowie der Ausbau an Vernetzungsstrukturen etablieren.
Obexer, R und Giardina, N. (2016). What is a Learning Designer? Support roles and structures for collaborative E-Learning implementation. IN: Wachtler, J.; Ebner, M.; Gröblinger, O.; Kopp, M.; Bratengeyer, E.; Steinbacher, H.-P.; Freisleben-Teutscher, C.; Kapper (Hrsg). Digitale Medien: Zusammenarbeit in der Bildung. Medien in der Wissenschaft, 71. Waxmann: Münster. S. 137-146
Hochschulforum Digitalisierung (2016). The Digital Turn – Hochschulbildung im digitalen Zeitalter. Arbeitspapier Nr. 27. Berlin: Hochschulforum Digitalisierung. (Verfügbar unter: https://hochschulforumdigitalisierung.de/de/abschlussbericht (06.12.2016)
Hopkins, D. (Hrsg.) (2015). The Really Useful #EdTech Book. CreateSpace Independent Publishing Platform. Verfügbar unter http://www.dontwasteyourtime.co.uk/wp-content/uploads/2015/03/The-Really-Useful-EdTechBook.pdf (06.12.2016)
Intentional Futures (2016). Instructional Design in Higher Education. A Report on the Role, Workflow, and Experince of Instructional Designers. Verfügbar unter http://intentionalfutures.com/reports/instructional_design/ (06.12.2016)
Mayrberger, K. & Kumar, S. (2014). Mediendidaktik und Educational Technology: Zwei Perspektiven auf die Gestaltung von Lernumgebungen mit digitalen Medien. IN: K. Rummler (Hrsg.), Lernräume gestalten - Bildungskontexte vielfältig denken. Münster: Waxmann. S.44-55.
Tjettmers, S., Grüter, M., Krüger, M., Steffen, R., Dräger, S., Rhein, R., Bott, O. (2014). Professionalisierung der Beratung zum Einsatz digitaler Medien in der Lehre: Das Weiterbildungskonzept „Hochschuldidaktische Beratung“. IN: O. Zawacki-Richter, D. Kergel, N. Kleinefeld, P. Muckel, J. Stöter, K. Brinkmann (Hrsg.), Teaching Trends 2014. Offen für neue Wege: Digitale Medien in der Hochschule. Münster: Waxmann. S. 249-263.
Willcox, E. Karen & Sarma, Sanjay & Lippel, H. Philip (2016). Online Education: A Catalyst for Higher Education Reforms. Final Report April 2016. Verfügbar unter https://oepi.mit.edu/files/2016/09/MIT-Online-Education-Policy-Initiative-April-2016.pdf (06.12.2016)
Grafik: “Roles of a Learning Designer” by Regina Obexer & Natasha Giardina / CC BY-NC-ND 4.0
Vielen Dank für diesen Beitrag. Interessant finde ich in diesem Zusammenhang noch zu erwähnen, dass der ehemalige B.A.-Studiengang "Instructional Design und Bildungsplanung" der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, seit dem 1. Oktober 2013 unter dem neuen Label "Bildungswissenschaft und Bildungsmanagement" angeboten wird. Bei der inhaltlichen Überarbeitung des Studienangebotes ist der ehemalige Instructional Design Ansatz m.M. nach leider auch etwas verloren gegangen. Der Begriff "Instructional Design" war wohl zu exotisch. 3 Jahre später sieht die Welt schon wieder ganz anders aus ;-)
Zum Beitrag von Lavinia Ivonica:
Es wäre sicherlich hilfreich, auch frühere Beiträge aus der Fernstudiendidaktik bei der Diskussion dieser Thematik miteinzubeziehen. Da dort die Rolle des Instructional Designers und ihre Probleme bereits dort intensiv diskutiert wurden.
W. Laaser, Fernstudiendidaktik - gestern, heute und morgen (S. 27-30); und
H.Müller, Das ZFE im Spanungsfeld zwischen Struktur und Leistung (S. 1-25) in: "30 Jahre ZFE? Zukunft braucht Herkunft, FernUniversität in Hagen 2004"
(ISBN 3-00-o16014-0)
W. Laaser, Vermittlungsprobleme einer Fachdidaktitk der Wirtschaftslehre , in: Erziehungswissenschaft und Beruf, Heft 3, 1983, P. 268-272 Mit freundlichen Grüßen Wolfram Laaser
Liebe Lavinia,
wir hatten ja schon mal zwischen Tür und Angel über den Blogbeitrag besprochen. Spannend und wichtig finde ich die Frage, was ein Instructional Designer ist und tut und wie er/sie dazu kommt. Aus meiner Sicht wäre mit dem Instructional Design-Ansatz ein bestimmtes Prinzip der Gestaltung von Bildungsprozessen verbunden, dem ich mich persönlich nicht zu rechne. Aus dem Austausch in der AG nehme ich desto mehr mit :).
Denn vielleicht komplementär zu meinen eigenen Fähigkeiten und Unkenntnissen, d.h. je nach Anforderungssituation, können gemeinsame Arbeitsweisen sehr sinnvoll sein - wenn man die jeweiligen Hintergründe und Herangehensweisen gut vereinbaren kann. Das funktioniert nach meiner Erfahrung oftmals in informellen Settings sehr gut oder in Projekten, in denen man sich gut mit den Zielen identifizieren kann und in dennen man die für gute Ergebnisse notwendige Flexibilität hat.
Überschneidungen und Bezugspunkte gibt es ja immer auch mit hochschuldidaktischen Fragen und Tätigkeiten. Manchmal sind es ja auch verschiedene Begriffe, die einen Trennen. Deshalb könnte vielleicht die folgende (nach einer etwas anderen Systematik erstellte) Darstellung hochschuldidaktischer Rollen und Kompetenzprofile interessant für Anschlussdiskussionen, -entwicklungen sein - oder auch einfach als eine Möglichkeit, sich mit Kommentaren einzubringen: http://kompetenzprofile.blogdat.de/
LG
Timo
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