Perspektiven und Herausforderungen einer Digitalisierung der Hochschulen

Perspektiven und Herausforderungen einer Digitalisierung der Hochschulen

02.09.15

GoetheAm Mittwoch, dem 9. September 2015, findet die Halbzeitkonferenz des Hochschulforums Digitalisierung statt. Ein zentraler Programmpunkt ist die Podiumsdiskussion, auf der sechs Expertinnen und Experten für digitale Bildung das Thema „Perspektiven und Herausforderungen der Digitalisierung der Hochschulen“ diskutieren werden. Einer der Diskutanten, Sven Volmering, MdB, gibt in diesem Gastbeitrag schon vorab einige wichtige Denkanstöße.

 

Die Digitalisierung ist eines der großen Zukunftsthemen unserer Gesellschaft. Sie durchdringt immer größere Räume unseres ökonomischen, politischen und sozialen Daseins. Die Grenzen zwischen on- un offline verschwimmen, vor allem für die junge Generation. Gleichzeitig finden wir das Wort „Smombie“, einer Zusammenfassung von Smartphone und Zombie, unter den Nominierungen für das Jugendwort des Jahres. 

Mit unserem Smartphone in der Tasche steht uns potentiell das Wissen der ganzen Welt zur Verfügung. Dieser ursprünglich sichere Rettungsanker für die kleinen Bildungslücken des Alltags wird mittlerweile so inflationär verwendet, dass die Frage „Google oder Goethe?“ ernsthaft gestellt wird. In immer mehr Berufen halten technische Gerätschaften ihren Einzug. Im Kleinen erlebten die Menschen den Entwicklungssprung von der Schreibmaschine zum Computer, von Post zu E-Mail. Im Großen sprechen wir heute von Industrie 4.0 und dem Internet der Dinge. Gleichzeitig führt die Automatisierung von Produktionsprozessen unweigerlich auch zu Arbeitsplatzrationalisierung.

Die Digitalisierung schafft also sowohl Chancen als auch Risiken für unsere Gesellschaft. Welche Perspektiven und Herausforderungen stellen sich also für unsere Hochschulen, insbesondere für die Hochschullehre? Ich möchte kurz vier Entwicklungsperspektiven anreißen, bei gleichzeitigem Aufzeigen damit verbundener Fragestellungen: Die Flexibilisierung, Individualisierung, Durchlässigkeit und Effektivität.
Auf der einen Seite kann der Einsatz digitaler Medien und Programme dazu beitragen, den Lehr- und Lernprozess orts- und zeitunabhängiger zu gestalten. Diese frei werdenden Zeitressourcen können Lehrende effektiv für den Austausch mit ihren Studierenden nutzen. Im Idealfall schaffen es E-Learningelemente darüber hinaus, durch den digitalen Zugriff auf Informationsressourcen und Lernobjekte die Lehre zu bereichern. Mitbedacht werden sollte, dass das Erstellen und Aktualisieren von digitalen Lehr- und Lernangeboten mit dem Einsatz zeitlicher und finanzieller Kosten verbunden ist sowie eines gewissen Maßes an technischem Knowhow. Auf der anderen Seite haben es z.B. MOOCs teilweise geschafft, nicht nur das Ansehen und die Reputation einiger Hochschulen in Wissenschaft und Gesellschaft zu steigern, sondern mehr noch neue „Bildungskonsumenten“, wie beispielsweise beruflich Weiterbildungsinteressierte, anzusprechen. Die Verwendung des Wortes „Bildungskonsumenten“ macht gleichzeitig auf eine Problematik aufmerksam, die bei der Diskussion – gerade um MOOCs – immer wieder auftritt: Die Frage nach der Qualität digitaler Bildungsangebote sowie die Frage nach der Beurteilung bzw. Anrechenbarkeit digital erbrachter Leistungen in der akademischen Ausbildung. Weiterhin bieten digitale Lehrmedien-und -programme die Möglichkeit, sich effektiv und individuell an den Lernenden anzupassen, beispielsweise durch sogenannte Learning-Analytics Software. Nicht ausblenden darf man aber den Umstand, dass bei der Sammlung und Auswertung von Nutzerdaten zwangsläufig die Frage nach dem Datenschutz gestellt werden muss. Im europäischen Kontext gesehen bietet die Digitalisierung die Chance einer Grenzen überwindenden Ausbildung sowie eines grenzüberschreitenden Wissensaustausches Rechnung zu tragen. So könnten Studierende, die zum Beispiel eine Gasthochschule im Ausland besuchen wollen, sich sowohl akademisch als auch sprachlich auf diese Studienzeit vorbereiten.

All diese eben aufgeführten Teilaspekte zur Flexibilisierung, Individualisierung, Durchlässigkeit und Effektivität eint abschließend eine große Frage: Wohin steuern wir? Wohin wollen wir gehen? Heißt es zukünftig auch bei den Hochschulen „Google statt Goethe“ bzw. „MOOC statt Hörsaal“?

Bild: Christian Dembowski: „Goethes„, CC BY-NC-ND 2.0 via flickr.com

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