Digitale Bildung darf nicht Glückssache sein

Digitale Bildung darf nicht Glückssache sein

23.06.15

Am Montag, den 15. Juni fanden zeitgleich zwei Fachveranstaltungen zur Digitalisierung der Bildung statt – einmal „Bildung 2.0 – Digitale Bildung neu denken“ der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag sowie „Bildung in einer digitalisierten Welt“ der SPD-Bundestagsfraktion. Hier im Blog des Hochschulforums veröffentlichen wir zwei Resümees der Veranstaltungen. Im ersten Artikel beschrieben die beiden Lehrer und Blogger Bob Blume und André Spang die SPD-Veranstaltung. Nun folgt die Nachlese zur CDU/CSU-Veranstaltung von MdB Nadine Schön.

In den meisten deutschen Klassenzimmern wird noch mit Stift, Papier und Tafel gelernt –  nach einem klassischen Curriculum. Dabei gibt es bereits vielversprechende Konzepte und Angebote auf dem Bildungsmarkt, mit dem der klassische Schul- oder Universitätsalltag an das digitale Zeitalter angepasst werden könnte. Am 15. Juni 2015 wurde auf dem Kongress der CDU/CSU-Bundestagsfraktion „Bildung 2.0 – Digitale Bildung neu denken“ über die Chancen digitaler Lehrmedien und über moderne Bildungsansätze diskutiert. Zugleich wurde eine Vielfalt an Praxisbeispielen gezeigt – von Medienkompetenzschulung über Coding bis zur Vernetzung von Schulen.

In Zeiten einer digitalisierten Welt sollte der Schulunterricht sich nicht nur an der Kreidetafel abspielen. Die meisten Kinder sind neugierig auf digitale Medien und sollten auch schon früh die Gelegenheit bekommen, sich damit vertraut zu machen. Der multimediale Klassenraum mit digitaler Tafel, Tablets und einer Lehrkraft, welche die Klasse im kompetenten Umgang mit den Medien schult und selbst von einer abwechslungsreichen Unterrichtsgestaltung profitiert, darf im Jahr 2015 keine Vision mehr sein. 

Das Klassenzimmer der Zukunft ist – was die technische Seite betrifft – längst entwickelt. Lehrbuchverlage bieten digitale Lehrmedien an und zahlreiche Initiativen wie Code your life, Digitale Helden oder Schule plus zeigen, wie der verantwortungsvolle und kompetente Umgang mit digitalen Medien in Schulen gestaltet werden kann. Und dennoch: Das deutsche Bildungssystem hinkt im internationalen Vergleich hinterher, wie die ICIL-Studie (International Computer and Information Literacy Study) zeigt. Während in Großbritannien oder Südkorea das digitale Klassenzimmer längst gelebter Alltag ist, wägen wir in Deutschland noch darüber ab, wie sinnvoll es sei, Digitales im Unterricht einzusetzen. Wenn wir es nicht endlich flächendeckend ausprobieren, so verpassen wir den Anschluss. 

Glückssache digitale Bildung?

Die digitale Unterrichtsgestaltung ist in Deutschland noch eine punktuelle Entwicklung, die mit engagierten Lehrern oder Direktoren steht und fällt. Ein Positivbeispiel wurde auf dem Kongress der CDU/CSU-Bundestagsfraktion mit dem Franz-Stock-Gymnasium in Arnsberg vorgestellt, dessen Schulleiter Dr. Andreas Pallack erläuterte, wie Hemmnisse überwunden werden können. Dabei ist es nicht nur eine Mentalitäts- oder Geldfrage, sondern auch eine Frage der Qualifizierung und Motivierung von Lehrinnen und Lehrern. Selbst die jungen, digitalaffinen Lehrkräfte werden noch nicht strukturiert darin ausgebildet, digitale Medien im Unterricht sinnvoll einzusetzen.

Es darf nicht Glückssache sein, ob Kinder, Jugendliche oder Studenten digitale Bildung erleben. Digitale Medien prägen zunehmend unsere  Arbeits-, Wirtschafts- und Lebenswelt. Wir müssen die Heranwachsenden darauf vorbereiten, sie dafür begeistern. Bereits 1989 – im Jahr meiner Einschulung –  hatte der berühmte Science Fiction Autor und Biochemiker Isaac Asimov in einem Interview beschrieben, welche ungeheure Wissensbasis uns die neue Technik bietet. Und darüber hinaus eine völlig neue Form der Teilhabe sowie des selbstbestimmten und lebenslangen Lernens. In einer digitalisierten Welt könne jeder direkt auf Wissensquellen zugreifen, Fragen stellen und in seinem Tempo  arbeiten, so Asimov. Heute, fast 30 Jahre später, sehen wir, dass diese Projektion eingetreten ist. Die Möglichkeiten sind da, wir nutzen sie nur nicht ausreichend.

Vernetztes lernen und arbeiten, Teamgeist, Kreativität, Mut und Neugierde – alles Eigenschaften, die es braucht, um in einer Arbeitswelt zu bestehen, die in vielen Berufen – vom Arzt über den Ingenieur bis hin zum Lagermeister – schon heute von schnellen Zyklen geprägt ist. Dazu braucht es IT-Kenntnisse und analytisches Denkvermögen. Auch den Informatikunterricht gab es 1989 schon an vielen Schulen – er wurde nur nicht konsequent weiterentwickelt und auf die Lehrpläne aller Bundesländer gesetzt. Ebenso sind an vielen Hochschulen IT- oder Programmierkenntnisse sowie Unternehmertum noch nicht fächerübergreifend integriert. Damit Deutschland erfolgreiche Gründerinnen und Gründer hervorbringen kann, muss Existenzgründung stärker in Forschung und Lehre verankert werden, wie zum Beispiel am „Gründer-Campus Saar“ an der Universität des Saarlandes.

Ein Pakt für digitale Bildung

Was wir jetzt fordern, ist ein Pakt für digitale Bildung, an dem Politiker aus allen Ebenen (Bund, Land, Kommune) sowie Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft, Wirtschaft, Schule und Hochschule zusammenarbeiten. Und wir brauchen konkrete Initiativen wie die Schul- und Hochschul-Cloud, WLAN an allen Schulen u.v.m. Es war ein wichtiger Schritt gemeinsam mit dem Koalitionspartner den Antrag Durch Stärkung der Digitalen Bildung Medienkompetenz fördern und digitale Spaltung überwinden in den Deutschen Bundestag einzubringen.  Damit setzt der Bund wichtige Impulse, entlässt Länder und Kommunen aber nicht aus ihrer Verantwortung für ihre Kernaufgabe einer nachhaltigen Bildungspolitik.

Der Kongress der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Bildung 2.0 – Digitale Bildung neu denken am 15. Juni 2015 in Berlin hat Experten aus allen Bereichen und Ebenen in Berlin zusammengebracht. Jetzt gilt es, die Erkenntnisse umzusetzen, insbesondere zu länderübergreifenden Standards in der digitalen Bildung zu kommen und eine moderne, kreative Bildung und Ausbildung  in Deutschland zu etablieren. Damit die Chancen für die Gesellschaft, die Asimov schon 1989 skizziert hatte, in Deutschland tatsächlich genutzt werden.

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Bild: starmanseries „teaching chemistry“, CC-BY 2.0, via flickr.com

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