Effektive Unterstützung des „forschenden Lernens“ durch digitale Medien und Methoden

Effektive Unterstützung des „forschenden Lernens“ durch digitale Medien und Methoden

28.08.18

Schach.

Als Teilnehmer an der HFD Summer School 2018 brachte Dr. Tobias Morat von der Deutschen Sporthochschule Köln seine Expertise im forschenden Lernen ein. Welche neuen Eindrücke er aus den Vorträgen und Workshops gewonnen hat und in seiner Lehre etablieren möchte, verrät er in diesem Blogbeitrag.

Das forschende Lernen findet in den letzten Jahren immer mehr Einzug in verschiedene (vor allem aufbauende) Studiengänge (vgl. z.B. Huber, 2014). In den letzten Jahren habe ich ein Lehr-Lern-Konzept für Module im Masterstudiengang „Sport- und Bewegungsgerontologie“ (M.Sc. SBG) an der Deutschen Sporthochschule Köln (DSHS) entwickelt, erfolgreich implementiert und evaluiert. Hierbei durchlaufen die Studierenden im Sinne des forschenden Lernens einen „Learning Cycle“ im Format des Forschungsprozesses. In das Konzept fließen meine Forschungsexpertise und meine professionelle Lehrkompetenz ein und verbinden sich zu einem wissenschaftlichen Lernprojekt. Das Lehr-Lernprojekt „Ausflug der Forschung: Einmal Lehre und zurück“ wird seit 2014 mit einem Junior-Fellowship des Stifterverbands unterstützt. Zusammen mit der Expertise im Bereich des forschenden Lernens entwickelte sich mein Interesse an Lehr-Lern-Konzepten, die sich mit Hilfe digitaler Innovationen in der Hochschullehre effektiver gestalten lassen und damit neue methodisch-didaktische Umsetzungen in Lehr-Lern-Konzepten ermöglichen. Vor diesem Hintergrund habe ich mich sehr über die Zusage für einen der 34 begehrten Plätze für die diesjährige Summer School (25.-27.07.2018) des Hochschulforums für Digitalisierung gefreut.

Werkzeug

Herausforderungen der Digitalisierung für die Lehre

Bereits 2014 formulierte es die Europäische Kommission sehr treffend: „Teaching staff […] must be equipped with the skills and knowledge to allow them fully utilize the range of new teaching tools“ (Europäische Kommission, 2014, S. 11). Lehrende „brauchen [vor allem Medienkompetenz], damit Digitalisierung sinnvoll in didaktische Modelle integriert wird und nicht zum Selbstzweck wird“ (Stampfl, 2014). Hier wird bereits eine der Herausforderungen deutlich, welcher sich alle aktuell Lehrenden im Rahmen der zunehmenden Digitalisierung stellen müssen. Zum einen, die erforderlichen Medienkompetenzen zu entwickeln, um die digitalen Möglichkeiten effektiv in ihre Lehr-Lern-Konzepte zu integrieren, aber auch aus einer Fülle an Apps, Software- und E-Learning-Tools die passenden auszuwählen. Diese Gefahr der Tool-itis, war auch Thema eines Lightning Talks der HFD Summer School von Benjamin Eugster. Er formulierte sehr treffend: „Dabei schießt der Ruf nach dem „neuesten Tool“ oft vor lauter Programmen an dem didaktischen Potenzial von Innovationen vorbei. Der Lightning Talk thematisiert, wie durch einen Fokus auf Einsatzszenarien das effektive digitale Lehren und Lernen für Lehrende (wieder) sichtbar und fruchtbar gemacht werden kann“. Und genau dies hat der Talk, aber auch die komplette Summer School durch die Talks, Workshops und kollegialen Gespräche bei mir getriggert. Mit dem Ziel die Lehre noch effektiver zu gestalten gilt es bestehende Lehr-Lern-Konzepte durch digitale Tools effektiv zu ergänzen und von den Vorteilen der Digitalisierung in unterschiedlichen Kontexten zu profitieren. Ausgewählte Tools müssen darüber hinaus aber auch immer zum zugrunde liegenden Lehr-Lern-Konzept passen. Besonders im Rahmen des forschenden Lernens ist dieses Anliegen jedoch nicht ganz einfach umzusetzen.

Videofeedback effektiv im forschenden Lernen einsetzen

Innerhalb meines Moduls SBG 7 – Intervention lernen die Masterstudierenden des SBG-Studienganges (M.Sc.) unter anderem, die Erkenntnisse aus ihrer durchgeführten wissenschaftlichen Studie mit älteren Probanden anschließend in Form einer Hausarbeit (im Stil eines wissenschaftlichen Zeitschriftenartikels) zu kommunizieren. Hierzu werden zunächst Beispielartikel analysiert und die wichtigsten Inhaltspunkte für die Teilabschnitte eines wissenschaftlichen Fachartikels in Kleingruppen erarbeitet und den anderen präsentiert. Im Rahmen dieses Moduls könnten verschiedene Übungsabschnitte zur Erstellung kurzer Beispieltexte (Einleitung, Methoden, Ergebnisse, Diskussion) während des Semesters eingebaut werden, um die Studierenden noch besser als bisher auf die abschließende Hausarbeit vorzubereiten. Diese könnten nach ihrer Fertigstellung in Form eines Videofeedbacks (vom Dozierenden oder auch von den Peers) korrigiert werden. Durch den Workshop „Videofeedback“ bei der HFD Summerschool 2018 von Ilka Nagel (Ostford University College, Norwegen) wurde meine Idee bestärkt. Im Workshop hatten wir die Möglichkeit, die Screencast Korrektur selbst auszuprobieren. „Man filmt den Desktop und eventuell sich selbst als „Talking Head“ während man die Aufgabe durchgeht und bespricht“ (Nagel, 2018). Laut Nagel (2018) wird das Feedback „…konkreter, detaillierter, da man mehr sagt als man je schreiben würde. Studenten empfinden Videofeedback als sehr persönlich und haben die Möglichkeit es sich mehrmals anzusehen. Die Korrekturmethode braucht ein bisschen Eingewöhnungszeit und man muss sich gute Routinen schaffen (technisch und pädagogisch), aber dann kann man in kurzer Zeit qualitativ hochwertiges Feedback geben.“ Ich werde diese Art von Feedback im nächsten Semester in meine Lehre integrieren, da ich mir sehr gut vorstellen kann, das forschende Lernen und hier den spezifischen Baustein des Übens des wissenschaftlichen Schreibens, effektiv unterstützen zu können. Dadurch würde der Schritt zur Erstellung des wissenschaftlichen Artikels am Ende des Semesters deutlich kleiner werden. Durch den Einsatz des Videofeedbacks durch Peers (Studierende geben sich gegenseitig Feedback), ließen sich auch die für das Modul wichtigen Schlüsselqualifikationen (systematisch-methodisches Vorgehen, analytische Fähigkeiten, Evaluationskompetenz, Verantwortungsbewusstsein, Gewissenhaftigkeit) noch verstärkt ergänzend positiv beeinflussen.

Lernen

Das E-Portfolio als Reflexionsinstrument im forschenden Lernen

Im Zyklus des forschenden Lernens ist einer der Schritte nach Abschluss der wissenschaftlichen Studie auch, die eigene Untersuchung und die Ergebnisse nach ihrer Interpretation kritisch zu hinterfragen, sowie Methodenkritik und Lösungsvorschläge aufzuzeigen. Um dies möglichst gut umsetzen zu können, spielt die Schlüsselqualifikation der „Selbstreflexion“ eine enorme Bedeutung. Hier stellt sich im Studium häufig die Frage, wie die dafür relevanten Kompetenzen am besten geschult, aber am Ende auch abgeprüft werden können. Eine effektive Methode für beide Aspekte können E-Portfolios sein. Ein Arbeitsportfolio wird zum Beispiel semesterbegleitend angelegt und inhaltliche Aspekte werden von den Studierenden eingepflegt, so dass am Ende eine elektronische Dokumentation aller behandelten Kernpunkte vorliegt, auf die auch in späteren Phasen des Studiums zurückgegriffen werden kann. Diese und weitere Aspekte von E-Portfolios in der Lehre wurden im Workshop von Gina Henry und Susanne Schwarz (Zentrum für Schlüsselkompetenzen und Forschendes Lernen, Europa-Universität Viadrina) anschaulich mit guten Praxisbeispielen in verschiedenen Stationen vermittelt. Um die Schlüsselqualifikation der „Selbstreflexion“ gezielt zu erweitern und den Lernfortschritt effektiv zu unterstützen, ist es nach Henry und Schwarz (2018) enorm wichtig, dass die folgenden Reflexionsschritte im Prozess abgearbeitet werden:

  1.  Das Ziel formulieren
  2.  Beschreiben und Dokumentieren
  3.  Analysieren und Interpretieren
  4.  Bewerten und Beurteilen
  5.  Planen 

Dabei ist es entscheidend, „…den eigenen Arbeitsprozess in einer Art Selbstgespräch zu beobachten, zu hinterfragen und zu reflektieren. Denn Reflexion hilft, Wissen zu vertiefen, Schwierigkeiten aufzudecken und Lösungen dafür zu finden“ (Henry & Schwarz, 2018; vgl. auch Bräuer, 2016).

Schach.

Fazit

Wie die angeführten Beispiele verdeutlichen, ist aus meiner Sicht ein effektiver und ergänzender Einsatz der Digitalisierung in der Lehre auch in Lehr-Lern-Konzepten im Bereich des forschenden Lernens durchaus möglich. Allerdings sollte, wie bei allen Überlegungen zum Einsatz digitaler Tools, das didaktische Konzept weiterhin im Vordergrund stehen und digitale Möglichkeiten gezielt an sinnvollen Stellen im Prozess des Forschungs- bzw. Lernzyklus integriert werden. Je besser und gezielter dieser Einsatz von den Lehrenden umgesetzt werden kann, desto mehr trägt dies zu einem runden Gesamtlehrkonzept bei und wird dennoch der zunehmenden Digitalisierung in unserer Gesellschaft gerecht.

 

Literatur

Bräuer, G. (2016). Das Portfolio als Reflexionsmedium für Lehrende und Studierende. Opladen & Toronto: Verlag Barbara Budrich.

Europäische Kommission (2014). Report to the European Commission on new modes of learning and teaching in higher education. Luxemburg: Publications Office of the European Commission.

Huber, L. (2014). Forschungsbasiertes, Forschungsorientiertes, Forschendes Lernen: Alles dasselbe? – Ein Plädoyer für eine Verständigung über Begriffe und Unterscheidungen im Feld forschungsnahen Lehrens und Lernens. HSW 1 + 2, 22-29.

Stampfl, N. (2014). Unis können nicht zurück ins analoge Zeitalter. ZEIT ONLINE. Zugriff am 17.05.2018.

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