Während die Vermittlung von Data Literacy an den Hochschulen mehr und mehr Aufmerksamkeit erfährt, bestehen in der schulischen Vermittlung gravierende Defizite. In ihrer kürzlich veröffentlichten Studie untersuchen Andreas Grillenberger und Ralf Romeike von der FU Berlin für das HFD den Stand der Data Literacy Vermittlung in der Lehrer*innenbildung. Hier gibt der Erstautor einen Einblick in die Ergebnisse. Übrigens: Wer sich generell für Data Literacy interessiert, dem sei unser Dossier zum Thema ans Herz gelegt!
Daten lesen zu können, ist keine Superkraft. Bild: [https://unsplash.com/photos/o4c2zoVhjSw Raj Eiamworakul] Supermärkte erkennen anhand von Einkäufen bereits vor deren Kundinnen, ob diese schwanger sind, Stromanbieter wissen, welche Geräte wir wann nutzen und Fitnesstracker verraten unsere täglichen Wege: Wir produzieren heute kontinuierlich große Datenmengen, die – meist von anderen – verarbeitet werden, um aus den Daten oft spannende, neue und oft kommerziell verwertbare Informationen zu gewinnen. Inzwischen ist es kein Geheimnis mehr: Mit den zunehmenden Möglichkeiten zur Erfassung, Speicherung und Verarbeitung großer Datenmengen (Stichwort Big Data) gehen vielfältige ethische und gesellschaftliche Fragestellungen einher, die jeden betreffen und deren Beantwortung nicht mehr nur Einzelnen überlassen werden kann. Gleichzeitig ergeben sich im Kontext von Open Data vielfältige neue Möglichkeiten, nicht nur als Datenproduzent zu dieser Entwicklung beizutragen, sondern selbst auch von den umfangreichen und zum Teil frei verfügbaren Datenmassen zu profitieren.
Um diese Herausforderungen meistern und selbstbewusst und souverän mit Daten umgehen zu können, werden heute grundlegende Datenkompetenzen („Data Literacy“) als notwendig erachtet. Es sollte sich von selbst verstehen, dass eine frühzeitige Förderung von Datenkompetenzen bereits im Schulalter sinnvoll ist, da heute Jeder und Jede bereits früh Daten produziert, interpretiert und vielfältige Entscheidungen in Bezug auf Daten trifft, sodass sich entsprechende Herausforderungen nicht auf die Erwachsenenwelt beschränken.
Während an verschiedenen Hochschulen bereits verschiedene Ansätze zur Förderung von Datenkompetenzen existieren, die sich an alle Studierende in der Breite richten, muss für die schulische Bildung bislang konstatiert werden, dass hinsichtlich der Förderung einer Souveränität im Umgang mit Daten gravierende Defizite bestehen. Es ist daher essentiell, Data Literacy nicht nur mit Fokus auf die Hochschulen, sondern auch an allgemeinbildenden Schulen voranzutreiben. Da hierfür die Aus- und Fortbildung von Lehrkräften, die diese Kompetenzen als Multiplikatoren an der Schule fördern sollen, zentral ist, wurde in der von uns für das Hochschulforum Digitalisierung erstellten Studie die Ausgangslage für Projekte zur Datenkompetenzentwicklung in der Lehrerbildung untersucht, um auf diese Weise zur Konzeption von Pilotprojekten in diesem Bereich beizutragen. Dazu wurden insbesondere drei Bereiche adressiert:
Data Literacy: Die Risiken verstehen und das Potenzial nutzen. Bild: [https://unsplash.com/photos/hpjSkU2UYSU Carlos Muza] Hinsichtlich der Konzepte zur Datenkompetenzentwicklung im Bereich der Lehrerbildung ist zu konstatieren, dass bislang kaum Ansätze existieren, die diese explizit adressieren. In einzelnen hochschul- und disziplinübergreifenden Projekten wird diese zwar mitgedacht (bspw. im Projekt Daten Lesen Lernen des Göttingen Campus), dabei werden üblicherweise zwar fächerübergreifende Anforderungen adressiert, nicht aber die zusätzlichen Herausforderungen, denen zukünftige Lehrkräfte gegenüberstehen. Trotzdem liegt mit den verschiedenen Ansätzen zur Förderung von Data Literacy an den Universitäten bereits ein wertvolles Fundament auch für Projekte zur Lehrerbildung vor: Insbesondere entstehen aufgrund dieser Projekte verschiedene Strukturen, auf die auch in Pilotprojekten in der Lehrerbildung aufgesetzt werden kann, wie beispielsweise Kompetenzzentren in diesem Bereich, existierende Grundlagenkurse oder Möglichkeiten zur curricularen Verortung.
Trotz der bislang gering ausgeprägten Bedeutung dieser Kompetenzen in der Lehrerbildung ist die Notwendigkeit zur Förderung von Data Literacy auch bei Lehrkräften jedoch bei allen beteiligten Akteuren unumstritten: Beispielsweise sind in allen Bundesländern Zielsetzungen, beispielsweise im Rahmen von Digitalisierungsstrategien, erkennbar, die im Rahmen der digitalen Bildung auch Datenkompetenzen – mindestens implizit – berücksichtigen und zum Teil explizit auch die Aus- und Fortbildung von Lehrkräften in diesem Bereich betonen. Während diese Digitalisierungsstrategien bundeslandabhängig und daher stark unterschiedlich ausgeprägt sind, existiert mit der KMK-Strategie „Bildung in der digitalen Welt“ auch ein bundeseinheitlicher Rahmen für die Adressierung digitaler Kompetenzen und der darin eingeschlossenen Datenkompetenzen, der diese jedoch nur eingeschränkt berücksichtigt. Trotz verschiedener Ansätze zur Umsetzung dieser Strategie in den Bundesländern ist daher eine curriculare Verortung dieser Kompetenzen bislang kaum erkennbar.
Da Datenkompetenzen nicht nur aus Sicht der Informatik betrachtet werden können und sollen – schließlich gehen mit den neuen umfassenden Möglichkeiten zur Datenanalyse und -verarbeitung auch Veränderungen in allen Fächern einher – wurde im Rahmen der Studie außerdem auch ein Blick auf weitere Fächer geworfen. Diese können Pilotprojekte beispielsweise bereichern, indem sie miteinbezogen werden, um Datenkompetenzen zu kontextualisieren und somit deren Sinn zu verdeutlichen. Erwartungsgemäß weisen von den betrachteten Fächern insbesondere die Mathematik und Informatik, die als Grundlagenfächer für Datenkompetenzen betrachtet werden können, eine besonders hohe Datenaffinität und daher auch bereits Erfahrungen und Vorarbeiten in diesem Bereich auf. Aber auch in den weiteren betrachteten Fächern (Physik, Sprachen, Geschichte und Sport) können gewisse unterschiedlich stark ausgeprägte Datenbezüge erkannt werden, die ein Potenzial für die Förderung grundlegender Data-Literacy-Kompetenzen offenbaren.
Basierend auf den Rechercheergebnissen wurden verschiedene Empfehlungen hinsichtlich des Formats und der beteiligten Fächer in Data-Literacy-Projekten in der Lehrerbildung abgeleitet, unter anderem:
Die Notwendigkeit von Data-Literacy-Kompetenzen auch im Bereich der Lehrerbildung offenbart zusammenfassend ein hohes Potential für Projekte, die Lehrkräfte befähigen sollen, nicht nur selbst fundiert und souverän mit Daten umzugehen, sondern die entsprechenden Inhalte auch als Multiplikatoren an zukünftige Generationen weiterzugeben und entsprechende Kompetenzen im Unterricht zu fördern. Um zukünftig eine hohe Souveränität im Umgang mit Daten zu fördern und große Teile der Gesellschaft zu befähigen, adäquat und bewusst mit Daten umzugehen, ist die Lehreraus- und -fortbildung in diesem Bereich eine Herausforderung, die schnellstmöglich angegangen werden muss, um eine den Herausforderungen unserer Zeit entsprechende Schulbildung zu ermöglichen.
Ich stimme absolut zu, dass Data Literacy bei Lehrern aber auch bei anderen Lehrkräften außerhalb der klassisch datenaffinen Bildungsgänge vermittelt werden sollte. Abseits von MINT-Studiengängen sind die Defizite auch heute noch deutlich spürbar.
Daher umso schöner, dass es zunehmend Angebote zur Datenkompetenz gibt wie den KI-Campus mit seinen kostenlosen Kursen oder die App Stadt Land Datenfluss. Wenn man keine Datenaffinität hat, sind solche anschaulichen Aufbereitungen in meinen Augen Gold wert. Es muss ja nicht jeder Machine Learning-Algorithmen entwickeln, es geht ja in erster Linie um ein gutes Verständnis der Themen. Und da sind eben Beispiele wie die besagte Supermarktkette, der Fitness-Tracker und die Google-Suche wunderbar zugängliche Beispiele.
PS: Großartiges Beitragsbild! 😀
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