Wie lässt sich die Lernmotivation von Studierenden aktivieren? Abgeleitet von den "Vier Säulen des Lernens" nach Stanislas Dehaene stellt Stefano Montana acht Möglichkeiten vor, Hochschulunterricht effektiv zu gestalten. Auf dem University:Future Festival bot er 2021 einen Workshop zu dem Lern-Tool "Wooclap" an. Darauf aufbauend erläutert er in diesem Blogbeitrag, wie sich Neugierde wecken lässt und Gelerntes besser im Gedächtnis bleibt.
Das Ziel dieses Workshops war, Lehrkräften in Deutschland die Möglichkeit zu geben, das Wooclap-Tool zu beherrschen, um die Studierenden in den Kursen einzubinden und ihr Verständnis besser messn zu können. Außerdem hat Wooclap insbesondere aus dreierlei Gründen seinen Platz in der deutschen Bildungslandschaft:
In diesem Video sehen Sie den Workshop, den ich auf dem University:Future Festival halten durfte:
Während des Workshops haben wir uns mit der Frage beschäftigt, wie man Student:innen am besten zum aktiven Lernen bringen kann. Im nächsten Abschnitt werden wir die wichtigsten Lernsäulen erläutern. Danach beschäftigen wir uns mit der Thematik “Acht Möglichkeiten, die Säulen des Lernens in Ihren Kursen anzuwenden”.
Seit Mitte der 1950er-Jahre versucht die Kognitionswissenschaft zu verstehen, wie das menschliche Gehirn Wissen erwirbt, nutzt und weitergibt. Nach Ansicht des Neurowissenschaftlers und Professors Stanislas Dehaene gibt es vier Hauptfaktoren, die zum erfolgreichen Lernen beitragen und die er als die "vier Säulen des Lernens" bezeichnet.
Aufmerksamkeit: Ohne Aufmerksamkeit kann man nicht lernen, d. h. die Lehrenden müssen die Aufmerksamkeit der Studierenden wecken und aufrechterhalten, damit sie effektiv lernen können.
Aktives Engagement: Wenn man sich neue Informationen merken will, reicht es nicht aus, dem Lehrenden passiv zuzuhören.
Feedback: Wenn wir einen Fehler machen, treffen wir eigentlich eine Vorhersage. Der Fehler verursacht eine Diskrepanz zwischen dieser Vorhersage und der Realität. Dies führt dazu, dass wir eine neue Vorhersage treffen, und diese aufeinanderfolgenden Anpassungen fördern das Lernen.
Vertiefung: Das Auswendiglernen neuer Informationen oder das Aneignen neuer Fähigkeiten ist nur der erste Schritt. Professor Dehaene weist auch darauf hin, dass der Schlaf bei diesem Prozess eine wesentliche Rolle spielt.
"Das ist großartig, aber wie wende ich das in meinem Kurs an?" – Ich war sehr erfreut über diese Nachfrage, denn wir werden uns jetzt einige Tipps ansehen, wie Sie die Aufmerksamkeit Ihrer Studierenden wecken und ihnen helfen können, sich an das zu erinnern, was Sie ihnen beibringen wollen.
Eine Eisbrecher-Frage zielt darauf ab, das Gespräch in Gang zu bringen, indem es das Schweigen durchbricht, die Leute dazu bringt, sich gegenseitig kennenzulernen, und ihnen einfach die Möglichkeit gibt, miteinander zu kommunizieren. Das Beste an Eisbrechern ist ihre Vielseitigkeit: Jede Frage oder Herausforderung kann verwendet werden, um das Eis zu brechen.
Dazu gehören Ideen wie:
Wenn Sie ein neues Kapitel beginnen, können Sie eine Anekdote erzählen, ein Experiment durchführen oder Ihre Lernenden fragen, was sie über das Thema, das Sie behandeln wollen, wissen. Mit Wooclap können Sie z. B. Wortwolken mit Ihren Studierenden erstellen. So erhalten Sie eine Momentaufnahme dessen, worüber sie gerade nachdenken. Die Studierenden fühlen sich somit in die Lektion eingebunden.
Die Forscher sind sich zwar nicht einig, wie lange die Aufmerksamkeitsspanne des Durchschnittsmenschen ist, aber sie sind sich einig, dass passives Zuhören nicht hilfreich ist. Es ist besser, wenn die Lernenden sich selbst Fragen stellen oder Experimente durchführen, um zu verstehen, was sie lernen.
Aus diesem Grund müssen die Lernenden regelmäßig aufgefordert werden, sich in irgendeiner Form - oder sogar in vielerlei Hinsicht - aktiv zu beteiligen:
Probieren Sie unterschiedliche Aktivitäten aus, um ein repetitives Muster in Ihrem Kurs zu vermeiden: Quiz, Spiele, Debatten, gegenseitiger Informationsaustausch... Dies sind nur einige der vielen Möglichkeiten, wie Sie eine Vorlesung auflockern und ein echtes Engagement der Studierenden erzeugen können.
So bietet allein Wooclap mehr als 15 verschiedene Fragetypen, mit denen Sie die Lernenden zur Beteiligung an einer neuen und anregenden Übung auffordern können.
Dank digitalen Werkzeugen wie Wooclap können sich die Studierenden nun am Unterricht beteiligen, ohne die Hand oder die Stimme zu heben.
Die anonyme Beteiligung kann für viele Studierende befreiend sein, da sie so ohne Angst vor dem öffentlichen Sprechen und ohne Peinlichkeit zur Vorlesung beitragen können. Als Tutor erhalten Sie dadurch einen klaren Einblick in die Gedankenwelt aller Lernenden, nicht nur derjenigen, die gerne vor anderen sprechen.
Gamification und Wettbewerb erhöhen die Attraktivität von Lernaktivitäten. Die Studierenden sind engagierter, wenn sie aufgefordert werden, sich an etwas Neuem, Innovativem und Unterhaltsamem zu beteiligen. Sie können die Lernenden auffordern, Experimente durchzuführen, den Kurs in ein Gewinnspiel zu verwandeln, pädagogische Escape-Games zu entwickeln, die Lernenden eine Reihe von Rätseln lösen zu lassen und vieles mehr!
Dies ist eines der Dinge, die leichter gesagt als getan scheinen. Aber ist es wirklich so? Das Gehirn der Studierenden zu stimulieren, um neuronale Verbindungen zu schaffen und zu aktivieren, ist von größter Bedeutung - aber das bedeutet nicht, dass es schwierig sein muss. Hier sind zwei leicht umzusetzende Methoden zur Förderung des Lernens:
Der Testing-Effekt: Abrufübungen bedeuten im Wesentlichen, dass versucht wird, Informationen abzurufen, die zuvor im Langzeitgedächtnis gespeichert wurden. Die Studierenden versuchen, die wichtigsten Informationen zu einem Konzept oder Thema abzurufen, ohne sich das Kursmaterial (Text, Notizen, Folien usw.) anzusehen. Sobald sie den Abruf abgeschlossen haben, überprüfen sie das Material, um zu sehen, wie genau und vollständig ihr Abruf war.
Verteilte Wiederholung: Anstatt in einer einzigen langen Sitzung etwas zu lernen, ist es besser, diese Zeit auf mehrere Sitzungen zu verteilen. Als Lehrkraft brauchen Sie nur ein paar Minuten, um das ganze Jahr über Gelegenheiten zum Wiederholen von Konzepten zu schaffen.
Vergessen Sie nicht, dass das Feedback in beide Richtungen geht: Die Lernenden können von Ihnen eine Rückmeldung darüber erwarten, wie sie bei einem Test oder einer Aktivität gearbeitet haben, aber Sie können sie um das Gleiche bitten. Wenn Sie herausfinden, was ihnen Spaß macht, was sie mögen und was nicht, können Sie Lernmethoden entwickeln, die nicht nur effektiv sind, sondern auch allen Beteiligten Spaß machen.
In dieser Reihe zum University:Future Festival 2021 veröffentlichen wir eine Auswahl der Festivalbeiträge als Artikel, die Sie auch gesammelt in einem Dossier finden. Die Autor:innen haben hierfür Ihre Vorträge noch einmal schriftlich festgehalten. Weitere Vorträge und Talks finden Sie auch auf YouTube.
Mit über 250 Veranstaltungen, 500 Speaker:innen und 3.850 Teilnehmer:innen fand das University:Future Festival 2021 vom 02.–04.11.2021 unter dem Titel "Open for Discussion" statt. Hier finden Sie weitere Infos zum Festival.
Ich bin als Lehrperson auch ein großer Freund von aktivierenden Lehrformaten, Quizzen, Umfragen etc. Die Studierenden in meiner Lehrveranstaltung sehen das zum Großteil allerdings anders. Das Ergebnis der Evaluierung unserer Lehrveranstaltung "Grundlagen der Elektrotechnik" im Wintersemester 2021/2022 ergab folgendes:
Es gibt die interaktivitätsliebenden, quiz-affinen, pro-Kahoot!-Studierenden: ▶ Die Lehrveranstaltung ist sinnvoll aufgebaut. Mir persönlich gefällt es besser, wenn es mehr interaktiv ist, z.B. mit Kahoot. ▶ Herrn Dr. Magdowski würde ich mir teilweise wünschen, wenn etwas mehr Fokus auf die Vermittlung des Inhalts gelegt wird, da ich teilweise das Gefühl habe, dass die „Spielereien“ überwiegen, was jedoch nicht heißen soll, dass komplett auf solche Sachen, wie Kahoot o.Ä. verzichtet werden soll. ▶ Man ist durch ein eher unkonventionelles Vorlesungskonzept dazu gezwungen, sich selbst die bereitgestellten Materialien zu erarbeiten. Der Stoffumfang ist dabei jedoch überaus angenehm gehalten, wodurch sich das Konzept als sehr lehrreich erweist.
Dann gibt es Studierende, die Quizzen, Umfragen, Interaktionsmöglichkeiten, Kahoot! usw. eher kritisch gegenüberstehen und sich ein (aus meiner persönlichen Sicht) stinknormales, langweiliges, verstehens-illusions-förderndes, passives, betreutes Vorlesen des Skripts wünschen: ▶ Am besten in den Vorlesungen schneller mit dem Stoff anfangen und nicht vorher eine halbe Stunde noch Umfragen zur Stimmung machen. ▶ Ich würde eine Kontinuität der Lehrmethoden begrüßen, zumal ich leider wenig bei den zum Teil durchgeführten Quizzen lerne. Jedoch ist zu erkennen, dass die jeweilige Person viel Mühe in die Erstellung der Quizze legt. Mir persönlich ist die Lehrstoffvermittlung mittels Folien nahe des Skriptes lieber. ▶ Herr Magdowski nutzt die Zeit der Vorlesung nicht für den Stoff, welcher vermittelt werden soll, sondern verbringt mindestens eine halbe Stunde mit Online-Fragen, die absolut nicht zum Thema gehören. Er geht mit uns das Skript nicht durch, was das lernen schwierig gestaltet. ▶ Negativ: Ich finde es schade, dass in den ersten wichtigen Wochen wenig Grundlagen in der Vorlesung vermittelt wurden sind (Skript wurde total vernachlässigt). Sehr viele Quizze wurden durchgeführt, was mir persönlich nichts gebracht hat. ▶ Mehr auf das Skript eingehen, statt Kahoot spielen. ▶ Bitte keine Quizze mehr, erst wenn wir mit einem Themenblock fertig sind, das verunsichert sonst. ▶ Ich hätte gerne weniger Kahoot-Quizze, und dafür mehr Behandlung von Fragen.
Meine persönliche Interpretation: Viele Studierende wünschen sich, dass es die Lehrperson in einer großen synchronen Grundlagenlehrveranstaltung schafft, auf jede*n der dutzenden, stark diversen Teilnehmenden individuell einzugehen und „den Stoff“ für jede*n im genau richtigen Tempo, der ansprechenden Wortwahl und der passenden Methode, online wie in Präsenz zu erklären, obwohl alle Teilnehmenden unterschiedlich sind und mit stark heterogenem Vorwissen in die Veranstaltung kommen. Das ist natürlich schwierig/unmöglich. Ich kann es für andere erklären, aber nicht verstehen. Jede*r Student*in möchte es in der „Vorlesung“ möglichst bequem haben, zurücklehnen, sich nicht groß anstrengen und am Ende trotzdem mit einem „guten Gefühl“ rausgehen, etwas verstanden zu haben. So einfach funktioniert es aber leider nicht.
Siehe auch:
Auswertung der Evaluierung der Lehrveranstaltung "Grundlagen der Elektrotechnik" in WiSe 2021/2022
https://youtu.be/TVe25mA-s3I
bzw.
https://twitter.com/MMagdowski/status/1481001794214019074
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